Julius Rolffs

Julius Rolffs (* 20. September 1868 in Siegburg; † 6. März 1946 in Herrlingen bei Ulm) war ein deutscher Architekt.

Leben und Wirken

Herkunft

Rolffs war der Sohn des Fabrikanten Christian Gottlieb Ernst Rolffs (1826 oder 1828–1900)[1] in Siegburg, Inhaber einer ebenfalls dort ansässigen Kattundruckerei. Er wuchs in einer Familie mit sieben Kindern, von denen Julius Rolffs als letztes geboren wurde, in einer neben der familieneigenen Fabrik gelegenen Villa im sogenannten Siegfeld auf.

Werdegang

Nach dem Besuch einer höheren Schule studierte Rolffs an den Technischen Hochschulen Braunschweig und Berlin-Charlottenburg Architektur. Auf die Ablegung des ersten Staatsexamens und eine mehrjährige Beschäftigung als Regierungsbauführer folgte im November 1901, noch in Charlottenburg wohnend, das zweite Staatsexamen. Unmittelbar im Anschluss wurde er zum Königlich Preußischen Regierungsbaumeister ernannt.[2] Kurz darauf bat er um die Entlassung aus der Allgemeinen Bauverwaltung, um sich ausschließlich als Privatarchitekt betätigen zu können.[3]

Seine ersten Entwürfe, die evangelische Christus-Erlöser-Kirche und das zugehörige Pfarrhaus, wurden in den Jahren 1902/03 in Frýdlant (Friedland in Böhmen) verwirklicht, wo sein Vater die Textilfabrik Rolffs & Cie. in Siegfeld und Friedland in Böhmen besaß. Beide Bauten stehen unter Denkmalschutz. Danach zog Rolffs nach Bonn, wo er nach eigenen Plänen eine Doppelvilla am Rande der Südstadt errichtete und sich selbst in einer Haushälfte niederließ. Sein erster Auftrag war hier 1903 die Ausführung des Offizier-Casinos (Offiziers-Speise-Anstalt) für die neu zu erbauende Husarenkaserne im Norden der Stadt. Um 1907 wurde Rolffs in den Bund Deutscher Architekten (BDA) aufgenommen. Des Weiteren engagierte er sich als Kirchmeister in der evangelischen Gemeinde und wirkte an der Gründung eines gemeindeeigenen Säuglings- und Genesungsheims mit, dessen Planung er auch als Architekt übernahm.

Rolffs initiierte gemeinsam mit dem Architekten August Scheidgen in unternehmerischer Eigenregie den Bau der „Villenkolonie Gronau“ am damaligen südlichen Rand der Stadt Bonn, wo er zwischen 1906 und 1924 den Entwurf für 17 Häuser[4] – darunter von 1906 bis 1912 für vier Doppelvillen an der Drachenfelsstraße (heute Kurt-Schumacher-Straße) – ausarbeitete. Eine der Halbvillen bezog Rolffs mit Büro und Familie selbst. Nach einer durch den Ersten Weltkrieg bedingten Pause konnte er in den 1920er-Jahren an dieser Straße unter anderem ein weiteres Projekt umsetzen, dessen Ausführung in den Händen von Rolffs zeitweiligem (April 1922–September 1923) Mitarbeiter Ernst Sagebiel lag.[5] Nachdem Bonn 1949 Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland wurde, befanden sich diese Villen inmitten des neuen Parlaments- und Regierungsviertels und wurden fortan – später teilweise um moderne Anbauten ergänzt – Sitz einiger Landesvertretungen und Botschaften.[6]:285/86[7] Rolffs kann als einer der bedeutendsten Protagonisten des Reformstils in Bonn gelten.[8] Zahlreiche der von ihm entworfenen, besonders im Dachbereich oft den Jugendstil ausdrückenden[9] Villen stehen als Baudenkmal unter Denkmalschutz.

„Rolffs verarbeitet auf sehr eigenständige Weise historische und neue Formen und schafft so sehr individuelle, qualitätvolle und malerische Bauten.“

Olga Sonntag (1998)[9]

Rolffs, der am Ersten Weltkrieg als Rittmeister teilgenommen hatte, wurde gegen Ende des Zweiten Weltkriegs mit seiner Frau nach Süddeutschland evakuiert, wo er 1946 auch starb.

