Kabinett Attlee I

Kabinett Attlee I
Kabinett des Vereinigten Königreichs
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Premierminister Clement Attlee
Wahl 1945
Ernannt durch König George VI.
Bildung 26. Juli 1945
Ende 23. Februar 1950
Dauer 4 Jahre und 212 Tage
Vorgänger Übergangsregierung Churchill
Nachfolger Kabinett Attlee II
Zusammensetzung
Partei(en) Labour Party
Repräsentation
House of Commons Labour
393/640

Das Kabinett Attlee I wurde von Premierminister Clement Attlee am 26. Juli 1945 gebildet. Es war bis zur Ernennung des Kabinett Attlee II am 23. Februar 1950 im Amt.

Regierungszeit

Attlee bildete das Kabinett nach dem Wahlsieg der Labour Party bei den Unterhauswahlen vom 5. Juli 1945. Bei diesen Wahlen errang die Labour Party 11.557.821 Wählerstimmen und verbesserte ihr Ergebnis um 11,7 Prozentpunkte auf 49,7 Prozent. Zugleich stellte sie mit 393 Unterhausabgeordneten 239 Abgeordnete mehr im House of Commons als bei den Unterhauswahlen vom 14. November 1935. Die Conservative Party unter Premierminister Winston Churchill musste dagegen empfindliche Verluste hinnehmen und kam nur noch auf 8.716.211 Stimmen und verlor 11,6 Prozentpunkte, so dass sie nur noch auf 36,2 Prozent kam. Zugleich verloren 190 Abgeordnete ihr Unterhausmandat, so dass die konservativen Tories nur mehr 197 Mitglieder des House of Commons stellten.

Diese überwältigende absolute Mehrheit verringerte sich jedoch bei den darauf folgenden Unterhauswahlen vom 23. Februar 1950 auf nur noch fünf Stimmen Mehrheit.

Neben Premierminister Clement Attlee, der zugleich Vorsitzender der Labour Party war, gehörte Ernest Bevin, der bis kurz vor seinem Tod im April 1951 Außenminister (Foreign Secretary) war, zu den führenden Politikern der Regierung. Hugh Dalton wurde Schatzkanzler (Chancellor of the Exchequer), musste aber 1947 zurückgetreten, während James Chuter-Ede während der gesamten Amtszeit Attlee das Amt des Innenministers (Home Secretary) bekleidete.

Andere bedeutende Persönlichkeiten des Kabinett Attlee waren der Vize-Premierminister und Vorsitzende der Mehrheit im Unterhaus (Leader of the House of Commons), Herbert Morrison, der Bevin im März 1951 als Außenminister ablöste, sowie Stafford Cripps, der zunächst Handelsminister (President of the Board of Trade) war, allerdings Dalton 1947 als Schatzkanzler ablöste. Hugh Gaitskell bekleidete zuerst einige unbedeutendere Posten und war 1950 wiederum Nachfolger von Cripps als Schatzkanzler, wohingegen Aneurin „Nye“ Bevan Gesundheitsminister (Minister for Health) war. Arthur Greenwood fungierte als Lordsiegelbewahrer (Lord Privy Seal) und Generalzahlmeister (Paymaster General), während der spätere Premierminister Harold Wilson zum jüngsten Kabinettsmitglied im 20. Jahrhundert wurde, als er 1947 im Alter von 31 Jahren das Amt des Handelsministers übernahm. Die bedeutendste der wenigen weiblichen Regierungsmitglieder war Ellen Wilkinson, die bis zu ihrem plötzlichen Tod 1947 Bildungsministerin (Minister for Education) war.

Die Regierungszeit Attlees war geprägt von Sparmaßnahmen, die die im Krieg begonnenen Rationierungen fortsetzte und letztlich sogar auf Brot ausweitete. Die Lebensumstände waren armselig, und anstelle einer Expansion der Wirtschaft kam es nur langsam zu einem Ersatz des im Krieg zerstörten oder verbrauchten Wohlstands. Allerdings kehrte die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre nicht zurück, so dass durch die Aufbaumaßnahmen nahezu Vollbeschäftigung notwendig war. Aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrende Soldaten wurden in Wirtschaft und Gesellschaft wieder aufgenommen.[1]

In der Folgezeit kam es durch die Regierung zur Verstaatlichung von 20 Prozent der Wirtschaft und schloss die Bereiche Kohle, Eisenbahnen, Gütertransport, die Bank of England, Zivilluftfahrt, Kabel- und Drahtlose Kommunikation, Elektrizität, Gas und Stahl ein. Gleichwohl standen keine Gelder für die Modernisierung dieser Industriezweige zur Verfügung und es gab keine Ansätze, die Kontrolle an die Mitglieder der Gewerkschaften zu übergeben.

