Jugend

Unter Jugend versteht man in der westeuropäischen Kultur die Zeit zwischen Kindheit und Erwachsensein, also etwa zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr. Diese Zeit wird auch als Adoleszenz bezeichnet.

Begriffsentstehung

Der Begriff Jugend ist historisch gesehen relativ jung und wurde erst ab den 1880er-Jahren verwendet. Der Begriff stammt aus der Jugendhilfe und bezeichnete ursprünglich eine männliche Person aus der Arbeiterklasse zwischen 13 und 18 Jahren, der Tendenzen zur Verwahrlosung, Kriminalität und eine Empfänglichkeit für sozialistisches Gedankengut unterstellt wurde.

Der Begriff des Jugendlichen war ursprünglich negativ besetzt und diente zur Etikettierung sowie zur Abwehr einer Personengruppe, die als gefährlich definiert wurde. Erst um 1911 wurde der negative Jugendmythos (Jugend als Gefährdung) durch ein positives Bild ersetzt, das dann aber im Rahmen nationalistischer Strömungen und als Folge der Irritationen durch den ersten Weltkrieg zu einem positiven Jugendmythos wurde: Jugend als Hoffnung für die Zukunft, als Motor der Geschichte.

Das erste, negative Jugendbild in der Industriegesellschaft wirkte jedoch latent weiter und ist gerade in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche wieder aktualisierbar, wie die Diskussion um Jugendgewalt und Jugendkriminalität in den 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts zeigte: Jugend(liche) als Gefährdung und Bedrohung.

Definitionen Jugend

Je nach Auffassung kann man zur Eingrenzung der Lebensphase heute bestimmte Alterswerte oder aber eine Definition anhand von qualitativen Merkmalen vornehmen. Gemäß dieser zweiten Möglichkeit wird als Beginn der Jugendphase meistens die körperliche Geschlechtsreife gewählt, als Ende das Erreichen von finanzieller und emotionaler Autonomie.

Definitionen nach Alter gibt es verschiedene:

  • Nach deutschem Recht ist Jugendlicher, wer vierzehn, aber noch nicht achtzehn Jahre alt ist. Jüngere Personen sind die Kinder. Heranwachsender ist nach dem Jugendgerichtsgesetz jede Person, die das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat.
  • In der 14. "Shell-Jugendstudie" ("Jugend 2002") gingen die beteiligten Wissenschaftler bei ihren Untersuchungen von der Personengruppe der Zwölf- bis 25-Jährigen aus.
  • Die UN-Generalversammlung definiert Jugendliche als Personen, die zwischen 15 und 24 Jahre alt sind (inklusive der beiden Grenzjahre). In dieser Kategorie soll aber zwischen den Teenagern (13 bis 19) und den jungen Erwachsenen (20-24) unterschieden werden, da die Probleme auf soziologischer, psychologischer und gesundheitlicher Ebene stark differenzieren. Diese Definition wurde für das Internationale Jahr der Jugend gemacht, das 1985 abgehalten wurde. Alle Statistiken der UNO über Jugendliche basieren auf dieser Definition. Laut aktuellen Schätzungen waren 1995 18% (oder 1 Milliarde) der Weltbevölkerung Jugendliche, wovon 85% in Entwicklungsländern leben. Die UNO hat den 12. August zum Tag der Jugend ernannt.

Eng verwandt mit dem Begriff des Jugendlichen ist der Begriff Teenager.

Jugend, ein Lebensabschnitt

In die Jugendzeit fällt die Pubertät, das Ende der Schulzeit, der Beginn der Berufsausbildung, die Abnabelung vom Elternhaus und die Identitätsfindung. Deswegen wird die Jugendzeit sowohl vom Jugendlichen, der sie durchlebt, als auch von den Eltern als nicht ganz einfach angesehen. So ist sie auch Gegenstand zumal der Dichtung von Volks- und Studentenliedern bis hin zu einer eigenen Jugend-Literatur.

