Verteidigungsetat

Der Verteidigungshaushalt, auch Verteidigungsbudget oder Verteidigungsetat (auch mit dem Präfix „Wehr-“ oder „Militär-“) genannt, umfasst alle Investitionen und Geldausgaben, die ein Staat über einen eingegrenzten Zeitraum hinweg für strategische Aktivposten tätigt. Erweiterte Definitionen erstrecken sich, neben den Verteidigungshaushalten der souveränen Staaten, auf die Militärausgaben derjenigen wenigen nichtstaatlichen politischen Akteure mit einem konstanten Zugriff auf finanzielle Ressourcen, die ihnen einen flexiblen Gewalteinsatz zu politischen Zwecken erlauben. Dazu zählen vor allem paramilitärische Vereinigungen.

Ein Verteidigungsetat wird meist im jährlichen Turnus veranschlagt, auch wenn viele Investitionen für einen wesentlich längeren Zeitraum vorgesehen sind. Ein in regelmäßigen Abständen veranschlagter Verteidigungshaushalt ging, historisch betrachtet, aus dem Übergang von zweckgebunden ausgehobenen oder angeworbenen Streitkräften (beispielsweise Bauernheere respektive Landsknechte) zu stehenden Heeren einher.

Die Konfliktforschung befasst sich mit Verteidigungsausgaben als einem Faktor, der gewalttätige politische Konflikte begünstigen kann, während die Internationalen Beziehungen in einem komparativen Rahmen untersuchen, unter welchen Umständen getätigte Verteidigungsausgaben das Sicherheitsdilemma auslösen, beispielsweise im Rahmen eines Rüstungswettlaufes.

Über den seit Jahrzehnten größten Verteidigungshaushalt in einer Größenordnung von mehreren hundert Milliarden US-Dollar pro Jahr verfügen die Vereinigten Staaten. Die internationale Vergleichbarkeit und Aussagekraft der aufgeführten Zahlen wird unter anderem durch die mangelnde Berücksichtigung der je nach Land unterschiedlich hohen Einstandspreise beeinträchtigt, die im Militärbereich nur unzureichend untersucht sind. Schätzungen auf Basis von Kaufkraftparität sind insbesondere bei Entwicklungs- und Schwellenländern in vielen Fällen um ein Vielfaches höher als hier genannt, wodurch sich die tatsächlichen Verhältnisse der Ausgaben verschieben.[1][2]

Definitionsansätze

Das Stockholmer Institut für Friedensforschung (SIPRI), ein in den Internationalen Beziehungen anerkanntes Forschungsinstitut, definiert die Finanzierung folgender strategischer Kapazitäten als Verteidigungshaushalt:[3]

Typischerweise umfasst ein Verteidigungshaushalt folgende Aktivposten:

Mangels unmittelbaren Bezuges zum militärischen Zweck eines Verteidigungshaushaltes schließt das SIPRI folgende Posten von seinen Berechnungen aus:

Die volkswirtschaftlichen Kosten bzw. Einsparungen im Vereidungungsetat dadurch, dass der Sold von Wehrpflichtigen generell niedriger liegt als das Gehalt, das denselben Personen bzw. den Berufssoldaten bei freiwilliger Beschäftigung in den Streitkräften gezahlt werden müsste, bzw. als das Einkommen, dass den Wehrpflichtigen durch die Zeit des Wehrdienstes in anderen Berufen entgeht, wird grundsätzlich nicht im Verteidigungsetat bilanziert. Vergleiche der Finanzausstattung von Freiwilligenarmeen und Armeen mit Wehrpflichtigen sind dadurch nur begrenzt aussagekräftig.

Weltweite Entwicklung

Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut beziffert die weltweiten Verteidigungsausgaben auf 1,531 Billionen US-Dollar für das Jahr 2009, was einen Realanstieg von 6 % gegenüber dem Vorjahr und von 49 % gegenüber dem Jahr 2000 bedeute. Dies entspreche einem Anteil am Weltbruttoinlandsprodukt von 2,7 % und einem Pro-Kopf-Aufwand von 224 US-Dollar. Das größte Wachstum in diesem Bereich verzeichne Osteuropa mit einem Anstieg von 108 Prozent innerhalb von zehn Jahren.[4]

