YouGov Schweiz

YouGov Schweiz AG

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Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1981
Sitz Luzern, Schweiz Schweiz
Leitung
  • Julien Chevignon (Geschäftsführer)
  • Chris Kaiser (Finanzvorstand)
  • Marianne Altgeld (Leitung Marketingforschung)
  • Urs Aellig (Leitung Sozialforschung)
  • Brigitte Rush-Gleissner (Leitung qualitative Forschung)[1]
Mitarbeiterzahl 88 (2024)[1]
Umsatz 23 Mio. CHF (2021)[2]
Branche Marketing- und Sozialforschung
Website www.business.yougov.com/de/unternehmen/yougov-schweiz

Die YouGov Schweiz AG (ehem. Link Marketing Services AG) mit Hauptsitz in Luzern ist ein international tätiges Schweizer Marktforschungsunternehmen.[3]

Der Anbieter erhebt für Unternehmen sowie für Institutionen der öffentlichen Verwaltung und Forschungseinrichtungen repräsentative Umfragen in den Bereichen Marketingforschung, Sozialforschung, Medienforschung, Mobilitätsforschung,[4][5][6] sensorische Marktforschung sowie ethnografische Marktforschung.[1] Die Datenerhebung erfolgt durch Onlineumfragen, computerassistierte Telefonbefragungen, digitale Datenerhebung,[5] persönliche Einzel- und Gruppenbefragungen, schriftliche Umfragen,[7] PoS-Befragungen und Mystery Shopping. Zur Auswertung nutzt YouGov Inhaltsanalysen und multivariate Verfahren.[1]

YouGov Schweiz betreibt in den deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Regionen der Schweiz insgesamt zwei Callcenter für computergestützte Interviews, 90 CATI-Stationen in Luzern und Lausanne sowie weitere Einrichtungen zur Datenerhebung wie Teststudios und Räume für Befragungen.[7][1] Für Onlineumfragen kann das Unternehmen nach eigenen Angaben auf ein Online-Panel mit 140 000 telefonisch rekrutierten Teilnehmern aus der Schweiz zugreifen.[1]

Link Marketing Services wurde im Dezember 2021 vollständig von YouGov, einem britischen, international tätigen Markt- und Meinungsforschungsunternehmen übernommen und im März 2023 in YouGov Schweiz umbenannt.[6][8] Im Geschäftsjahr 2021 erzielte Link Marketing Services einen Umsatz in Höhe von 23 Millionen Schweizer Franken.[2]

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1981 unter dem Namen Link Institut von Joseph Stofer und Horst Heidemeyer in Luzern gegründet.[9] Ab 1984 setzte es als erster Schweizer Marktforscher eine selbst entwickelte Software für computergestützte Telefonbefragungen ein.[10]

1986 wurde eine Niederlassung in Frankfurt am Main eingerichtet.[9] Für die Durchführung von Aufträgen im Bereich der qualitativen Markt- und Meinungsforschung wurde 1989 die Tochtergesellschaft Link Qualitative AG gegründet.[11] 1998 begann das Institut mit Online-Befragungen, für die ein telefonisch rekrutiertes Online-Panel aufgebaut wurde.[5]

Seit 2006 greift das Unternehmen auf Online-Fokus-Gruppen als Befragungsmethode zurück.[10] 2009 eröffnete eine Niederlassung in Lugano,[12] zwei Jahre später begann das Unternehmen mit der Durchführung von Telefonbefragungen über Smartphones.[10] Am 23. April 2012 fusionierte die Link Marketing Services AG mit der D & S Institut für Markt- und Kommunikationsforschung AG.[3]

Das deutsche Online-Panel des Unternehmens wurde im März 2016 an Forsa verkauft.[4] Benedikt Lüthi, seit 2016 im Verwaltungsrat des Unternehmens, wurde im November 2017 zum Geschäftsführer ernannt.[5] Im Mai 2019 erfolgte die Eingliederung der Tochtergesellschaft Link Qualitative AG in die Link Marketing Services AG.[3]

Im Geschäftsjahr 2020 wurde der operative Hauptsitz des Unternehmens nach Zürich-Altstetten verlegt.[8] Ein Jahr später, im September 2021, stellte das Unternehmen mit dem Swiss Brand Observer eine Marktforschungsmethode vor, die gemeinsam mit der Universität Luzern entwickelt wurde und mit der Marken den Einfluss ihrer Marketing-Kampagnen besser einschätzen können. Hierfür bewerten wöchentlich 2 000 Konsumenten des unternehmenseigenen Online-Panels 200 Marken anhand relevanter Marketing- und Management-Kennzahlen.[5]

