„Riemenschneider-Kruzifix (Steinach)“ – Versionsunterschied

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Das '''Riemenschneider-Kruzifix''' befindet sich in der ''[[St. Nikolaus und Katharina (Steinach)|St. Nikolaus und Katharina-Kirche]]'', einem [[Liste der Baudenkmäler in Bad Bocklet|Baudenkmal in Steinach]] (Nr. D-6-72-112-77 in der [[Bayerische Denkmalliste|Bayerischen Denkmalliste]]), einem Stadtteil des im [[Bayern|bayerischen]] [[Unterfranken]] gelegenen [[Marktgemeinde|Marktes]] [[Bad Bocklet]] im [[Landkreis Bad Kissingen|Landkreises Bad Kissingen]].
Das '''Riemenschneider-Kruzifix''' befindet sich in der ''[[St. Nikolaus und Katharina (Steinach)|St.-Nikolaus-und-Katharina-Kirche]]'', einem [[Liste der Baudenkmäler in Bad Bocklet|Baudenkmal in Steinach]] (Nr. D-6-72-112-77 in der [[Bayerische Denkmalliste|Bayerischen Denkmalliste]]), einem Stadtteil des im [[Bayern|bayerischen]] [[Unterfranken]] gelegenen [[Marktgemeinde|Marktes]] [[Bad Bocklet]] im [[Landkreis Bad Kissingen|Landkreises Bad Kissingen]].


== Geschichte ==
== Geschichte ==

Das Kruzifix wurde von [[Tilman Riemenschneider]] gefertigt und stammt aus dem Jahre 1516. Der Steinacher Pfarrer Kolb schrieb über das Kruzifix:
Das Kruzifix wurde von [[Tilman Riemenschneider]] gefertigt und stammt aus dem Jahre 1516. Der Steinacher Pfarrer Kolb schrieb über das Kruzifix:


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Die Wiederanbringung am Triumphbogen der Kirche erschien damals wegen des Lichteinfalls ungeeignet und so wurde es an der Kanzel, die sich an der vom Chor aus gesehen rechten Wand des Kirchenschiffs befand, angebracht. In der Bleikassette befanden sich zwei Säckchen. Ein dünner Pergamentstreifen mit der Beschriftung „de lingo crucis“ lag auf dem ersten Säckchen, das zwei kleine Holzsplitter (Kreuzpartikel) enthielt. In dem zweiten waren mehrere Knochensplitter, die durch einen Streifen mit der Beschriftung „S. Walpurgis“ als Reliquie der heiligen Walpurga identifiziert wurden.
Die Wiederanbringung am Triumphbogen der Kirche erschien damals wegen des Lichteinfalls ungeeignet und so wurde es an der Kanzel, die sich an der vom Chor aus gesehen rechten Wand des Kirchenschiffs befand, angebracht. In der Bleikassette befanden sich zwei Säckchen. Ein dünner Pergamentstreifen mit der Beschriftung „de lingo crucis“ lag auf dem ersten Säckchen, das zwei kleine Holzsplitter (Kreuzpartikel) enthielt. In dem zweiten waren mehrere Knochensplitter, die durch einen Streifen mit der Beschriftung „S. Walpurgis“ als Reliquie der heiligen Walpurga identifiziert wurden.


Die in dem Kruzifix vorgefundene Urkunde belegt zum einen das Entstehungsjahr 1516 und zum anderen die Urheberschaft Riemenschneiders. Letztere wird dadurch gestützt, dass die Urkunde die gleiche Handschrift trägt wie eine für das [[Magdalenenretabel]] in der [[Münnerstadt|Münnerstädter]] ''[[St. Maria Magdalena (Münnerstadt)|St. Maria Magdalena-Kirche]]'' ausgestellte Rechnung.
Die in dem Kruzifix vorgefundene Urkunde belegt zum einen das Entstehungsjahr 1516 und zum anderen die Urheberschaft Riemenschneiders. Letztere wird dadurch gestützt, dass die Urkunde die gleiche Handschrift trägt wie eine für das [[Magdalenenretabel]] in der [[Münnerstadt|Münnerstädter]] ''[[St. Maria Magdalena (Münnerstadt)|St.-Maria-Magdalena-Kirche]]'' ausgestellte Rechnung.


