„Rudolf-Virchow-Krankenhaus“ – Versionsunterschied

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Version vom 3. März 2020, 21:06 Uhr

Rudolf-Virchow-Krankenhaus
Logo
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Trägerschaft Land Berlin, Körperschaft des öffentlichen Rechts
Ort Berlin-Wedding
Bundesland Berlin
Staat Deutschland
Koordinaten 52° 32′ 31″ N, 13° 20′ 36″ OKoordinaten: 52° 32′ 31″ N, 13° 20′ 36″ O
Vorstandsvorsitzender Heyo K. Kroemer
Versorgungsstufe Krankenhaus der Maximalversorgung / Notfallzentrum[1]
Zugehörigkeit Humboldt-Universität, Freie Universität
Gründung 1906
Website www.charite.de
Lage
Rudolf-Virchow-Krankenhaus (Berlin)
Rudolf-Virchow-Krankenhaus (Berlin)
Eingang am Augustenburger Platz, 1910
Eingang am Augustenburger Platz, 2012

Das Rudolf-Virchow-Krankenhaus im Berliner Ortsteil Wedding wurde 1899–1906 als städtisches Krankenhaus nach einem Entwurf von Ludwig Hoffmann in Pavillonbauweise errichtet. Die denkmalgeschützte Anlage enthielt ursprünglich fünfzig freistehende Gebäude und war als Gartenstadt konzipiert. Durch Kriegszerstörungen und Neubauten wurde das Krankenhaus stark verändert. Das Klinikum ist seit 1. April 1995 Teil der Charité und trägt den offiziellen Namen Charité Campus Virchow-Klinikum.

Geschichte

Bedingt durch die stark wachsende Bevölkerungszahl im industriell geprägten Nordwesten Berlins ergab sich die Notwendigkeit, dort ein viertes großes städtisches Krankenhaus zu errichten. Nachdem 1861 Moabit, Wedding und Gesundbrunnen eingemeindet wurden, hatte sich die Bevölkerung von 826.000 im Jahr 1871 auf 1.888.000 im Jahr 1900 mehr als verdoppelt. Zur Jahrhundertwende gab es lediglich drei städtische Krankenhäuser in Berlin: das 1874 eröffnete Krankenhaus am Friedrichshain, das Krankenhaus Moabit, 1875 eröffnet, und das Krankenhaus Am Urban, das 1890 in Betrieb ging. Weiterhin nutzte der Magistrat 300 Belegbetten in der Charité und verwies des Weiteren die Bevölkerung auf konfessionelle Häuser wie das 1846 gegründete St. Hedwig-Krankenhaus in der Großen Hamburger Straße.

Die seit 1835 bestehende preußische Regulatur verlangte aber von Städten über 5000 Einwohnern „eine ausreichende Anzahl Heil- und Pflegeanstalten in eigener Regie“ zu betreiben. Im Wedding existierten bereits die evangelischen Häuser Lazarus-Krankenhaus (1873) und das Paul-Gerhardt-Stift (1898) sowie das Kaiser- und Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhaus (1890). 1914 kam noch das Jüdische Krankenhaus in der Iranischen Straße dazu.

Nicht zuletzt auch durch die 1883 eingeführte Gesetzliche Krankenversicherung und durch den wissenschaftlichen Fortschritt ergab sich ein erhöhter Bedarf an Krankenhäusern, sodass in der Reichshauptstadt eine Krankenhausbautätigkeit bisher ungeahnten Ausmaßes begann. 1893 entstand die II. Städtische Irrenanstalt zu Lichtenberg (Herzberge), 1907 die Heilanstalten in Berlin-Buch mit der III. Irrenanstalt mit 40 Gebäuden sowie des Genesungsheims mit 30 Gebäuden und einem Alte-Leute- Heim mit 21 Gebäuden. Von 1897 bis 1914 erfolgte der Um- und Neubau der Charité mit dem Pathologisch-Anatomischen Museum 1899, der Nervenklinik 1901, der Kinderklinik 1903 und der Chirurgischen Klinik 1904 sowie den beiden Inneren Kliniken 1907 bis 1912 und der modernsten Universitätszahnklinik Europas 1912. Im Jahr 1904 entstand das Krankenhaus Westend, 1906 das Städtische Krankenhaus Pankow, das Humboldt-Krankenhaus in Reinickendorf und das Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Schöneberg, 1914 das Oskar-Ziethen-Krankenhaus in Berlin-Lichtenberg und das Krankenhaus Köpenick. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914, verfügte Berlin somit über sechs städtische Krankenhäuser.

