Elly Heuss-Knapp

Dr. med. Charles Henri Dauenhauer, Brandenburger Str. 24, D-89257 Illertissen - Au

Elly Heuss-Knapp hat 1934 ein Büchlein über das Straßburger Münster „Ausblick vom Münsterturm“ geschrieben. In der 2. Auflage vom Sommer 1941 hat sie ein Vorwort geschrieben, das Sie auch unter Ihrer Rubrik „Bücher“ von Elly Heuss-Knapp erwähnen, aber keiner scheint es gelesen zu haben. Es hat mir bei dessen Lektüre schier die Sprache verschlagen und lässt mich seither an ihrer angeblich regimegegnerischen, antifaschistischen Haltung zweifeln. Sie hat sich mit diesem Vorwort ohne Not und Zwang dem Regime angebiedert. „Sommer 1941“, das bedeutet, Frankreich lag am Boden, die Beneluxstaaten besetzt und der mörderische Überfall auf die Sowjetunion mit dem barbarischen Wüten der Einsatzgruppen hinter der Front hatte gerade begonnen. Da hört man sie von der „Flagge des Großdeutschen Reichs“, also der Hakenkreuzflagge, auf dem Münsterturm faseln. Sie schreibt begeistert vom „Neuaufbau des deutschen Elsaß“. Das KZ Natzweiler-Struthof bei Straßburg wurde im Mai 1941 eröffnet, für die, die von diesem „Neuaufbau“ nicht so überzeugt waren oder als rassisch minderwertig galten. Jeder, der es wissen wollte, wusste von seiner Existenz. Weiter schreibt sie vom „heutigen, gewaltigen Ringen um eine Neugestaltung des neuen Europa“. Diese Sätze mussten für die Überfallenen, Geschundenen und Ermordeten wie blanker Hohn wirken.

Dieser Text lässt mich Elly Heuss-Knapp in neuem Licht erscheinen, als eine, die sich wie viele andere auch, opportunistisch dem neuen Regime angedient hatten.

Aus historischer Sicht wäre es sinnvoll und genial wenn eine Wertung dieses unseligen Vorworts in Ihrem ansonsten wie immer hervorragenden Curriculum vitae über Elly Heuss-Knapp Eingang finden würde.