Shitala

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Bildnis der Shitala, 19. Jahrhundert

Shitala (Sanskrit: „die Kühle“, „die Kühlende“), auch Shitalamata („Mutter Shitala“) oder Shitala Devi („Göttin Shitala“) genannt, ist die indische Pockengöttin und Göttin besonders der fiebrigen Erkrankungen im Allgemeinen, Muttergöttin sowie Schutzgöttin von Bengalen. Sie erscheint vor allem in manchen tantrischen Texten, eigener bengalischer Literatur wie den Shitala-Mangal-kavyas aus dem 17. Jahrhundert, bengalischen Gedichten und den Skanda-Puranas. Diese gehen aber vermutlich auf eine ältere orale Tradition zurück. [1] In tantrischen Kreisen ist sie die Beschützerin der Kornkammern, die Fülle und Überfluss verspricht.[2] Generell vernichtet sie alles, was das Wohlbefinden einschränkt und steht so in enger Verbindung mit Wachstum, Entwicklung und materiellem Wohlbefinden. Shitala sichert so Lebensqualität. Sie verkörpert die Fruchtbarkeit im landwirtschaftlichen Jahreszyklus. Die Konzeption und die Ursprungsmythen sowie das Ritual für Shitala weisen lokal große Unterschiede auf. So wird sie im indischen Bundesstaat Gujarat nicht mehr als Pocken- oder Krankheitsgöttin identifiziert, sondern als Spenderin von Glück, guten Ehemännern und guten Söhnen, ebenso als Herrscherin der Winde, Spenderin von ausgiebigem Regen, guter Ernte und reichlicher Nahrung. Sie ist dort auch für die Fruchtbarkeit von Frischvermählten zuständig. Und auch der Tag ihrer Verehrung variiert von Ort zu Ort teils sehr stark, besonders auf dem Land, wo Unstimmigkeiten im Festtagskalender im Gegensatz zum panhinduistischen Pantheon nicht unüblich sind und als nicht wesentlich erachtet werden. Obwohl die Infektion von Pocken inzwischen größtenteils stark eingedämmt wurde, wird Shitala auch weiterhin verehrt werden und ihr Kult nicht aussterben, da sie inzwischen auch sehr viele andere Funktionen wahrnimmt, so dass sie längst nicht mehr ausschließlich mit Pocken identifiziert wird.[3] Man glaubt, dass Shitala an ihrem Festtag in die Häuser der Gläubigen geht und sich auf den Herd niederlegt. Ist dabei aber der Herd doch ausversehen entzündet oder nicht ausgemacht wurden, erzürnt die Göttin und infiziert die im Haus lebenden Familienmitglieder als Strafe mit Pocken. Ihrem Namen und den mythischen Umständen ihrer Geburt entsprechend, liebt die Göttin alles Kalte und hasst alles Warme. Ebenso verabscheut sie Dreck und Schutz. Sie wird oftmals mit Hunden und Katzen assoziiert. In der Regel nimmt sie die Gestalt einer alten Frau an, wenn sie Gläubigen erscheint.

Heute gilt sie vielerorts auch als Beschützerin von Kindern. Mittlerweile wird sie zunehmend auch für moderne Erkrankungen wie AIDS verantwortlich geglaubt. Es handelt sich bei ihr um eine sehr populäre Volksgöttin (gramadevata). Shitala wird neben Westbengalen und Gujarat hauptsächlich im Norden Indiens verehrt, während sie im Süden unbekannt ist. Im Süden Indiens in Tamil Nadu entspricht ihr weitgehend die Göttin Mariyamman. Oft gilt sie als Erscheinungsform der Kali oder der Durga.[4] In ihrer ursprünglich nicht bzw. wenig sanskritisierten Repräsentation wird sie vorzugsweise allein, unabhängig, jungfräulich, kinderlos und ohne Ehemann verehrt. Im Zuge von Saumyaisierung und damit einhergehenden Reinterpretations- und Dekonstruktionsprozessen wird ihr aber heute auch oftmals ein männlicher Ehepartner, vorzugsweise Shiva, zugeordnet, um sie zu pazifizieren und sie leichter in ein brahmanisches panhinduistischen Pantheon zu integrieren. Shitala taucht in der klassischen Sanskritliteratur nicht auf. Der heute ursprünglich wenig bis nicht sanskritisierte Shitala-Kult ist ein Amalgam aus verschieden nichtsanskritisierten lokalen Volkskulten, und dem Kontakt zum brahmanisierten Hinduismus. Wie viele indische Götter hat auch sie ein doppeltes Wesen: einerseits bringt sie die Pocken, andererseits kann sie Menschen aber auch davon heilen, davor bewahren und alles Leiden von ihnen nehmen.