Andererseits leitete die Regierung Attlee eine umfassende Ausweitung des Wohlfahrtsstaates ein, wie zum Beispiel durch das Familienförderungsgesetz (Family Allowance Act 1945) sowie dem Gesetz zur Schaffung des National Health Service NHS (National Health Service Act 1946), durch das die Verstaatlichung der Krankenhäuser und die freie universelle medizinische Behandlung eingeführt wurde. Durch das Nationalversicherungsgesetz (National Insurance Act 1946) wurden Krankheits- und Arbeitslosigkeitsleistungen für Erwachsene sowie Altersrenten eingeführt. Letztlich wurde durch das Nationale Hilfegesetz (National Assistance Act 1948) eine Sicherheitsnetz für alle Menschen eingeführt, die nicht anderweitig abgesichert waren.

Das 1944 verabschiedete Bildungsgesetz (Education Act 1944) wurde ferner ausgeweitet und durch das sogenannte New Towns Act 1946 der Bau von Planstädten in den Vororten vorangetrieben. Da es für die meisten Vorhaben an Geldern fehlte, berief sich die Regierung auf den Keynesianismus, um für die Planung eine umfangreiche Kontrolle von nationalem Defizit und Überschuss zu begründen.[2][3]

In der Außenpolitik begann die Regierung das Engagement bei den Vereinten Nationen und erreichte bei Verhandlungen mit den USA und Kanada 1946 die Gewährung eines Darlehens von 5 Milliarden US-Dollar. 1948 trat Großbritannien dem Marshallplan bei. 1947 musste es jedoch die Unterstützung von Griechenland im dortigen Bürgerkrieg aufgeben und bat die USA um Aufnahme dieser Unterstützung im Rahmen von deren sogenannter Truman-Doktrin. Andererseits nahm es eine aktive Rolle bei der Unterstützung der USA im Kalten Krieg und beim Aufbau der NATO ein. In dieser Zeit gewährte das Vereinigte Königreich seinen bisherigen Kolonien Indien, Pakistan, Ceylon und Burma die Unabhängigkeit und stärkte das Commonwealth of Nations.[4]

