Annenaltar des Meisters von Frankfurt

Annenaltar des Meisters von Frankfurt ({{{künstler}}})
Annenaltar des Meisters von Frankfurt
um 1505
Ölmalerei auf Eichenholz / Grisaille
212 × 242 cm
Historisches Museum Frankfurt, Staatsgalerie Stuttgart

Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt ist ein um 1505 entstandener spätgotischer Flügelaltar. Geschaffen wurde er von einem unbekannten flämischen Meister, der zwischen 1480 und 1525 in Antwerpen tätig war und seit 1897[1] in der kunsthistorischen Literatur unter dem NotnamenMeister von Frankfurt“ bekannt ist. Ursprünglich für das Dominikanerkloster in Frankfurt am Main geschaffen, werden die Gemäldetafeln des Altarretabels heute im Historischen Museum Frankfurt aufbewahrt (Inv.-Nr.: B259-261). Die beiden Bildtafeln der Predella befinden sich heute in der Staatsgalerie Stuttgart (Inv.-Nr.: 1009–1010).

Geschichte

Bildtafel mit Ottilie und Cäcilia

Der Altar stand ursprünglich im Frankfurter Dominikanerkloster. Im Zuge der Säkularisierung infolge des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Februar 1803 gelangten Kloster und Sammlung in den Besitz der Stadt Frankfurt. Diese verkaufte die Bilder an den Fürstprimas des Rheinbundes, Karl Theodor von Dalberg, der ihn der Frankfurter Museumsgesellschaft schenkte. Wohl zu dieser Zeit wurden die Bildtafeln der Altarflügel getrennt. Eine der vier in Grisailletechnik ausgeführten Gemäldetafeln der Außenseite wurde entfernt, wie auch die ebenfalls in Grisaille ausgeführten Tafeln der Predella. Von 1824 bis 1851 bzw. 1867 waren die Kunstwerke im Städelschen Kunstinstitut ausgestellt bzw. eingelagert. Nachdem 1867 eine städtische Gemäldegalerie im Saalhof eingerichtet worden war, wurde der Altar dorthin verbracht und ging mit den anderen Stücken der Sammlung 1877 in den Besitz des neu gegründeten Historischen Museums über.[2]

Die fehlende Gemäldetafel mit der Darstellung der beiden Heiligen Ottilia und Cäcilia wurde um 1928 vom niederländischen Kunsthändler Jacques Goudstikker (1897–1940) im Berliner Kunsthandel erworben. Von Juli 1940 bis 1945 befand sie sich als Nazi-Raubkunst in Hermann Görings Anwesen Carinhall. Nach Kriegsende verblieb die Gemäldetafel in der Obhut des niederländischen Staates, der sie 2006 an Marie van Saher-Langenbein, die Erbin Goudstikkers, zurückgab. 2011 erwarb das Historische Museum die Tafel.[3]

Die Predella wurde 1898 von der Staatsgalerie Stuttgart (Inv.-Nr.: 1009–1010) aus einer Privatsammlung erworben.[3]

Aufbau

Das originale Gehäuse des Flügelaltars ist verloren. Die Mitteltafel des Retabels misst 212 × 126 cm, die Flügel je 214 × 58 cm, die Predella je Tafel 53,7 x 64,8 cm.[4] Die Gemälde sind in Ölmalerei auf Eichenholz ausgeführt. Dabei wurden jeweils zwei bis drei Eichenholzbretter auf Furnierstärke gedünnt. Wohl im 19. Jahrhundert wurden die Gemäldetafeln gespalten und ihre Rückseiten mit unterschiedlichen Parkettierungen stabilisiert.[5]

Gemäldetafeln (geschlossener Zustand)[6]
Altarflügel Altarflügel
Agnes mit Lamm und Buch;
Lucia mit Schwert und Buch
Valentin mit Kirchenmodell;
Martin mit Bettler
Josef mit Stock und Jesusknabe;
Gregor mit Tiara und Vortragekreuz.
Ottilia mit geöffnetem Buch, darin Augen;
Cäcilia mit Feder in der Hand und Orgel

Alle Figuren sind in Grisaillemalerei mit farbigem Inkarnat vor neutralem Hintergrund ausgeführt.

Gemäldetafeln (geöffneter Zustand)[7]
Altarflügel Mitteltafel Altarflügel
Mariä Geburt Heilige Sippe Marientod

Die beiden Grisailletafeln der Predella zeigen eine Flucht nach Ägypten und den Kindermord in Betlehem.[8]

Zuschreibung und Datierung

Erstmals erwähnt wurde der Altar 1790 von Henrich Sebastian Hüsgen, der ihn einem „alten teutschen Meister“ zuschreibt.[9] 1804 begutachtete der Kunsthändler Christian von Mechel im Auftrag der Stadt das Kunstwerk und schrieb ihn einem „jüngeren Rogier van der Weyden“ († 1529) zu.[10] Goethe verwarf diese Zuordnung 1815; ihn erinnerten die Flügelbilder an Jan van Scorel.[11] In den Gemäldeverzeichnissen des Städelschen Kunstinstituts von 1830 und 1833 wird die Zuschreibung an van der Weyden beibehalten.[12]

