Anschlag in Hanau 2020

Vorlage:Infobox Ereignis Bei Anschlägen in Hanau wurden am Abend des 19. Februar 2020 neun Personen im Umfeld zweier Shishabars in der hessischen Stadt Hanau erschossen, insgesamt starben elf Menschen. Der Generalbundesanwalt übernahm am 20. Februar die Ermittlungen, da Anhaltspunkte für eine fremdenfeindliche Motivation vorlägen.[1] So wollte der Täter neben arabischen Staaten auch Israel „auslöschen“.[2]

Tathergang

Gegen 22:00 Uhr gab mindestens ein Täter mehrere Schüsse in und vor zwei Shishabars in der Hanauer Innenstadt ab. Dabei wurden insgesamt neun Menschen getötet und weitere verletzt. Die erste Attacke galt der Shishabar „Midnight“ (Lage) am Hanauer Heumarkt. Nach Augenzeugenberichten fielen dort acht bis neun Schüsse, wodurch vier Menschen getötet wurden. Eine zweite Attacke geschah zwei Kilometer entfernt in der Shishabar „Arena Bar & Café“, die sich in der Karlsbader Straße im Stadtteil Kesselstadt befindet, wo fünf Menschen erschossen und weitere verletzt wurden.[3][4]

Ermittlungen

Im Rahmen der Ermittlungen erhielt die Polizei durch Augenzeugen Hinweise auf ein flüchtendes Fahrzeug, welches nach einer Großfahndung im Stadtteil Kesselstadt ermittelt werden konnte. Im weiteren Verlauf wurde der mutmaßliche Täter von der Polizei in seiner Wohnung tot aufgefunden. Dort wurde zudem noch die Leiche seiner Mutter gefunden. Beide Leichen wiesen Schusswunden auf.[5][6] Insgesamt kamen durch das Tatgeschehen elf Personen zu Tode.[7]

In der Wohnung wurden ferner ein Bekennerschreiben und ein Video gefunden.[8]

Noch in der Nacht zum 20. Februar 2020 übernahm der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof wegen Terrorverdachts die Ermittlungen.[9] Die Äußerungen im Bekennerschreiben deuten auf „ein rassistisches Motiv“ hin.[10][8]

Der hessische Innenminister Peter Beuth bestätigte am 20. Februar im Landtag, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um einen 43-jährigen Deutschen aus Hanau handele und erste Ermittlungsergebnisse auf ein „fremdenfeindliches Motiv” hindeuteten. Der mutmaßliche Täter sei laut Beuth weder dem Landesamt für Verfassungsschutz Hessen bekannt noch vor der Tat polizeilich auffällig gewesen.[5]

Die Befürchtung einer dritten Schießerei im Stadtteil Lamboy bestätigte sich nicht.[11]

Laut RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) handelt es sich bei der Tatwaffe um eine Glock 17, eine halbautomatische Pistole im Kaliber 9 × 19 mm, die der Täter als Sportschütze legal besaß.[12]

Opfer

Ums Leben kamen außer dem Täter und seiner Mutter neun Menschen mit Migrationshintergrund. Der türkische Präsidialamtssprecher İbrahim Kalın teilte mit, dass sich türkische Staatsbürger unter den Todesopfern befinden.[13][14]

Täter

Der mutmaßliche Terrorist Tobias R. verfasste vor seinem Anschlag ein mehrseitiges Bekennerschreiben, aus dem eine Mischung aus militant rassistischen und vielfach abstrus verschwörungstheoretischen sowie privaten Motiven deutlich wurde. Er wurde 1977 in Hanau geboren, absolvierte nach Abitur und Zivildienst eine Ausbildung zum Bankkaufmann und studierte anschließend Betriebswirtschaftslehre in Bayreuth. Er hatte keine Beziehung; behördlich war R. nicht bekannt. Nach Erkenntnissen der Polizei war R. Sportschütze und besaß legal Waffen.[15]

