Henry G. Brandt

Henry G. Brandt (März 2016)

Henry G. Brandt (geboren am 25. September 1927 in München als Heinz Georg Brandt; gestorben am 7. Februar 2022)[1] war ein deutscher Rabbiner.

Leben

1939 emigrierte die Familie des damals elf Jahre alten Brandt über England nach Tel Aviv. Nachdem er im Israelischen Unabhängigkeitskrieg als Offizier gedient hatte,[2] studierte Brandt von 1951 bis 1955 Wirtschaftswissenschaften in Nordirland an der Queen’s University of Belfast und arbeitete nach seinem Abschluss als Marktanalytiker bei der Ford Motor Company. Zu dieser Zeit arbeitete er auch ehrenamtlich in der jüdischen Gemeinde Ilford bei London.

1957 nahm er ein Studium am Leo Baeck College in London auf und beendete es 1961 mit dem Rabbinerdiplom (Semicha). Sein erstes Rabbinat hatte er als Regionalrabbiner von Reformgemeinden im nordostenglischen Leeds inne. 1971 begab er sich nach Genf, wo er bis 1978 Rabbiner einer internationalen jüdischen Gemeinde blieb, danach wurde er Gründungsrabbiner der Jüdischen Liberalen Gemeinde „Or Chadasch“ in Zürich, später Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde in Göteborg. Von 1983 bis 1995 war er Landesrabbiner des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen mit Sitz in Hannover, von 1995 bis 2004 Landesrabbiner des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe in Dortmund. Von 2004 bis zum März 2019 war er Gemeinderabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg. Er betreute als Amtsrabbiner die Jüdische Kultusgemeinde Bielefeld.

Rabbiner Brandt war von 1985 bis 2016 jüdischer Vorsitzender des Deutschen Koordinierungsrates der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit.[3] Er ist Mitglied des Vorstandes der Buber-Rosenzweig-Stiftung.[4] Außerdem ist er Mitglied im Gesprächskreis „Juden und Christen“ beim Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

Im Jahr 2004 wurde Brandt zum Vorsitzenden der nichtorthodoxen Allgemeinen Rabbinerkonferenz (ARK) gewählt; er hatte das Amt bis Februar 2019 inne.[5] Darüber hinaus berief ihn die neu verfasste strömungsübergreifende Deutsche Rabbinerkonferenz 2005 zu ihrem Gründungsvorsitzenden. Dieses Amt nahm er bis 2006 wahr, sein Nachfolger wurde Natanel Teitelbaum von der Orthodoxen Rabbinerkonferenz.

Henry G. Brandt ist 1962 in England dem humanitären Bund der Freimaurer beigetreten.[6]

Er lebte zuletzt in der Schweiz.[7]

Debatte um die Karfreitagsfürbitte

Nachdem sowohl Walter Homolka als auch Micha Brumlik im Februar 2008 aus Empörung über die Karfreitagsfürbitte für die Juden ihre Teilnahme am 97. Deutschen Katholikentag im Mai in Osnabrück abgesagt hatten, erklärte Rabbiner Henry Brandt, er sei überrascht über die Absage von Walter Homolka. Zwar sei er in der Kritik an dem Text der Fürbitte mit ihm einer Meinung. Die Gespräche mit der katholischen Kirche seien jedoch gerade deshalb notwendig. Brandt betonte: „Es gibt auch jetzt noch Verhandlungsspielraum“ und „Ich glaube, es ist der falsche Weg, die Gespräche abzubrechen.“[8]

Ehrungen und Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R: Trauer um Rabbiner Henry G. Brandt. 8. Februar 2022, abgerufen am 8. Februar 2022.
  2. Neuer Landesrabbiner im Amt. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung. 13. Oktober 1983.
  3. http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/25583 Jüdische Allgemeine. 26. Mai 2016.
  4. Benannt nach Martin Buber und Franz Rosenzweig.
  5. Andreas Nachama neuer Vorsitzender. In: www.juedische-allgemeine.de. 16. Februar 2019, abgerufen am 16. Februar 2019.
  6. Ehrenmanns Bruderbund in der GEO - Das neue Bild der Erde (Nr. 2/ Februar 1988) von den Autoren Jens Rehländer und Henning Christoph (S. 19).
  7. Alois Knoller: Rabbiner Henry G. Brandt und Bischof Bertram Meier üben Gesellschaftskritik. Abgerufen am 31. Juli 2021.
  8. Auch Micha Brumlik sagt Teilnahme am Katholikentag ab
  9. Henry G. Brandt Stadt begrüßt neuen Ehrenbürger
  10. Rabbiner Brandt erhält Klaus-Hemmerle-Preis. Domradio.de, 25. Januar 2018, abgerufen am 25. Januar 2018.
  11. Rabbiner Henry G. Brandt ausgezeichnet. juedische-allgemeine.de, 26. Januar 2018, abgerufen am 26. Januar 2018.
  12. Rabbiner Dr. Henry G. Brand erhält den Estrongo Nachama Preis für Toleranz und Zivilcourage 2019. In: meridian-stiftung.de. Stiftung Meridian, abgerufen am 30. Juli 2019.