Günter Lamprecht

Günter Lamprecht (vor 2010)

Günter Hans Lamprecht (* 21. Januar 1930 in Berlin; † 4. Oktober 2022 in Bonn-Bad Godesberg) war ein deutscher Schauspieler, der in Theater, Film und Fernsehen viele komplexe Charakterrollen spielte.[1] Zu seinen bekanntesten Rollen zählen Franz Biberkopf in Rainer Werner Fassbinders Fernseh-Miniserie Berlin Alexanderplatz sowie der Berliner Tatort-Kommissar Franz Markowitz.

Leben

Günter Lamprecht (links) und Hilde Ziegler in Der Tod zu Basel von Urs Odermatt, 1990

Günter Lamprecht, Sohn einer Putzfrau und eines Taxifahrers, war in der Endphase des Zweiten Weltkriegs in der Schlacht um Berlin im Alter von 15 Jahren als Sanitäter tätig. Nach Kriegsende wurde er nach einer abgebrochenen Dachdeckerlehre zunächst Orthopädiehandwerker. Lamprecht war in erster Ehe mit seiner Jugendliebe, der Modistin Angelika Braumann, verheiratet.[2][3] Aus dieser Ehe ging seine einzige leibliche Tochter, Annette (geboren 1961), hervor.[4]

Seine Erlebnisse während des Nationalsozialismus und in den Nachkriegsjahren erzählte Lamprecht in dem Buch Und wehmütig bin ich immer noch. Eine Jugend in Berlin. 2007 erschien mit Ein höllisches Ding, das Leben der zweite Teil seiner Autobiografie. Der Titel ist ein Zitat aus Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz. In seiner Wahlheimat Rösberg, einem Ortsteil der Stadt Bornheim im Rheinland, engagierte er sich ehrenamtlich für soziale und karitative Zwecke und für die Bewahrung der Umwelt.[5] Seit dem Jahr 1994 war er Schirmherr des Künstlerprojekts „ASTRONAUTENKOST“ in Solingen. Er war politisch aktiv und unterstützte in Wahlkämpfen die SPD.

Lamprecht war[6][7] in zweiter Ehe mit der Schauspielerin Gisela Zülch verheiratet, die zwei Töchter mit in die Ehe brachte, und später mit Claudia Amm liiert, mit der er bis zu seinem Tod zusammenlebte. Am 1. November 1999 wurden Lamprecht und seine Lebensgefährtin von einem 16-Jährigen bei dessen Amoklauf in Bad Reichenhall angeschossen und schwer verletzt. Der Schauspieler beauftragte danach den Anwalt Rolf Bossi damit, die Eltern des Täters straf- und zivilrechtlich zu verklagen. Es kam jedoch nicht zu einer Anklageerhebung; über eventuelle Schadenersatzleistungen gibt es keine Informationen. Noch fünf Jahre nach der Tat klagte Lamprecht über Alpträume und schlaflose Nächte.[8][9]

Günter Lamprecht starb am 4. Oktober 2022 im Alter von 92 Jahren im Bonner Stadtbezirk Bad Godesberg.[10] Er ruht auf dem Friedhof Merten im gleichnamigen Bornheimer Stadtteil bei Bonn.[11]

Karriere

Theater

Während seiner 1952 begonnenen Ausbildung an der Max-Reinhardt-Schule für Schauspiel spielte Lamprecht ab 1954 bereits kleinere Rollen unter Regisseuren wie Hans Lietzau und Erwin Piscator am Berliner Schillertheater. Sein erstes festes Theaterengagement folgte dann am Schauspielhaus Bochum, von wo aus er zum Theater Oberhausen wechselte, an dem er von 1959 bis 1961 engagiert war.[12] Er spielte auf der Bühne Männer aus dem Volk, wie den Kowalski in Endstation Sehnsucht und den John in Gerhart Hauptmanns Die Ratten.

Film und Fernsehen

Wolfram Berger (links) und Günter Lamprecht in Der Tod zu Basel, 1990

Zum ersten Mal im Kino war Lamprecht als Schläger in Brücke des Schicksals zu sehen. Erste Fernsehrollen hatte Lamprecht vor allem in Inszenierungen von Theaterstücken, wie zum Beispiel 1968 neben Willy und Lucy Millowitsch in dem Schwank Der Meisterboxer. In der ersten Tatort-Folge Taxi nach Leipzig war er 1970 als DDR-Grenzbeamter zu sehen.[13] 1973 wirkte er in der ZDF-Serie Kara Ben Nemsi Effendi mit, im selben Jahr arbeitete er für Rainer Werner Fassbinder in Welt am Draht. Ein Jahr später hatte Lamprecht in Fassbinders Film Martha einen kurzen Auftritt als Arzt am Krankenbett der tragischen Hauptfigur. 1975 spielte er die Hauptrolle in dem Zweiteiler Stellenweise Glatteis nach dem gleichnamigen Roman von Max von der Grün. 1976 übernahm er eine Schlüsselrolle im Kinofilm Das Brot des Bäckers. 1977 stellte er in Peter Beauvais’ Drama Rückfälle einen Alkoholiker dar.