Familie

Aus Rolffs erster 1898 geschlossener Ehe mit Margarethe Riedel (* 1879) gingen zwei Töchter hervor. Nach der Scheidung heiratete er 1906 Clarissa Albrecht (* 1881), Tochter des Straßburger Ministerialrats Paul Albrecht. Ein Sohn und drei Töchter, von denen eine im Kindesalter starb, entstammten dieser Ehe. Über seine zweite Ehefrau war Julius Rolffs mit dem Architekten und Denkmalpfleger Ludwig Arntz verschwägert.

Werk

Bauten in Bonn

BauzeitOrtsteilAdresse[10]BildObjektMaßnahmeAnmerkungen
1903GronauBuschstraße 18
Lage

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Halbvilla Julius Rolffs[4]NeubauDenkmalschutz
1903GronauBuschstraße 20
Lage
Halbvilla[4]NeubauDenkmalschutz
1903 ff.Bonn-CastellGraurheindorfer Straße 90
Lage

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Offiziers-Speise-Anstalt für die neu zu erbauende HusarenkaserneNeubauheute Büro-/Wohngebäude; Denkmalschutz
1904GronauSchedestraße 13
Lage
WohnhausNeubauDenkmalschutz
1905/1906GronauBuschstraße 4
Lage
WohnhausNeubauDenkmalschutz
1906–1907GronauKurt-Schumacher-Straße 4/6
Lage

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Doppelvilla Lürken[6]:285–293Neubauspäter Landesvertretung Hessen; Denkmalschutz
1907–1909GronauKurt-Schumacher-Straße 18/20
Lage

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Doppelvilla Keller[6]:294–300Neubauspäter Landesvertretung Hamburg mit Anbau; Denkmalschutz
1907GronauTempelstraße 10
Lage

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Villa Finkler[6]:158–163Umbau Wintergarten (Bauherr: Dittmar Finkler)bis 2020 Teil der Universitäts-Kinderklinik; Denkmalschutz
1907GronauKoblenzer Straße 119a[11]
Lage
Villa Clemen[6]:172–174Neubau (Bauherr: Paul Clemen)1944 kriegszerstört
1909GronauHeinrich-Brüning-Straße 16–20
Lage

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Villengruppe[4][12] (16/18/20)NeubauNr. 20 mit Anbau („Presseclub“); Denkmalschutz
1909–1910GronauKurt-Schumacher-Straße 12/14
Lage

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Doppelvilla Rolffs/Banze[6]:301–308Neubauspäter Landesvertretung Saarland; Denkmalschutz
1910GronauWörthstraße 5[13]
Lage

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Kronprinzenvilla[6]Neubau Wintergarten und Treppenhaus (Bauherr: Wilhelm Girardet)1952/53 abgebrochen
1911SüdstadtPoppelsdorfer Allee 63
Lage

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Villa Frau Konsul Zuntz[4]NeubauDenkmalschutz
1911–1912GronauKurt-Schumacher-Straße 2 / Heussallee 40
Lage

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Doppelvilla Freudenberg/Blume und Rolffs[6]:309–316NeubauDenkmalschutz
1912GronauHeussallee 18/20
Lage

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Villa Frau Geheimrat ScheidtNeubauspäter Landesvertretung Rheinland-Pfalz; Denkmalschutz
1912GronauJoachimstraße 7
Lage
Villa[4]Neubauspäter Landesvertretung Berlin; Denkmalschutz
1912GronauAdenauerallee 132a
Lage
WohnhausNeubauDenkmalschutz
1913SüdstadtKönigstraße 60
Lage
WohnhausUm-/Ausbau zu einer Arztpraxis[14]Denkmalschutz
1913GronauWörthstraße 5[15]
Lage

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Kronprinzenvilla[6]Neubau Gewächshaus (Bauherr: Wilhelm Girardet)1952/53 abgebrochen
1913SüdstadtKoblenzer Straße 41[11]
Lage

