Diego Velázquez

Datei:Velazquez SelfPortrait1943.jpg
Selbstportrait, 1643, Öl auf Leinwand
Die königliche Familie, genannt: Las Meninas, 1656, Öl auf Leinwand

Diego Rodríguez de Silva y Velázquez (* 6. Juni 1599 in Sevilla; † 6. August 1660 in Madrid), meistens als Diego Velázquez bezeichnet, war ein spanischer Maler des Barocks, der zu den wichtigsten Porträtmalern seiner Zeit gehört. Als Maler am Hof des spanischen Königs Philipp IV. porträtierte er zahlreiche Mitglieder der königlichen Familie und Angehörige des Hofes. Velázquez hat während seiner Schaffenszeit zahlreiche kunsthistorisch bedeutsame Gemälde geschaffen. Das wahrscheinlich bekannteste Bild aus seiner Hand ist Las Meninas aus dem Jahre 1656.

Seit dem frühen neunzehnten Jahrhundert war Velázquez Werk Vorbild für zahlreiche Maler, seine Gemälde beeinflussten unter anderem den Impressionisten Edouard Manet. Maler des 20sten Jahrhunderts wie Pablo Picasso, Francis Bacon und Salvador Dalí zollten Velázquez ihren Respekt, in dem sie seine Gemälde malerisch neu interpretierten.

Einordnung der Schaffensperioden

Kunsthistoriker unterteilen häufig das Schaffenswerk Velázquez in drei Perioden; die Zäsur zwischen den einzelnen Perioden bilden die zwei Italienreisen (1629 bis 1631 bzw. 1649 bis 1651), die er während seiner Lebenszeit unternommen hat. Die Einteilung in diese drei Perioden ist teilweise willkürlich, weil sie nicht durchgängig Velázquez künstlerische Entwicklung entspricht. Wie bei vielen anderen Künstlern überlappen sich die unterschiedlichen Stile. Eine sichere Einordnung in die drei Schaffensperioden wird außerdem dadurch erschwert, dass Velázquez seine Werke nur selten signierte und datierte. Das königliche spanische Archiv hielt nur die Fertigstellungsdaten der wichtigsten Werke fest.

Leben

Familie und Namen

Velázquez wurde im andalusischen Sevilla wahrscheinlich in den ersten Tagen des Juni 1599 geboren. Sicher ist lediglich sein Taufdatum, der 6. Juni. Sein Vater Juan Rodríguez de Silva war ein Anwalt portugiesischer Abstammung, dessen Eltern knapp zwanzig Jahre vor Velázquez Geburt von Porto nach Sevilla umgesiedelt waren. Seine Mutter Jerónima Velázquez gehörte Sevillas hidalgo-Stand an, einer niederen Adelsklasse. Entsprechend den Gewohnheiten seiner Zeit und seines Landes erhielt Velázquez als ältester Sohn den Nachnamen seiner Mutter. Seine Lehre trat er daher als "Diego Velázquez" an und als solcher ist er auch in den Kirchenregistern anlässlich seiner späteren Hochzeit und der Taufe seine zwei Töchter festgehalten. In die Malergilde dagegen ist er unter dem Namen Diego Velázquez de Silva aufgenommen worden und am Hof zu Madrid führte er gelegentlich den Namen Diego des Silva y Velázquez. Die heutige Kunstgeschichte bezeichnet ihn meist schlicht als Diego Velázquez.

Ausbildung

Anbetung der Heiligen Drei Könige, 1619, Öl auf Leinwand, Prado

Sevilla war zu Zeiten Velázquez die Stadt Spaniens mit den meisten Einwohnern. Sie war außerdem eines der geistigen und kulturellen Zentren des Landes und Heimat einer Reihe von Malern. Diese belieferten nicht nur die Kirchen von Sevilla und der weiteren Umgebung mit Gemälden sondern schufen seit dem frühen 16. Jahrhundert auch europäische Kunstwerke für die neu entstehenden Kirchen und Klöster in Mexiko, Argentinien und Peru. Daher existierten in Sevilla eine Reihe von Malerwerkstätten, darunter die seiner späteren Lehrer Francisco Herrera und Francisco Pacheco.