Eröffnung 1906

Die Namensgebung stand schon lange Zeit fest, denn am 80. Geburtstag von Rudolf Virchow im Oktober 1901 hatte die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, den Bau nach ihm zu benennen. Die Eröffnung erfolgte am 17. September 1906 durch Kaiser Wilhelm II. und zahlreichen Honoratioren wie dem Oberbürgermeister Martin Kirschner, dem Stadtverordnetenvorsteher und Arzt Paul Langerhans, dem Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg August von Trott zu Solz, der Witwe des 1902 verstorbenen Namensgebers Ferdinande Amalie Rosalie Virchow und zwei seiner Söhne. Sie schrieb nach Besichtigung des Krankenhauses einen Dankesbrief an Baurat Hoffmann.

„Sehr geehrter Herr Baurat! […] Ich hatte Ihnen danken wollen, daß nach ihren Angaben unter Ihrer Leitung dieses herrliche Werk entstanden ist, welches den Namen meines geliebten Mannes trägt. Von der Besichtigung kehrte ich tiefbewegten und dankerfüllten Herzens zurück in dem Bewußtsein, daß das Rudolf-Virchow-Krankenhaus das herrlichste Denkmal, auch ganz im Sinne des Verstorbenen bleiben werde, welches ihm jemals gesetzt werden kann. […]“

Als das Rudolf-Virchow-Krankenhaus 1906 eröffnet wurde, galt es als modernste Krankenversorgungseinrichtung Europas und stand als Vorbild für spätere Krankenhausneubauten.

Die ersten Patienten nach der Einweihung des Krankenhauses kamen aus dem Urban-Krankenhaus, es waren 70 Patienten mit Geschlechtskrankheiten, die in den beiden Kliniken für Haut- und Geschlechtskrankheiten aufgenommen wurden. Geleitet wurden die zwei Kliniken von Wilhelm Wechselmann (1860–1942) und Abraham Buschke (1868–1943). Wechselmann erlangte Bedeutung durch die an seiner Abteilung durchgeführte klinische Erprobung des Salvarsans bei der Syphilistherapie.

Für die Erstbesetzung der Kliniken konnten einige namhafte Berliner Ärzte gewonnen werden: die Chirurgen Otto Hermes (1864–1928) und Moritz Borchardt (1868–1948), den Internisten Alfred Goldscheider (1858–1935) Leiter des Krankenhauses von 1906 bis 1910, den Gynäkologen Alfred Koblanck (1863–1928) sowie den Pathologen David von Hansemann (1858–1920).[2] Seit der Eröffnung gab es zwei chirurgische Abteilungen mit jeweils 180 Betten und zwei Operationssälen, geleitet bis 1920 von Otto Hermes und Moritz Borchardt, der 1920 als Direktor an die III. Chirurgische Universitätsklinik am Krankenhaus Moabit wechselte.

Der Chirurg Richard Mühsam kam 1920 an das Krankenhaus. Daneben war er am Institut für Sexualwissenschaft tätig und nahm dort Versuche vor, Homosexualität durch Hodentransplantation zu „heilen“.[3] Der Chirurg Ernst Unger übernahm 1919 die II. Chirurgische Abteilung am Rudolf-Virchow-Krankenhaus. Er wurde durch die ersten fundamentale Arbeiten zur Nierentransplantation bekannt.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs erforderte die immense Zunahme von Geschlechtskrankheiten eine Erhöhung der Betten in den beiden dermatologischen Häusern, in denen 455 Betten für männliche und 265 Betten für weibliche Patienten zur Verfügung standen. Nach dem Umbau der dermatologischen Abteilung wurde diese ab 1925 von Heinrich Löhe (1877–1961) geführt.

