Leuben

Leuben
(mit Niedersedlitz-Nord und Dobritz-Süd)
Ortsamtsbereich: Leuben
Geografische Lage: Vorlage:Koordinate Text Artikel
Höhe: 110 m ü. NN
Fläche: 3,62 km²
Einwohner: 11.414
(31. Dezember 2004)
Bevölkerungsdichte: 3.152 Einwohner je km²

Leuben ist ein Stadtteil von Dresden und seit 1991 auch Zentrum eines der zehn Ortsamtsbereiche der Stadt. Er liegt südöstlich der Dresdner Innenstadt auf Altstädter Seite recht zentral im Elbtalkessel. Leubens historisches Zentrum ist ein typisches Beispiel für dörflich erhaltene Strukturen im Stadtgebiet von Dresden. Der Stadtteil ist aber auch durch die Industrialisierung und den Wohnungsbau der DDR geprägt.

Geografie

Leuben liegt im Südosten Dresdens und ist etwa 10 km vom Stadtzentrum entfernt. Die benachbarten Stadtteile sind Dobritz im Nordwesten (Richtung Stadtzentrum) und dann im Uhrzeigersinn Laubegast, Kleinzschachwitz und Niedersedlitz.

Das Gelände ist überwiegend flach und zu etwa zwei Drittel bebaut. Die übrige Fläche überdeckt einen alten Elbarm mit zwei Kiesgruben. An der nördlichsten Ecke befindet sich ein etwa 30 Meter hoher Trümmerberg. Der fruchtbare Boden erlaubt Ackerbau auf den noch verbliebenen Feldflächen.

Durch den Stadtteil zieht sich ein Flutgraben. Er ist ein Teil des Hochwasserschutzsystems für den teilweise entlang der Grenze zu Kleinzschachwitz verlaufenden Lockwitzbach.

Geschichte

Das Dorf Leuben

Auf dem Gebiet des heutigen Stadtteils wurden bis zu 3000 Jahre alte Zeugnisse menschlicher Besiedlung durch die Slawen gefunden. Man fand Gräber und Siedlungsreste aus der Stein- und meisterhaft verzierte Gefäße aus der Bronzezeit. Einige Funde hat Gotthard Neumann 1928 beschrieben,[1] andere gehen auf die Entdeckungen eines Schülers in einer ortsnahen Kiesgrube aus dem Jahr 1948 zurück.

Die erste urkundliche Erwähnung als Luben, was vom sorbischen Luby abgeleitet ist und lieb und wert bedeutet, stammt aus dem Jahre 1349. Seit 1396 hieß es dann bis heute Leuben. Zu dieser Zeit war Leuben nicht mehr als ein kleines Dörfchen mit 50 bis 60 Einwohnern, das aber seiner Kirche und Schenke und seiner Lage an der Fernstraße nach Pirna, Böhmen und Prag (heute Pirnaer Landstraße) wegen ein häufig besuchter Ort war. Gleichzeitig war der Leubener Gasthof (heute Staatsoperette) ein bischöflicher Rasthof auf dem Weg von Meißen nach Dohna.

Karte von 1784

Anfang des 15. Jahrhunderts übernahmen Deutsche die Herrschaft. Sie bauten neue größere Häuser und führten ihre eigenen Sitten und Gebräuche ein. Um 1512 wurde die Kirche umgebaut und bekam schöne, noch heute existierende Buntglasfenster. Sie war lange Zeit die einzige Kirche zwischen Dresden und Dohna und hatte damit auch für die umliegenden Dörfer große Bedeutung. 1547 lag die Einwohnerzahl noch immer nicht über 18 besessene Mann (Bauern). Frauen, Kinder und Hausangestellte zählten nicht mit. Diese Zahlen änderten sich nicht bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Allerdings waren es zu dieser Zeit nur noch 11 Bauern mit eigenem Land, aber 15 Häuslerfamilien, die von Lohn- und Handwerksarbeit lebten.

Leuben um 1820

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden einige Nachbarorte eingemeindet. Damit wurde neben dem bestehenden alten die Einrichtung eines zweiten Friedhofes auf der der Kirche gegenüberliegenden Seite der Landstraße nach Pirna notwendig. Der alte Friedhof wurde noch bis etwa 1900 weiter benutzt. Zahlreiche Grabsteine sind bis heute erhalten.