Russland weist geheime oder «geschlossene» Posten bei den Haushaltsausgaben auf, welche sich auf insgesamt 4,6 % des BIP belaufen. „Es ist wahrscheinlich, dass hier nicht Ausgaben für Bildung oder Gesundheit verschleiert werden sollen, sondern weitere Aufwendungen für militärische Zwecke und Geheimdienstoperationen.“ meinte die NZZ im Jahr 2015.[5]

2023 beliefen sich die weltweiten Verteidigungsausgaben auf 2,443 Billionen US $ (Zahlenformat gemäß langer Skala, SIPRI verwendet die in den USA übliche kurze Skala, also 2443 Billionen; ausgeschrieben 2.443.000.000.000), das entspricht 2,3 % des Welt-BIP und 306 $ pro Kopf, ein Anstieg um 6,8 % gegenüber dem Vorjahr, der größte jährliche Anstieg seit 2009, und um 27 % gegenüber 2014. Grund für den starken Anstieg ist vor allem der Krieg in der Ukraine sowie die zunehmenden Spannungen in Asien, Ozeanien und im Nahen Osten.[6]

2008

Laut SIPRI brachten die Vereinigten Staaten von den weltweiten Verteidigungsausgaben im Jahr 2008 43 % auf, gefolgt von der Volksrepublik China mit 6,6 %, Frankreich mit 4,2 % und dem Vereinigten Königreich mit 3,8 %.[4]

Die untere Tabelle gibt die Schätzung des Stockholmer Friedensforschungsinstituts über den Verteidigungsetat 2008 der 15 Staaten mit den größten Verteidigungsetats der Welt wieder.[7]

RangLandAusgaben[A 1]
(Mrd. USD)
Anteil an den
weltweiten
Ausgaben[A 1]
Pro-Kopf-
Ausgaben[A 1]
(in USD)
Anteil
am BIP
(2007)[A 1]
Veränderung
ggü. 1999
(%)
1Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten60741,51.9674,0066,5
2China Volksrepublik Volksrepublik China0(84,9)0(5,8)0.0(63)(2,0)194
3Frankreich Frankreich065,704,51.0612,3003,5
4Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich065,304,51.0702,4020,7
5Russland Russland0(58,6)0(4,0)0.(413)(3,5)173
6Deutschland Deutschland046,803,20.5681,3−11,0
7Japan Japan046,303,20.3610,9−1,7
8Italien Italien040,602,80.6891,8000,4
9Saudi-Arabien Saudi-Arabien038,202,61.5119,3081,5
10Indien Indien030,002,10.0252,5044,1
11Korea Sud Südkorea024,201,70.5012,7051,5
12Brasilien Brasilien023,301,60.1201,5029,9
13Kanada Kanada019,301,30.5811,2037,4
14Spanien Spanien019,201,30.4301,2037,7
15Australien Australien018,401,30.8761,9038,6

Anmerkung:[A 1]

  1. a b c d e Angaben in Klammern sind Schätzungen, während das saudische Verteidigungsbudget möglicherweise Ausgaben für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung enthält und damit unter Umständen überschätzt wurde.

2011

Daten nach Angaben von SIPRI[8]

PlatzLandAusgaben 2011
(in Milliarden US-Dollar)
1Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten0711,4
2China Volksrepublik Volksrepublik China0142,9
3Russland Russland0071,9
4Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich0062,7
5Frankreich Frankreich0062,5
6Japan Japan0059,3
7Indien Indien0048,9
8Saudi-Arabien Saudi-Arabien0048,5
9Deutschland Deutschland0046,7
10Brasilien Brasilien0035,4
11Italien Italien0034,5
12Korea Sud Südkorea0030,8
13Australien Australien0026,7
14Kanada Kanada0024,7
15Turkei Türkei0017,9
16Israel Israel0016,4
17Spanien Spanien0015,2
18Niederlande Niederlande0011,8
19Kolumbien Kolumbien0011,0
20Taiwan Taiwan0009,7