Im Dezember 2021 wurde Link Marketing Services von der britischen Unternehmensgruppe YouGov übernommen.[8]

Die beiden Geschäftsleitungsmitglieder Lukas Theiler und Stefan Reiser verliessen im Januar 2024 das Unternehmen. Julien Chevignon, der zuvor die Geschäftsführung der Sparte Western Europe bei YouGov innegehabt hatte, übernahm daraufhin die Interimsleitung.[13]

Im März 2024 wurde Link Marketing Services in YouGov Schweiz umbenannt.[6]

Unternehmensstruktur

YouGov Schweiz gliedert seine Tätigkeit in die drei Geschäftsbereiche Marketingforschung, Sozialforschung und digitale Dienstleistungen, die jeweils von einem Mitglied der Geschäftsleitung verantwortet werden.[14]

Marketingforschung

Der Marketingforschungsbereich erhebt und analysiert für europäische Unternehmen Daten zu den Themen Reputation von Marken und Unternehmen, Kundensegmentierung, Produktentwicklung und Preisfindung, Kundenzufriedenheit[15] und Kundenbindung sowie Analyse des Konsumentenverhaltens.[5][16][17] Zudem werden Konzept- und Produkttests, Marktanteilsstudien und Studien zur Preispolitik durchgeführt.[1]

Weiter betreut das Unternehmen im Auftrag der WEMF die Mach-Studien. Dabei handelt es sich um umfangreiche, seit 1990 kontinuierlich durchgeführte zusammenhängende Erhebungen zur Mediennutzung (Mach basic) und zum Freizeit- und Einkaufsverhalten (Mach Consumer) der Schweizer Bevölkerung, die eine wichtige Informationsquelle für die Schweizer Wirtschaft und Medien darstellen. Im Rahmen dieser Untersuchungen führt YouGov Schweiz jährlich 19.000 Telefoninterviews für Mach basic durch und befragt jeden zweiten Teilnehmer zusätzlich schriftlich für Mach Consumer.[18][19]

Sozialforschung

Das Unternehmen erhebt Daten für Bevölkerungsstudien und Umfragen wie z. B. Mitarbeiterzufriendheitsstudien und Mieterzufriedenheitsbefragungen, die von Bundesämtern und weiteren Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung sowie von Universitäten und privaten Organisationen in Auftrag gegeben werden.[5][1][20] Thematische Schwerpunkte liegen im Bereich der Arbeitsmarkt-, Gesundheits-, Bildungs-, Politik-, Medien- und Mobilitätsforschung.[4]

Für den Bundesrat werden seit 2016 die im Rahmen des Vox-Projekts stattfindenden telefonischen Nachbefragungen nach allen eidgenössischen Volksabstimmungen durchgeführt.[21] Eine langjährige Kooperation existiert mit dem Schweizer Bundesamt für Statistik, für das YouGov Schweiz unter anderem seit 1991 die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE) durchführt.[22]

Für das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation realisierte YouGov Schweiz von 1997 bis 2017 das Lehrstellenbarometer,[23] das mittlerweile als Nahtstellenbarometer bekannt ist.[24] Diese Erhebung diente dazu, Veränderungen auf dem Schweizer Lehrstellenmarkt zu analysieren.[25]

Im Auftrag des Bundesamts für Sport und weiterer Kooperationspartner erhebt das Unternehmen in mehrjährigen Abständen Daten für die Studien Sport Schweiz zum Sportverhalten der Schweizer Bevölkerung.[26] Zudem übernahm YouGov Schweiz im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation die Feldarbeit für die Studie Medienmonitor Schweiz, welche die Struktur des Schweizer Medienmarkts untersucht.[27][28] Darüber hinaus war das Unternehmen auch an der Datenerhebung für das Tabakmonitoring beteiligt, eine Studie zum Tabakkonsum der Schweizer Wohnbevölkerung, die vom Psychologischen Institut der Universität Zürich im Auftrag des Bundesamtes für Gesundheit von 2001 bis 2010 durchgeführt wurde.[29]

Für die Universität Lausanne und das Schweizer Kompetenzzentrum Sozialwissenschaften führt YouGov Schweiz seit 2006 persönliche Interviews im Rahmen der Share-Studie (Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe) durch.[30]