Über mehrere Jahrhunderte fanden in Leuben jedes Jahr im April, Juli und Oktober weithin berühmte Viehmärkte statt. Bis zu hundert Bauern reisten dazu mit ihren Tieren an und veranstalteten gleichzeitig ein großes Volksfest. Da es aber in Leuben immer weniger Bauern gab, ging diese Tradition im 19. Jahrhundert verloren.

Schnelles Wachstum

Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke am 1. August 1848 zwischen Leuben und dem benachbarten Niedersedlitz hindurch schien auf die Entwicklung zunächst keinerlei Einfluss zu haben. Erst mit dem Ende des Deutsch-Französischen Kriegs begann im Süden Leubens entlang der Bahnstrecke der Bau von Fabriken. Während der Gründerjahre begann zunächst Otto Kaufmann mit der Errichtung einer chemischen Fabrik (später Platten- und Chemiewerk), kurz darauf folgten eine Fabrik für Elektromaschinen (heute Sachsenwerk), ein Sägewerk, eine Fabrik für Gardinen und Spitze (später Plauener Spitze), eine Malzfabrik, Druckereien und Papierfabriken. Dies hatte einen großen Arbeitskräftebedarf zur Folge.

Die Einwohnerzahl stieg daher im Zuge der Industriellen Revolution insgesamt sehr schnell stark an und umfasste an der Schwelle zum 20. Jahrhundert knapp 13.000 (Kirch-)Gemeindeglieder. Am 26. Februar 1901 wurde folglich ein neues Rathaus und am 16. Mai 1901 die neue, mit 1.050 Plätzen deutlich größere Himmelfahrtskirche eingeweiht. Von der alten Kirche blieb nach heftigen Protesten einiger Bürger wenigstens der Kirchturm stehen, der jahrzehntelang ein Museum für Alltagsgegenstände war und seither bis heute wieder von der Kirchgemeinde genutzt wird.

Im Ersten Weltkrieg ließen 611 Leubener Soldaten ihr Leben. Ihm fielen auch des Zinns wegen Teile der Orgel und drei von vier Bronzeglocken der Himmelfahrtskirche zum Opfer. Die Glocken wurden später durch Stahlglocken ersetzt.

Zwischen den Weltkriegen

1921 wurde Leuben nach Dresden eingemeindet. Im Gegensatz zu anderen ehemals selbständigen Ortsteilen von Dresden, wie Blasewitz und Loschwitz, die zur gleichen Zeit eingemeindet wurden, rief dies in Leuben keine nennenswerten Proteste hervor. Für die Bürgerschaft um Gemeindevorsteher Otto Hermann Dittrich (1864–1929) überwogen die zu erwartenden Vorteile.

Zwischen den Weltkriegen hatten sozialdemokratische und kommunistische Lehrer großen Einfluss und begründeten den Ruf vom „Roten Leuben“. 1920 verfassten Lehrer nach dem Kapp-Putsch folgenden Streikaufruf:

Die Lehrerschaft der Leubener Volksschule spricht ihre schärfste Verwunderung darüber aus, daß von der Leitung unserer Lehrergewerkschaft nicht Mittel und Wege gefunden worden sind, dass die gesamte Lehrerschaft, die wohl restlos das wahnwitzige Vorgehen der Staatsstreichler in Berlin verwirft, dies nicht am 15.3.20 im Proteststreik mit allen gleichgesinnten Volkskreisen bezeugen konnte. – Sie hat deshalb ihre Entrüstung gegen die Tat der Berliner Gewalthaber mit der gesamten Bevölkerung des Ortes in ihrere Eigenschaft als Ratsbürger am 13.3. durch Arbeitsniederlegung – nach Aufklärung der Kinder – bekundet.
Die Lehrerschaft zu Leuben.[2]

Es gab intensive Kontakte zur Ortsgruppe der KPD um Olga Körner. Dies änderte sich 1933 radikal und führte zur mehreren Verhaftungen durch die SS.

Im Zweiten Weltkrieg brachte der Luftangriff auf Dresden für Leuben glücklicherweise weniger Schäden als für große Teile der Stadt. Nur ein Haus wurde durch ein abstürzendes Flugzeug zerstört. Über die Zahl der Leubener Opfer dieses Krieges ist nichts bekannt, da entsprechende Zählungen verboten waren.

