Wikipedia:Wie schreibe ich einen guten Geschichtsartikel

Dies ist eine „nicht ganz ernstzunehmende Handreichung mit praktischen Beispielen“, für eine ernstgemeinte Hilfestellung siehe Wikipedia:Richtlinien Geschichte. Diese Seite beschreibt, wie man es nicht machen sollte.

Gute Recherche ist nicht alles

Meide Bücher

Mal ganz ehrlich, Bücher sind nun wirklich mega-out. Ist doch völlig unpraktisch, erst in die Bibliothek zu laufen, dort im Katalog zu wühlen, nur um dann diese abgegriffenen, verstaubten Wälzer nach Hause schleppen zu müssen. Das alles dauert mindestens einen Tag und bedeutet nur einen unnötigen Zeitverlust. Schlimmer ist nur noch, Bücher zu kaufen; denn dann geht neben Zeit auch noch Geld verloren. Außerdem dauert Lesen ewig und widerspricht damit in eklatanter Weise dem Wiki-Prinzip. Schließlich bedeutet Wiki ja schnell.

Bloß keine Quellenarbeit

Auch der Zahn der Zeit hat seine Lücken und lässt noch viel durchgehen. Die natürliche Auslese an erhaltenswerten Dokumenten geht selten so grandios vonstatten wie bei der Bibliothek von Alexandria oder jener im Namen der Rose. Hände weg von den Archiven; denn niemand weiß, ob dort die gesuchten Informationen überhaupt zu holen sind.

Und es ist doch so: Oft steht da was in Latein (was eh nur für Angeber ist – für alle anderen reicht auch Asterix) oder gar Altgriechisch. Da macht es doch mehr Spaß, so zu tun, als ob man sowas gelesen hat. Cool ist es auch, einfach ein paar Namen anzugeben – nachprüfen tut das doch eh keiner.

Google stattdessen lieber im Internet

Eine gute Recherche beginnt im Internet. Wozu leben wir schließlich im Online-Zeitalter? Was Google und Co. nicht auflisten, kann einfach nicht relevant sein. Und praktischer ist es sowieso, weil man hinterher einzelne Textschnipsel per Copy-and-Paste in den Artikel übertragen kann.

Nutze auf jeden Fall Wikipedia

Wieder eine Möglichkeit mehr sich von den verstaubten, sonnenlosen Bibliotheken fernzuhalten. Wenn Google schon nicht das richtige Ergebnis liefert, wird es Wikipedia auf jeden Fall tun. Und das Schöne daran ist: Man kann mit Copy und Paste alles wundervoll herausnehmen und in den eigenen neuen Artikel einfügen. Das erleichtert doch das Schreiben ungemein. Und schließlich sagt doch jede/r inzwischen bei einer Frage, die er/sie nicht beantworten kann: „Schau doch mal bei Wikipedia!“ – Wenn das so ist, muss das ja alles richtig sein!

Verlasse dich auf populäre Filme und Aufgeschnapptes

Selbst das Googeln kann sich sparen, wer ein halbwegs gutes Gedächtnis hat. Ok – nicht jeder kennt Antonius und Kleopatra noch aus eigener Anschauung, aber sicher doch den Hollywood-Monumentalfilm über sie aus den 60er Jahren. Und wie wir alle wissen, sind Hollywood-Regisseure stets um größtmögliche historische Exaktheit bemüht. Nicht gering schätzen sollte man auch Informationen, die man irgendwo am Rande – etwa am Stammtisch – aufgeschnappt hat. Denn da werden die Dinge meist auf den Punkt gebracht. Merke: Geschichte ist nicht das, was wirklich geschehen ist. Geschichte ist das, was die Leute dafür halten.

Erfinde doch mal etwas

Wahre Geschichte gibt es eh nicht. Also ist es doch viel schöner, sich etwas selbst auszudenken. Damit kann man so viel Wissen beweisen. Nimm dir z. B. eine schöne Gerichtsquelle und rekonstruiere doch einfach mal das Leben des Beklagten. Da fällt dir schon etwas Gutes ein. Und wenn du das auch noch veröffentlichst, wird dir bestimmt jeder auf die Schulter klopfen.