Zudem erstellt das Unternehmen für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft regelmässig repräsentative Umfragen zu tagespolitischen, sozialen und kulturellen Themen.[31][32]

Neben den breit angelegten Bevölkerungsstudien liegen weitere Schwerpunkte der Tätigkeit bei Einwohnerbefragungen im Auftrag von Gemeinden, Städten, Kreisen oder Kantonen sowie Mitarbeiterbefragungen.[33][34]

Digitale Dienstleistungen

Der Geschäftsbereich digitale Dienstleistungen entwickelt digitale Produkte und Technologien.[14]

Kritik

YouGov Schweiz ist branchenintern für seine rigiden Qualitätskontrollen im Callcenter bekannt. Das Unternehmen setzt die Methode des Silent Monitoring ein, bei der laufende Gespräche abgehört werden.[34][35] Das Einkommen der im Stundenlohn und auf Abruf beschäftigten Angestellten hängt von Faktoren ab, auf die sie kaum Einfluss nehmen können, wie beispielsweise die Anzahl der sogenannten «harten» und «weichen» Verweigerer. Hierbei handelt es sich um die Anzahl jener telefonisch kontaktierten Personen, die sich nicht an der Umfrage beteiligen möchten. Die Belegschaft besteht hauptsächlich aus Schülern, Studierenden, Wiedereinsteigern und Menschen in schwierigen Lebenslagen.[34][36]

Obwohl die durchschnittliche Anstellungsdauer der Interviewer mit drei Jahren doppelt so lang ist wie in klassischen Callcentern, sieht sich das Unternehmen dennoch mit einer hohen Fluktuation konfrontiert.[37]

Im Jahr 2019 führte die Universität Zürich im Auftrag von YouGov Schweiz eine Studie durch, um Faktoren zu untersuchen, die die Arbeitszufriedenheit und das Kündigungsverhalten der Angestellten des institutseigenen Cati-Centers beeinflussen. Die Ergebnisse dieser Studie führten dazu, dass das Unternehmen ein Dashboard mit quantitativen und qualitativen Leistungsdaten einführte, das für alle Interviewer einsehbar ist. Zusätzlich wurden regelmässige Mitarbeitergespräche angesetzt und Anpassungen an der Rekrutierungsstrategie und dem Lohnmodell vorgenommen.[37]