Velázquez Erziehung umfasste - wie es den Gepflogenheit seiner Zeit entsprach - zuerst eine Ausbildung in Sprachen und in Philosophie. Aufgrund seiner künstlerischen Begabung begann er bereits mit knapp 10 Jahren eine Lehre bei dem Maler Francisco Herrera. Unsicher ist, wie lange diese Ausbildung bei dem als sehr emotional geltenden Lehrer währte. Sicherer ist dagegen, dass er ab dem 1. Dezember 1610 seine Lehre in der Werkstatt von Francisco Pacheco fortsetzte. Pacheco wird heute eher als wenig bemerkenswerter Maler eingestuft, aber seine Malerei zeigt gelegentlich einen einfachen, realistischen Stil, der in deutlichem Kontrast zu den zeitgenössischen Malereien von Raphael stand. Pacheco war außerdem ein hervorragender Kunsttheoretiker. In den fünf Jahren, die Velázques bei Pacheco blieb, lernte er vor allem den Einsatz von Proportionen und Perspektiven. Wesentlich beeinflusst wurde Velázquez Ausbildung von den Werken Caravaggios, den Pacheco als hervorragenden Maler schätzte und von dessen Schaffen Velázquez bereits während seiner Lehre mehrere Gemälde im Original beziehungsweise als Kopie studierte.

Erste Arbeiten als selbständiger Künstler

1618 heiratete Velázques mit Pachecos Zustimmung dessen Tochter Juana und begann als eigenständiger Künstler zu arbeiten. Ein großes Vorbild war für den jungen Künstler die Natur. Er malte nach dem lebenden Modell und entwickelte sich so zum größten Naturalisten der spanischen Schule. Einer der Schwerpunkte seines Schaffens wurde die Bildnismalerei. Unter seinen frühesten Werken finden sich Porträts von einzelnen Personen und Gruppen aus dem Volksleben, den sogenannten "Bodegónes". Unter "Bodegónes" versteht man Stilleben und Küchenstücke spanischer Maler, die im Gegensatz zu den Stilleben ihrer holländischen Zeitgenossen Mensch und Dinge gleichwertig behandeln und weitaus zurückhaltender ausstaffiert sind. Zu diesen gehören der Wasserträger von Sevilla, ein Bild, das sich durch unbefangene Natürlichkeit der Ausfassung und Freiheit der malerischen Behandlung auszeichnet sowie das Gemälde Vieja friendo huevos, auf dem eine alte Frau dargestellt ist, die Eier brät. Mit seinen starken Kontrasten von hellen und dunklen Farben weist es Velázques als einen Künstler aus, der in der Tradition des bedeutenden Caravaggios steht. In diese Zeit fallen auch zwei naturalistisch aufgefasste religiöse Bilder: Die Anbetung der Könige (1619, Prado, Madrid) und Die Anbetung der Hirten (National Gallery, London).

Bereits zu Beginn der 1620er Jahre hatte sich Velázquez einen großen künstlerischen Ruf in Sevilla erworben. Gleichzeitig wurde er Vater – seine Frau gebar ihm zwei Töchter. Die jüngere Tochter starb noch als Kleinkind, die ältere Tochter Francisca sollte später den Maler Bautista del Mazo heiraten.

Madrid und Philip IV.

Philipp IV. von Spanien, Öl auf Leinwand, 1631/32, National Gallery, London

Erster Aufenthalt am Hof

In der zweiten Aprilhälfte 1622 begab sich Velázquez nach Madrid. Unklar ist, ob er dies bereits mit dem Ziel tat, dort eine Anstellung als Hofmaler zu erlangen. Belegt ist, dass er im Escorial die dort ausgestellten Meisterwerke sehen wollte. Der spanische Hof stand unter der Regentschaft von Philipp IV., der seit einem Jahr auf dem Thron saß und knapp 17 Jahre zählte. Von seinem Vater Philipp III. hatte sein Sohn vier Hofmaler übernommen: Rodrigo de Villandrando, Bartolomé González, Eugenio Caxés sowie Vicente Carducho. Alle vier Maler waren in unterschiedlichen Maße von dem Naturalismus Caravaggios beeinflußt. Carducho und Caxé waren noch am stärksten dem Manierismus verbunden, der im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts in Spanien von großer Bedeutung war. Während heute Carducho als der wichtigste Maler unter diesen vier Malern gilt, schätzte der junge Philipp IV. vor allem Villandrando, der ihn und seine Frau Isabella von Bourbon mehrfach porträtierte. Die Geschichtsschreibung ordnet Philipp IV. als einen eher unbedeutenden Monarchen ein, er war jedoch ein Kunstliebhaber und war stolz darauf, selbst einen Ruf als Maler und Dichter zu besitzen.