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Villa Prym[6]:248–252Anbau/Neubau1953 für Universitätsbibliothek abgebrochen
1913GronauRaiffeisenstraße 5
Lage

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Villa IngenohlInnenumbauDenkmalschutz
1913GronauJoachimstraße 3
Lage
WohnhausNeubauDoppelhaus mit Nr. 5; Denkmalschutz
1913GronauJoachimstraße 5
Lage

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WohnhausNeubauDoppelhaus mit Nr. 3 Denkmalschutz
1913KessenichKarl-Barth-Straße 2
Lage
Evangelisches Gemeindehaus („Wichernhaus“)[16]Neubaubis 1955 Zentrum der evangelischen Gemeinde; 2015 abgebrochen[17]
1919GronauArndtstraße 2/ Adenauerallee 106
Lage

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WohnhausUmbau, AnbauDenkmalschutz
1921–1922GronauFriedrich-Wilhelm-Straße 14/16
Lage

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Villa BökerNeubauspäter Residenz Botschaft Österreich; Denkmalschutz
1921–1922GronauKurt-Schumacher-Straße 8
Lage

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VillaNeubau1949–2000 Landesvertretung Hessen mit Anbau; Denkmalschutz
1921–1922GronauKurt-Schumacher-Straße 16
Lage

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Villa Wolters[4][18]NeubauDenkmalschutz
1922GronauHeinrich-Brüning-Straße 14
Lage
WohngebäudeNeubauDenkmalschutz
1922–1923GronauKurt-Schumacher-Straße 10
Lage

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Villa Frau Konsul LöweNeubauspäter Residenz Botschaft Ägypten; Denkmalschutz
1925GronauAdenauerallee 87a
Lage

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Villa Bungarten[6]:241–244KüchenanbauDenkmalschutz
1929–1930SüdstadtCoblenzerstraße 39[11]Villa Prym[19]:65–70Umbau (Bauherr: Eugen Prym)1953–55 für Universitätsbibliothek abgebrochen
1929 ff.NordstadtPerthesanlage
Lage
Teile der Siedlung Lievelingsweg[20]Neubau
1929 ff.GronauAdenauerallee 160
Lage

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Museum Alexander Koenig[21]Innenausbau: AusführungDenkmalschutz
1933Gronau(zuletzt) Kaiser-Friedrich-Straße 6
Lage
Villa Thilmany/Gruhl[6]:166–168Umbau in ein Mehrfamilienhaus1961 abgebrochen
1934GronauKoblenzer Straße 119a[11]
Lage
Villa Clemen (s. o.)[6]:172–174Umbau in ein Mehrfamilienhaus1944 kriegszerstört
1934SüdstadtKoblenzer Straße[11]/ Schaumburg-Lippe-StraßeFriedenskirche[22]Neubau (Bauherr: Altkatholische Gemeinde)1944 kriegszerstört
1933–1935GronauKurt-Schumacher-Straße 2 / Heussallee 40
Lage

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Doppelvilla Freudenberg/Blume und Rolffs[6]:309–316Umbau in Drei-Etagen-WohnhäuserDenkmalschutz
1935GronauTempelstraße 8
Lage

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Villa Eschbaum[6]:168–171Innenumbaubis 2020 Teil der Universitäts-Kinderklinik; Denkmalschutz
1935Beuel
Ortsteil Limperich
Rhenusallee 49
Lage
Landhaus[4]Neubau
1936PoppelsdorfNachtigallenweg 52
Lage
Landhaus[4]Neubau

Bauten außerhalb Bonns

BauzeitStadt
Ortsteil
AdresseBildObjektMaßnahmeAnmerkungen
1902/1903 Frýdlant (Friedland in Böhmen)Vrchlického 881
Lage