Mitgliedschaften

YouGov Schweiz ist unter anderem Mitglied der Swiss Data Insights Association (ehemaliger Verband Schweizer Markt- und Sozialforschung vsms).[38][39]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Portrait YouGov. In: Swiss Insights: Swiss Data Insights Association. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  2. a b Sabine Hedewig-Mohr: Lüthi: „Die Marke LINK bleibt bestehen“. In: Planung & Analyse. 3. Januar 2022, abgerufen am 7. Juli 2024.
  3. a b c YouGov Schweiz AG. In: Handelsregister des Kantons Luzern. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  4. a b c Umfragesparte von Link geht an Forsa. In: Planung & Analyse. 18. März 2016, abgerufen am 8. Juli 2024.
  5. a b c d e f g Sabine Hedewig-Mohr: 40 Jahre Link Institut: Ein Markenmonitor als Geburtstagsgeschenk. In: Planung & Analyse. 20. September 2021, abgerufen am 8. Juli 2024.
  6. a b c Aus Link wird YouGov Schweiz: «Der Kern bleibt derselbe». In: M&K Werbewoche. 5. März 2024, abgerufen am 8. Juli 2024.
  7. a b Forschungsinstitut Link: A YouGov Company. In: Mafonavigator. Planunung & Analyse. 2024, abgerufen am 7. Juli 2024.
  8. a b c Maurizio Minetti: Marktforscher Link wird verkauft: Der CEO nimmt Stellung zu den Hintergründen. In: Neue Luzerner Zeitung. 15. Dezember 2021, abgerufen am 8. Juli 2024.
  9. a b Sabine Hedewig-Mohr: Link Institut ist Geschichte. In: Planung & Analyse. 5. März 2024, abgerufen am 8. Juli 2024.
  10. a b c Jürg Tütsch: Link Institut für Markt- und Sozialforschung: Seit 1996 ist BW Digitronik der IT-Security Partner. (PDF) In: BW Digitronik. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  11. Link Qualitative AG. In: Moneyhouse. 2024, abgerufen am 8. Juli 2024.
  12. Link Marketing Services AG, Luzern, Schweiz. Weitere Adresse: Flurstraße 30, 8048 Zürich. In: North Data. 12. Januar 2009, abgerufen am 8. Juli 2024.
  13. Das YouGov-Roulette dreht sich weiter: Theiler und Reiser gehen, Chevignon übernimmt. In: Marktforschung.de. 17. Januar 2024, abgerufen am 8. Juli 2024.
  14. a b Sabine Hedewig-Mohr: Link Institut mit neuer Geschäftsführung. In: Planung & Analyse. 8. November 2017, abgerufen am 8. Juli 2024.
  15. Martin Bettschart, Susanne Vontobel: Der persönliche Kontakt ist Trumpf. In: Handelszeitung. 5. Oktober 2020, abgerufen am 7. Juli 2024.
  16. Dynamische Preisdifferenzierung in deutschen Online-Handel: Eine Untersuchung der Verbraucherzentralen. In: Verbraucherzentrale. August 2018, abgerufen am 7. Juli 2024.
  17. So wirkt sich die Pandemie auf das Schweizer Konsumentenverhalten aus. In: ESB Marketing Netzwerk. 4. April 2022, abgerufen am 7. Juli 2024.
  18. Ihre Meinung ist uns wichtig! In: Mach Studien. Abgerufen am 7. Juli 2024.
  19. Marcel Korner: Positionierungspotentiale überregionaler Tageszeitungsmarken (Dissertation). Swissdigiprint, Zürich 2010, ISBN 978-3-8381-1506-1, Das MACH-Forschungssystem ([1]).
  20. Guter Deal für YouGov in der Schweiz. In: Marktforschung.de. 21. Dezember 2021, abgerufen am 7. Juli 2024.
  21. Voto-Studien. Die Voto-Projektbeteiligten. In: Voto Swiss. 2024, abgerufen am 8. Juli 2024.
  22. Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (SAKE). In: Bundesamt für Statistik. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  23. Marianne Gertsch, Hans-Peter Hotz: Der Lehrstellenbeschluss. Evaluation: Studie zum Lehrstellenmarketing. In: Universität Bern. 1999, abgerufen am 8. Juli 2024.
  24. Nahtstellenbarometer. In: Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  25. Archiv Lehrstellenbarometer. 2005–2017. In: Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  26. Sport Schweiz. In: Lambrecht und Stamm Sozialforschung und Beratung AG. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  27. Studienanlage und Methodik. In: Medienmonitor Schweiz. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  28. Medienmonitor Schweiz 2017: Bericht. In: Publicom AG. 2017, abgerufen am 8. Juli 2024.
  29. Tabakmonitoring (Erhebung). In: Bundesamt für Gesundheit. Abgerufen am 8. Juli 2024.
  30. Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe. Die Umfrage über die Personen 50+ in der Schweiz und in Europa. In: Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe. Abgerufen am 6. September 2019.
  31. Dataland Schweiz: Die Angst vor der digitalen Datenspur. In: Schweizer Radio und Fernsehen. 21. November 2018, abgerufen am 8. Juli 2024.
  32. Michael Hermann: «Eine Impfpflicht könnte in der Schweiz kommen». In: Schweizer Radio und Fernsehen. 2. Dezember 2021, abgerufen am 8. Juli 2024.
  33. Link Institut für Markt- und Sozialforschung. In: Swiss Base. 2024, abgerufen am 8. Juli 2024.
  34. a b c Rebekka Haefeli: «Darf ich Ihnen einige Fragen stellen?» In: Neue Zürcher Zeitung. 9. Dezember 2004, abgerufen am 8. Juli 2024.
  35. Neue Überwachungsformen in Call-Centern: Zur Zulässigkeit von Stimmanalyse und „Keyword Spotting“. In: HRM.de. 10. Juli 2014, abgerufen am 8. Juli 2024.
  36. Riccardo Pardini, Bianca Fritz: Arbeiten im Call Center – Eine Fallstudie zur Arbeitspraxis und beruflichen Perspektive von Beschäftigten in Schweizer Call Centern. 1. Auflage. Edition Gesowip, Basel 2015, ISBN 978-3-906129-94-5.
  37. a b Mehr Motivation im Cati-Center. In: Planung & Analyse. 17. April 2019, abgerufen am 8. Juli 2024.
  38. Gertrud Wellner: Marktforschung in der Schweiz – Verband gibt sich neuen Namen. In: Planung & Analyse. 18. Mai 2020, abgerufen am 8. Juli 2024.
  39. Institute Member. In: Swiss Data Insights Association. Abgerufen am 8. Februar 2021.