Kleine Seele

Mit den Worten Kleine Seele beginnt ein Gedicht von Franz Kafka, das er auf einem Kalenderblatt vom 17. September 1909 niederschrieb.[1]

Text des Gedichts

Kleine Seele
springst im Tanze
legst in warme Luft den Kopf
hebst die Füsse aus glänzendem Grase
das der Wind in zarte Bewegung treibt

Einordnung

Kafka hatte zur zeitgenössischen Lyrik (wie z. B. Mörike) wenig Hinwendung.[2] Von ihm selbst „sind nur gelegentliche lyrische Versuche überliefert, meist wenige hingeworfene Verse ohne Titel. Weder in den autobiografischen Zeugnissen noch in Max Brods Erinnerungen ist je die Rede davon gewesen, dass Kafka an eine Veröffentlichung dieser Zeilen dachte“, wie Reiner Stach in seinem Buch Ist das Kafka? formuliert.

Zu den oben genannten Versen hatte der Verfasser offensichtlich eine nähere Anbindung. Zwei Jahre später trug er die Zeilen in das Stammbuch eines Bekannten aus dem Kaffeehaus ein. Erhalten blieb es zwischen den Seiten eines Oktavheftes von 1917/18 und tauchte nach Kafkas Tod im Nachlass auf.

Ein zweites Gedicht

Einige Jahre früher, nämlich im Zuge der Beschreibung eines Kampfes von 1904, hat Kafka als Einleitung bereits ein Gedicht folgenden Inhalts verfasst:

Und die Menschen gehen in Kleidern
schwankend auf dem Kies spazieren
unter diesem großen Himmel
der von Hügeln in der Ferne
sich zu fernen Hügeln breitet

Allerdings ist dieser Fünfzeiler nicht ganz originär Kafkas Werk, er ist vielmehr angelehnt an ein Gedicht von Stefan George (Wir schreiten auf und ab im reichen Flitter …), den Kafka im Gegensatz zu verschiedenen anderen Lyrikern bewunderte.[3]

Ausgabe

  • Nachgelassene Schriften und Fragmente I Herausgegeben von Malcom Pasley (Born/Neumann/Schillemeit) Fischer Taschenbuch Verlag S. 181 ISBN 3-596-15700-5

Sekundärliteratur

Einzelnachweise

  1. Stach, S. 111.
  2. Alt, S. 142.
  3. Alt, S. 143.