Wohnungsbau in und nach der DDR

Nach 1945 war die Schaffung von Wohnraum eine besonders vordringliche Aufgabe für die ganze Stadt. Die Unruhen von 1953 verschärften noch den Druck auf die Regierung, dieses Problem schnell zu lösen. Im Zuge des „Neuen Kurses“ entstanden sog. Arbeiterwohnungsbaugenossenschaften (AWG), die unentgeltlich Bauland erhielten und zinslose Kredite an ihre Mitglieder ausgaben. In Leuben begann der Bau ab 1954. Die ersten AWG-Wohnungen wurden am 1. Mai 1955 übergeben. Bis 1959 entstanden mit diesem Programm acht Gebäude mit 138 Wohnungen.

1964 begannen die ersten Überlegungen für den Bau eines Neubaugebietes „Neuleuben“ in Plattenbauweise. Es war vornehmlich für die Arbeitskräfte der umliegenden Betriebe gedacht. Vier Jahre später war der Bebauungsplan fertig und genehmigt. Allerdings wurden nicht nur Feldflächen bebaut, sondern auch etliche kleinere Betriebe und vier Gärtnereien abgerissen bzw. umgesiedelt. Westlich der Kirche betraf dies auch Teile des relativ gut erhaltenen alten Ortskernes. Ein sog. Aufbaugesetz regelte den Verkauf der Grundstücke zum Einheitspreis, ohne dass die Betroffenen sich wirksam zur Wehr setzen konnten.

Neuleuben im Winter 2006

Zwischen 1971 und 1973 entstanden so etwa 3.200 Mietwohnungen, dazu Schulen, Kindergärten, ein Einkaufs- und Dienstleistungszentrum, die Gaststätte „Freundschaft“ und eine Poliklinik. Sogar eine Schwimmhalle war geplant, wurde aber nie gebaut. Der Volksmund sagt, sie sei stattdessen „in Berlin erbaut worden“.

Nach 1990 begann ein umfangreiches Sanierungsprogramm. Die Fassaden aber auch die Innenausstattung der Häuser wurden modernisiert. Die in den 1970er Jahren gepflanzten Bäume sind inzwischen kräftig gewachsen und erzeugen mit vielerorts liebevoll gepflegten Blumenbeeten den Eindruck einer parkähnlichen Landschaft. Im Jahr 2006 verkaufte die Stadt Dresden ihre kommunale Wohnungsbaugesellschaft WOBA, zu der auch viele Neuleubener Wohnungen gehören, an die amerikanische Investmentgesellschaft Fortress.[3]

Bevölkerung

Jahr Einwohner
1350 ca. 50
1547 18 „besessene Mann“
(ca. 60 Personen)
1870 ca. 70
1911 4.336
1918 ca. 3.800
1975 ca. 15.000
1990 15.081
2004 11.414
Bevölkerungsentwicklung

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts änderte sich Bevölkerungszahl nur sehr langsam. Erst der Bau zahlreicher Fabriken an der Grenze zu Niedersedlitz ab den 1870er Jahren führte zu einer schnellen Urbanisierung in Leuben und zu einer Bevölkerungsexplosion.

Während die beiden Weltkriege zu deutlichen Rückgängen führten, stieg die Einwohnerzahl infolge der Errichtung des Neubaugebietes nach 1970 erneut stark an. Seit 1990 sinkt die Zahl infolge von Wegzügen nach der deutschen Einheit und der allgemeinen demographischen Entwicklung in Deutschland wieder.[4]

Bevölkerungsstruktur

Die etwas über 11.000 Einwohner sind durchschnittlich 48,4 Jahre alt. Männer und Frauen sind im Verhältnis 46:54 vertreten. Der Anteil ausländischer Staatsbürger liegt mit 1,7% deutlich unter dem Durchschnittswert der Stadt von 3,8% bzw. von 8,8% für Deutschland.[4]

Im Vergleich zum Dresdner Stadtgebiet sind die unter 20-Jährigen und die 40- bis 55-Jährigen in etwa repräsentativ vertreten, während die 20- bis 40-Jährigen unter- und die über 55-Jährigen überrepräsentiert sind. Ein besonders hoher Bevölkerungsanteil ist Anfang der 1970er Jahre zugezogen und beeinflusst auch die heutige Altersstruktur, was auf die damalige Erschließung des Neubaugebietes und die dafür geltenden Vergaberichtlinien für Wohnraum zurückzuführen ist.