Laut Riemenschneiders Angaben in der Urkunde bekam das Kruzifix von Maler Johann Wagenknecht eine später verloren gegangene farbliche Fassung. Im Jahr 1903 wurde das Kruzifix neu farblich gefasst.
Laut Riemenschneiders Angaben in der Urkunde bekam das Kruzifix von Maler Johann Wagenknecht eine später verloren gegangene farbliche Fassung. Im Jahr 1903 wurde das Kruzifix neu farblich gefasst.
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Wahrscheinlich im 17. oder 18. Jahrhundert wurden zum einen die nur leicht angehobenen Arme des Korpus in eine fast diagonale Stellung gebracht sowie zum anderen die Füße abgenommen und neu positioniert, Im Rahmen einer Restaurierung im Jahr 1938 wurde der Originalzustand des Kruzifix so gut wie möglich wiederhergestellt. Im Rahmen dieser Restaurierung wurde auch die farbliche Neufassung von 1903 wieder entfernt.
Wahrscheinlich im 17. oder 18. Jahrhundert wurden zum einen die nur leicht angehobenen Arme des Korpus in eine fast diagonale Stellung gebracht sowie zum anderen die Füße abgenommen und neu positioniert, Im Rahmen einer Restaurierung im Jahr 1938 wurde der Originalzustand des Kruzifix so gut wie möglich wiederhergestellt. Im Rahmen dieser Restaurierung wurde auch die farbliche Neufassung von 1903 wieder entfernt.


Das Riemenschneider-Kruzifix von Steinach erinnert mit der zierlichen Gestalt und dem verhältnismäßig großen, zur rechten Seite geneigten Kopf eher an das nach 1485 entstandene Riemenschneider-Kruzifix von [[Heroldsberg]] als an das mindestens acht Jahre vor dem Steinacher Kruzifix entstandenem Kruzifix in der [[St. Peter und Paul (Detwang)|St. Peter und Paul-Kirche]] in [[Detwang]].
Das Riemenschneider-Kruzifix von Steinach erinnert mit der zierlichen Gestalt und dem verhältnismäßig großen, zur rechten Seite geneigten Kopf eher an das nach 1485 entstandene Riemenschneider-Kruzifix von [[Heroldsberg]] als an das mindestens acht Jahre vor dem Steinacher Kruzifix entstandenem Kruzifix in der [[St. Peter und Paul (Detwang)|St.-Peter-und-Paul-Kirche]] in [[Detwang]].


Betont wird das Steinacher Kruzifix von der realistischen Darstellung von Adern, Sehnen und Rippenbögen sowie dem Ausdruck beispielsweise in den eingefallenen Wangen und den tiefen Augenhöhlen.
Betont wird das Steinacher Kruzifix von der realistischen Darstellung von Adern, Sehnen und Rippenbögen sowie dem Ausdruck beispielsweise in den eingefallenen Wangen und den tiefen Augenhöhlen.


== Literatur ==
== Literatur ==

* Oskar Dünisch, Josef Wabra: ''Chronik von Steinach an der Saale''. Steinach 1988 (Landeskundliche Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Rhön, Saale).
* Oskar Dünisch, Josef Wabra: ''Chronik von Steinach an der Saale''. Steinach 1988 (Landeskundliche Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Rhön, Saale).



Version vom 11. Januar 2018, 19:09 Uhr

Holzkruzifix über dem Allerheiligsten im Chorraum

Das Riemenschneider-Kruzifix befindet sich in der St.-Nikolaus-und-Katharina-Kirche, einem Baudenkmal in Steinach (Nr. D-6-72-112-77 in der Bayerischen Denkmalliste), einem Stadtteil des im bayerischen Unterfranken gelegenen Marktes Bad Bocklet im Landkreises Bad Kissingen.

Geschichte

Das Kruzifix wurde von Tilman Riemenschneider gefertigt und stammt aus dem Jahre 1516. Der Steinacher Pfarrer Kolb schrieb über das Kruzifix:

„Über dem Triumphbogen befand sich seit Jahrhunderten ein altes, unscheinbares Kruzifix. Man brachte es nach Aschaffenburg, um es einer gründlichen Reinigung zu unterziehen, es war ganz mit Schmutz und alter Farbe überkleistert. Beim Ablaugen entdeckte man im Rücken einen mit einem Korkpfropfen geschlossenen Kanal und fand in demselben einen Bleiwürfel. Derselbe enthielt einige Reliquien und eine Urkunde über den Ursprung des Kruzifixes.“

Pfarrer Kolb: Chronik der Pfarrei Steinach 1901

Aus dieser Urkunde, von der eine Kopie an der rechten Chorwand angebracht ist, geht hervor, dass das Kruzifix ein Werk des berühmten fränkischen Meisters Tilman Riemenschneider ist.

