Jagdgeschwader 76

Jagdgeschwader 76

Aktiv22. Juli 1944 bis 24. April 1945
StaatDeutsches Reich NS Deutsches Reich
StreitkräfteWehrmacht
TeilstreitkraftLuftwaffe
TruppengattungFliegertruppe
TypJagdgeschwader
GliederungGeschwaderstab und 2 Gruppen
AufstellungsortStab Malacky[1]
I. Gruppe Wien-Aspern[2]
III. Gruppe Stade[3]
Zweiter WeltkriegÜberfall auf Polen
Westfeldzug
Geschwaderkommodore
Erster KommodoreMajor Anton Hackl
Letzter KommodoreMajor Ernst Düllberg
Luftfahrzeuge
AbfangjägerMesserschmitt Bf 109E/G

Das Jagdgeschwader 76 war ein Verband der Luftwaffe der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Als Jagdgeschwader, ausgestattet mit Jagdflugzeugen, erst vom Typ Messerschmitt Bf 109E/G verteidigte es zugewiesene Lufträume gegen Einflüge feindlicher Flugzeuge, oder drang in feindliche Lufträume ein, um in sogenannter freier Jagd feindliche Flugzeuge anzugreifen. In seltenen Fällen griff das Geschwader auch mit Bordwaffen Bodenziele an. Das Geschwader beteiligte sich am Überfall auf Polen und dem Westfeldzug. Es wurde am 24. April 1945, noch vor der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, aufgelöst.

Aufstellung

Der Geschwaderstab entstand am 22. Juli 1944 in Malacky[4] (Lage) aus dem Stab des Zerstörergeschwaders 76. Die I. Gruppe bildete sich erstmalig am 1. Mai 1939 in Wien-Aspern[5] (Lage) nach dem neuen Benennungsschema der Luftwaffe aus der I. Gruppe des Jagdgeschwaders 134. Diese erhielt am 4. Juli 1940 die neue Bezeichnung III. Gruppe des Jagdgeschwaders 54. Am 22. Juli 1944 wurde in Bonn-Hangelar[6] (Lage) aus der umbenannten I. Gruppe des Zerstörergeschwaders 76 eine neue I. Gruppe aufgestellt. Die III. Gruppe war die am 24. Juli in Stade[7] (Lage) umbenannte II. Gruppe des Zerstörergeschwaders 1. Eine II. Gruppe existierte nicht.[8]

Das Geschwader flog mit Jagdflugzeugen des Typs Messerschmitt Bf 109 in den Ausführungen E und zuletzt G.

Der Geschwaderstab wurde, noch vor der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht, am 24. April 1945 aufgelöst. Zuvor war schon am 25. Oktober 1944 die I. Gruppe in die IV. Gruppe des Jagdgeschwaders 300 und die III. Gruppe in die IV. Gruppe des Jagdgeschwaders 53 umgewandelt worden.

Geschichte

Überfall auf Polen

Beim deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 war die I. Gruppe des Geschwaders dem Luftgaukommando VIII der Luftflotte 4 unterstellt und sicherte vom Fliegerhorst Stubendorf[9] (Lage) aus rein defensiv den Südosten des Reiches gegen feindliche Einflüge.[10] Ab dem 7. September verlegte die I. Gruppe auf den Fliegerhorst Witkowice, wo sie dem dem Fliegerführer z.b.V. zugeteilt war, und agierte offensiv über dem südlichen Teil Polens.[11] Zu Beginn standen der I. Gruppe 49 Messerschmitt Bf 109E-1 und E-3 zur Verfügung. In der Ausführung E-3 verfügte die Maschine über einen 12-Zylinder-V-Motor Daimler-Benz DB 601 A-1 mit maximal 990 PS Startleistung, der ihr eine Höchstgeschwindigkeit von 570 km/h verlieh. Als Bewaffnung standen ihr zwei 7,92-mm-MG 17 über dem Motor (je 1000 Schuss) und zwei 20-mm-Maschinenkanonen MG FF in den Tragflächen, außerhalb des Propellerkreises feuernd (je 60 Schuss) zur Verfügung. Die I. Gruppe meldete am Ende des Feldzuges, das sie in freier Jagd und bei Begleitschutzaufgaben sechs polnische Flugzeuge abgeschossen habe.