Die Staatsgeschäfte des spanischen Hofes wurden von dem Grafen Olivares geführt, der vermutlich die Arbeiten Velázquez von einem mehrmonatigen Aufenthalt in Sevilla kannte. Ebenfalls zu den Förderern Velázquez zählte Juan de Fonseca, der Domherr der Kathedrale von Sevilla und Kaplan des jungen Königs war. Velázquez erhielt keine Gelegenheit, König oder Königin zu porträtieren, erregte jedoch die Aufmerksamkeit des spanischen Hofes mit einem Porträt des spanischen Dichters Luís de Góngora.

Der Ruf an den königlichen Hof

Im Dezember 1622 starb der von Philipp IV. geschätzte Villandrando und bereits im Frühjahr 1623 wurde Velázquez auf Veranlassung Olivarez nach Madrid berufen. Juan de Fonseca quartierte den jungen Maler bei sich ein und saß ihm Porträt. Die Bewunderung, die dieses Porträt bei Hofe erregte, verschuf Velázquez jetzt endlich auch die Gelegenheit, Philipp IV. zu malen. Das Porträt Philipps IV, aufgrund dessen der Künstler zum königlichen Maler ernannt wurde, ist in einer übermalten Fassung erhalten geblieben. Es zeigt ein sensibles, nicht idealisiertes Bild des Königs, das trotz eines Verzichts auf die üblichen Insignien der Macht königliche Würde ausstrahlt.

Isabella von Bourbon, 1630, Öl auf Leinwand, Prado

Am 6. Oktober 1623 trat Velázquez als Hofmaler in den Dienst des spanischen Königs. Velázquez erhielt ein Atelier im königlichen Schloss sowie 1624 300 Dukaten aus der königlichen Schatulle, um den Umzug seiner Familie nach Madrid zu finanzieren. Sein Salär betrug monatlich 20 Dukaten und Unterkunft sowie zusätzliche Entlohnungen für alle Gemälde, die er ausführte.

Philip IV hatte rasch das außergewöhnliche Talent Velázquez erkannt und erklärt, dass kein anderer Maler mehr seine Porträts ausführen solle - eine Aussage, die allerdings nicht lange Bestand hatte, denn Peter Paul Rubens malte mehrere Porträts des spanischen Königs. 1625 schuf Velázquez ein heute verschollenes Reiterporträt von Philipp IV., dass ihn noch weiter in der Hierarchie der Hofmaler aufsteigen ließ. Als Dank erhielt Velázquez vom König 300 Dukaten sowie den gleichen Betrag als jährliche Rente auf Lebenszeit. Im Prado hängen heute noch zwei Porträts von Philip IV., die zeigen, dass Velázquez Malstil im Vergleich zu den Gemälden der Sevillaer Zeit weicher geworden war. Velázquez Ruf als hervorragender Porträtmaler stieg sehr schnell, so dass auch der spätere englische König Charles I. während eines Aufenthalts am spanischen Hof Velázquez Modell saß. Leider ist auch dieses Gemälde verloren gegangen. Der Erfolg Velázquez wurde von den drei übrigen Hofmalern nicht ohne Neid gesehen. Insbesondere Carducho ließ sich in seinen kunsttheoretischen Schriften immer wieder spöttisch über Velázquez Stil aus.

1627 veranlasste der spanische König einen Malwettbewerb unter seinen vier Hofmalern und gab als Thema für den Wettbewerb die Vertreibung der Mauren aus Spanien vor. Der kranke Bartolomé González wurde in diesem Wettbewerb von Angelo Nardi vertreten. Zur Jury hatte Philipp IV. den Maler Juan Bautista Maino und den Architekten Giovanni Battista Crescenzi ernannt. Velazquez Wettbewerbsbeitrag war ein Gemälde, dass Philipp III. zeigte, der mit seinem Marschallstab einer Gruppe von Menschen den Weg aus Spanien weist. Beide Jurymitglieder erklärten Velázquez zum eindeutigen Sieger des Wettbewerbs und Philipp IV. bestätigte ihre Entscheidung. Als Lohn für seinen Sieg wurde Velazquez zum Kammerherrn ernannt. Für Velázquez bedeutete dies eine mietfreie Wohnung im Palast, kostenlose ärztliche Behandlung sowie kostenfreie Medikamente. Unter den vier Hofmalern hatte Velázquez hatte damit eine eindeutige Vorrangstellung erworben.