Stein auf Stein

Alte Kirche und Himmelfahrtskirche

Der Turm der alten Kirche heute.
Der Turm der alten Kirche heute.
Himmelfahrtskirche Dresden-Leuben
Rosettenfenster über dem Altar

Die 1362 erstmals erwähnte und um 1512 umgebaute alte Kirche war lange Zeit die einzige Kirche zwischen Dresden und Dohna und hatte damit auch für die umliegenden Dörfer große Bedeutung. Dennoch war sie nur eine bescheidene Dorfkirche. 1858 erfolgte der letzte größere Umbau und Einbau einer neuen Orgel. Um 1900 wurde sie abgerissen, um einem Neubau Platz zu machen. Nur der Alte Turm besteht noch bis heute.

Am 16. Mai 1901 wurde die mit 1.050 Plätzen deutlich größere Himmelfahrtskirche geweiht. Sie war seit 1899 nach Plänen von Karl Emil Scherz aus Blasewitz gebaut worden. Es handelt sich um einen Kirchenbau im neugotischen Stil mit klassisch kreuzförmigem Grundriss und einem 75 m hohen Turm. Die Gewölbe sind 15,50 m hoch und mit Jugendstilmalerei geschmückt. Über dem Altar aus hellem Sandstein sowie in den Seitenschiffen befinden sich Buntglasfenster. Das Hauptfenster über dem Altar zeigt die christliche Himmelfahrt, die fünf kleineren Fenster darunter die Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes sowie Johannes den Täufer.

Der Taufstein von 1610 stammt noch aus der alten Kirche. Ebenso haben in drei kleinen Seitenfenstern eine Darstellung der Heiligen drei Könige vor der Krippe und eine Anna Selbdritt von 1512 sowie ein Wappenbild der damaligen Stifterfamilie Alnbeck einen neuen Platz gefunden.

Links im Altarraum befindet sich das Grabmal des sächsischen Hofbaumeisters Hans von Dehn-Rothfelser (1500-1561). Er wurde nach seinem Tod zunächst in der Frauenkirche beigesetzt. Nach dem Abriss der alten Frauenkirche 1722 kam sein Epitaph auf den Friedhof von Leuben. Er wurde dort zunächst eingemauert und erst 1876 wiederentdeckt.

Die pneumatisch betriebene Orgel der Fa. Euler mit 38 Registern aus dem Erbauungsjahr 1901 blieb bis heute (2006) unverändert. Überhaupt erfuhr die Himmelfahrtskirche in ihrer über hundertjährigen Geschichte keine nennenswerten baulichen Veränderungen. Allerdings waren schon mehrfach Instandsetzungs- und Restaurierungsarbeiten notwendig. 1963 erfolgte eine aufsehenerregende Turmsanierung mit Bergsteigern. In den 1970er und 1980er Jahren wurde stückweise der Innenraum restauriert, seither leuchten die Farben der Bemalung wieder in alter Schönheit. Im Oktober 2000 gab es eine erneute denkmalpflegerische Turmsanierung, bei der auch die Turmkugel geöffnet und ihr Inhalt ergänzt wurde.

Leubener Friedhof

Rund um den Alten Turm gibt es einen eingefassten Kirchhof. Hier lag der alte Friedhof, der noch bis 1900 für Bestattungen genutzt wurde. Die meisten Grabmale aus Sandstein stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert und weisen inzwischen deutliche Verwitterungsspuren auf.

Grab der Neuberin

Als Laubegast, Tolkewitz und Seidnitz zur Pfarrei hinzukamen, reichte dieser Platz jedoch nicht mehr aus und so wurde bereits 1675 ein neuer deutlich größerer Friedhof angelegt. Er ist damit einer der ältesten Friedhöfe Dresdens. Der Eingang befand sich zunächst an der Ostseite, wurde aber im Zuge einer Erweiterung 1802 an die Südseite verlegt. 1891 wurde eine Friedhofskapelle errichtet.

Als bekannteste auf dem Leubner Friedhof bestattete Person gilt die „Mutter der Schauspielkunst“ Friederike Caroline Neuber (Neuberin, 1697-1760). Ihr ist auch ein Denkmal im benachbarten Laubegast gewidmet, wo sie ihre letzten Lebensjahre verarmt und einsam zugebracht hatte.