In Ritualen muss Shitala besänftigt werden. Sie ist gnädig zu denen, die sie verehren und hart und unnachgiebig zu denen, die ihr ihre Anbetung verweigern. Shitala bestraft insbesondere diejenigen, die das Gleichgewicht von Kalt und Warm in ihrem Leben und ihrem Körper stören. Vorzugsweisen wird sie von den niederen Kasten verehrt. Weit verbreitet ist der Glaube, dass Shitala nachts durch die Dörfer streift auf der Suche nach Opfern und Beute. Daher vermeiden es insbesondere Frauen und Kinder aus Furcht in dunklen Nächten in die Nähe ihrer Tempel zu gehen, um nicht auf die Göttin zu treffen. Am häufigsten wird die Göttin zusammen mit ihren sechs Schwestern verehrt.[5]

Besessenheit durch Shitala

Menschen, die durch Lepra oder Pokeninfektion sterben, werden nicht verbrannt, sondern begraben oder in einem Fluss beigesetzt, da dies als göttlicher Tod (Essenz der Göttin) angesehen wird und man glaubt, dass die Göttin Shitala Besitz von Kranken ergriffen hat (Besessenheit), in sie fährt und eins mit ihnen wird. Damit einher geht also durchaus auch die Vorstellung Kontakt mit der Göttin aufzunehmen und ein gewisses „Auserwähltsein“. Die Infektion mit Pocken kann also nicht nur als Strafe, sondern auch als besondere Gunst und Gnade der Göttin aufgefasst werden. Die Infektion mit der Krankheit wird oft einfach als „Kuss der Göttin“ bezeichnet. Weit verbreitet ist auch der Glaube, dass man nach einer Pockeninfektion immun gegen die Krankheit wird. Weiterhin soll sie auf die Widrigkeiten des Lebens vorbereiten, den Körper für andere Krankheiten stärken und resistent gegen sie machen. So wird die Krankheit oft als Segnung in Verkleidung aufgefasst.[6]

Frauen versuchen oft die Infektion und Besessenheit durch Shitala auf lebende (meistens Tiere) oder leblose Objekte zu übertragen, vorzugsweise handelt es sich dabei um Hunde und Flüsse. Dabei werden vom Kranken gegessene übriggebliebene Speisen den Hunden zu essen gegeben oder von ihm benutze Gegenstände in den Fluss gegeben. Die Worte, die der Kranke durch das hohe Fieber im Delirium spricht, verstehen Gläubige als Wünsche der Göttin und handeln danach. Die Pocken selbst werden auch als Blumen, die den Körper Göttin schmücken, bezeichnet. Man glaubt, dass Shitala ihren Begleiter Jvarasura, der 64 Pockenarten hervorruft, vorwegschickt, damit er die Menschen mit Fieber ansteckt, bevor die Göttin ihm nachfolgt und die Pocken überträgt. Dies tut sie, indem sie Pockenkeime auf ihre Opfer wirft. Vielerorts beispielsweise in Orissa leben sogenannte Kalasi, die man als besessene Personen bzw. Krankheits-Orakel ansieht und von dem die Dorfbewohner die Wünsche der Shitala erfahren. Er spricht demzufolge mit der Stimme der Göttin. Es werden auch magische Rituale praktiziert, in denen man versucht die Göttin zum Verlassen des Körpers zu bewegen.