2013

Daten nach Angaben von SIPRI[9]
RangLandAusgabenAnteil am BIPEntwicklung 2004–13
1Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten640 Mrd. US-Dollar3,8 % 012 %
2China Volksrepublik Volksrepublik China188 Mrd. US-Dollar2,0 % 170 %
3Russland Russland087,8 Mrd. US-Dollar4,1 % 108 %
4Saudi-Arabien Saudi-Arabien067,0 Mrd. US-Dollar9,3 % 118 %
5Frankreich Frankreich061,2 Mrd. US-Dollar2,2 % 006,4 %
6Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich057,9 Mrd. US-Dollar2,3 % 002,5 %
7Deutschland Deutschland048,8 Mrd. US-Dollar1,4 % 003,8 %
8Japan Japan048,6 Mrd. US-Dollar1,0 % 000,2 %
9Indien Indien047,4 Mrd. US-Dollar2,5 % 045 %
10Korea Sud Südkorea033,9 Mrd. US-Dollar2,8 % 042 %
11Italien Italien032,7 Mrd. US-Dollar1,6 % 026 %
12Brasilien Brasilien031,5 Mrd. US-Dollar1,4 % 048 %
13Australien Australien024,0 Mrd. US-Dollar1,6 % 019 %
14Turkei Türkei019,1 Mrd. US-Dollar2,3 % 013 %
15Vereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate019,0 Mrd. US-Dollar4,7 % 085 %

Kursive Daten sind Schätzungen. Daten der V.A.E. betreffen das Jahr 2012.in konstanten Preisen von 2012

2016

Daten nach Angaben von SIPRI[10]

RangLandAusgabenAnteil am BIP
1Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten611,2 Mrd. US-Dollar03,3 %
2China Volksrepublik Volksrepublik China215,7 Mrd. US-Dollar01,9 %
3Russland Russland069,2 Mrd. US-Dollar05,3 %
4Saudi-Arabien Saudi-Arabien063,7 Mrd. US-Dollar10,0 %
5Indien Indien055,9 Mrd. US-Dollar02,5 %
6Frankreich Frankreich055,7 Mrd. US-Dollar02,3 %
7Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich048,3 Mrd. US-Dollar01,9 %
8Japan Japan046,1 Mrd. US-Dollar01,0 %
9Deutschland Deutschland041,1 Mrd. US-Dollar01,2 %
10Korea Sud Südkorea036,8 Mrd. US-Dollar02,7 %
11Italien Italien027,9 Mrd. US-Dollar01,5 %
12Australien Australien024,3 Mrd. US-Dollar02,0 %
13Brasilien Brasilien022,8 Mrd. US-Dollar01,3 %
14Vereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate022,8 Mrd. US-Dollar05,7 %
15Israel Israel017,8 Mrd. US-Dollar05,8 %
16Kanada Kanada017,8 Mrd. US-Dollar01,0 %
17Spanien Spanien014,9 Mrd. US-Dollar01,2 %
18Turkei Türkei014,9 Mrd. US-Dollar02,0 %
19Iran Iran012,3 Mrd. US-Dollar03,0 %
20Algerien Algerien010,6 Mrd. US-Dollar06,7 %

2018

Daten nach Angaben von SIPRI[11]

RangLandAusgabenAnteil am BIP
1Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten649 Mrd. US-Dollar3,2 %
2China Volksrepublik Volksrepublik China250 Mrd. US-Dollar1,9 %
3Saudi-Arabien Saudi-Arabien067,6 Mrd. US-Dollar8,8 %
4Indien Indien066,5 Mrd. US-Dollar2,4 %
5Frankreich Frankreich063,8 Mrd. US-Dollar2,3 %
6Russland Russland061,4 Mrd. US-Dollar3,9 %
7Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich050,0 Mrd. US-Dollar1,8 %
8Deutschland Deutschland049,5 Mrd. US-Dollar1,2 %
9Japan Japan046,6 Mrd. US-Dollar0,9 %
10Korea Sud Südkorea043,1 Mrd. US-Dollar2,6 %
11Italien Italien027,8 Mrd. US-Dollar1,3 %
12Brasilien Brasilien027,8 Mrd. US-Dollar1,5 %
13Australien Australien026,7 Mrd. US-Dollar1,9 %
14Kanada Kanada021,6 Mrd. US-Dollar1,3 %
15Turkei Türkei019,0 Mrd. US-Dollar2,5 %
16Spanien Spanien018,2 Mrd. US-Dollar1,3 %
17Israel Israel015,9 Mrd. US-Dollar4,3 %
18Iran Iran013,2 Mrd. US-Dollar2,7 %
19Polen Polen011,6 Mrd. US-Dollar2,0 %
20Pakistan Pakistan011,4 Mrd. US-Dollar4,0 %

Kursive Daten sind Schätzungen.