Der Tolkewitzer Astronom Christian Gärtner (1705-1782) ist ebenfalls in Leuben begraben. Er war maßgeblich an der Bestätigung der von Edmond Halley für das Jahr 1759 vorhergesagten Wiederentdeckung des Halleyschen Kometen beteiligt.

Vom Wirtshaus zum Operettentheater

Bereits 1420 wurde in Leuben erstmals ein Wirtshaus erwähnt. Jahrhundertelang war dieses Leubener Erbgericht nicht mehr als eine einfache Hütte, die aber nach und nach durch Ställe, Scheunen und eine Badestube immer weiter vergrößert wurde. Hier war das Zentrum geselligen Beisammenseins im Dorf. Es fanden Feste, Feiern und Tanzvergnügunge aller Art statt. Natürlich fehlten auch kritische Stimmen nicht. So berichtet eine Ortschronik von 1619:

... zum unzüchtigen Lobetanz und Branntweinsaufen bei Schankwirt Martin Lose kömpt das junge Volk abends unter Linden zusammen und treibt mit tanzen und springen allerlei Üppigkeit, Unzucht und Leichtfertigkeit bis in den lichten Morgen.

Nach den Leiden des Dreißigjährigen Krieges beschwerte sich der Pfarrer um 1678 erneut über „ein groß Fressen und Saufen“. Insgesamt werden dies in Anbetracht der damaligen Lebensumstände aber eher seltene Ereignisse gewesen sein.

Um 1800 gab es Krach zwischen dem Wirt und einem Schullehrer, der selbst so viel und oft Gäste empfing, dass dem Wirt die Kundschaft fehlte. Der Ausgang des Streites ist nicht überliefert, die Schenke hatte jedoch bald wieder ihr Auskommen.

1898 hatte das Erbgericht endgültig ausgedient und wurde abgerissen. Der Platz wurde zum Vorhof für den 1900 fertiggestellten Gasthof. Zu dieser Zeit war dies schon längst nicht mehr das einzige Lokal im Ort. Doch mit seinen drei Konzert- und Ballsälen bildete der Bau erneut ein Zentrum des kulturellen Lebens. Besonders die sonntäglichen Bälle zogen weithin das Publikum an. 1925 übernahm Alfred Buschbeck das Haus und taufte es nach einem Umbau in „Feenpalast“ um. Der große Saal fasste nun 1.000 Personen und war reich mit Kronleuchtern, Malereien und Logenattrappen geschmückt.

Nach 1945, als die Innenstadt schwer zerstört war, entstanden in Dresden mehrere Vorstadttheater. In Leuben begann Georg Wörtge im nicht getroffenen Feenpalast mit dem Aufbau einer Theatergruppe. Kleine Stücke wurden bereits im ehemaligen Gastraum aufgeführt, während der große Saal umgebaut wurde und eine größere Bühne, einen Orchestergraben sowie Bühnentechnik aus den Trümmern des „Central-Theaters“ in der Waisenhausstraße bekam. Im August 1947 wurde im neuen „Apollo-Theater“, dem ersten fertiggestellten Theaterumbau in Sachsen, der „Sommernachtstraum“ aufgeführt, noch im selben Jahr auch „Die lustige Witwe“. Für ein vielfältiges Programm sorgte eine enge Kooperation mit der „Constantia“, dem heutigen Theater „Junge Generation“ in Löbtau. Operetten bildeten jedoch einen Schwerpunkt, weshalb das Haus ab 1950 „Operettentheater Dresden“ und später Staatsoperette Dresden hieß. Heute ist dies das einzige selbständige Operettentheater in Deutschland.

Rathaus

Rathaus Leuben

Leuben erfuhr in den 1880er Jahren ein rasantes Wachstum, das auch eine bessere Verwaltung erforderte. Das Gemeindebüro platzte aus allen Nähten und so fiel im November 1886 der Entschluss, ein neues Rathaus zu bauen. Beinahe vierzehn Jahre vergingen, bis am 18. Mai 1900 der Grundstein gelegt und der Entwurf von Gustav Hänichen gebaut werden konnte. Am 28. Februar 1901 fand die feierliche Einweihung statt.

Im Rathaus gab es auch einen exklusiven Ratskeller. Allerdings fehlte es an zahlungskräftigen Besuchern und so wechselten häufig die Betreiber, bis 1921 die endgültige Schließung erfolgte.