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Evang. Christus-Erlöser-KircheNeubaujetzt Hussitenkirche, unter Denkmalschutz (ÚSKP-Nr. 100017)[23]
1904Essen
Stadtteil Kettwig
Meistersweg 7
Lage
StallgebäudeNeubauheute Wohnhaus; Denkmalschutz
1912FrýdlantVrchlického 945
Lage
Pfarrhaus der Christus-Erlöser-KircheNeubauunter Denkmalschutz (ÚSKP-Nr. 100018)[24]
Commons: Julius Rolffs – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Deutsche Biographie Rolffs, Ernst (abgerufen am 3. Februar 2022)
  2. Centralblatt der Bauverwaltung, 21. Jahrgang 1901, Nr. 95 (vom 30. November 1901), S. 577.
  3. Centralblatt der Bauverwaltung, 21. Jahrgang 1901, Nr. 101 (vom 21. Dezember 1901), S. 617.
  4. a b c d e f g h i Ein Enkel auf Spurensuche: Die Villen des Bonner Regierungsbaumeisters Julius Rolffs. In: General-Anzeiger. 5. September 1997, ZDB-ID 1096623-7, S. 7.
  5. Elke Dittrich: Ernst Sagebiel: Leben und Werk, Lukas Verlag, 2005, ISBN 3-936872-39-2, S. 35
  6. a b c d e f g h i j k l m n o Olga Sonntag: Villen am Bonner Rheinufer. 1819–1914, Bouvier Verlag, Bonn 1998, ISBN 3-416-02618-7, Band 3, Katalog (2). (zugleich Dissertation Universität Bonn, 1994)
  7. Stadt Bonn, Stadtarchiv (Hrsg.); Helmut Vogt: „Der Herr Minister wohnt in einem Dienstwagen auf Gleis 4“: Die Anfänge des Bundes in Bonn 1949/50, Bonn 1999, ISBN 3-922832-21-0, S. 56–57.
  8. Die Angaben sind der rechtswirksamen Denkmalliste der Stadt Bonn entnommen. Sie wird von der Unteren Denkmalbehörde geführt, von der die Einträge zu den einzelnen Denkmälern kostenpflichtig bezogen werden können. (Akte zum Haus Heinrich-Brüning-Straße 14)
  9. a b Olga Sonntag: Villen am Bonner Rheinufer. 1819–1914, Bouvier Verlag, Bonn 1998, ISBN 3-416-02618-7, Band 1, S. 296.
  10. Bei nicht mehr bestehenden Bauten – falls bekannt – die zuletzt gültige Adresse.
  11. a b c d e heute Adenauerallee
  12. Ingeborg Flagge: Architektur in Bonn nach 1945: Bauten in der Bundeshauptstadt und ihrer Umgebung. Verlag Ludwig Röhrscheid, Bonn 1984, ISBN 3-7928-0479-4, S. 119.
  13. heute Tempelstraße
  14. Franz Josef Talbot (mit Fotografien von Achim Bednorz): Bonner Südstadt. Emons Verlag, Köln 2018, ISBN 978-3-7408-0468-8, S. 225.
  15. heute Tempelstraße
  16. Wichernhaus wird nach 101 Jahren abgerissen, General-Anzeiger, 30. August 2013
  17. Das 102 Jahre alte Gebäude wird abgerissen, General-Anzeiger, 19. Juni 2015
  18. Adressbuch der Stadt Bonn 1924
  19. Olga Sonntag: Villen am Bonner Rheinufer: 1819–1914. Band 2, Katalog (1)
  20. Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5, S. 71.
  21. Maria Günther: Das Zoologische Museum Alexander Koenig und sein Schöpfer. In: Bonner Heimat- und Geschichtsverein, Stadtarchiv Bonn (Hrsg.) Bonner Geschichtsblätter: Jahrbuch des Bonner Heimat- und Geschichtsvereins, ISSN 0068-0052, Band 67 (2017), Bonn 2017, S. 267–288 (hier: S. 285).
  22. Sonntag: Weihe der neuen Friedenskirche, General-Anzeiger, 25. Oktober 1934
  23. Suche nach Denkmalen mit ÚSKP „100017“. In: pamatkovykatalog.cz. Národní památkový ústav; (tschechisch).
  24. Suche nach Denkmalen mit ÚSKP „100018“. In: pamatkovykatalog.cz. Národní památkový ústav; (tschechisch).