Rubens am spanischen Königshof

1628 war Peter Paul Rubens für neun Monate in Madrid zu Gast und der spanische König beauftragte Velázquez damit, diesen mit der Kunst Spaniens vertraut zu machen. Rubens war zu diesem Zeitpunkt auf dem Höhepunkt seines Ruhmes und Pacheco, der als Schwiegervater von Velázquez möglicherweise parteiisch war, stellte stolz die Behauptung auf, dass sich Rubens mit keinem anderen Künstler unterhielt als mit seinem Schwiegersohn. Die Begegnung mit Rubens hatte auf Velazquez malerischen Stil keinen Einfluss, jedoch löste Rubens bei Velazquez den Wunsch aus, in Italien die großen Werke der italienischen Maler zu sehen.

Die erste Reise nach Italien

Die Schmiede des Vulkan

1629 gewährte Philip IV Velázquez bezahlten Urlaub und ermöglichte ihm damit, Italien zu besuchen. Im August 1629 segelte er im Gefolge des Marqués de Spinola, der in Mailand das Kommando über die dort stehenden spanischen Truppen übernehmen sollte. Während dieser Reise muss Velázquez Details der Übergabe von Breda von dem damaligen Kommandanten des spanischen Heeres gehört haben und erste Porträtstudie für sein späteres Historiengemälde der "Übergabe von Breda" gemacht haben.

In Venedig machte er Kopien von Tintorettos Gemälden "Kreuzigung" und "Abendmahl" und sendete diese an den spanischen Königshof. In Rom fertigte er Kopien der Werke von Raffael und Michelangelo. Während seines Aufenthalts in Italien, wo er bis Anfang 1631 blieb, entstanden unter anderem die zwei Historienbilder: Die Söhne Jakobs bringen diesem Josephs blutigen Rock (Escorial, Madrid) und Apollo in der Schmiede des Vulkans (Prado). In beiden Gemälden zeigt sich der Einfluss der italienischen Meister.

In dem Gemälde Apollo in der Schmiede des Vulkans fängt Velázquez den Moment ein, als der jugendlich strahlende Apollo die Schmiede betritt, um dem Gott Vulkan den Seitensprung seiner Gattin Venus mit dem Kriegsgott Mars verkündet. Vom Eintritt des Apollos überrascht, verharren die Gehilfen des Vulkans in Posen, die deutlich den Einfluss der italienischen Maler zeigen. Auch die Form der Pinselführung und der Rotton der Tunika Apollos verweist auf den Einfluss von Tintoretto und Tizian. In Die Söhne Jakobs bringen diesem Josephs blutigen Rock spielt das Geschehen in einem Offenen Saal, dessen Fußboden aus einem bei Tizian und Tintoretto beliebten Schachbrettmuster besteht. Die Söhne Jakobs werden außerdem von einem kleinen Hündchen verbellt, wie es bei Tintoretto häufig auftaucht.

Der Sommerhitze von Rom entfloh Velázquez für zwei Monate in die Villa Medici, wo er Kunstwerke der Antike studierte. Vermutlich dort entstanden zwei Landschaftsstudien, die aufgrund ihrer Pinselführung an impressionstische Gemälde des ausgehenden 19. Jahrhunderts anmuten. Über Neapel, wo er 1631 mit seinem Landsmann, dem Maler Jusepe de Ribera zusammentraf, kehrte er wieder nach Spanien zurück.

Rückkehr nach Madrid

Prinz Baltasar Carlos zu Pferde, 1634/35, Öl auf Leinwand, Prado
Prinz Baltasar Carlos als Jäger, 1635/36, Öl auf Leinwand, Prado

In Madrid wurde er von Philipp IV. wieder mit der Schaffung zahlloser Porträtgemälde der Mitglieder des spanischen Königsfamilie sowie des Spanischen Hofes beauftragt. Die große Anzahl an Gemälden, die Velázquez nach seiner Rückkehr schuf, waren nur dank einer leistungsfähigen Werkstatt möglich, in der seit 1633 auch sein Schwiegersohn Juan Bautista Martínez del Mazo mitarbeitete. Mazo hatte in diesem Jahr Velázquez erst vierzehnjährige Tochter Francisca geheiratet.