Das Rathaus erlebte in den ersten zwanzig und vielleicht bedeutsamsten Jahren seines Bestehens eine Menge von richtungsweisenden Entscheidungen, dazu zählen die Erweiterung der Dresdner Vorortbahn und der Beschluss zur Eingemeindung nach Dresden. Nachdem diese vollzogen war, wurde das Rathaus in Stadthaus umbenannt und als Polizeistation, Sparkasse und Standesamt genutzt. 1925 wurde eine Badeanstalt eingerichtet, die noch bis 1992 bestand.

Nach 1945 befand sich im Rathaus zunächst eine Auffangstelle für Bombengeschädigte, später auch eine Tuberkulosestation und eine Mütterberatungsstelle. In den späteren DDR-Jahren überwogen wieder die Verwaltungsaufgaben wie polizeiliche Meldestelle und Wohnungsverwaltung.

1992 wurde Dresden in zehn Ortsamtsbereiche aufgeteilt. Leuben wurde Zentrum eines Bereiches und das Rathaus dafür rekonstruiert. Seit 1998 ist es Sitz des Ortsamtes und feierte 2001 zusammen mit der Himmelfahrtskirche sein 100-jähriges Bestehen.

Wirtschaft und Infrastruktur

Industrie

Entlang der Eisenbahnlinie von Dresden über Niedersedlitz, Pirna bis Prag entdeckte als Erster Otto Kaufmann einen günstigen Standort für eine Industrieansiedlung. 1871 begann er mit dem Aufbau eines Platten- und Chemiewerkes, dem ein Jahr später eine Düngemittelfabrik folgte. Dies löste in den Gründerjahren eine Reihe weiterer Industrieansiedlungen in Leuben aus. Von überregionaler Bedeutung waren bzw. sind insbesondere das Sachsenwerk und die Gardinenfabrik.

Sachsenwerk

Ein Werk für Elektromaschinen entstand 1887 ebenfalls an der Bahnlinie. Nach zehn Jahren Forschung in einer kleinen Werkstatt gründete Oskar Ludwig Kummer die Kummerwerke, die – bald in „Actien-Gesellschaft Elektricitätswerke“ umbenannt – zeitweise bis zu 900 Menschen beschäftigten. 1903 gingen sie in Konkurs. Sogleich gründete sich aber die „Sachsenwerk, Licht- und Kraft AG“.

Sachsenwerk

Im Sachsenwerk wurden vor allem Transformatoren und Schaltgeräte für elektrische Beleuchtungen und große Motoren und Generatoren, beispielsweise für Schiffe hergestellt. In den 1920er Jahren kamen Radiogeräte und Straßenbahnmotoren hinzu.

Da das Werk auch stark mit Rüstungsproduktion für die beiden Weltkriege befasst war, wurde es 1946 demontiert. Es folgte ein Neuaufbau mit einfachsten Mitteln. Neben Motoren wurden auch Konsumgüter wie Kochtöpfe, elektrische Sägen und Kühlschränke gebaut. 1952 erreichte der Produktionsumfang wieder das Vorkriegsniveau. Bis 1990 blieb das Werk Alleinhersteller für mittlere und große elektrische Maschinen in der DDR.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands sank die Mitarbeiterzahl im Zuge mehrerer Umfirmungen von 2.800 auf etwa 400. Seither hat es sich als Anbieter für elektrische Großmaschinen auf dem Weltmarkt etabliert.

Gardinenfabrik

Gardinen aus Spitze galten Ende des 19. Jahrhunderts als Luxusgut. Nur in England gab es geeignete Maschinen für die angesagte Bobinett-Technik. Als nach 1880 der Export nach Deutschland erlaubt war, begannen 1884 Siegel und Marwitz mit dem Spitzenproduktion zunächst in Dresden-Johannstadt. Bald waren sie so erfolgreich, dass eine zweite Fabrik an der Grenze von Leuben und Dobritz, wiederum entlang der Bahnlinie gebaut wurde. Nach 1912 erfolgte die Produktion nur noch hier.

1946 wurde der Betrieb ebenso wie das Sachsenwerk demontiert und danach mühevoll wieder aufgebaut. In den DDR-Jahren gehörte er zum weltweit bekannten Kombinat „VEB Plauener Spitze“. Nach 1990 schmolz die Belegschaft von ehemals 450 auf nur noch 45 Mitarbeiter im Jahre 2005. Die ehemaligen Fabriksäle beherbergen heute eine Vielzahl kleinerer Unternehmen.

