Constantin Schreiber

Constantin Schreiber bei der Verleihung des Grimme-Preises 2016

Constantin Schreiber (arabisch: قسطنطين شرايبر, geboren am 14. Juni 1979 in Cuxhaven) ist ein deutscher Journalist, Tagesschau-Sprecher und Autor. Seit Januar 2017 ist er bei ARD-aktuell tätig und moderiert Ausgaben der Tagesschau und des Nachtmagazins. Seit dem 4. Januar 2021 spricht Schreiber die Hauptausgabe der Tagesschau um 20 Uhr. Für die Moderation der deutsch-arabischen n-tv-Sendung Marhaba – Ankommen in Deutschland wurde er 2016 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.[1]

Leben und Karriere als Journalist

Schreiber wurde in Cuxhaven geboren und wuchs in Wilhelmshaven auf. Als Jugendlicher verbrachte er längere Zeit in Syrien, wo er die arabische Sprache erlernte.[2] Nach dem Abitur absolvierte er ein Praktikum in einem Handelskontor in Port Said.

Schreiber begann anschließend ein Jura-Studium (1998–2002), das er mit dem ersten juristischen Staatsexamen abschloss.[3] 2004–2006 absolvierte er ein journalistisches Volontariat bei der Deutschen Welle.[4] Durch ein Reuters-Stipendium konnte er zwischenzeitlich an der Universität Oxford studieren. 2006 arbeitete Schreiber als Reporter für die libanesische Tageszeitung Daily Star in Beirut.[4] Er schrieb unter anderem Reportagen über die Hisbollah und begleitete internationale Helfer bei der Beseitigung von Landminen im Südlibanon. Schreiber organisiert Fotoausstellungen in Europa, Nahost und Afrika. 2009 reiste er gemeinsam mit einem weiteren Fotografen an den Tschadsee in Zentralafrika und erstellte Bildzeugnisse von dem austrocknenden Naturparadies für die Ausstellung „Tschadsee – Lebensraum im Wandel“. Außerdem organisiert er für die international media alliance (IMA) e. V. internationale Medienveranstaltungen.

Von 2007 bis 2009 war Schreiber der Korrespondent des arabischen Programms der Deutschen Welle in Dubai.[4] Sein Berichtsgebiet umfasste die Arabische Halbinsel und Nordostafrika. 2007 produzierte er eine Reportage aus dem Norden Somalias. Im selben Jahr dokumentierte er eine Flüchtlingskatastrophe vor den Komoren. 2008 berichtete er von der tschadisch-sudanesischen Grenze über das dortige Flüchtlingsdrama.

Von 2009 bis 2011 war Schreiber als Medienberater für den Nahen Osten im Auswärtigen Amt tätig.[4] Er erstellte interne Richtlinien für den Gebrauch von sozialen Medien wie Facebook oder Twitter, initiierte eine Reihe von deutsch-arabischen Medienprojekten und koordinierte mediale Projekte Deutschlands im Verlaufe des arabischen Frühlings. Er begleitete zahlreiche Politiker auf ihren Nahostreisen, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und den früheren Bundesaußenminister und jetzigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier.

2010 erschien sein erstes Buch Ausverkauf Deutschland über die Rolle ausländischer Investoren in Deutschland. 2015 war er Herausgeber des Erfolgsbuchs 1000 Peitschenhiebe, für das er die gelöschten Texte des saudischen Bloggers Raif Badawi zusammengetragen hatte. Das Buch wurde in zahlreiche Sprachen, darunter Englisch, Französisch, Italienisch und Niederländisch übersetzt.

Seit 2011 moderiert Schreiber auf Arabisch für den ägyptischen Sender ONTV die Wissenschaftssendung SciTech – Unsere Welt von morgen, ein Pendant zum ProSieben-Magazin Galileo. Der Sender produziert pro Jahr 24 Ausgaben, die meist am Block produziert werden. Schreiber ist dann für zwei bis drei Wochen in Ägypten.[5] Rund vier Millionen Ägypter schalten die Sendung regelmäßig ein.[6] Die Sendung wird ebenfalls auf Oman TV und Qatar TV ausgestrahlt.