2022

Daten nach Angaben von SIPRI[12]

RangLandAusgabenAnteil am BIP
1Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten0877 Mrd. US-Dollar003,5 %
2China Volksrepublik Volksrepublik China0292 Mrd. US-Dollar001,6 %
3Russland Russland0086,4 Mrd. US-Dollar004,1 %
4Indien Indien0081,4 Mrd. US-Dollar002,4 %
5Saudi-Arabien Saudi-Arabien0075,0 Mrd. US-Dollar007,4 %
6Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich0068,5 Mrd. US-Dollar002,2 %
7Deutschland Deutschland0055,8 Mrd. US-Dollar001,4 %
8Frankreich Frankreich0053,6 Mrd. US-Dollar001,9 %
9Korea Sud Südkorea0046,4 Mrd. US-Dollar002,7 %
10Japan Japan0046,0 Mrd. US-Dollar001,1 %
11Ukraine Ukraine0044,0 Mrd. US-Dollar034,0 %
12Italien Italien0033,5 Mrd. US-Dollar001,7 %
13Australien Australien0032,3 Mrd. US-Dollar001,9 %
14Kanada Kanada0026,9 Mrd. US-Dollar001,2 %
15Israel Israel0023,4 Mrd. US-Dollar004,5 %
16Spanien Spanien0020,3 Mrd. US-Dollar001,5 %
17Brasilien Brasilien0020,2 Mrd. US-Dollar001,1 %
18Polen Polen0016,6 Mrd. US-Dollar002,4 %
19Niederlande Niederlande0015,6 Mrd. US-Dollar001,6 %
20Katar Katar0015,4 Mrd. US-Dollar007,0 %

Kursive Daten sind Schätzungen.

Deutschland

Anteil der Rüstungsausgaben Deutschlands am Bruttoinlandsprodukt
JahrProzent
1953
  
3,97 %
1954
  
3,74 %
1955
  
3,84 %
1956
  
3,41 %
1957
  
3,90 %
1958
  
2,79 %
1959
  
4,17 %
1960
  
3,77 %
1961
  
3,74 %
1962
  
4,50 %
1963
  
4,90 %
1964
  
4,38 %
1965
  
4,09 %
1966
  
3,91 %
1967
  
4,08 %
1968
  
3,41 %
1969
  
3,40 %
1970
  
3,01 %
1971
  
3,06 %
1972
  
3,17 %
1973
  
3,16 %
1974
  
3,26 %
1975
  
3,28 %
1976
  
3,14 %
1977
  
3,04 %
1978
  
3,05 %
1979
  
2,96 %
1980
  
2,96 %
1981
  
3,04 %
1982
  
3,03 %
1983
  
3,03 %
1984
  
2,93 %
1985
  
2,87 %
1986
  
2,79 %
1987
  
2,77 %
1988
  
2,64 %
1989
  
2,53 %
1990
  
2,52 %
1991
  
2,00 %
1992
  
1,86 %
1993
  
1,69 %
1994
  
1,55 %
1995
  
1,50 %
1996
  
1,47 %
1997
  
1,41 %
1998
  
1,39 %
1999
  
1,40 %
2000
  
1,36 %
2001
  
1,32 %
2002
  
1,33 %
2003
  
1,32 %
2004
  
1,27 %
2005
  
1,07 %
2006
  
1,20 %
2007
  
1,17 %
2008
  
1,21 %
2009
  
1,31 %
2010
  
1,27 %
2011
  
1,21 %
2012
  
1,24 %
2013
  
1,19 %
2014
  
1,15 %
2015
  
1,14 %
2016
  
1,15 %
2017
  
1,15 %
2018
  
1,17 %
2019
  
1,26 %
2020
  
1,37 %
2021
  
1,32 %
2022
  
1,38 %
2023
  
1,52 %
Datenquelle: SIPRI[13]

Kalter Krieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Es hatte keine Streitkräfte und damit auch keinen Verteidigungshaushalt. Der Aufbau von Streitkräften erfolgte in der DDR zunächst nominell in Form von Polizeikräften (ab 1948, „Bereitschaften der Volkspolizei“, ab 1952: Kasernierte Volkspolizei). In der Bundesrepublik entstand 1950 das Amt Blank zur Vorbereitung der Wiederbewaffnung. Die Kosten dieser Organisationen wurden nicht als Verteidigungshaushalt ausgewiesen. Die Nationale Volksarmee (NVA) der DDR wurde faktisch im Juli 1952 gegründet. Die Bundeswehr wurde 1955 gegründet und die Bundesrepublik wurde am 6. Mai 1955 Mitglied der NATO. Bedingt durch die Umstände des Kalten Krieges stiegen die Verteidigungsetats beider deutscher Staaten Ende der 1950er Jahre stark an. 1960 umfasste der Verteidigungsetat der Bundesrepublik Deutschland 7,45 Milliarden DM und der Anteil am Bundeshaushalt betrug 24,6 Prozent.