Schulwesen

Um 1539 wurde im Zuge der Reformation in Deutschland bei einem Besuch von Justus Jonas aus Wittenberg, einem Weggefährten Martin Luthers für Leuben die Einrichtung eines Schulwesens angemahnt. Dazu wurde der Küster beauftragt, zunächst Kirchenlieder und später den Katechismus zu lehren. Der Küster erhielt dafür einen festen Lohn, allerdings war er Handwerker und als Lehrer wenig begabt.

Seit 1580 wurden per Gesetz nur noch geprüfte Lehrer zugelassen. Der erste Lehrer dieser neuen Art hieß Johann Syderius und hatte nicht weniger als 70 Kinder zu unterrichten.

1771 wurde Gottlob Heyne Schulmeister. Er setzte sich dafür ein, dass der Unterricht von der Wohnung des Lehrers in ein ordentliches Schulgebäude verlegt wurde. Nach jahrelangem Kampf wurde es 1782 auf dem Gelände der heutigen Himmelfahrtskirche errichtet. Es bestand aus einem 24 m² großen Klassenraum mit darüber befindlicher Lehrerwohnung. Um 1835 erhielten hier 235 Kinder in drei Klassen Unterricht, die nicht nur aus Leuben, sondern auch von Niedersedlitz, Dobritz, Seidnitz, Tolkewitz und Laubegast kamen. Im Jahr darauf bekamen die Laubegaster und Tolkewitzer ihre eigene Schule.

66. Grund- und Mittelschule heute

Um 1866 kam ein zweiter Schulbau, Nebenschule genannt, hinzu. Dieses Gebäude steht heute noch, wird aber nicht mehr als Schule genutzt. Als es ebenfalls nicht mehr den Anforderungen entsprach, wurde 1894 die heutige 66. Grund- und Mittelschule in der Dieselstraße gebaut. Diese bereits mit einer Bibliothek ausgestattete Schule wurde mehrfach erweitert. 1945 wurde die Schule zeitweise als Notquartier genutzt.

Nach 1970 entstanden im Neubaugebiet die 73., 78. und 93. Oberschule (POS) mit jeweils eigenen Turnhallen, Sportplätzen und Schulgärten. In jeder Schule wurden pro Jahrgang bis zu 90 Kinder unterrichtet. Die Grundschüler erhielten in der Schule ein Mittagessen zum Preis von 55 Pfennig. Für die Klassenstufen fünf und höher wurde ein gemeinsamer Speisesaal im Restaurant „Freundschaft“ genutzt. Heute wird die 93. noch als Grundschule genutzt. Die ehemalige 73./78. Doppelschule ist inzwischen Mittelschule, Gymnasium und Berufsschule für Hotel- und Gaststättenwesen.[5]

Gärtnereien

Von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts verwandelte sich Leuben in eine Gartenlandschaft. Als das starke Wachstum Dresdens den Gärtnern keinen Platz in der Stadt mehr ließ, zogen viele in die Vorstädte und gründeten große Gärtnereien. Fruchtbare Böden und ein mildes Klima begünstigten diesen Trend. Im Gegenzug reduzierten sich die elf Bauernwirtschaften von 1867 auf vier um 1900.

Um 1887 gab es bereits 17 Gartenbaubetriebe. Viele Dresdner nutzen dies am Wochenende für einen Ausflug in die Vorstadt, um die saubere Luft und die gute Bewirtung zu genießen.

Ende des 19. Jahrhunderts machte Max Ziegenbalg (1861–1919) von sich reden, der große Ländereien erwarb und modernste Gartenbautechnik zum Einsatz brachte. Seine ebenerdigen und begehbaren Gewächshauser waren damals eine Weltneuheit. Gummischläuche zur Bewässerung waren ebenfalls noch nicht lange bekannt. Bis zu seinem Tod 1919 wurde die Gärtnerei eine der größten in Kontinentaleuropa.

1892 kaufte die Firma Münch & Haufe Land für eine Großgärtnerei. Julius Haufe verkaufte bereits nach zwei Jahren Rosen in mehrere europäische Länder. Nach seinem Tod setzten die Brüder Münch das Rosengeschäft fort. Die Firma bestand bis nach 1990 und wurde dann verkauft.