Ikonographie und Symbolik

Shitala wird meist als schönes junges Mädchen, nackt, vierarmig und in roter Körperfarbe dargestellt. Ihr Vahana ist der Esel (ein Symbol für endlose, unermüdliche, widerstandslose Mühe und Quälerei und Überträger von Krankheiten) und ihre Attribute sind eine silberne Rute, ein Fächer, eine Schüssel sowie ein Topf mit Wasser. Sie nutzt diese Elemente, um ein Haus von Krankheit zu befreien. Sie fegt die Keime mit ihrem Besen auf, nutzt den Fächer sie zu sammeln und kippt sie in die Schüssel. Dann spritzt sie Wasser (entnommen aus dem Ganges) aus dem Topf, um das Haus zu reinigen und die Infizierten zu kühlen.[4]

Mythologie

Der Mythos zu Shitalas Geburt erzählt folgendes:

Ein König namens Nahusa wünschte sich einen männlichen Nachkommen und brachte dem Gott Brahma ein Opfer da. Doch etwas ging schief und anstatt eines Sohnes entstand ein schönes junges Mädchen aus der abgekühlten Asche des Opferfeuers. Brahma fragte sie nach ihrem Namen, doch sie kannte ihn nicht. Daraufhin gab er ihr den Namen Shitala, "die Kühlende". Shitala fragte Brahma nach ihrem Status in der Welt. Der Gott versprach ihr nach ihrer Geburt, dass die Menschen sie immer verehren werden, solange sie die Saat für eine bestimmte Linsensorte einpflanzen würde. Zusammen mit ihrem Begleiter, Jvarasura, dem "Dämon" des Fiebers, der durch Shivas Schweiß nach seiner Askese entstand, reiste sie auf einem Esel, um die anderen Götter zu besuchen. Dabei nahm sie die Gestalt einer alten Frau an, er die Gestalt eines junges Mannes. Irgendwo auf dem Weg, verwandelten sich ihre Linsen in Pockenkeime und jeder, den sie besuchte, bekam Fieber und Pocken. Die Götter baten Shitala daraufhin um Gnade, die Pocken von ihnen zu nehmen und auf die Erde zu gehen. Die Göttin war einverstanden und ging zusammen mit Jvarasura auf die Erde. Ihre erste Station war der Hof von König Bhirat, der Shiva verehrte. Doch König Bhirat wollte Shitala nicht den Vorzug vor Shiva geben und so drohte sie ihm, ihn und sein Volk zu infizieren. Er ließ sich jedoch nicht beirren, und so sandte Shitala 75 verschiedene Arten von Pocken auf ihn und sein Volk hinunter. Die Krankheit verbreitete sich wie ein Lauffeuer und es gab viele Tote. Schließlich zeigte sich König Bhirat einsichtig, gab nach und Shitala heilte ihn und sein Volk.[7] Dieser Mythos verdeutlicht, wie Shitala von einer ursprünglich regionalen folkloristischen Göttin Aufnahme in den sanskritisierten brahmanisierten Hinduismus fand.[8]

Ein anderer populärer Mythos erzählt folgendes: Es waren einmal ein König und eine Königin. Sie trugen zwar den Titel "König" und "Königin", waren aber trotzdem bitterarm, so dass es kaum für eine tägliche Mahlzeit reichte. Sie hatten sieben Töchter. Als die Königin eines Tages erneut schwanger war, fragte der König, was sie denn essen wolle. Sie antworte, dass es ihr nach vielem gelüste, aber woher sollten sie es nehmen? Zudem befürchtete sie, dass ihre ebenfalls hungrigen Töchter ihr alles wegessen würden. Doch der König riet ihr es nachts zu machen, wenn alle Töchter schlafen. Sie solle sich wünschen, was auch immer sie wolle. Die Königin entschied sich für Khir.