Damit man dir nicht auf die Schliche kommt, solltest du dich hüten, irgendwelche Belegstellen anzugeben. Merke: Diskussionsseiten sind für Diskussionen da! Solange es keine Belegseiten gibt, kann niemand Belege von dir einfordern.

Die Macht der Bilder

Bildunterschriften kann man sich sparen

Karl der Große

Häufig findet man bei Wikipedia Bildunterschriften wie „Karl der Große zwischen den Päpsten Gelasius I. und Gregor I. aus dem Sakramentar Karls des Kahlen (um 870)“. Wozu diese epische Breite? Die drei Wörter „Karl der Große“ hätten es doch auch getan. Und wer die beiden anderen Komiker auf dem Bild sind, interessiert bei einem Lexikonartikel über Karl den Großen doch kein Schwein. Außerdem ist die Kirche heutzutage eh nicht mehr gefragt.

Schicke Bilder sind cool, egal welche

Napoleons Alte Garde

Schicke Bilder helfen jedem Artikel auf die Beine. Welche, ist dabei ziemlich egal. Hauptsache, der Effekt stimmt. Bei Schlachtenbildern sollte Blut spritzen, Herrscher müssen dieses gewisse Glänzen im Gesicht haben und die Alte Garde mit ihren Bärenfellmützen muss dem ollen Napoleon eben ordentlich zujubeln. Einige Pedanten wenden immer wieder ein, auch der Kontext und die Zeitumstände, in denen das Bild entstanden sei, müssten berücksichtigt (und womöglich in der Bildunterschrift genannt) werden. Alles Quatsch. Bildung kommt von Bild, das weiß doch jeder.

Eine gute Verlinkung ist alles

Masse ist Klasse

Ab und zu stolpert man ja schon über diese Artikel, in denen deutlich zu wenige Links eingebaut sind. Wir alle wissen doch, was wir davon zu halten haben, oder? Hier war mal wieder jemand am Werk, dessen Horizont nicht über den eigentlichen Text hinausreicht. Oder jemand, der noch nicht begriffen hat, welche feinen gedanklichen Linien sich zwischen dem Frieden von Bautzen und dem Untergang der Wilhelm Gustloff ziehen ließen, wenn nur jeder hier begreifen würde, welche Sinnhaftigkeit einem Tag wie dem 30. Januar innewohnt.

Schick den Leser öfter mal auf die Reise

Warum muss sich hinter jedem Link eigentlich genau der Begriff verbergen, den der Leser erwartet? Viel lustiger ist es, Nutzer mit Verlinkungen wie in Augenzeugenberichte auf die Reise durch die Wikipedia zu schicken. Solcherlei – nennen wir sie einfach assoziative – Verweise erhöhen die Klick-Motivation und geben auch nicht so populären Lemmata die Aufmerksamkeit, die sie schon lange verdient haben.

Gliederungen hemmen den Lesefluss

Manche Leute behaupten, Gliederungen seien für einen guten Artikel unverzichtbar. (Manche behaupten allerdings, das Wort „unverzichtbar“ wäre verzichtbar, hingegen das Wort „unentbehrlich“ nicht entbehrlich.) Einige Ewiggestrige bauen sogar sowas wie Absätze in ihre Artikel ein oder gar Zwischenüberschriften, die den Inhalt des nächsten Abschnitts zusammenfassen. Solche Relikte der Papierzeit haben in einem guten Wikipedia-Artikel nichts zu suchen, je länger und undurchschaubarer der Text ist, desto besser. Menschen, die nach einer Gliederung schreien, sind einfach zu dumm, um den Inhalt des Artikels zu begreifen und die Gedankengänge dessen nachzuvollziehen, aus dessen Text der Verfasser des Artikels kopiert hat. Am allerbesten ist es aber, man gönnt jedem Satz einen eigenen Absatz. Gleiches Recht für alle Sätze! Wikipedia ist immerhin eine Demokratie.