Seit dem Mauerbau 1961 stabilisierten sich die Rüstungsausgaben im Westen. Die Rüstungsausgaben in der DDR stiegen jedoch weiter an. 1968 wurde der Verteidigungsetat um 60 % erhöht.[14] Die offizielle Entspannungspolitik der 1970er-Jahre hinterließ im Verteidigungsetat keine Spuren. Die größten Steigerungsraten des Verteidigungshaushaltes fallen in diese Zeit. Erst mit dem Antritt der Regierung Helmut Kohl (1982) sanken die prozentualen Steigerungsraten im Haushalt des Verteidigungsministeriums wieder. 1990 (in diesem Jahr trat die DDR der Bundesrepublik bei) betrug der Verteidigungsetat einschließlich des NVA-Haushaltes für das 2. Halbjahr rund 57,54 Milliarden DM; dies waren 15,1 Prozent des Bundeshaushaltes.

Friedensdividende bis 1999

Nach der Wende kürzte die damalige Regierung unter Bundeskanzler Helmut Kohl den Verteidigungsetat massiv. Wegen des Wegfalls der Bedrohung durch den Warschauer Pakt konnte die NVA in die Bundeswehr integriert und der Personalbestand der Bundeswehr massiv reduziert werden. Man nannte und nennt dies „Friedensdividende“. In den Jahren bis 1997 kam es jährlich zu deutlichen Kürzungen. Auch in den Folgejahren (1998 bis 2005 regierte eine rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder) sank der Verteidigungshaushalt inflationsbereinigt nahezu jedes Jahr.

1999

Der Verteidigungshaushalt 1999 betrug 47,52 Milliarden DM (24,30 Milliarden Euro), davon entfielen:

  • 50,24 Prozent bzw. 23,84 Milliarden DM (12,19 Milliarden Euro) auf die Personalausgaben
  • 15,61 Prozent bzw. 7,42 Milliarden DM (3,79 Milliarden Euro) auf die militärischen Beschaffungen
  • 15,19 Prozent bzw. 7,22 Milliarden DM (3,69 Milliarden Euro) auf die sonstigen Betriebsausgaben
  • 8,79 Prozent bzw. 4,18 Milliarden DM (2,14 Milliarden Euro) auf Materialerhaltung und -betrieb
  • 5,30 Prozent bzw. 2,52 Milliarden DM (1,29 Milliarden Euro) auf Forschung, Entwicklung und Erprobung
  • 3,94 Prozent bzw. 1,87 Milliarden DM (0,96 Milliarden Euro) auf die militärischen Anlagen
  • 0,93 Prozent bzw. 0,44 Milliarden DM (0,23 Milliarden Euro) auf sonstige Investitionen.

Das entsprach einem Anteil von 74,22 Prozent bzw. 35,27 Milliarden DM (18,03 Milliarden Euro) für die Betriebskosten und 25,78 Prozent bzw. 12,25 Milliarden DM (6,26 Milliarden Euro) für verteidigungsinvestive Ausgaben (Entwicklung und Beschaffung neuer Ausrüstung).

Aufrüstung ab 2022

Der Haushalt umfasste 2019 43,2 Milliarden Euro[15][16] 2020 45,2 Milliarden Euro[17] und 2021 46,9 Milliarden Euro.[18]

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine wurde mit dem Bundeswehrfinanzierungs- und sondervermögensgesetz ein Sondervermögen des Bundes mit der Bezeichnung „Sondervermögen Bundeswehr“ errichtet.[19] Mit diesem werden im mehrjährigen Durchschnitt von maximal fünf Jahren zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf Basis der aktuellen Regierungsprognose für Verteidigungsausgaben nach NATO-Kriterien bereitgestellt (§ 1 Abs. 2 des Gesetzes). Diese Kreditermächtigung entspricht einem Neukredit im Maßstab des doppelten Verteidigungsetats und wird von den Kreditobergrenzen der Schuldenregel ausgenommen.[20][21][22] In seiner Rede am 27. Februar 2022 vor dem Deutschen Bundestag sprach Bundeskanzler Scholz davon, das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Rüstung und zusätzlich die Erhöhung des Wehretats auf über 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes anzustreben. Später war dann allerdings nur noch die Rede davon, mit den 100 Milliarden Euro Sondervermögen über vier Jahre verteilt den Wehretat auf über 2 Prozent des BIPs zu steigern.[23]