Im Jahr 1931, 25 Jahre nach Gründung des Krankenhauses, hatte sich die Zahl der behandelten Patienten von 15.500 (1907) auf über 30.000 verdoppelt, ebenso wie sich das Spektrum der Operationen erweitert hatte.[4]

Ab 1933

Ab 1933 erfolgte eine bedeutsame Neuorganisation der Abteilungen, die bei einer Reduzierung der Bettenanzahl zu einer Inneren, Äußeren und Dermatologischen Abteilung zusammengefasst wurden. Es entstand zusätzlich eine Urologische und eine Psychiatrisch-Neurologische Abteilung. Weiterhin wurden die großen Krankensäle durch Zimmer für sechs bis acht Patienten ersetzt. Um 1936 konnte die Klinik eine maximale Aufnahmefähigkeit von 2500 Kranken aufweisen (Planbettenzahl: 1900) und rangierte damit unter den Berliner Kliniken an vorderer Stelle.[4]

Von 1935 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bestand am Rudolf-Virchow-Krankenhaus mit dem Allgemeinen Institut gegen die Geschwulstkrankheiten ein Institut für die Behandlung und Erforschung von Krebserkrankungen unter der Leitung des Radiologen Heinrich Cramer, das unter dem Kuratorium von Ferdinand Sauerbruch in den Jahren 1933–1934 gegründet wurde. Das Institut arbeitete sehr eng mit anderen Kliniken zusammen und vereinte chirurgische, strahlentherapeutische und wissenschaftlich-experimentelle Aspekte.

Die Chirurgische Klinik leitete von 1933 bis 1934 Willy Usadel (1894–1952) und Walter Sebening. Zwischen 1935 und 1937 führte August Rütz (1894–1937) die Chirurgie, die nach seinem Tod von Wilhelm Fick (1898–1981), der bis 1937 Oberarzt bei Ferdinand Sauerbruch war und später Chefarzt einer Münchener Privatklinik wurde,[5] weitergeführt wurde. Werner Kressin (geb. 1902) leitete die Abteilung kommissarisch während der Kriegseinsätze der Chefärzte. Am 1. August 1933 wurde die Urologische Abteilung eröffnet, die bis zum vorläufigen Ende 1945 unter der Leitung von Karl Heusch stand. Sie wurde 1943 nach Karlsbad ausgelagert, wobei das gesamte Inventar verloren ging. Nach der Rückkehr nach Berlin begann Heusch mit der Einrichtung einer Ausweichklinik und dem Aufbau der Urologie am Krankenhaus Jungfernheide, bis er dann 1948 endgültig nach Aachen ging. Seine Mitarbeiter an der Klinik waren als Oberärzte Werner Forßmann (1904–1979) und Krafft.[4]

Nach 1945

Logo des Virchow-Klinikums, 1996

Durch die Kriegsschäden sank die Bettenzahl auf 400. Ab September 1945 leitete Walter Mirauer (1882–1948) die Chirurgische Abteilung und nach seinem plötzlichen Tod Wilhelm Heim (1906–1997), der bis zu seiner Pensionierung 1971 Ärztlicher Direktor war. Es entstand erneut eine urologische Fachstation mit über 40 Betten, deren Leitung Kurt Felkl (1918–2013) übernahm.

Mit der Eröffnung des neuen Bettenhauses der Chirurgischen Klinik 1962 entstand auch eine Chirurgisch-Urologische Abteilung, die von Hans Wulsten (1927–1995) ab 1970 geleitet wurde, als die Abteilung ihre Eigenständigkeit als Urologische Klinik erlangte. 1983 wurde Wulsten zum Ärztlicher Direktor des Rudolf-Virchow-Krankenhauses gewählt und blieb es bis zu seiner Pensionierung 1992.[4]

Während der Teilung Berlins diente das Rudolf-Virchow-Krankenhaus ab den 1980er Jahren als Universitätsklinikum der Freien Universität Berlin. Seit 1995 gehört das Rudolf-Virchow-Krankenhaus zur Humboldt-Universität und bildet seit 1997 den Campus Virchow-Klinikum (CVK) der Charité.[6] Die damit verbundene umfassende Neu- und Umbautätigkeit endete erst 1998 und machte den Standort zum modernsten Klinikum Europas.