Minister

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

ZugehörigkeitLabour
AmtBildPersonParteiAmtszeit
Premierminister
Erster Lord des Schatzamtes
Clement AttleeClement AttleeLabour Party26. Juli 194523. Februar 1950
Stellvertretender Premierminister
Lordpräsident des Rates
Leader of the House of Commons
Herbert MorrisonHerbert MorrisonLabour Party26. Juli 194523. Februar 1950
VerteidigungsministerClement AttleeClement AttleeLabour Party26. Juli 194520. Dezember 1946
Albert AlexanderAlbert Victor AlexanderCo-operative Party
(Labour Co-op)
20. Dezember 194623. Februar 1950
LordkanzlerWilliam JowittWilliam Jowitt, 1. Baron JowittLabour Party26. Juli 194523. Februar 1950
LordsiegelbewahrerArthur GreenwoodArthur GreenwoodLabour Party26. Juli 194514. April 1947
Philip Inman, 1. Baron InmanLabour Party14. April 19477. Oktober 1947
Christopher AddisonChristopher Addison, 1. Viscount AddisonLabour Party7. Oktober 194723. Februar 1950
Schatzkanzler
Zweiter Lord des Schatzamtes
Hugh DaltonHugh DaltonLabour Party26. Juli 194513. November 1947
Stafford CrippsStafford CrippsLabour Party13. November 194723. Februar 1950
Minister für WirtschaftsangelegenheitenStafford CrippsStafford CrippsLabour Party29. September 19473. November 1947
AußenministerErnest BevinErnest BevinLabour Party26. Juli 194523. Februar 1950
InnenministerChuter EdeJames Chuter-EdeLabour Party26. Juli 194523. Februar 1950
Minister für die KolonienHugh DaltonGeorge Henry HallLabour Party26. Juli 19454. Oktober 1946
Arthur Creech JonesLabour Party4. Oktober 194623. Februar 1950
Minister für Angelegenheiten der DominionChristopher AddisonChristopher Addison, 1. Viscount AddisonLabour Party26. Juli 19457. Oktober 1947
Philip Noel-BakerPhilip Noel-BakerLabour Party7. Oktober 194723. Februar 1950
Minister für Indien und BurmaFrederick Pethick-LawrenceFrederick Pethick-Lawrence, 1. Baron Pethick-LawrenceLabour Party26. Juli 194514. April 1947
William Hare, 5. Earl of ListowelLabour Party14. April 19474. Januar 1948
Erster Lord der AdmiralitätAlbert AlexanderAlbert AlexanderCo-operative Party
(Labour Co-op)
26. Juli 19454. Oktober 1946
Hugh DaltonGeorge HallLabour Party4. Oktober 194623. Februar 1950
KriegsministerJack LawsonJack Lawson[5]Labour Party26. Juli 19454. Oktober 1946
Frederick BellengerFrederick BellengerLabour Party4. Oktober 19467. Oktober 1947
Manny ShinwellEmanuel ShinwellLabour Party7. Oktober 194723. Februar 1950
LuftfahrtministerWilliam Wedgwood BennWilliam Wedgwood Benn, 1. Viscount StansgateLabour Party26. Juli 19454. Oktober 1946
Philip Noel-BakerPhilip Noel-BakerLabour Party4. Oktober 19467. Oktober 1947
Arthur HendersonLabour Party7. Oktober 194723. Februar 1950
Bildungsminister/inEllen WilkinsonEllen WilkinsonLabour Party26. Juli 194510. Februar 1947
George TomlinsonLabour Party10. Februar 194723. Februar 1950
Minister für SchottlandJoseph WestwoodLabour Party26. Juli 19457. Oktober 1947
Arthur WoodburnLabour Party7. Oktober 194723. Februar 1950
Minister für Landwirtschaft und FischereiTom WilliamsTom WilliamsLabour Party26. Juli 194523. Februar 1950
Minister für Arbeit und den nationalen DienstGeorge IsaacsLabour Party26. Juli 194523. Februar 1950
GesundheitsministerAneurin BevanAneurin BevanLabour Party26. Juli 194523. Februar 1950
HandelsministerStafford CrippsStafford CrippsLabour Party26. Juli 194529. September 1947
Harold WilsonHarold WilsonLabour Party29. September 194723. Februar 1950
Minister für Brennstoffe und EnergieManny ShinwellEmanuel ShinwellLabour Party26. Juli 19457. Oktober 1947
Hugh GaitskellHugh GaitskellLabour Party7. Oktober 194723. Februar 1950
Minister ohne GeschäftsbereichAlbert AlexanderAlbert Victor AlexanderLabour Party4. Oktober 194620. Dezember 1946
Arthur GreenwoodArthur GreenwoodLabour Party17. April 194729. September 1947
Chancellor of the Duchy of LancasterJohn HyndLabour Party26. Juli 194517. April 1947
Frank PakenhanFrank PakenhamLabour Party17. April 194731. Mai 1948
Hugh DaltonHugh DaltonLabour Party31. Mai 194823. Februar 1950
Minister für ZivilluftfahrtReginald FletcherLabour Party26. Juli 19454. Oktober 1946
Harry NathanHarry NathanLabour Party4. Oktober 194631. Mai 1948
Frank PakenhanFrank PakenhamLabour Party31. Mai 194823. Februar 1950

Einzelnachweise

  1. Andrew Marr: A History of Modern Britain, S. 111, 2007
  2. Stephen J. Lee: Aspects of British Political History 1914-1995, S. 185–189, 1996
  3. Alan Sked/ Chris Cook: Post-War Britain: A Political History, S. 223, 1993
  4. Stephen J. Lee, s. o., S. 261–266, 310–312
  5. Seit Oktober 1946 war der Kriegsminister kein Kabinettsmitglied mehr