1979 besetzte ihn Rainer Werner Fassbinder in Die Ehe der Maria Braun und anschließend als Franz Biberkopf in der gleichnamigen Verfilmung von Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz. Mit dieser bedeutenden Hauptrolle hatte er seinen Durchbruch und wurde mit viel Kritikerlob und internationalen Auszeichnungen bedacht. Weitere Popularität erlangte er durch die Rolle des Berliner Tatort-Kommissars Franz Markowitz, zwischen 1991 und 1995 entstanden acht Tatort-Folgen mit ihm.

Daneben spielte er auch in vielen kleineren Film- und Fernsehrollen, darunter in Die große Flatter (1979), als Kapitän des Versorgungsschiffes Weser in Das Boot (1981) und als Erik Charell in Comedian Harmonists (1997).

Lamprecht arbeitete bis ins hohe Alter als Schauspieler, wenngleich er nach der Jahrtausendwende sein Drehpensum beschränkte. 2016 spielte er in der 1000. Tatort-Folge Taxi nach Leipzig den ehemaligen Kriminalhauptkommissar Franz Markowitz, nachdem er 1970 bereits in der gleichnamigen Pilotfolge spielte. In der zweiten Staffel der Krimiserie Babylon Berlin spielte er 2017 den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Im September 2019 stand er für den im Jahr 2021 erstausgestrahlten Fernsehfilm Meeresleuchten von Wolfgang Panzer letztmals vor der Kamera.

Filmografie (Auswahl)

Hörspiel

Literatur

  • Günter Lamprecht: Und wehmütig bin ich immer noch. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002, ISBN 3-462-03106-6.
  • Günter Lamprecht: Ein höllisches Ding, das Leben. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 3-462-03777-3.
  • Mertina Kern, Felix Grützner, Und wehmütig bin ich immer noch. Ein Gespräch mit dem Schauspieler Günter Lamprecht über Angst und Trauer. In: Leidfaden, 2. Jahrgang, 2013, Heft 2, S. 75–76.

Auszeichnungen

Commons: Günter Lamprecht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. "Tatort"-Schauspieler Günter Lamprecht ist tot. In: n-tv.de. Abgerufen am 7. Oktober 2022.
  2. Günter Lamprecht: Und wehmütig bin ich immer noch. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002. S. 163.
  3. Günter Lamprecht: Ein höllisches Ding, das Leben. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, S. 12–13.
  4. Günter Lamprecht: Ein höllisches Ding, das Leben. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, S. 122.
  5. „Ich lebe gern in Bornheim“ In: General-Anzeiger, 27. Oktober 2010, abgerufen am 7. Oktober 2022.
  6. Günter Lamprecht: Und wehmütig bin ich immer noch. 5. Auflage. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2000, ISBN 3-462-02928-2, S. 163.
  7. Günter Lamprecht: Ein höllisches Ding, das Leben. 1. Auflage. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 978-3-462-03777-7, S. 10, 12, 13, 25, 56, 57, 60, 61, 62, 66, 67, 121, 122.
  8. Eltern des Amokläufers von Reichenhall sollen vor Gericht. In: Spiegel Online. 17. November 1999, abgerufen am 29. November 2014.
  9. @1@2Vorlage:Toter Link/www.pnp.deMotiv bis heute unklar (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Januar 2024. Suche in Webarchiven)
  10. Tatort-Star Günter Lamprecht ist tot. In: t-online.de. 7. Oktober 2022, abgerufen am 7. Oktober 2022.
  11. Klaus Nerger: Das Grab von Günter Lamprecht. In: knerger.de. Abgerufen am 25. Januar 2024.
  12. Andrea Rickers: Hier ist es menschlich, WAZ 20. September 2010
  13. Taxi nach Leipzig. In: imdb.com. IMDb, abgerufen am 25. Januar 2024.
  14. Auf anspruchsvolle Weise unterhalten. Shakespeares Hamlet als Hörspiel für Kinder: Clüversborsteler komponierte die Musik. (Memento des Originals vom 2. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.rotenburger-rundschau.de In: Rotenburger Rundschau, 26. Mai 2003
  15. Walter Habel (Hrsg.): Wer ist wer? Das deutsche Who’s who. 24. Ausgabe. Schmidt-Römhild, Lübeck 1985, ISBN 3-7950-2005-0, S. 734.
  16. Günter Lamprecht. (Memento des Originals vom 13. Februar 2006 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/kundendienst.orf.at In: kundendienst.orf.at, abgerufen am 26. November 2010.