Darauf ließ der König alle Zutaten dafür bringen. Die Töchter hatten aber mitangehört und sannen auf eine List: Aus der Küche holten sie Töpfe und andere zum Kochen gehörende Dinge, versteckten sie und gingen anschließend schlafen. Spät in der Nacht dachte die Königin, dass nun alle Töchter fest schliefen und ging daran ihren Khir zu bereiten. Sie nahm alle Zutaten und begab sich in die Küche. Doch sie fand keine Streichhölzer, um den Herd zu entzünden. Daher entschied sie sich die Große aufzuwecken, sie könnte ihr ja ein wenig abgeben. So weckte sie ihre älteste Tochter, die ihr bereitwillig die Streichhölzer gab. Die Königin ging nun daran Feuer zu machen, doch sie fand keinen passenden Topf, den die Kinder ebenfalls versteckt hatten. So entschloss sie sich ihre jüngste Tochter zu wecken, von der sie glaubte, sie habe den Topf irgendwo hingetan. So weckte die Mutter auch ihre jüngste Tochter und fragte sie nach dem Verbleib des Topfes. Nun fehlte ihr ein Löffel, für den die nächste Tochter geweckt werden musste und so ging es dann immer weiter. Die Königin war voller Zorn und machte sich missmutig daran den Khir zuzubereiten. Und so geschah es dann auch.

Von den sieben Töchtern hatte es vor allem die jüngste faustdick hinter den Ohren. So schüttete sie kleine Steine in den Puddingtopf. Die Königin war nun gezwungen ihren mittlerweile wachen Töchtern abzugeben und wollte ihnen von der oberen, dünnen Schicht des Khir geben. Die übergewichtige, untere und sahnige Hälfte wollte sie nachher selbst verspeisen. Und so geschah es dann auch. Die Kinder aßen sich satt bis sie fast platzten und legten sich dann todmüde zu Bett. Nun nahm die Königin den Topf und schüttete den Rest auf ihren Teller. Jetzt bemerkte sie die vielen Steine, sammelte sie außer sich vor Zorn auf und aß den Rest. Am nächsten Tag beschwerte sie sich beim König über ihre missratenen Töchter. Der wies sie an den Kindern etwas zu essen einzupacken. Er wollte mit ihnen Waldbeeren sammeln gehen. Und so tat die Königin, wie ihr gesagt wurde. Nur für die Jüngste packte sie nichts zu Essen ein, denn auf sie war sie immer noch am sauersten. Deshalb tat sie nur Asche in ihr Esspaket.

Im Wald angekommen, setze sich der König müde unter einen Baum und sprach zu den Kindern: „Kommt, esst euch im Wald satt und sammelt Wandbeeren. Wenn ich auf der Spitze dieses Baumes meinen Turban schwenke, kommt ihr zurück.“ Und so taten die Mädchen und als sie müde waren und sich sattgegessen hatten, kehrten sie zurück. Auf dem Baum sahen sie den Turban des Vaters, der ihn dort festgebunden hatte und wie vorher mit seiner Frau besprochen, verschwand. Als sie jedoch zurückkehrten, fanden sie den Vater nicht und sie fingen bitterlich an zu weinen. Sie mussten sich damit abfinden fortan im Wald zu leben und sich dort von Früchten und Wasser zu ernähren. Eines Tages bemerkten die Töchter, dass es in der nächsten Stadt keinen Shitaladevi-Tempel gab. Also beschlossen sie: „Wir werden Shitala Devi“. Das war allerdings nicht so leicht wie gedacht, da sie dazu göttliche Kräfte brauchten. Also rissen einige kleine Büsche aus und sprachen: „Wenn wir göttliche Kräfte haben, soll hier Wasser sprudeln.“ Aus Erde formten sie sieben Eselchen, die Reittiere der Shitalamata und sagten: „Wenn wir göttliche Kräfte haben, sollen sie zu richtigen Eseln werden.“ Und so geschah es auch und das Wasser begann zu sprudeln und die Esel wurden lebendig.