Mitte 2003 wurde die Berliner Hochschulmedizin erneut umstrukturiert: Es kam zur Fusion der Charité mit der medizinischen Fakultät der Freien Universität Berlin. Die Entscheidung erwuchs hauptsächlich aus der angespannten Haushaltslage des Landes Berlin, das der fusionierten Charité eine Einsparvorgabe für das Budget für Forschung und Lehre in Höhe von 98 Millionen Euro mit auf den Weg gab.

Medizinische Versorgung

Laut Krankenhausplan 2016 des Landes Berlin[1] verfügt das Klinikum über 1289 Betten im universitären Bereich. Es ist als eines der sechs Berliner Notfallzentren ausgewiesen, an die erhöhte Anforderungen an Leistungsfähigkeit, Infrastruktur und Aufnahmekapazität gestellt werden, sowie eines der drei Standorte mit Sonderisolierstationen für hochkontagiöse lebensbedrohliche Erkrankungen und das regionale Strahlenschutzzentrum.

Damit Forschung, Lehre und Krankenversorgung besser organisiert werden können, hat die Charité 17 Charitézentren (Eigenschreibweise: CharitéCentren) gegründet. Innerhalb der Zentren arbeiten mehr als 100 Kliniken und Institute.[7][8] Die Charitézentren sind größtenteils standortübergreifend organisiert. Damit soll die Integration der Standorte gefördert werden. Außerdem sollen alle Charitézentren eine eigenständige Leitung mit Ergebnisverantwortung erhalten. Die folgenden Charitézentren sind am Klinikum ansässig:

Der Campus ist Sitz des Deutschen Herzzentrums mit 198 Betten (Krankenhausplan 2016), das die östlichen Gebäudeteile nutzt. Hierzu gehört auch das 1988 eingerichtete Hotel „Gästehaus Axel Springer“.

Lage und Architektur

Grundstück Wedding

Lageplan 1906
Blick entlang der Mittelpromenade

Der Magistrat von Berlin entschied sich für den Standort im Wedding auf einem weitläufigen baum- und strauchlosen Gelände zwischen Nordufer am Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal, Augustenburger Platz, Amrumer-, Föhrer Straße und der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in der Seestraße. Von den frühen 1820er Jahren bis in die 1850er Jahre befand sich hier die Abdeckerei, die ab 1873 ihren Platz in der Müllerstraße 81 fand und 1908 schließlich nach Rüdnitz bei Bernau verlegt wurde. Somit stand das Gelände, das sich im Eigentum der Stadt befand, zur Verfügung. Für den Standort setze sich Rudolf Virchow (1821–1901) ein, der maßgeblich an der Planung beteiligt war. Ursprünglich war der Stadtbaurat Hermann Blankenstein, Hoffmans Vorgänger als Stadtbaurat, mit den Planungen beauftragt, die dieser auch bis zu seiner Amtsübergabe 1896 an Hoffmann fertigstellte. Hoffmann hatte aber andere Pläne, die er mit Virchows Unterstützung realisieren konnte. Er orientierte sich an bereits bestehenden Krankenhäusern wie dem 1889 eröffneten Eppendorfer Krankenhaus oder dem 1901 eingeweihten Stadtkrankenhaus Johannstadt in Dresden und favorisierte deshalb den Pavillonstil.