China

  • März 2004 bis März 2005: 245 Mrd. Yuan (26,7 Mrd. Euro)
  • März 2005 bis März 2006: 281 Mrd. Yuan (30,7 Mrd. Euro)
  • März 2006 bis März 2007: 283,8 Mrd. Yuan (31 Mrd. Euro)[24]
  • März 2007 bis März 2008: 350,9 Mrd. Yuan (38,3 Mrd. Euro)[25]
  • März 2008 bis März 2009: 375,75 Mrd. Yuan (41 Mrd. Euro)[26]
  • März 2009 bis März 2010: 472,87 Mrd. Yuan (51,6 Mrd. Euro)[27]
  • März 2010 bis März 2011: 532 Mrd. Yuan (58 Mrd. Euro)[28]
  • März 2011 bis März 2012: 601 Mrd. Yuan (65,6 Mrd. Euro)[29]

Viele Militärausgaben werden in China allerdings durch andere Haushaltsposten abgedeckt. Die genauen Ausgaben für das Militär werden nicht bekannt gegeben. Der tatsächliche Verteidigungsetat wird auf das zwei- bis dreifache geschätzt.

Frankreich

Im französischen Staatshaushalt verteilen sich die Mittel des Ministeriums der Streitkräfte auf drei Bereiche, den Bereich „Verteidigung“, die den Großteil der Mittel zusammenfasst, den interministeriellen Bereich „Veteranen, Gedenken und Verbindungen mit der Nation“ und der interministerielle Bereich „Forschung und Hochschulbildung“.
Schema zum Verteidigungsetat Frankreichs zwischen 1988 und 2003
Der französische Verteidigungshaushalt ist einer der höchsten Europas. Der allgemeine Trend zu mehr Verteidigungsbudgets in Frankreich im Jahr 2019 setzt sich wie in den meisten europäischen Ländern fort. Der Verteidigungshaushalt einschließlich Pensionen, ist von 38,99 Mrd. € im Jahr 2014 auf 46,1 Milliarden Euro im Jahr 2020 gestiegen, was einer aktuellen Steigerung von 18,2 Prozent entspricht. Diese Zahlen sind nicht direkt mit denen anderer NATO-Staaten vergleichbar, aber spiegeln dennoch einen erheblichen Investitionsaufwand für die Neuanschaffung von Ausrüstung wider.

Im Jahr 2019 beträgt der Verteidigungsetat etwa 44,4 Milliarden Euro (inkl. Pensionen) bzw. 35,8 Milliarden Euro ohne Berücksichtigung von Pensionsverpflichtungen. Das Effektiv zur Verfügung stehende Budget für die französischen Streitkräfte beträgt im Jahr 2020 ca. 37,60 Milliarden Euro. Der französische Militärhaushalt ist damit nach Deutschland mit 45,2 Mrd. € (2020) und Großbritannien, der dritthöchste Verteidigungshaushalt in Europa.[30]

Entwicklung des Verteidigungshaushalts in Mrd. € und %-Anteil am französischen BIP
Programme2014201520162017201820192020
BIP Frankreich [Mrd. €][31]2147,62198,42234,12295,12353,12416,92479,4
Verteidigungshaushalt (inkl. Pensionen) [Mrd. €]38,9938,8939,6940,5942,6344,4046,10
Verteidigungshaushalt (ohne Pensionen) [Mrd. €]31,1531,7332,4434,2035,8037,50
% Militärhaushalt (inkl. Pensionen) / BIP1,82 %1,78 %1,77 %1,77 %1,81 %1,83 %1,86 %
Quellen[32][33][34][35][36]

Zirka 10 % des französischen Wehretats fließen allein in die Atomstreitkräfte.

