Joos van Wassenhove

Triptychon in Gent
Albertus Magnus, um 1475, Urbino

Joos van Wassenhove (auch Justus van Gent), Justus oder Jodocus of Ghent, oder Giusto da Guanto (* um 1410; † um 1480) war ein flämischer Maler, der in Italien arbeitete.

Leben

Die Stadtarchive von Gent sind – ergebnislos – nach einem Hinweis auf die Geschichte des Malers durchsucht worden, den die Biografen Vasari und Guicciardini Giusto da Guanto (Justus aus Gent) nannten. Flämische Geschichtsschreiber des 16. Jahrhunderts haben die dürftigen und unbelegten Äußerungen Vasaris erweitert, indem sie ihn zum Schüler des Hubert van Eyck erklärten. Die Register der Lukasgilde Gents enthalten sechs Meister mit Namen Joos oder Jodokus, die im 15. Jahrhundert in Gent arbeiteten. Es ist allerdings kein Werk eines dieser Meister erhalten geblieben, und es ist unmöglich, deren Stil mit dem Giustos abzugleichen.

Zwischen 1465 und 1474 schuf der Maler das von Vasari beschriebene Abendmahl der Apostel, das sich heute in der Galleria Nazionale delle Marche im Palazzo Ducale in Urbino befindet. Es war ein Auftragswerk im Namen von Federico da Montefeltro für die Bruderschaft Corpus Christi. Montefeltro ist darin als Begleiter von Caterino Zeno dargestellt, der damals persischer Gesandter in einer Mission am Hofe von Urbino war. Aufgrund dieser sonderbaren Darstellung kann man annehmen, dass Giusto weit entfernt davon war, ein Schüler des mutmaßlichen Hubert Van Eycks zu sein, sondern bei einem späteren Meister studiert haben muss, vielleicht Dieric Bouts.

In der Bildgestaltung und als Zeichner fällt Giusto hinter die bekannteren Maler aus Flandern zurück; obwohl seine Porträts gut sind, zeichnet sich seine Typendarstellung nicht durch Raffinesse des Charakters oder Ausdrucks aus. Technisch ist er mit Geertgen tot Sint Jans zu vergleichen, dessen berühmteste Bilder im Kunsthistorischen Museum in Wien gesammelt werden. Der florentinische Buchhändler Vespasiano da Bisticci, der viel zur Geschmacksbildung des Federico da Montefeltro beitrug, berichtet, dass der Herzog aus den Niederlanden einen fähigen Meister anforderte, um eine Bilderserie antiker Persönlichkeiten zu schaffen, die für eine kürzlich errichtete Bibliothek im Palast von Urbino angefertigt werden sollte. Es ist vermutet worden, dass Joos van Wassenhove der Autor dieser 28 Porträts berühmter Männer war, die im Louvre und der Galleria Nazionale delle Marche bewahrt werden.

Es gibt jedoch deutliche Unterschiede zwischen diesen Bildern und dem Abendmahl der Apostel. Es ist nach wie vor möglich, dass Giusto seinen flämischen Stil nach einer gewissen Zeit des Studiums der Meisterwerke von Raffael und Melozzo da Forlì abgemildert hatte, und so diese vermischte Malweise flämischer wie italienischer Einflüsse erlangte, die diese Porträts von Honoratioren ausdrücken. Wenn eine solche Anpassung wirklich stattgefunden haben sollte, spräche das für eine gewisse Bewunderung für den flämischen Stil, wenn man bedenkt, dass Raffael diese Porträts nicht nur schätzte, sondern sie sogar in seinem Skizzenbuch festhielt, das heutzutage ein Schmuckstück der Venezianischen Accademia darstellt.

Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass Giusto da Guanto mit dem Maler Justus d'Allamagna identisch ist, der die Verkündigung (1451) im Kreuzgang von Santa Maria di Castello bei Genua schuf. Zeichnung und Farbgebung dieser Wandmalerei weisen deutlich darauf hin, dass Justus d’Allamagna aus Süddeutschland stammte, während sein Namensvetter aus Urbino gebürtiger Niederländer war.

Werke

  • Adoration of the Magi
  • Calvary
  • Communion of the Apostles (currently in the Galleria Nazionale, Urbino)

Literatur (chronologisch)

  • Adolphe Siret: Gent, Justus von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 574.
  • Walter Bombe: Justus von Gent Urbino: Das Studio und die Bibliothek des Herzogs Federigo da Montefeltre. In: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 1 (1909), S. 111–136.
  • Giusto da Guanto. In: Encyclopædia Britannica. 11. Auflage. Band 12: Gichtel – Harmonium. London 1910, S. 55 (englisch, Volltext [Wikisource]).
  • Adolphe de Ceuleneer: Juste de Gand (Joos van Wassenhove). Brüssel 1911.
  • August Schmarsow: Joos van Gent und Melozzo da Forli in Rom und Urbino. Ein Kapitel internationaler Kunstgeschichte. Leipzig 1913.
  • Max J. Friedländer: Dierick Bouts und Joos van Gent (= Die altniederländische Malerei, Bd. 3). Leiden 1934.
  • Jacques Lavalleye: Juste de Gand. Peintre de Frédéric de Montefeltre. Löwen 1936.
  • Paul Coremans (Hrsg.): Justus van Gent, Berruguete en het hof van Urbino. Ausstellungskatalog Museum voor schone Kunsten. Gent 1957.
  • Johan de Baets: Het Calvarieberg-retabel van Joos van Wassenhove te Gent. In: Bulletin Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique 11 (1962), S. 185–220.
  • Erwin Bielefeld: Zum Vergilbildnis des Justus van Gent für Federigo da Montefeltre. In: Archäologischer Anzeiger (1964), Sp. 123–136.
  • Christian Klemm: Joos van Wassenhove (Justus van Gent, Giusto da Gand), niederländischer Maler (15. Jh.). In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5. München u. a. 1991, Sp. 626.
  • Paul Eeckhout: De Justus de Gand à Hugo Van der Goes. Ou le mythe de Joos Van Wassenhove. In: Bulletin Musées Royaux des Beaux-Arts de Belgique 41/42 (1992/93), S. 9–33.
  • Mark Llewellyn Evans: ‚Uno maestro solenne‘. Joos van Wassenhove in Italy. In: Nederlands kunsthistorisch jaarboek 44 (1993), S. 75–110.
  • Sophie Scully, Christine Seidel: A Tüchlein by Justus van Ghent. The Adoration of the Magi in the Metropolitan Museum of Art Re-Examined. In: Journal of Historians of Netherlandish Art 8 (2016), S. 1–29.
Commons: Justus van Gent – Album mit Bildern