Die sieben Schwestern bestiegen die Esel und schlugen den Weg in die Stadt ein. Sie begaben sich zum Palast des Königs und zum Hause eines Bhat. Es dauerte nicht lange und der Königssohn sowie sämtliche Kinder des Hauses erkrankten an den Pocken. Nun wollten die sieben Schwestern den König aufsuchen. Der wusste von seinem Diener schon von ihrem anstehenden Besuch und fragte diesen: „Wieviel Mann sind es zu Fuß und zu Pferde?“ „Es kommt niemand zu Fuß und niemand zu Pferde“ antwortete der Diener. „Sie reiten auf Eseln!“ Daraufhin befahl der König dem Besuch mit heißem Öl und mit Bambus-Schlagstöcken aufzuwarten. Die sieben Schwestern wurden vom Öl schrecklich verbrannt und rannten davon. Auf einem Brunnen fielen sich schmerzerfüllt zu Boden. Sie hatten aber Glück, denn die Frau des Bhat war gerade dabei dort Wasser zu schöpfen. Dabei fiel ein wenig kühlendes Wasser auf sie verbrannten Schwestern, die dadurch von ihren schweren Verletzungen genasen. Aus Dankbarkeit segneten sie nun, nachdem ihr Zorn verblasst war, die Frau mit guten Wünschen. „So wie du uns gekühlt hast, so soll auch deinen Kindern Kühlung zuteil werden!“ Daraufhin hielt die Frau die sieben Schwestern für Göttinnen. Sie begann nun mit den Scherben eines Krugs Wasser über die Schwestern zu schlagen. Je besser ihr Zustand wurde, desto besser wurde auch der Zustand ihrer kranken Kinder zuhause. Als sie wieder ganz genesen waren, wollten sie etwas zu essen haben. Da kam die Stiefmutter zum Brunnen und beschwerte sich bei der Frau, dass sie sich nicht um ihre Kinder kümmerte und die ganze Zeit am Brunnen verbrachte. Doch die Schwiegertochter entgegnete ihr, dass sie nicht schimpfen solle. Diesen sieben Schwestern hätten sie die Heilung der Kinder zu verdanken.

Anlässlich der Heilung der Kinder wurde im Haus des Bhat ein großes Fest gefeiert. Davon erfuhr auch der König, erzürnt darüber, wie jemand es wagen konnte fröhlich zu sein, während der Königssohn schwerkrank im Sterben lag. Daraufhin ließ er den Bhat als Strafe festnehmen, fesseln und in seinem dunklen Kerker einsperren. Doch Shitala Devi durchschnitt die Fesseln des Gefangenen und befreite ihn. Der König ließ ihn daraufhin erneut festnehmen und fesseln. Doch die Göttin befreite ihn abermals. Und so geschah es noch etliche Male.

Schließlich resignierte der König und verbeugte sich vor Shitala. Ihr zu Ehren veranstalte er ein großes Opferfest und legte ein Gelübde ab sie zu verehren, um sie zu beschwichtigen und um sie dazu zu bewegen seinen Sohn gesunden zu lassen. Aber Shitalamata zeigte sich unnachgiebig mit dem König und ließ keine Gnade walten. "Deine Frau soll alle ihre Kleider ausziehen und mir einen Altar errichten", sprach sie. „Dann sollst du mir Speisen darbringen. Wenn ihr das tut, könnt ihr euren Sohn behalten, aber er wird auf einem Auge blind und durch Pockennarben entstellt sein. Folgt ihr meinem Befehl nicht, so wird er sterben.“

Dem verzweifelten Königspaar blieb nichts anderes übrig als der Göttin zu gehorchen, ihr Sohn wurde zwar von den Pocken geheilt, aber es geschah wie die Göttin sagte und durch ihren Zorn blieb er pockennarbig und auf einem Auge blind.[9]

Ritual und Verehrung

Shitala Devi wird vor allem in den trockenreichen Zeiten im Sommer verehrt, in der die Ansteckungsgefahr für Pocken besonders groß ist. Ursprünglich hatte sie keine Tempel und wurde an kühlen, feuchten Orten zuhause geglaubt, vorzugsweise den Neem-Bäumen. Ihre Tempel, die als ihr Wohnort betrachtet werden, befinden sich meistens am Rande von Dörfern oder in verlassenen tiefen Wäldern. Besonders wird die Göttin von Kindern und Frauen verehrt. Frauen bitten für ihre Kinder um Verschonung von der Pockenkrankheit. Neben ihrem Festtag, Shitalashtami wird sie besonders verehrt, wenn die Pockenkrankheit in Dörfern ausbricht.