In den zwanzig Jahren, die bis zu seiner zweiten Italienreise vergingen, festigte sich sein Ruf am königlichen Hof. Ihm wurde die künstlerische Ausgestaltung zahlreicher Bauten des spanischen Königs übertragen. So schuf er 1634/35 eine Reihe von Gemälden für den großen Prunksaal im neuen Königspalast Buen Retiro in Madrid und ergänzte 1636 den mit zahlreichen Bildern aus der Rubens-Werkstatt ausgestatteten Jagdpavillon Torre de la Parada mit Jagdporträts und Bildnissen von Zwergen und Hofnarren. Die wachsende Wertschätzung, die Velázquez erlebte, drückt sich auch in seinem Aufstieg innerhalb der Hofhierarchie aus. 1636 ernannte der König den Hofmaler zum "ayúda de gárdaropa", zum "Gehilfen der Garderobe ohne Gehalt". 1643 durfte sich Velázquez bereits mit dem Titel "Kammerherr der Privatgemächer" schmücken. Noch im selben Jahr wurde er zum Assistenten des Superintendenten für besondere Bauvorhaben ernannt.

Porträts des Prinzen Baltasar Carlos

Zu den von ihm Porträtierten zählte unter anderem der Thronerbe, Prinz Baltasar Carlos. Die Gemälde, die Velazquez schuf, zählen zu den schönsten Kinderporträts des Barocks.

Prinz Baltasar Carlos und sein Zwerg, welches unmittelbar nach Velázquez Rückkehr aus Italien entstand, zeigt in Zentrum des Bildes ein knapp zweijähriges Kleinkind in einem prächtigen Zeremonialkleid, das mit seinem fein modellierten Kopf bereits königliche Würde ausstrahlt. Degen, Kommandostab und der im Hintergrund geraffte weinrote Vorhang weisen daraufhin, dass hier der lang ersehnte Nachfolger Philipps IV. dargestellt ist. Der Kopf der Zwergin ist dagegen wesentlich gröber gearbeitet und mit silberner Kinderklapper und einem Apfel wie mit Zepter und Reichsapfel ausgestattet als spiele sie den skurrilen Zeremonienmeister für das Kleinkind.

Fünf Jahre später stellt Velázquez den Thronerben auf einem sich aufbäumenden Pferd dar. Wieder verleiht Velázquez dem nun in der Uniform eines Feldmarschalls dargestellte Kind Würde und Ernsthaftigkeit. Während der Hintergrund des Bildes nur angedeutet ist, ist das Gesicht des Thronerbens in Licht getaucht. Selbst der Schatten, den die Hutkrempe des Thronerbens wirft, ist transparent. Mit müder Noblesse, die im Widerspruch zu der Kindlichkeit des Dargestellten steht,blickt der junge Prinz auf seinen Betrachter herab. Die meisten Porträts, die Velázquez von dem 1646 vermutlich an einer Blinddarmentzündung gestorbenen jungen Prinzen schuf, zeigen ihn als ein Kind, das von den Rollenzwängen seiner Stellung beherrscht ist. Eine Ausnahme stellt das 1635/1636 entstandene Bild Prinz Baltasar Carlos als Jäger dar, das als Gegenstück des Bildes Philipp IV. als Jäger entstand. Dargestellt ist ein aufmerksam dem Betrachter entgegenblickendes Kind, dem zu Füßen ein Hühnerhund döst, während das im bläulichem Grün dargestellte Gras noch vom Tau feucht zu sein schein. Hier weist nur die reiche Kleidung des Sechsjährigens auf die ihm vorbestimmte Rolle hin.

Die Porträts der Hofzwerge und –narren

Der Hofnarr Sebastián de Morra, 1636, Öl auf Leinwand

Würde und Ernsthaftigkeit strahlen auch die Porträts der Hofzwerge und –narren des königlichen Hofes aus, die Velázques in den zwanzig Jahren bis zu seiner zweiten Italienreise malte.