1841 erkannte Passavant, dass das Kreuzigungs-Triptychon der Familie Humbracht im Städelschen Kunstinstitut und die Tafeln des Annenaltars aus der gleichen Werkstatt stammen müssen, und ordnete sie dem Frankfurter Maler Conrad Fyoll (um 1425–1486) zu.[13] 1888 wies Carl Justi auf Antwerpen als Standort der Werkstatt hin.[14] 1897 prägte Weizsäcker den Notnamen „Meister von Frankfurt“, den er zum Kreis der niederländisch-niederrheinischen Künstler rechnet, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Antwerpen tätig waren.[1] Weizsäcker wies nach, dass die Bildtafeln des Annenretabels als Vorbild für die Flügelaußenseiten des Heller-Altars gedient haben könnten. Daraus schloss er, dass der Annenaltar vor 1507, dem Jahr, in dem der Auftrag für den Heller-Altar erteilt wurde, ausgeliefert worden sei. Dendrochronologische Untersuchungen am Eichenholz der Gemäldetafeln ergaben das Jahr 1496 als frühestmögliches Fälldatum des verwendeten Holzes.[15]

Literatur

  • Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt. In: Wolfgang P. Cilleßen, Sandra Burckhardt (Hrsg.): Kunststücke des Historischen Museums Frankfurt. Band 2. Heinrich Editionen, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-921606-95-7.

Weblinks

Commons: Werke des Meisters von Frankfurt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Heinrich Weizsäcker: Der Meister von Frankfurt. In: Alexander Schnütgen (Hrsg.): Zeitschrift für christliche Kunst, Bd. 10. 1897, S. 1–16 (uni-heidelberg.de [abgerufen am 17. November 2017]).
  2. Cilleßen und Burckhardt, 2012, S. 4–5
  3. a b Jochen Sander: Das Annenretabel des Meisters von Frankfurt im Historischen Museum Frankfurt. In: Wolfgang P. Cilleßen (Hrsg.): Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt. Frankfurt 2012, S. 6–45, hier: S. 22.
  4. Jochen Sander: Das Annenretabel des Meisters von Frankfurt im Historischen Museum Frankfurt. In: Wolfgang P. Cilleßen (Hrsg.): Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt. Frankfurt am Main 2012, S. 7.
  5. Anja Damaschke: „mit der Säge gespalten“ und „ohngeputzt“ – Die Aufbewahrung und Erhaltung des Annenretabels. In: Wolfgang P. Cilleßen (Hrsg.): Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt. Frankfurt am Main 2012, S. 63.
  6. Jochen Sander: Das Annenretabel des Meisters von Frankfurt im Historischen Museum Frankfurt. In: Wolfgang P. Cilleßen (Hrsg.): Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt. Frankfurt am Main 2012, S. 9.
  7. Jochen Sander: Das Annenretabel des Meisters von Frankfurt im Historischen Museum Frankfurt. In: Wolfgang P. Cilleßen (Hrsg.): Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt. Frankfurt am Main 2012, S. 11–15.
  8. Jochen Sander: Das Annenretabel des Meisters von Frankfurt im Historischen Museum Frankfurt. In: Wolfgang P. Cilleßen (Hrsg.): Der Annenaltar des Meisters von Frankfurt. Frankfurt am Main 2012, S. 16–17.
  9. Henrich Sebastian Hüsgen: Artistisches Magazin: enthaltend das Leben und die Verzeichnisse der Werke hiesiger und anderer Künstler ; Mit 2 Kupf. / Henrich Sebastian Hüsgen. Bayerdorffer, Frankfurt a. M. 1790, S. 559 (uni-frankfurt.de [abgerufen am 17. November 2017]): „2) das Kind Jesu in der Mitte zweyer heiliger Weiber und einer Menge andern Volks umgeben, von einem alten teutschen Meister“
  10. Text des Gutachtens in Heinrich Weizsäcker: Die Kunstschätze des ehemaligen Dominikanerklosters in Frankfurt a. M. nach den archivalischen Quellen. München 1923, S. 360 (sudoc.fr [abgerufen am 17. November 2017]). Zitiert nach Cilleßen (2012), S. 22
  11. zitiert von Sander in Cilleßen (2012), S. 22–23
  12. zitiert von Sander in Cilleßen (2012), S. 23
  13. Johann David Passavant: Beiträge zur Kenntnis der alten Malerschulen in Deutschland vom 13. bis in das 16. Jahrhundert. In: Morgenblatt für gebildete Leser. Kunst-Blatt, Bd. 101. 1841, S. 417–419 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. Carl Justi: Die portugiesische Malerei des XVI. Jahrhunderts. In: Jahrbuch der Königlich-Preußischen Kunstsammlungen Bd. 9. 1888, S. 150, JSTOR:25167172.
  15. Peter Klein: Dendrochronologische Untersuchungen an niederländischen Tafelbildern des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Städel. In: Jochen Sander (Hrsg.): Niederländische Gemälde im Städel 1400–1550. Philipp von Zabern, Mainz 1993, ISBN 3-8053-1444-2, S. 457.