Die Wiederanbringung am Triumphbogen der Kirche erschien damals wegen des Lichteinfalls ungeeignet und so wurde es an der Kanzel, die sich an der vom Chor aus gesehen rechten Wand des Kirchenschiffs befand, angebracht. In der Bleikassette befanden sich zwei Säckchen. Ein dünner Pergamentstreifen mit der Beschriftung „de lingo crucis“ lag auf dem ersten Säckchen, das zwei kleine Holzsplitter (Kreuzpartikel) enthielt. In dem zweiten waren mehrere Knochensplitter, die durch einen Streifen mit der Beschriftung „S. Walpurgis“ als Reliquie der heiligen Walpurga identifiziert wurden.

Die in dem Kruzifix vorgefundene Urkunde belegt zum einen das Entstehungsjahr 1516 und zum anderen die Urheberschaft Riemenschneiders. Letztere wird dadurch gestützt, dass die Urkunde die gleiche Handschrift trägt wie eine für das Magdalenenretabel in der Münnerstädter St.-Maria-Magdalena-Kirche ausgestellte Rechnung.

Laut Riemenschneiders Angaben in der Urkunde bekam das Kruzifix von Maler Johann Wagenknecht eine später verloren gegangene farbliche Fassung. Im Jahr 1903 wurde das Kruzifix neu farblich gefasst.

Ein Auftraggeber wird in der Urkunde jedoch nicht genannt. Vermutlich wurde das Kruzifix von der Pfarrgemeinde oder deren Vertretern in Auftrag gegeben.

Wahrscheinlich im 17. oder 18. Jahrhundert wurden zum einen die nur leicht angehobenen Arme des Korpus in eine fast diagonale Stellung gebracht sowie zum anderen die Füße abgenommen und neu positioniert, Im Rahmen einer Restaurierung im Jahr 1938 wurde der Originalzustand des Kruzifix so gut wie möglich wiederhergestellt. Im Rahmen dieser Restaurierung wurde auch die farbliche Neufassung von 1903 wieder entfernt.

Das Riemenschneider-Kruzifix von Steinach erinnert mit der zierlichen Gestalt und dem verhältnismäßig großen, zur rechten Seite geneigten Kopf eher an das nach 1485 entstandene Riemenschneider-Kruzifix von Heroldsberg als an das mindestens acht Jahre vor dem Steinacher Kruzifix entstandenem Kruzifix in der St.-Peter-und-Paul-Kirche in Detwang.

Betont wird das Steinacher Kruzifix von der realistischen Darstellung von Adern, Sehnen und Rippenbögen sowie dem Ausdruck beispielsweise in den eingefallenen Wangen und den tiefen Augenhöhlen.

Literatur

  • Oskar Dünisch, Josef Wabra: Chronik von Steinach an der Saale. Steinach 1988 (Landeskundliche Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Rhön, Saale).
  • Johannes Schilling, Pfarrer zu Steinach/S.: Kampf um Steinach an der Saale/S. – Beitrag zur Ortsgeschichte – 5.-9.IV. 1945. Steinach 1977 (herausgegeben vom Markt Steinach an der Saale)
  • Helmut Schuck: Steinach – ein lebendiges Dorf. Ortschronik, Selbstverlag, 2010.
  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Bayern I: Franken: Die Regierungsbezirke Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken: BD I, Deutscher Kunstverlag München Berlin, 2., durchgesehene und ergänzte Auflage, 1999, ISBN 3-422-03051-4, S. 1000
  • Riemenschneider in Franken, Text von Hanswernfried Muth, aktualisiert von Iris-Kalden-Rosenfeld, Karl Robert Langewiesche Nachfolger, Hans Köster Verlagsbuchhandlung AG, Königstein im Taunus, 1977 & 2009, ISBN 978-3-7845-1245-7, S. 31
  • Iris-Kalden-Rosenfeld: Tilman Riemenschneider und seine Werkstatt - Mit einem Katalog der allgemein als Arbeiten Riemenschneiders und seiner Werkstatt akzeptierten Werke, Karl Robert Langewiesche Nachfolger, Hans Köster Verlagsbuchhandlung AG, Königstein im Taunus, 2015, ISBN 978-3-7845-3226-4, S. 106–108

Koordinaten: 50° 17′ 8,2″ N, 10° 5′ 57,9″ O