Das närrische Gesinde, das zum spanischen Hof gehörte, teilte sich in drei Gruppen: Die Aufgabe der "truhanes", der Hofnarren, war es, den Hof mit witzigen Einfällen zu unterhalten. Zu ihnen gehört beispielsweise der von Velázquez 1636/37 porträtierte Hofnarr Pablo de Valladolid, den er in der deklamatorischen Geste eines Schauspielers darstellte und dessen Bild 230 Jahre später Edouard Manet zu seinem Gemälde Der Pfeifer inspirierte. Die zweite Gruppe des närrischen Gesindes waren die Kleinwüchsigen, über die man sich am Hofe aufgrund ihres als unproportional empfundenen Körpers amüsierte und die man den königlichen Kindern häufig als Spielgefährte zuwies. Sie tauchen deswegen in zahlreichen Gemälden der königlichen Familie auf. Für ihre Einzelporträts wie etwa Don Sebastián de Morra, Zwerg, ein Buch auf den Knien haltend, wählte Velázquez häufig das Format eines niedrigen Rechtecks. Kunsthistoriker haben dieses gedrungen wirkende Format gelegentlich als Velazquez Versuch gewertet, die eng umschriebene Welt der Hofzwerge künstlerisch wiederzugeben. Möglicherweise war dieses Format jedoch auch dadurch bestimmt, dass diese Gemälde zur Ausstattung des königlichen Jagdpavillons bestimmt waren.

Die dritte Gruppe des närrischen Gesindes stellten die Menschen mit Mißbildungen oder geistigen Behinderungen, die man damals als "Naturspiele" bezeichnete. Auch sie sollten den Hof amüsieren, wenn sie ungewollt und ahnungslos in komische Situationen gerieten. Velázquez hat auch sie in mehreren Gemälden dargestellt. Zu diesen zählt das Bildnis Das Kind von Vallecas, das den etwa 15-jährigen körperlich behinderten und geistig zurückgebliebenen Francisco Lezcano beim Spielen mit Karten zeigt und das Gemälde Hofnarr Calabazillas, das künstlerisch so ausgereift und ausgewogen komponiert war, dass Kunsthistoriker es lange dem Spätwerk Velázquez zugeordnet hat. Wie fast alle Porträts des närrischen Gesindes war auch dieses nicht Bild nicht datiert. Erst aufgrund von Abrechnungen des Hofes, die zeigten, dass der Hofnarr Juan Calabazas bereits 1639 starb, datiert man den Entstehungszeitpunkt dieses Bildes auf den Zeitraum 1637 - 1639 zurück.

Velázquez verzichtet darauf, die Dargestellten zu karikieren, sondern malt sie mit derselben Beobachtungskraft und mit demselben seelischem Feingefühl wie die Angehörige des spanischen Hochadels. Insbesondere diese Gemälde haben Maler wie Goya, Manet, Picasso und Dalí zu Neuinterpretationen des Schaffens von Velázquez angeregt. Dalí beispielsweise schuf nach dem Gemälde des Don Sebastián de Morra 1982 ein Gemälde, dass erneut den Hofnarr darstellt und nannte es Hinter dem Fenster linker Hand, dort, wo ein Löffel hervorkommt, liegt Velázquez im Sterben.

Die Reiterporträts

Conde Duque de Olivares zu Pferde, 1634, Öl auf Leinwand, Prado

Zu den Meisterwerken, die Velázquez in dieser Zeit schuf gehört das 1634 geschaffene Reiterporträt Conte Duque de Olivares zu Pferde. Der mächtige Minister war der frühe und langjährige Patron des Malers und sein unbewegtes Gesicht ist uns von vielen Gemälden Velázques bekannt. Velázquez hatte diesem Mann auch die Treue gehalten als er am königlichen Hof in Ungnade gefallen war. Auf diesem berühmten Gemälde ist Olivares als Feldmarschall mit Federhut, goldverziertem Brustharnisch und Kommandostab dargestellt, dessen kastanienbraunes Pferd einem Schlachtgetümmel entgegensprengt, während er selbst hochmütig auf seinen Betrachter herunterblickt. Es ist eine Darstellungsweise, die normalerweise nur regierenden Herrschern zugebilligt wurde.