Von 2012 bis 2016 arbeitete Schreiber als Fernsehmoderator für verschiedene TV-Sender: In Deutschland moderierte er Nachrichtensendungen und die Live-Berichterstattungen zu den Themen Naher Osten und Mittlerer Osten des Senders n-tv.[4] 2016 wurde er für die Moderation der deutsch-arabischen Sendung Marhaba – Ankommen in Deutschland mit dem Grimme-Preis in der Kategorie „Information und Kultur/Spezial“ ausgezeichnet. In der mehrteiligen Reihe erklärt Schreiber auf Arabisch mit deutschen Untertiteln die Deutschen und das hiesige Leben. Jede der Sendungen ist rund fünf Minuten lang und informiert über Themen wie beispielsweise das Grundgesetz, die Religionsfreiheit oder die Rolle der Frau – aber auch ganz praktische Informationen zum Leben in Deutschland wie deutsche Essgewohnheiten, Freizeitangebote oder Weihnachtslieder.[1]

Im Januar 2017 wechselte Constantin Schreiber zu ARD-aktuell, wo er Früh- und Wochenendausgaben der Tagesschau sowie das Nachtmagazin moderiert. Von März 2017 bis Dezember 2020[7][8] moderierte er auch die NDR-Sendung Zapp – Das Medienmagazin als Nachfolger von Inka Schneider.[9] 2017 und 2018 berichtete Constantin Schreiber jeweils mehrere Wochen vertretungsweise als ARD-Korrespondent in Kairo.[10] Im September 2020 wurde bekannt, dass er zusammen mit Julia-Niharika Sen ab 2021 zum Nachrichten-Team der 20-Uhr-Tagesschau gehört. Seine erste 20 Uhr-Ausgabe las er am 4. Januar 2021.[11]

Constantin Schreiber lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in den Elbvororten in Hamburg.[12]

Soziales Engagement

Constantin Schreiber hat 2019 die Deutsche Toleranzstiftung ins Leben gerufen. Sie engagiert sich in Ostdeutschland, um die Medienkompetenz von Schülern zu fördern, Vorurteile abzubauen und „Lügenpresse“-Vorwürfe zu entkräften. Dazu gehört unter anderem das Dialog-Projekt „Triff mich!“ des Tagesschau-Sprechers, gemeinsam mit Fernsehjournalisten wie Susanne Daubner und Damla Hekimoğlu.

Buchveröffentlichungen

2017 erschien sein Buch Inside Islam – Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird im Berliner Econ Verlag sowie die TV-Reihe der moscheereport auf tagesschau24.[13] Für die Recherche dieser beiden Werke besuchte Schreiber mit oder ohne Kamerateam knapp 20 gewöhnliche Moscheen in Deutschland und übersetzte deren Freitagspredigten.[14] Schreiber beschreibt in seinem Buch kritisch Missstände in den islamischen Gemeinden.[15] Das Buch stieg auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste ein.

2019 erschien sein Buch Kinder des Koran. Was muslimische Schüler lernen, für das er nach eigenen Angaben zahlreiche Schulbücher aus Afghanistan, dem Iran, Ägypten, Palästina und der Türkei untersuchte. Schreiber wirft darin den Lehrwerken vor, den Schülern Geschlechterklischees, übersteigerten Nationalismus, politische Propaganda und religiöse Intoleranz – teilweise auch in versteckten Botschaften – zu vermitteln.[16] Das Buch und seine Analysen wurden einerseits von Rainer Herrmann, dem Nahost-Korrespondenten der FAZ, positiv besprochen.[17] Aufgrund zahlreicher Kritikpunkte wurde es andererseits im online Nachrichtenmagazin dis:orient auch äußerst negativ kommentiert.[18] Der Rezensent wirft dem Autor unter anderem methodische Schwächen bei der Auswahl und Übersetzung der Schulbücher, unzutreffende Verallgemeinerungen der unterschiedlichen muslimischen Gesellschaften in den Herkunftsländern und in Europa sowie Argumentationshilfe für rechtsextreme Diskurse vor. Das Buch erreichte Platz 5 der Spiegel-Bestsellerliste.

2021 erschien Schreibers fiktiver Roman Die Kandidatin, in dem Mitte des 21. Jahrhunderts eine Muslima kurz davor steht, zur deutschen Bundeskanzlerin gewählt zu werden. Der im Roman beschriebene deutsche Staat ist eine Verwirklichung von realen Debatten über Diversität und Vielfalt.[19] Die Rezensenten in Tagesspiegel und Hamburger Abendblatt verwiesen auf Parallelen zu Michel Houellebecqs Roman Unterwerfung, der ein ähnliches Motiv wie Schreibers Buch aufgreift.[19][20] Der Journalist Stefan Buchen verglich Die Kandidatin auf Qantara.de mit Romanen der 1920er und 1930er Jahre, in denen der Hass und die Ängste der Leser angesprochen und vor der Übernahme des eigenen Landes gewarnt wurde.[21]

Fernsehmoderationen

Derzeitige Moderationen

EinstiegSendung
2012Scitech, unsere Welt morgen (OnTV Ägypten)
2017Tagesschau-Nachrichten (tagesschau24)
2017Tagesschau (ARD/ARD-aktuell, Sprecher, seit 2021 auch Hauptausgabe um 20 Uhr)
2017Nachtmagazin (ARD/ARD-aktuell)
2017Der Moscheereport[22]
2017Weltbilder (NDR Fernsehen, vertretungsweise)