Vereinigte Staaten

Unter der Regierung von George W. Bush wurde der Verteidigungsetat der Vereinigten Staaten nach 2001 stark angehoben. Die Anhebung wird als maßgebliche Ursache für die Haushaltsdefizite der letzten Jahre gesehen. Der noch positive Haushaltssaldo im Jahr 2001 von 127 Mrd. Dollar kippte bereits 2002 ins Negative. 2002 lag das Haushaltsdefizit der Vereinigten Staaten bereits bei 158 Mrd. Dollar und 2005 bei 427 Mrd. Dollar. Laut aktuellen Schätzungen kostete z. B. der Irak-Krieg bis heute über 5 Billionen Dollar.[37]

Historische Entwicklung des US-Verteidigungsetats 2001–2012
JahrVerteidigungsetat
2000375,9 Mrd. USD
2001378,9 Mrd. USD
2002425,5 Mrd. USD
2003484,3 Mrd. USD
2004527,8 Mrd. USD
2005553 Mrd. USD
2006561,6 Mrd. USD
2007576,3 Mrd. USD
2008618,9 Mrd. USD
2009668,6 Mrd. USD
2010687,1 Mrd. USD
2011698,3 Mrd. USD
2012662 Mrd. USD (geplant)[38]
2015577 Mrd. USD (gebilligt)
2016611 Mrd. USD (gem. SIPRI)[39]
2019716 Mrd. USD[40]
2020738 Mrd. USD reuters.com

Neutrale Staaten

Finnland, 2010: 2,7 Mrd. Euro
Österreich, 2010: 2,5 Mrd. Euro, 3,3 Mrd. Euro geplant für 2023[41]
Schweden, 2010: 40,664 Mrd. Kronen (ca. 4,4 Mrd. Euro)
Schweiz, 2010: 4,813 Mrd. Franken (ca. 4,8 Mrd. Euro)

Griechenland und die Türkei

Die Militärausgaben[42] zwischen 2003 und 2012 in US-Dollar:

Militärbudget
Turkei TürkeiGriechenland Griechenland
Jahrin Mio. USDin %/BIPin Mio. USDin %/BIP
201218.1842,3 %6.9722,5 %
201117.9062,3 %6.7092,2 %
201017.6902,4 %8.8692,7 %
200917.2752,6 %11.4553,3 %
200816.1192,3 %10.9953,1 %
200715.9242,3 %9.8912,8 %
200616.5112,5 %9.8982,9 %
200515.7992,5 %9.5202,9 %
200416.6892,8 %8.8042,7 %
200318.2873,4 %8.0082,6 %