Westfeldzug

Ab dem 26. Oktober 1939 wecheselte die I. Gruppe nach Westdeutschland, zunächst auf den Fliegerhorst Frankfurt Main[12] (Lage). Als am 10. Mai 1940 der Westfeldzug begann, lag sie auf dem Fliegerhorst Mainz-Finthen[13] (Lage) und war dem Stab des Jagdgeschwaders 2 unterstellt, das wiederum dem Jagdfliegerführer 3 der Luftflotte 3 angehörte.[14][15] Mit 46 vorhandenen Messerschmitt Bf 109E flog es in den ersten Tagen Jagdschutz über der Panzergruppe Kleist, die auf Sedan an der Maass zustrebte. Diese Bewegung mündete ab dem 13. Mai in die Schlacht bei Sedan, bei der es auch zu Luftkämpfen zwischen französischen/britischen und deutschen Fliegern kamen. Die I. Gruppe meldete allein für den 14. Mai 10 Abschüsse. Im weiteren Feldzugsverlauf flog die I. Gruppe Begleitschutz für die Kampfflieger und Sturzkampfflieger des II. Fliegerkorps, bevor sie ab dem 24. Mai bei der Schlacht von Dünkirchen zum Einsatz kam. Bei dem am 3. Juni durchgeführten Unternehmen Paula, übernahm sie Begleitschutzaufgaben für die Bomber die den Raum Reims/Epernay angriffen.[16][17] Anschließend wurde die I. Gruppe dem Stab des Jagdgeschwaders 54 unterstellt. Bis zum 19. Juni kam es noch zu Luftkämpfen, bevor der Feldzug mit dem Waffenstillstand von Compiegne am 22. Juni 1940 endete. Die I. Gruppe hatte insgesamt 69 Abschüsse gemeldet, bei 13 eigenen Flugzeugverlusten. Am 5. Juli 1940 erhielt die I. Gruppe die neue Bezeichnung II. Gruppe des Jagdgeschwaders 54.

Kommandeure

Geschwaderkommodore

DienstgradNameZeit
MajorAnton Hackl6. August 1944 bis 6. Oktober 1944[18]
MajorErnst Düllberg7. Oktober 1944 bis 24. April 1945[19]

Gruppenkommandeure

I. Gruppe
  • Hauptmann Wilfried von Müller-Rienzburg, 1. Mai 1939 bis 10. Januar 1940[20]
  • Major Günther Blumensaat, 10. Januar 1940 bis 15. Februar 1940[21]
  • Oberstleutnant Richard Kraut, 20. Februar 1940 bis 4. Juli 1940[22]
  • Hauptmann Heinrich Offterdinger, 22. Juli 1944 bis 25. Oktober 1944[23]
III. Gruppe
  • Hauptmann Egon Albrecht, 24. Juli 1944 bis 25. August 1944[24]
  • Hauptmann Hans Morr, August 1944 bis 24. Oktober 1944[25]

Bekannte Geschwaderangehörige

Literatur

  • Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Vierzehnter Band, Die Landstreitkräfte: Namensverbände/Die Luftstreitkräfte (Fliegende Verbände)/Flakeinsatz im Reich 1943–1945. Biblio Verlag, Osnabrück 1980, ISBN 3-7648-1111-0.

Einzelnachweise

  1. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–1945 Czechoslovakia. (PDF; 3,3 MB) Juni 2014, S. 18, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  2. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–1945, Austria (1937 Borders), S. 35, abgerufen am 6. August 2024.
  3. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45 Germany (1937 Borders), S. 311, abgerufen am 28. Juli 2024.
  4. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–1945 Czechoslovakia. (PDF; 3,3 MB) Juni 2014, S. 18, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  5. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–1945, Austria (1937 Borders), S. 35, abgerufen am 6. August 2024.
  6. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45 Germany (1937 Borders), S. 70, abgerufen am 6. August 2024.
  7. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45 Germany (1937 Borders), S. 622, abgerufen am 6. August 2024.
  8. Georg Tessin, S. 421
  9. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45 Germany (1937 Borders), S. 639, abgerufen am 8. August 2024.
  10. Bernhard R. Kroener: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Die personellen Ressourcen des Dritten Reiches im Spannungsfeld zwischen Wehrmacht, Bürokratie und Kriegswirtschaft 1939–1942, Band 5/1, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1988, ISBN 3-421-06232-3, S. 718.
  11. Bundesarchiv/Militärarchiv: Kriegstagebücher des Fliegerführers im Bundesarchiv Freiburg, Signatur RL 8/189 und RL 8/190
  12. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45 Germany (1937 Borders), S. 186–187, abgerufen am 8. August 2024.
  13. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45 Germany (1937 Borders), S. 423, abgerufen am 8. August 2024.
  14. Ulf Balke: Der Luftkrieg in Europa 1939–1941. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-86047-591-6, S. 401–405 (1057 S.).
  15. Leo Niehorster: German Air Force, Fighter Commander 3, 3rd Air Force, 10th May 1940, abgerufen am 8. August 2024.
  16. E. R. Hooton: Luftwaffe at War; Blitzkrieg in the West. Vol. 2. London: Chevron/Ian Allan. ISBN 978-1-85780-272-6, S. 78–79
  17. E. R. Hooton: Luftwaffe at War; Blitzkrieg in the West. Vol. 2. London: Chevron/Ian Allan. ISBN 978-1-85780-272-6, S. 263–264
  18. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G–K. (PDF) 2017, S. 268–269, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  19. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section A–F. (PDF) 2017, S. 910–911, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  20. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section L–R. (PDF) 2016, S. 562, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  21. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section A–F. (PDF) 2017, S. 463, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  22. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G–K. (PDF) 2017, S. 1131–1132, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  23. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section L–R. (PDF) 2016, S. 695, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  24. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section A–F. (PDF) 2017, S. 41–42, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).
  25. Henry L. deZeng IV, Douglas G. Stankey: Luftwaffe Officer Career Summaries, Section L–R. (PDF) 2016, S. 492, abgerufen am 6. August 2024 (englisch).