Die Rituale für Shitala müssen mit äußerster Reinheit durchgeführt werden, rituelle Waschungen des Gläubigen sowie des Hauses sind von äußerster Wichtigkeit. Das Ritual für Shitala besteht hauptsächlich darin, sie mit Wasser zu überschütten, um sie zu kühlen. Dabei wird sie jedoch meistens in Form von roten unregelmäßigen Steinen mit einem Loch in der Mitte, bemalten Köpfen oder einem heiligen Wassertopf verehrt. Hauspriester rezitieren das Shitalashtak, einem Mantra ihr zu Ehren. An Shitalashtami, ihrem Festtag, wird traditionell gefastet. Außerdem wird kein warmes Essen gegessen und der Herd wird nicht mit Feuer entzündet. Stattdessen werden am Vorabend bestimmte, nicht leicht zu verderbende Speisen (Basauda) zubereitet, die am nächsten Tag kalt gegessen werden, ebenso Süßspeisen. Auch der Göttin selbst werden meistens kalte, abgestandene und übriggebliebene Speisen geopfert, ebenso wie Blut oder rohes Ziegen-, Schweine-, Enten- oder Hühnerfleisch. Die Frauen richten an diesem Tag aus Erde oder Kuhdung eine glatte Fläche im Boden her, aus der sie dann das sogenannte Alpana der Shitala mit Augen aus Baumwollsaat oder Kaurimuscheln herstellen, dass sie zuhause aufstellen. Shitala erinnert die Gläubigen an die Einhaltung und Notwendigkeit von Hygiene und Sauberkeit. Frauen verbringen die Nacht mit Durchwachen und dem Singen von Liedern. Dabei werden verschiedene Gelübde (vrata) abgegeben, beispielsweise bis zur Genesung des Kranken keine Süßspeisen zu essen. Man bittet die Göttin um Regenfälle, Rückgang von Hitze und Ernte. Um Pockenkranke zu heilen, übergießen die dörflichen Hauspriester, Malis genannt, bei denen es sich meistens um Arbeiter oder Gärtner handelt, das Alpana der Shitala mit kaltem Wasser. Das dabei ablaufende gesegnete (Prasada) Wasser wird dann dem Kranken zum Trinken und anschließend zur Kühlung gegeben. Häusliche Priester knüpfen auch eine Haarlocke, eine Kaurimuschel, ein Stück Gelbwurz und einen goldenen Gegenstand vom rechten Handgelenk des Patienten zusammen. Teilweise werden Shitala auch Blumen dargebracht, die man nach der Puja den Kindern in die Haare flechtet, um sie vor Krankheiten zu bewahren. Shitala besonders heilig sind die Blätter des Neem-Baumes. Diese spielen in ihrem Kult eine zentrale Rolle, beispielsweise werden Kranke mit den kühlenden Blättern eingerieben oder baden darin, die Zimmer der Kinder und die Eingänge zum Haus werden damit ausgelegt. Dies dient auch als Warnung, dass ein Mitglied des Hauses von der Krankheit befallen ist. [10]