Siehe auch

Wiktionary: Verteidigungsetat – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Peter E. Robertson: The Real Military Balance: International Comparisons of Defense Spending. In: Review of Income and Wealth. 2022. doi:10.1111/roiw.12536
  2. Frequently asked questions. Stockholm International Peace Research Institute, abgerufen am 3. August 2022.
  3. The SIPRI definition of military expenditure. In: Military Spending and Armament. Stockholm International Peace Research Institute, archiviert vom Original am 15. Juli 2009; abgerufen am 1. August 2022 (englisch).
  4. a b Recent trends in military expenditure. Stockholm International Peace Research Institute, archiviert vom Original am 2. September 2009; abgerufen am 1. August 2022 (englisch).
  5. Russlands imperialer Irrweg. In: NZZ, 19. Juni 2015
  6. Nan Tian et al.: Trends in world military expenditure, 2023. In: SIPRI fact sheet. April 2024, doi:10.55163/BQGA2180.
  7. The 15 major spender countries in 2008 (table). In: Stockholm International Peace Research Institute. Military Spending and Armament. Stockholm International Peace Research Institute; abgerufen am 14. Juli 2009.
  8. Simon Rogers: Military spending: how much does the military cost each country, listed. 17. April 2012, abgerufen am 13. Dezember 2023 (englisch).
  9. Sam Perlo-Freeman, Carina Solmirano: Trends in world military expenditure, 2013. In: SIPRI Fact Sheet. April 2014 (archive.org [PDF; 3,1 MB; abgerufen am 1. August 2022]).
  10. World Military Spending 2017. (PDF) SIPRI, abgerufen am 9. Juli 2017.
  11. Trends in world military expenditure, 2018. (PDF) In: SIPRI. Abgerufen am 1. September 2019.
  12. Trends in World Military Expentiture, 2022. Abgerufen am 23. Oktober 2023.
  13. SIPRI Military Expenditure Database. Abgerufen am 19. Juli 2024 (englisch).
  14. Von ZEIT zu ZEIT. In: Die Zeit, Nr. 51/1967.
  15. Bundeshaushaltsplan 2019. Einzelplan 14. Bundesministerium der Verteidigung. (PDF) In: bmvg.de. Bundesministerium der Verteidigung, abgerufen am 6. Juni 2019.
  16. Verteidigungshaushalt: Verteidigungshaushalt 2019. In: bmvg.de. Bundesministerium der Verteidigung, abgerufen am 6. Juni 2019.
  17. Kabinett beschließt Etatentwurf 2020: Verteidigungsausgaben steigen. In: bmvg.de. 27. Juni 2019, abgerufen am 23. März 2020.
  18. Verteidigungshaushalt. Abgerufen am 27. Januar 2021.
  19. Art. 1 des Gesetzes vom 1. Juli 2022 (BGBl. I S. 1030)
  20. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 87a). BR-Drs. 123/22 vom 17. März 2022.
  21. Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines „Sondervermögens Bundeswehr“ (Bundeswehrsondervermögensgesetz - BwSVermG) BR-Drs. 124/22 vom 17. März 2022.
  22. Dorothee Frank: Schuldenbremse trifft Verteidigung. Behörden Spiegel, 8. Februar 2022.
  23. Christoph von Marschall: Scholz hat seine Zusagen schon wieder einkassiert. In: Der Tagesspiegel. 8. April 2022, abgerufen am 21. April 2022 (englisch).
  24. China rüstet auf und droht Taiwan. wiwo.de, 4. März 2006, abgerufen am 4. März 2011.
  25. Chinas Verteiligunsbudget für 2007 auf gleichem Niveau der vergangenen Jahre. CRIonline, 4. März 2007, abgerufen am 4. März 2011.
  26. China verschreckt Pentagon. Tagesspiegel, 4. März 2008, abgerufen am 4. März 2011.
  27. Chinas Verteiligungsetat steigt 2009 leicht. China Botschaft, 5. März 2009, abgerufen am 4. März 2011.
  28. Chinesisches Militärs: Wollen Amerika nicht herausfordern. faz.net, 4. März 2010, abgerufen am 4. März 2011.
  29. China erhöht Militärausgaben. Zeit Online, 4. März 2011; abgerufen am 4. März 2011.
  30. Nicolas Gros-Verheyde: Le Royaume-Uni, premier budget de défense en Europe? Vrai ou Faux. In: B2 Le blog de l’Europe politique. 23. November 2018, abgerufen am 5. Mai 2020 (französisch).
  31. Résultats de la recherche. INSEE, abgerufen am 5. Mai 2020.
  32. Projet de loi de finances pour 2017 : Défense. Französischer Senat, November 2016, abgerufen am 5. Mai 2020 (französisch).
  33. Défense. (PDF) Französisches Haushaltsministerium, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. September 2019; abgerufen am 5. Mai 2020 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.performance-publique.budget.gouv.fr
  34. Projet de loi de finances pour 2018 : Défense. Französischer Senat, 2017, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Mai 2019; abgerufen am 5. Mai 2020 (französisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.senat.fr
  35. Nicolas Gros-Verheyde: Le Royaume-Uni, premier budget de défense en Europe? Vrai ou Faux. In: B2 Le blog de l’Europe politique. 23. November 2018, abgerufen am 5. Mai 2020 (französisch).
  36. AFP: Les députés votent le budget 2020 de la Défense, à nouveau en hausse. In: ouest france. 30. Oktober 2019, abgerufen am 5. Mai 2020 (französisch).
  37. Henning Hoff: Der Drei-Billionen-Krieg. In: Zeit Online. 26. Februar 2008, abgerufen am 6. Juni 2019.
  38. Obama billigt US-Militärbudget unter Protest. In: Weser Kurier. Bremer Tageszeitungen, 1. Januar 2012, abgerufen am 1. August 2022.
  39. Military expenditure by country, in constant (2017) US$ m. (PDF) In: sipri.org. Stockholm International Peace Research Institute, 2018, S. 17, abgerufen am 6. Juni 2019 (englisch).
  40. USA: Donald Trump unterzeichnet Verteidigungsetat. In: Zeit Online. 14. August 2018, abgerufen am 6. Juni 2019.
  41. Neues Bundesheer-Budget: Gady: "Auf einen konventionellen Krieg ist das österreichische Bundesheer nicht ausgerichtet" | Kleine Zeitung. 7. Oktober 2022, abgerufen am 26. Oktober 2022.
  42. SIPRI Military Expenditure Database. In: sipri.org.