Victor Léon

Victor Léon (1894)

Victor Léon (* 4. Januar 1858 in Szenic[1], Komitat Neutra, Kaisertum Österreich; † 23. Februar 1940 in Wien; eigentlich Victor Hirschfeld, oft auch Viktor Léon) war ein österreichischer Librettist, Textdichter und Autor.

Leben

Victor Hirschfeld, Sohn des Rabbiners Jakob Heinrich Hirschfeld (* 20. Jänner 1819 in Sassin, † 6. Oktober 1902 in Wien[2]), studierte Philosophie am Lyzeum Augsburg und der Universität Wien und besuchte das Wiener Konservatorium. Danach war er zunächst als Journalist tätig. Von 1877 bis 1884 gab er die Zeitschrift Die Hausfrau: Blätter für Haus und Wirthschaft heraus, bevor er sich dann unter seinem Pseudonym Victor Léon, das er bis zu seinem Tode beibehielt, in Theaterkreisen einen Namen zu machen begann. Er war mit Hermann Bahr befreundet und hatte engen Kontakt zum Literatenkreis im Café Griensteidl.

Grab am Hietzinger Friedhof
Gedenktafel am Grab

1878 debütierte er mit Falsche Fährte an dem in Wien-Margareten von 1837 bis 1895 bestehenden Sulkowskitheater (Lage heute: Wiedner Hauptstraße 123, 123a, 125, Gassergasse 44), blieb jedoch als Theaterschriftsteller noch erfolglos. 1881 war er Dramaturg am Theater in der Josefstadt, 1882 am Carltheater und 1883 am Theater an der Wien. Er schrieb zahlreiche Dramen, Volksstücke und Essays sowie, zum Teil gemeinsam mit seinem Bruder Leo Feld, Operettenlibretti für Komponisten wie Max von Weinzierl, Rudolf Raimann, Alfred Zamara und Johann Strauss (Sohn) zusammen. Erst im Jahre 1897, als er mit Heinrich von Waldberg und dem Komponisten Richard Heuberger zusammen das Musikstück Der Opernball verfasste, gelang ihm der Durchbruch. Alsbald folgten die erfolgreichen Operetten Wiener Blut und Die lustige Witwe. Er arbeitete oft mit Leo Stein zusammen und trug mit ihm als Autor zu Lehárs Welterfolgen bei. Nach überwiegend journalistischer Tätigkeit in den Jahren von 1884 bis 1893 wurde er 1894 Dramaturg[3] und Regisseur am Theater in der Josefstadt und wirkte ab 1897 als Regisseur am Carltheater, daneben erteilte er auch Schauspielunterricht.

Mit seiner Ehefrau Ottilie, geborene Popper (* 10. April 1869; † 12. April 1942), hatte er eine Tochter, Felicitas, Lizzi genannt (* 6. Oktober 1887; † 27. November 1918). Diese heiratete 1907 den damals noch als Schauspieler und Operettensänger tätigen Hubert Marischka. Lizzi selbst schlug damals das chinesische Ambiente von Die gelbe Jacke vor, die später als Das Land des Lächelns weltberühmt wurde. Doch Lizzi starb 1918, kaum dreißigjährig, nach der Geburt ihres dritten Kindes Franz Marischka an Blinddarmentzündung.[4] Aus diesem Grunde widmete Victor Léon das Libretto für Die gelbe Jacke seiner Tochter. Léon selbst überlebte sowohl seine Tochter als auch seinen jüngeren Bruder. Zu seinen letzten Bühnenarbeiten zählt die Überwachung der Aufführungen für Lehárs Das Fürstenkind (auch: Der Fürst der Berge) im Jahre 1932. Nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 wurde ihm als Jude Berufsverbot auferlegt. Zuletzt wohnte er in Wien-Hietzing, Wattmanngasse 22. Sein ehrenhalber gewidmetes Grab befindet sich auf dem Hietzinger Friedhof (Gruppe 12, Nummer 71).

Im Hinblick auf die bevorstehende Verlassenschaftsverhandlung wurde Viktor Léon 1940 amtsgerichtlich (Hietzing) als slowakischer Staatsbürger (Zuständigkeit: Sassin) geführt.[5]

Seine Deportation, und die seiner Ehefrau, – als Juden – blieb ihm dank des Einsatzes seines Komponisten Franz Lehár erspart: Beide konnten in ihrer Villa bis zu ihrem Tod 1940 bzw. 1942 verbleiben.

Ehrungen

1955 wurde die Viktor-Leon-Gasse in Wien-Hietzing nach ihm benannt.[6]

Werke

Volksstücke

  • Gebildete Menschen. Volksstück in drei Akten, 1895[7]
  • Fräulein Lehrerin, mit Leo Feld, 1905, OBV.
  • Ein dunkler Ehrenmann. Schauspiel in drei Akten, 1919, OBV.

Komödien

Opern-, Operettenlibretti

Schriften

  • Dramaturgisches Brevier. Ein populäres Hand- und Nachschlagebuch für Bühnenschriftsteller, Schauspieler, Kritiker und Laien. Excerpte aus sämmtlichen dramaturgischen Schriften Lessings, nach Materien geordnet und mit Erläuterungen versehen. Zweite Auflage. Rubinverlag, München 1894, OBV.

Literatur

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Einzelnachweise

  1. Diese Angaben beruhen auf dem Meldezettel Léons vom 11. Mai 1937. Andere Quellen geben als Geburtsdatum und Geburtsort auch den 1. April 1856 oder 1860 und Wien an.
  2. Statt besonderer Anzeige. In: Neue Freie Presse, 10. Oktober 1902, S. 18 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  3. Theater, Kunst, Musik und Literatur. (…) Vom Josefstädter Theater. In: Neuigkeits-Welt-Blatt, Nr. 78/1894 (XXI. Jahrgang), 6. April 1894, S. 5 (unpaginiert), Spalte 3. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nwb
  4. Victor Léon im Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit (LexM), Stand: 20. Mai 2020
  5. Amtlicher Teil. (…) Aufforderung an die Erben, Vermächtnisnehmer und Gläubiger eines Ausländers. In: Völkischer Beobachter. Kampfblatt der national-sozialistischen Bewegung Großdeutschlands. Wiener Ausgabe, Nr. 184/1940, 2. Juli 1940, S. 11, Spalte 4. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/vob
  6. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Band 5. Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 540.
  7. Theater- und Kunstnachrichten. Raimund-Theater. In: Neue Freie Presse, Morgenblatt, Nr. 11215/1895, 13. November 1895, S. 6, unten rechts. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp sowie OBV.
  8. I. St.: Feuilleton. Ischler Theaterbrief. (…) Aus der Reihe der vielen Novitäten (…). In: Wiener Theater-Zeitung. Organ für Theater, Kunst und dramatische Literatur, Nr. 9/1887 (X. Jahrgang), 1. September 1887, S. 67, unten rechts. (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wth