Fließtext schreckt ab

Es gibt die Position, dass Geschichtsartikel im Fließtext die Komplexität eines historischen Vorgangs darzustellen hätten. Das ist natürlich Unfug. Wenn es harte Fakten gibt, dann bau sie lieber in eine Infobox wie die bei den Stadtartikeln oder die bei den Fußballvereinen statt in den Text ein. Da ist auch noch Platz für ein hübsches Aufmacher-Bild aus der Historienmalerei (Bilderklärung nicht nötig). Grafiken, Bilder von Schlachtaufstellung oder Truppenbewegungskarten sind viel zu kompliziert und verwirren nur. Und schließlich vergiss nicht, in der Infobox die führenden Männer des Vorgangs, beispielsweise die Befehlshaber in einer Schlacht, optisch hervorzuheben. Dass Geschichte von solchen großen Einzelnen gemacht wird, wissen wir zwar, aber es schadet nicht, es auch allen anderen immer wieder klar zu machen. Reflexion im Fließtext ist was für überkandidelte Intellektuelle – und seien wir ehrlich: Wer außer Schülern der achten Klasse interessiert sich denn wirklich für eine Schlacht im Mittelalter. Die Infobox eignet sich zum schnellen Auswendiglernen, der Fließtext muss erst gelesen und dann auch noch verstanden werden – also weg mit dem Geschwurbel, es ist ohnehin vollkommen redundant zur Infobox.

Literaturangaben sind was für Angeber

Wie pseudowissenschaftliche Blender vorgehen

Bücher sind was für altmodische Eierköpfe, die nicht über genug Medienkompetenz verfügen, um sich Infos aus dem Web zu besorgen. Außerdem liest heutzutage eh niemand mehr, deshalb sind Literaturangaben sowieso überflüssig. Mit ihnen wollen sich nur alte Angeber ihren Artikeln einen Anschein von Wissenschaftlichkeit geben und damit oft sogar absurde Thesen untermauern, bei denen jeder weiß, dass sie Unsinn sind. So wollen manche Bücher gefunden haben, in denen steht, das Mittelalter sei gar nicht so finster gewesen oder nicht alle Griechen alt. Das ist reine Angabe, sonst nichts.

Wenn schon, dann richtig

Manchmal lässt sich aber ein Blick in die historische Fachliteratur nicht ganz vermeiden. In diesem peinlichen Fall sollte man stets auf Werke zurückgreifen, die möglichst allgemein gehalten und möglichst angejahrt sind, z.B. auf Meyers Konversationslexikon von 1888. Denn: Werke, die zu sehr ins Detail gehen, verwirren nur den Geist. Und: Ein Buch von 1888 ist zeitlich einfach näher dran an der Geschichte, z.B. an der Antike, und infolgedessen wahrscheinlich genauer in der Darstellung.

Oder aber man gibt Bücher an, die auch wirklich gelesen werden. So eignet sich zum Beispiel der Roman Sakrileg von Dan Brown ganz hervorragend als weiterführende Literaturangabe für Themen wie Jesus und den Heiligen Gral. Beim alten Ägypten sind dagegen Romane von Christian Jacq angeraten, deren Gehalt an fundierter Information nur von Sinuhe dem Ägypter übertroffen wird. Auch andere schriftliche Historienschinken – von Felix Dahn bis Tanja Kinkel – sind hervorragende Quellen.

Verweise

Ein einziger Artikel kann nie einen komplexen Sachverhalt in seiner ganzen Vollständigkeit beschreiben. Daher ist es enorm wichtig, dem Leser am Ende eines Abschnittes eine umfangreiche Artikel-Liste anzubieten. Diese Artikel sollten unter dem Abschnitt Siehe auch: (der Doppelpunkt ist wichtig!) stehen und müssen nicht unbedingt etwas mit dem Thema des eigentlichen Artikels zu tun haben.

Grundsätzlich ist es an dieser Stelle wichtig, sämtliche Links des gesamten Artikels noch einmal aufzulisten, damit der Nutzer noch einmal einen kompletten Überblick erhält.

Siehe auch:

Literatur

  • Nigel Cawthorne: Das Sexleben der Päpste. Die Skandalchronik des Vatikans. Taschen, Köln 1999, ISBN 3-8228-6570-2.
  • Eric Walz: Schwule Schurken. MännerschwarmSkript, Hamburg 2002, ISBN 3-935596-04-9.