Der Begriff der Jugend, wie auch der Begriff der Kindheit sind historisch gewachsene Begriffe, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Gesellschaftsform gesehen werden müssen. So gab es noch im 17. Jh. in vielen Ständen und vergleichbaren Gruppierungen jenseits der Säuglingszeit weder eine ausgeprägte Kindheit in unserem Sinn noch eine Jugend. Jedoch hatten sich im Adel, dann im Bürgertum das Muster des Jünglings bzw. der Jungfrau herausgebildet, im geistlichen Stand der Novize.
Jugend als Lebensphase ist dann ein Produkt der Modernisierung. In vormodernen, agrarisch strukturierten Gesellschaften mit wenig ausgeprägter Arbeitsteilung wurden die notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen von der Elterngeneration vermittelt. Durch die zunehmende Industrialisierung und Technisierung reichte dies aber nicht mehr aus. Vielmehr sollten die Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Schule und der Berufsausbildung erworben werden. Dies bedeutete aber eine längere Freistellung der nachwachsenden Generation vom Arbeitsleben. Ab den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Jugend dann als Folge der Bildungsexpansion, veränderter elterlicher Erziehungsziele, einer zunehmenden kulturellen Autonomie der Jugendlichen und dem Wirken einer jugendspezifischen Konsum- und Unterhaltungsindustrie zu einer relativ eigenständigen Lebensphase (siehe auch 68er).

Jugend-Mythos

Kritiker werfen manchmal den modernen westlichen Gesellschaften vor, einem Jugendmythos zu unterliegen, so versuchten zunehmend ältere Generationen, jugendliche Mode und Lebensstile (Spontanität) zu imitieren. Die Jugendlichkeit der Haut und ein junges Aussehen hoffe man durch Kosmetik- und andere Lifestyle-Produkte zu erlangen. Die tatsächlich existierenden Jugendlichen würden dagegen ihrem Verhalten nach immer jünger erwachsen.

Zitate

  • Sagen Sie / Ihm, dass er für die Träume seiner Jugend / Soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird, / Nicht öffnen soll dem tötenden Insekte / Gerühmter besserer Vernunft das Herz / Der zarten Götterblume - dass er nicht / Soll irre werden, wenn des Staubes Weisheit / Begeisterung, die Himmelstochter, lästert.Friedrich Schiller (Don Carlos, 4. Akt - vgl. Jüngling)
  • Später sieht man die Dinge zweckentsprechender, im besten Einvernehmen mit der ganzen menschlichen Gesellschaft, die Jugend bleibt aber die einzige Epoche, in der man etwas gelernt hat.Marcel Proust (Auf der Suche nach der verlorenen Zeit 2: Im Schatten der jungen Mädchen, ISBN 351857874X, S. 303)

Literatur

  • Jean-Michel Mension, Wir haben unsere unfertigen Abenteuer gelebt. Eine Jugend im Paris der fünfziger Jahre, Edition Tiamat, Berlin2002, ISBN 3-89320-054-1
  • Raoul Vaneigem: Handbuch der Lebenskunst für die jungen Generationen. Verlag Association, Hamburg 1977, ISBN 3-88032-054-3
  • Hafeneger, Benno (1995): Jugendbilder. Opladen.
  • Reulecke, Jürgen (1982): Bürgerliche Sozialreformer und Arbeiterjugend im Kaiserreich. In: Archiv für Sozialgeschichte, XXII. Band, Bonn, S. 299-329.
  • Rosenmayr, Leopold (1974): Jugendbewegung und Jugendforschung. In: Rüegg, Walter (Hrsg.): Kulturkritik und Jugendkult. Frankfurt a. M., S. 61-85.
  • Roth, Lutz (1983): Die Erfindung des Jugendlichen. Weinheim.
  • Trommler; Frank (1985): Mission ohne Ziel. Über den Kult der Jugend im modernen Deutschland. In: Koebner, Thomas/Janz, Rolf-Peter/Trommler, Frank (Hrsg.): Mit uns zieht die neue Zeit. Der Mythos Jugend. Frankfurt a. M., S. 14-49.

Die Jugend, eine Zeitschrift

"Die Jugend. Münchener Illustrierte Wochenschrift für Kunst & Leben" war der Titel der 1896 in München gegründeten, international hochbeachteten Kunstzeitschrift, die auch namensgebend für den Jugendstil als Kunstrichtung wurde.

Siehe auch

Weblinks

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