Dahlienblüte

Arthur Voigt (1867–1940) begann 1895 mit dem Aufbau einer Azaleengärtneri. Auf ihn gehen zahlreiche Neuzüchtungen, wie die Sorten „Schneewittchen“ und „Schneeweißchen“ zurück. Der Betrieb wurde 1947 zu einem Teil und 1973 vollständig enteignet. Nachkommen des Gründers arbeiteten weiter dort als Angestellte und erhielten ihn 1990 zurück. Nach dem Verkauf entstand seither auf dem Gelände eine Wohnsiedlung.

Der Dahlienspezialist Kurt Engelhardt gründete 1914 in unmittelbarer Nachbarschaft zum Rathaus seinen Betrieb. Weltberühmtheit erlangte seine große und feuerrote Züchtung „Kalif“. Nach dem zweiten Weltkrieg wagte der Enkel des Gründers 1958 einen Neuanfang. Allerdings musste die Gärtneri 1969 den Plänen von Neuleuben weichen und nach Heidenau umziehen, wo sie noch heute besteht.

Nur zwei Gärtnereien haben bis heute überlebt. Es sind dies die 1902 aus Striesen umgezogene Gärtnerei Fischer, heute Müller und die 1914 gegründete Gärtnerei Willkomm. Beide beliefern den Handel mit Balkon- und Gartenpflanzen, betreiben aber auch einen Direktverkauf.

Verkehr

Da Leuben an einer alten Fernstraße liegt, gab es hier schon jahrhundertelang viel Reiseverkehr. Mit der Urbanisierung des Dresdner Umlandes entstand auch eine Verkehrsanbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ab 1900 verkehrte die Dresdner Vorortbahn, eine Schmalspurstraßenbahn mit 1.000 mm Spurweite, zwischen Niedersedlitz, Leuben und Laubegast, von wo aus schon damals ein Anschluss an die Dresdner Straßenbahn bestand.

Nach der Eingemeindung Leubens zu Dresden wurde die Strecke bis 1925 auf die Spurweite der Dresdner Straßenbahn umgestellt und zusätzlich über Gruna an das Netz angeschlossen. Um 1936 wurde die zunächst ebenfalls schmalspurige Anbindung von Kleinzschachwitz über Niedersedlitz durch eine neue Strecke von Leuben aus ersetzt. Der Stadtteil wurde dadurch zu einem Knotenpunkt im Dresdner Straßenbahnnetz.

Die Linienführung der durch Leuben verkehrenden Straßenbahnen wurde im Laufe der Jahrzehnte mehrfach geändert. In den 1970er und 1980er Jahren führten die Linien 6, 9, 12 und 14 durch den Stadtteil, heute sind es noch die Linien 1 und 6. Auf dem Stadtteilgebiet werden dabei insgesamt 20 Stationen angefahren.

Neben den dominierenden Straßenbahnen führen auch einige Buslinien von und nach Leuben, insbesondere seit 1951 die Linie E bzw. 73 nach Heidenau und die seit 1964 bestehende Linie 89 von Löbtau, die 2003 bis Leuben verlängert wurde. Sie bedienen insgesamt zwölf Haltestellen auf Leubener Gebiet.

Ein Bahnhof der S-Bahn Dresden liegt ebenfalls auf Leubener Gebiet, heißt aber Dresden-Niedersedlitz. Die Benennung geht darauf zurück, dass er dem Dorfkern von Niedersedlitz näher lag. Von dort erreicht man über zwei Linien den Hauptbahnhof in etwa 10 und den Flughafen Dresden in etwa 35 Minuten.

Literatur

  • Annette Dubbers: Leuben – Aus der Geschichte eines Dresdner Ortsteils, Verlag A. Dubbers 2005, ISBN 3937199330
  • Elke und Christian Mittasch: Festschrift zum 100-jährigen Jubiläum der Himmelfahrtskirche zu Dresden-Leuben 2001, Mai 2001 ISBN 3932858514

Quellen

  1. Neue vorgeschichtliche Funde in der Flur Dresden-Leuben. Dresdner Anzeiger v. 23.2.1928; Dresdner Neueste Nachrichten v. 24.2.1928. [1]
  2. Archiv der 66. Mittelschule Dresden-Leuben
  3. WOBA Extrablatt, 1. März 2006 [2]
  4. a b Statistik der Stadt Dresden [3], Stand: 31.12.2004
  5. HOGA Schloss Albrechtsberg – Hotel- und Gaststättenschule Dresden [4]
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