Sein 24-seitiges Bekennerschreiben veröffentlichte R. im Internet. Darin schreibt er über seinen Lebensweg, vermeintliche Erkenntnisse und seine ideologischen Überzeugungen. R. behauptet darin, dass tausende Deutsche von einem ominösen Geheimdienst überwacht würden und Mitarbeiter habe, die in der Lage seien, die Gedanken anderer Menschen zu lesen und sich in diese „einzuklinken“ und „bis zu einem gewissen Grad eine Art ‚Fernsteuerung‘ vorzunehmen“. Auch glaubte R. an Zeitreisen und daraus erwachsende Aufgaben für die Menschheit.[16] Schon während seiner gesamten Kindheit und Jugend habe er den Eindruck gehabt, überwacht zu werden und im Alter von 22 Jahren sei daraus eine Gewissheit geworden. Einen Großteil des Textes macht laut Spiegel Online die Erläuterung seiner rassistischen und rechtsextremistischen Weltsicht aus. R. meint erkannt zu haben, dass das „schlechte Verhalten bestimmter Volksgruppen“ ein Problem sei und der Islam „destruktiv“ sei.[16] R. nennt mehr als zwei Dutzend Staaten, deren Bevölkerung vernichtet werden müsse (darunter neben arabischen Staaten auch Israel)[2] und fabuliert darüber, wann die „Totalvernichtung“ ganzer Staaten legitim sein könnte. Des Weiteren lässt er sich dazu ein, wie „reinrassig und wertvoll“ Deutsche seien.

Laut Spiegel hatte R. keinerlei Zweifel an seinen Ideen und Überzeugungen. Gegen Ende seines Bekennerschreibens bekundet er, dass er das Privileg habe, diese „Meilensteine mitzudenken und meine Gehirnkapazität anhand dieser strategischen Signale zu trainieren.“[16]

Reaktionen

Politiker aller Bundestagsparteien bekundeten ihr Entsetzen und Beileid.[17]

Einzelnachweise

  1. Hessens Innenminister sieht Hinweise auf rassistische Gesinnung. In: Der Spiegel. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  2. a b tagesschau.de: Video zu Hanau: Verschwörungsmythen und Rassismus. Abgerufen am 20. Februar 2020.
  3. Elf Tote in Hanau: Ermittler gehen von rechtsradikalem Motiv aus. In: hessenschau.de. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  4. Mutmaßlicher Täter von Hanau tot aufgefunden. In: tagesschau.de. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  5. a b 35. Plenarsitzung – Hessischer Landtag. In: hessischer-landtag.de. 18. Januar 2019, abgerufen am 20. Februar 2020.
  6. POL-OF: Nach Schießerei: Mutmaßlicher Täter tot aufgefunden - Hanau. In: presseportal.de. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  7. Elf Tote in Hanau: Generalbundesanwalt ermittelt. In: zdf.de. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  8. a b apr/srö/dpa: Bekennerschreiben und Video gefunden - Generalbundesanwalt übernimmt Ermittlungen. In: Spiegel Online. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  9. „Schlimmster rechter Anschlag seit Wiedervereinigung“
  10. Hanau: Elf Tote nach Schüssen in Hanau, Hinweise auf rassistisches Motiv. In: sueddeutsche.de. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  11. hessenschau.de: Elf Tote in Hanau: Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Terrorverdachts. In: hessenschau.de. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  12. Jörg Köpke: Hanau-Attentäter bestellte Tatwaffe in Onlineshop. In: RedaktionsNetzwerk Deutschland. 20. Februar 2020, abgerufen am 20. Februar 2020.
  13. Hanau: Neun Tote mit Migrationshintergrund, Tobias R. unter Terrorverdacht. In: Die Welt. 20. Februar 2020 (welt.de [abgerufen am 20. Februar 2020]).
  14. „Anschlag auf unsere freie Gesellschaft“ – Verdacht auf rechten Terror, auf tagesspiegel.de
  15. Rechtsterroristischer Anschlag in Hanau vermutet. In: HIT RADIO FFH. (ffh.de [abgerufen am 20. Februar 2020]).
  16. a b c Peter Maxwill: Hanau: Die Weltsicht eines Rassisten. In: Der Spiegel. Abgerufen am 20. Februar 2020.
  17. Reaktionen auf Anschlag in Hanau - Zwischen Trauer und Wut. Abgerufen am 20. Februar 2020.