Das Reiterporträt des Conte Olivares war als Ausstattung des Salón de Reinos (Salon der Königreiche) des neuen Palastes "Buen Retiro" geschaffen wurde. In diesem Salon sollten auch zwei Gemälde von Tizian und Rubens hängen, die Philipp II. (Spanien) und Karl V. (Spanien) jeweils zu Pferde darstellten. Velázquez überarbeitete die von unbekannten Malern geschaffenen Reiterporträts von Philipp III. (Spanien) und Königin Margarete von Spanien, den Eltern von Philipp IV., sowie das Reiterporträt von Isabella von Bourbon, der Ehefrau Philipps IV.

Mit dem Gemälde Philipp IV. zu Pferde schuf Velázquez das Bild, dass aufgrund des Rang des Dargestellten das wichtigste Werk in diesem Zyklus darstellen sollte. Es zeigt in Profilstellung den König und sein Pferd ohne jegliches allegorisches Beiwerk vor einer in Grau- und Blautönen gemalten sanft abfallenden und weit gedehnten Ideallandschaft, während Pferd und Reiter die „Kurbette“ ausführen, eine reiterlichen Figur, bei der das Pferd steigt und die dem Reiter höchste Konzentration abfordert. In dieser reduzierten Bildrhetorik unterscheidet sich Velázquez erneut deutlich von seinem Zeitgenossen Rubens, der die Bedeutung der von ihm Dargestellten regelmäßig dadurch unterstrich, dass er sie entweder übertrieben groß vor einem tiefen Horizont darstellte oder seine Bilder stärker durch Schlachtszenen oder allegorischen Figuren inszenierte. Von den zahlreichen Reiterporträts, die Velázequez von Philipp IV. schuf, diente eines dem Bildhauer Montafles als Vorbild für eine Bronzestatue, die sich heute auf dem Plaza del Oriente in Madrid befindet.

Die "Übergabe von Breda"

Die Übergabe von Breda

Ähnlich wie bei dem Reiterporträt Philipp IV. zu Pferde verzichtete Velázquez auch bei dem Gemälde Übergabe von Breda auf jegliches allegorisches oder mythologisierendes Beiwerk und konzentriert sich auf den Moment am 5. Juni 1625 als die unterlegenen Holländer dem Marqués de Spinola, dem Führer der spanischen Heeres, die Schlüssel zur Stadt Breda überreicht. Wegen der Konzentration auf die reine Darstellung dieses historischen Moments gilt die Die Übergabe von Breda als erstes reines Geschichtsbild der neueren europäischeren Malerei. Es zählt zu den Höhepunkten der abendländischen Malerei und wird von vielen Kunsthistorikern als eines der vollkommensten Kriegsgemälde gewertet.

Die Stadt Breda war die wichtigste Festung der südlichen Niederlande in Brabant. Die Eroberung dieser Festung war ein entscheidender Schritt im langwierigen Kampf um die Niederlande, der über die künftige Position Spaniens als Weltmacht entschied. Spinola, Philipps erfolgreichster Feldherr im Dreißigjährigen Krieg, gewährte seinen Gegnern unter Führung von Justinus von Nassau großzügige Kapitulationsgesten. Dazu gehörte, dass die besiegte Armee die Stadt Breda mit Fahnen und Waffen verlassen durfte. Für diese großzügige Geste wurde er von vielen Spaniern gerühmt und Velázquez gelang es, Spinolas Handlungsweise in diesem Gemälde einzufangen. In nobler Geste empfängt Spinola den Unterlegenen und legt diesem ritterlich die Hand auf die Schulter, ohne auf den demütig dargebotenen Schlüssel zu den Stadttoren zu achten.