Einmalige/Ehemalige Moderationen

EinstiegAusstiegSendung
20122014Hotspot (Qatar TV)
20122016n-tv Nachrichten
20152016Marhaba, Ankommen in Deutschland (n-tv)
20162016Schreiber vor Ort (n-tv)
20172020Zapp (NDR Fernsehen)
20182018Weltspiegel Extra (Das Erste)

Fernsehauftritte (Auswahl)

Auszeichnungen

  • 2016: Grimme-Preis in der Kategorie Information/Kultur für die Moderation von Marhaba – Ankommen in Deutschland
  • 2016: Preis für crossmediale Programminnovationen

Publikationen

Einzelnachweise

  1. a b grimme-institut.de: Marhaba – Ankommen in Deutschland (n-tv) (Memento vom 21. November 2016 im Internet Archive), abgerufen am 20. November 2016
  2. morgenpost.de: Berliner Constantin Schreiber macht Karriere bei Ägyptens TV, abgerufen am 20. November 2016
  3. Mike Powelz: Constantin Schreiber: "Meine Traummeldung? Dass die Coronakrise vorbei ist!" Abgerufen am 17. Mai 2021.
  4. a b c d e n-tv: Zur Person – Constantin Schreiber, abgerufen am 20. November 2016
  5. Constantin Schreiber – der deutsche Fernsehjournalist wird Al-Jazeera Moderator, stern.de, abgerufen am 20. November 2016
  6. TV-Karriere in Ägypten: Wie n-tv-Moderator Constantin Schreiber bei Al Jazeera durchstartet, meedia.de, 10. August 2015
  7. Abschied in Corona-Zeiten. Der Wechsel in die Tagesschau bedeutet für mich leider gleichzeitig: Abschied von @ZappMM. Abgerufen am 10. Dezember 2020.
  8. ZAPP Sendung. In: NDR.de. Norddeutscher Rundfunk, 9. Dezember 2020, abgerufen am 13. Dezember 2020.
  9. Constantin Schreiber verstärkt ZAPP. In: NDR.de. Norddeutscher Rundfunk, 26. Februar 2017, abgerufen am 22. Juni 2017.
  10. Alexander Krei: Constantin Schreiber soll im ARD-Studio Kairo aushelfen. In: DWDL.de. 6. Oktober 2017, abgerufen am 8. Januar 2021.
  11. Andreas Schöner: Constantin Schreiber aus Cuxhaven ist „Mister Tagesschau“, nord24.de, 3. Januar 2021
  12. Maik Brodersen: Das neue 20-Uhr-Gesicht: Auf ein Krabbenbrötchen mit Mr. Tagesschau. In: bild.de. 9. Januar 2021, abgerufen am 12. Januar 2021.
  13. Sabine Sasse: Hoppla, was wird denn hier für eine Meinung verbreitet! In: tagesspiegel.de. 27. März 2017, abgerufen am 6. Februar 2021.
  14. Anti-Integration – Pro-Türkei. So konservativ predigen Imame in Berliner Moscheen, Berliner Zeitung vom 27. März 2017, abgerufen am 30. März 2017
  15. n-tv Nachrichtenfernsehen: Streit über "Moscheereport": Islamkritik ist nicht zwingend pauschal. In: n-tv.de. (n-tv.de [abgerufen am 4. April 2017]).
  16. Berliner Morgenpost – Berlin: "Tagesschau"-Sprecher Constantin Schreiber zerlegt Islam-Schulbücher. 3. Mai 2019, abgerufen am 21. Mai 2019.
  17. Rainer Herrmann: Für türkische Schüler ist ihr Land eine beispielhafte Demokratie. FAZ, 30. Juli 2019, abgerufen am 30. Oktober 2019.
  18. Verzerrungen und Vorurteile – eine kritische Rezension zu Constantin Schreibers "Kinder des Koran". In: Disorient Magazin. 25. Oktober 2019, abgerufen am 28. Oktober 2019.
  19. a b Thomas Brussig: Constantin Schreibers Roman "Die Kandidatin": Vor dem Vielfaltsförderungsgesetz sind alle gleich. In: Tagesspiegel.de, 6. Mai 2021, abgerufen am 23. Mai 2021.
  20. Thomas Andre: Der erste Roman des "Tagesschau"-Sprechers. In: Hamburger Abendblatt, 8. Mai 2021, S. 15.
  21. Stefan Buchen: "Die Kandidatin" von Constantin Schreiber: Jede Menge Einfältigkeitsmerkmale. In: Qantara.de, 18. Mai 2021, abgerufen am 23. Mai 2021.
  22. Der Moscheereport auf tagesschau.de