Für die Standortentscheidung spielte nicht nur die Verfügbarkeit des 26 Hektar großen Grundstücks und dessen Lage eine Rolle, sondern auch, dass 1901 direkt gegenüber das Preußische Institut für Infektionskrankheiten entstand. Auf Anregung Robert Kochs wurde im Rudolf-Virchow-Krankenhaus eine Infektionsabteilung eingerichtet. Der Architekt Ludwig Hoffmann begann 1897 mit dem Entwurf, nach dem das Großkrankenhaus 1899–1906 errichtet wurde. Es entstanden 57 Einzelgebäude für 2000 Betten sowie 700 Wohnungen für unverheiratete Krankenschwestern und Pfleger und technisches Personal. Für verheiratete Ärzte gab es 25 Wohnungen. Die Baukosten betrugen 19,1 Millionen Mark (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 140 Millionen Euro). Das Virchow-Krankenhaus war der letzte im Pavillonstil errichtete Krankenhausbau.

Gartenstadt für Kranke

Hauptgebäude
Pavillon für Tagesklinik
Wasserturm mit Kesselhaus

„Es gelang dem Architekten, die logische Organisation eines neuzeitlichen Krankenhauses, das immerhin für 2000 Patienten angelegt wurde, mit einer überzeugenden städtebaulichen Disposition zu vereinen. Die liebevoll und freundlich gestalteten Bauten, die sich Licht, Luft und Sonne öffnen, sollten aktiv zur Genesung der Kranken beitragen, so dass man von einer ‚Gartenstadt für Kranke‘ sprach. Das Rudolf-Virchow-Krankenhaus verdeutlicht das Bestreben der wilhelminischen Gesellschaft, die sozialen Probleme auf eine vorbildliche und ästhetisch überzeugende Weise zu lösen. Für seine menschliche, sozial verpflichtete Architektur wählte Ludwig Hoffmann überwiegend barocke Bauformen, die an Vertrautes erinnern und das Gefühl der Geborgenheit erwecken. Dazu gehören ziegelgedeckte Mansard- oder Walmdächer, einfache Putzfassaden, Streifenquaderung, Lisenen und kleinteilige Sprossenfenster.“

Bereits vor Baubeginn ließ Hoffmann die 425 Meter lange Längsachse, das „Rückgrat der Anlage“, anlegen und größtenteils mit Linden aus dem Tiergarten bepflanzen, die in der Siegesallee den Blick auf die Denkmale verdeckt hatte. Zwei Drittel des Geländes blieben unbebaut und wurden für die Anlage von Parks und Gartenflächen benutzt. Die fast spiegelsymmetrisch gestaltete Anlage wird durch das an barocke Schlossbauten erinnernde Hauptgebäude am Augustenburger Platz betreten. Daran schließt der Ehrenhof mit seinem Garten an, bevor man den repräsentativen, von einem kupferverkleideten Dachturm gekrönten Mitteltrakt durchschreitet und die Längsachse erreicht. Der Mitteltrakt beherbergt aktuell das Deutsche Herzzentrum. Die Längsachse zeichnete bei ihrer Entstehung einen Lebensweg auf, beginnend mit dem Entbindungshaus links vom Eingang. Entlang der Hauptallee waren die Krankenpavillons aufgereiht, zunächst vier Reihen für Frauen, gefolgt von Operationshaus, Apotheke und Badehaus und weiter nördlich die Versorgungsgebäude mit Kesselhaus und dem weithin sichtbaren Wasserturm. Daran anschließend sechs bzw. sieben Reihen Pavillons für Männer. Am Ende der Hauptallee lag dann die Pathologie mit der Kapelle und einem Pavillon für „unruhige Kranke“. Von der Kapelle führte die Trauerallee zum Friedhof auf der anderen Seite der Seestraße. An der Südseite befanden sich die Quarantäne-Abteilungen für Diphtherie, Scharlach, Keuchhusten und Typhus und daneben ein Erholungspark und Kinderspielplätze. Einen besonderen Stellenwert hatten die Häuser für Haut- und Geschlechtskrankheiten, die sich – getrennt nach Männern und Frauen – zu beiden Seiten des Hauptgebäudes befanden.