Die zweite Italienreise

Datei:PopeInnocentX.jpeg
Innozenz X., 1650, Öl auf Leinwand

Ende 1648 ging Velázquez zum zweitenmal nach Italien, um im Auftrag des Königs Kunstwerke als Vorbilder für eine in Madrid zu gründende Kunstakademie anzukaufen. Er blieb bis Juni 1651 in Italien, wo er unter anderem ein Bildnis des Papstes Innozenz X. schuf, das zu den besten Papstporträts zählt, die je gemalt wurden. Nach Madrid zurückgekehrt, sah sich Velázquez wegen der zweiten Heirat des spanischen Königs mit Maria Anna von Österreich genötigt, seine Aktivitäten als Hofmaler noch zu verstärken. Ferner wurde er zum Hofmarschall ernannt. Daneben fand er aber auch noch Zeit, ein religiöses Bild wie den Besuch des heiligen Abtes Antonius bei dem heiligen Einsiedler Paulus in der Wüste und zwei Meisterwerke ersten Ranges zu malen: Die Teppichwirkerinnen, ein Bild, das die Fabel der Arachne darstellt, und das unter dem Titel Las Meninas (Die Hofdamen) bekannte Gemälde, das Velázquez selbst zeigt, wie er die königliche Familie malt (alle Prado). Seine aufreibende Tätigkeit im Dienste des Königs blieb nicht ohne Auswirkungen auf seine Gesundheit. Er zog sich ein "hitziges Fieber" zu, an welchem er am 6. August 1660 in Madrid starb.

Merkmale von Velázquez Malerei

Edouard Manet, Der Pfeifer, 1866, Öl auf Leinwand - Manets Bild ist stark von den Gemälden geprägt, die Velázquez von den Hofnarren am spanischen Königshof schuf

Velázquez ist einer der größten Bildnismaler aller Zeiten, der neben der seinerzeit vorherrschenden idealistischen Kunstauffassung auch den Naturalismus zu einem gleichberechtigten Stil erhoben hat. Sein höchstes Ziel war die streng objektive Nachahmung der Natur bei geistreicher und individueller Auffassung. Deshalb übte sein Stil auf die ihm geistesverwandte Malerei der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen großen Einfluss aus. Edouard Manet beispielsweise schuf sein Gemälde Der Pfeifer unter der Einfluß von Velazquez Gemälde Hoffnarr Pablo de Valladolid. Beide sind in einem eigentümlich unbestimmten Raum ohne Bodenlinie dargestellt und ähneln sich in ihrer Fußstellung.

Velázquez Malweise hat verschiedene Wandlungen durchgemacht: Von einer kräftig-pastosen, warmen Farbgebung mit bräunlichen Schatten ausgehend, lernte er allmählich die Einwirkung des natürlichen Tageslichtes auf die Farbigkeit der Figuren und Gegenstände kennen. Schließlich hüllte er alle Lokalfarben in einen kühlen, grauen Ton, durch den seine reifsten Schöpfungen gekennzeichnet sind. In seinen letzten Arbeiten löst er die dargestellten Motive in lauter einzelne, leicht hingesetzte Pinselstriche auf, die erst bei der Betrachtung aus größerer Entfernung zu einem einheitlichen Ganzen von geschlossener Harmonie zusammenwachsen. Er kam in seinem Spätwerk daher der impressionistischen Auffassung sehr nahe. Außerhalb von Madrid findet man Werke (vor allem Porträts) von Velázquez besonders in der Gemäldegalerie im Kunsthistorischen Museum in Wien, in englischen Sammlungen und in den Museen zu Berlin, Dresden und Frankfurt am Main.

Werke (Auswahl)

  • Maria Immaculata (Die Unbefleckte Empfängnis) um 1619, National Gallery, London
  • Der Wasserkäufer von Sevilla, um 1619/20, Wellington Museum, London
  • Die Übergabe von Breda (Las Lanzas), 1634/35, Museo del Prado, Madrid
  • Der Hofzwerg Don Diego de Acedo "El Primo", 1644, Museo del Prado, Madrid
  • Der Hofnarr Sebastián de Morra um 1644, Museo del Prado, Madrid
  • Venus mit Spiegel, 1644-48, National Gallery, London
  • Juan de Pareja, 1650, Metropolitan Museum of Art, New York
  • Portrait Papst Innozenz X., 1650, Galleria Doria Pamphili, Rom
  • Die königliche Familie, (Las Meninas), 1656, Museo del Prado, Madrid
  • Die Spinnerinnen, um 1644-48, Museo del Prado, Madrid
  • Die Infantin Margarita in Blau, 1659, Kunsthistorisches Museum, Wien

Galerie

Literatur

  • Rose-Marie und Rainer Hagen: Bildbefragungen – Meisterwerke im Detail, Benedikt Taschenverlag Köln 1994
  • Norbert Wolf: Velázquez, Benedikt Taschen Verlag Köln 1999, ISBN 3-8228-6376-9

Vorlage:Commons1