Der Kult der Göttin Shitala ist mit einigen Tabus verbunden. Angehörigen ist in der Zeit der Infektion, das Tragen von Schuhen, das Schneiden von Haaren und Nägeln, das Kämen, Geschlechtsverkehr sowie das Reisen untersagt. Auch dürfen sie in dieser Zeit keine anderen Familien besuchen. Ebenso ist der Besuch, während der Menstruationszeit strikt verboten. Frauen dürfen währenddessen keine schwarze Kleidung tragen. Während dieser Zeit wird darauf verzichtet, Essen mit Gewürzen anzubraten. So lange die Krankheit anhält, werden dem Betroffenen nur kalte ungekochte Speisen und Getränke sowie Milch gegeben. Es wird weder Fleisch noch Fisch gebraten, ebenso wird auf süße Speisen verzichtet. Die Kranken dürfen sich nur am Sonntag, Dienstag und Donnerstag baden, andere Tage gelten als unheilvoll. Die Krankheit wird teilweise mit der abgekühlten Asche aus verbranntem Kuhdung behandelt. Auch werden dem Patienten bittere Kräuter verabreicht. Den Namen der Kräuter kennen nur die Hauspriester, die ihn nicht verraten. Gibt man der Göttin etwas Bitteres, verlässt sie den Körper, so glaubt man. In manchen Fällen wird der Patient auch mitSandelholzöl eingerieben. Viele Menschen kommen um den Patienten zu sehen, bringen ihm oftmals kühle Speisen mit und grüßen ihn hochachtungsvoll. [11] Nachdem die Pocken des Kranken ausgefallen sind, werden die Krusten gesammelt und als Dank Shitala dargebracht. Die Verehrung der Göttin wird dabei nicht als Ersatz für Impfungen angesehen, sondern als Ergänzung und etwas Anderes. Viele Gläubige malen sich Punkte ins Gesicht, um die Krankheit zu imitieren. [12]

Literatur

  • Gerhard J. Bellinger: Knaurs Lexikon der Mythologie, Knaur, München 1999, ISBN 978-3899962703
  • Jan Knappert, Lexikon der indischen Mythologie: Mythen, Sagen und Legenden von A-Z, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  • Konrad Meißig, Die Pockengöttin Fastenmärchen der Frauen von Awadh Beiträge zur Indologie 36, Harrassowitz-Verlag 2002, 1. Die Pockengöttin Seite 1-6
  • Babagrahi Misra, Sitala the small-pox goddess of India, Asian Folklore Studies Vol. 28, No. 2 (1969), pp. 133-142, veröffentlicht durch die Nanzan University
Commons: Shitala – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Knappik, Jan, Lexikon der indischen Mythologie, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  2. Jan Knappert, Lexikon der indischen Mythologie: Mythen, Sagen und Legenden von A-Z, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  3. Jan Knappert, Lexikon der indischen Mythologie: Mythen, Sagen und Legenden von A-Z, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  4. a b Gerhard J. Bellinger, Knaurs Lexikon der Mythologie, Knaur, München 1999, Shitala
  5. Knappik, Jan, Lexikon der indischen Mythologie, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  6. Die Pockenübertragung gilt also auch als Form der körperlichen und sogar der sexuellen Liebe. Sie gilt also durchaus auch als wünschenswerter Zustand. Wenn Shitala erzürnt, erhitzt sie sich, wodurch sie auch den Körper des Besessenen von innen verglüht. Daher muss sie gekühlt werden. Jan Knappert, Lexikon der indischen Mythologie: Mythen, Sagen und Legenden von A-Z, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  7. Jan Knappert, Lexikon der indischen Mythologie: Mythen, Sagen und Legenden von A-Z, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  8. Jan Knappert, Lexikon der indischen Mythologie: Mythen, Sagen und Legenden von A-Z, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  9. Meißig, Konrad, Die Pockengöttin Fastenmärchen der Frauen von Awadh Beiträge zur Indologie 36, Harrassowitz-Verlag 2002, 1. Die Pockengöttin Seite 1-6
  10. Jan Knappert, Lexikon der indischen Mythologie: Mythen, Sagen und Legenden von A-Z, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  11. Jan Knappert, Lexikon der indischen Mythologie: Mythen, Sagen und Legenden von A-Z, Seehamer Verlag 2001, Shitala
  12. Knappert, Jan, Lexikon der indischen Mythologie, Seehamer Verlag 2001, Shitala