Situation ab 1996

Zentralgebäude Mittelallee 10

Durch die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs wurde das Krankenhaus schwer beschädigt, mehrere Nebengebäude und die Hälfte der Pavillons wurden durch Bombentreffer zerstört und die Bettenanzahl sank auf 400. Durch einen Teppichangriff im September 1943 wurden bereits große Teile der Klinik zerstört.[9] Beim Wiederaufbau in der Nachkriegszeit verschwanden viele der historischen Bauten und wurden durch funktionale Bauten der 1960er Jahre und Brutalismus-Bauten der frühen 1970er Jahre ersetzt. An der Sylter Straße entstand 1973 ein achtgeschossiger Neubau für die Innere Medizin, der heute als Verwaltungsgebäude genutzt wird. Ab 1974 begann ein systematischer Umbau, dem auch die letzten Pavillons der Hauptallee trotz Denkmalschutz zum Opfer fielen und 1979–1996 durch zwei blockhafte Baugruppen, die Nord- und Südspange, ersetzt wurden.

Gegen den Abriss der nördlichen Pavillons 1988 regte sich öffentlicher Protest, ohne aber die Zerstörung verhindern zu können. Das Krankenhaus ist seit 1987 Universitätsklinikum, wodurch weitere Baumaßnahmen erforderlich wurden. Am westlichen Ende der Hauptachse entstand zuletzt der halbrunde Komplex von Gebäuden für Forschung und Lehre nach Entwürfen der Architekten Volker Cornelius, Hannelore Deubzer und Jürgen König. Erhalten geblieben sind das Eingangsgebäude, genutzt von Deutschen Herzzentrum, drei Pavillons am Ende der Hauptallee, die ehemalige Pathologie (aktuell: Medizinische Bibliothek der Charité), die Quarantäne-Pavillons an der Föhrer Straße (aktuell vom „Gästehaus Axel Springer“ genutzt), die Gebäude für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Amrumer Straße sowie Gebäude des Wirtschaftstraktes, das Kessel- und Maschinenhaus mit ehemaliger Koch- und Waschküche und dem Wasserturm.

Literatur

Commons: Virchow-Klinikum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Krankenhausplan des Landes Berlin 2016. S. 60 (PDF; 3,7 MB)
  2. Bernhard Meyer: Eine Gartenstadt für Kranke. 1906 wurde das Virchow-Krankenhaus eröffnet. In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstädtischer Bildungsverein). Heft 4, 2000, ISSN 0944-5560, S. 118–123 (luise-berlin.de – Hier S. 123).
  3. Institut für Sexualwissenschaft (1919–1933)
  4. a b c d Slatomir Joachim Wenske: Die Herausbildung urologischer Kliniken in Berlin. Ein Beitrag zur Berliner Medizingeschichte. Hrsg.: Dissertation an der FU-Berlin Berlin. Berlin 2008, S. 89 ff. (diss.fu-berlin.de [abgerufen am 1. März 2016]).
  5. Hans Rudolf Berndorff: Ein Leben für die Chirurgie. Nachruf auf Ferdinand Sauerbruch. In: Ferdinand Sauerbruch: Das war mein Leben. Kindler & Schiermeyer, Bad Wörishofen 1951; zitiert: Lizenzausgabe Bertelsmann, München 1956, S. 456–478, hier: S. 460.
  6. Charité – Universitätsmedizin: Historie des Charité Campus Virchow-Klinikum. In: charite.de. Abgerufen am 25. Februar 2019.
  7. charite.de Auflistung der CharitéCentren, abgerufen am 23. Februar 2012
  8. Bildung der ChariteCentren kommt voran, Pressemeldung des Landes Berlin vom 30. September 2005, abgerufen am 13. September 2009
  9. Slatomir Joachim Wenske: Die Herausbildung urologischer Kliniken in Berlin. Ein Beitrag zur Berliner Medizingeschichte. Hrsg.: Dissertation an der FU-Berlin Berlin. Berlin 2008, S. 93 (diss.fu-berlin.de [abgerufen am 1. März 2016]).