Abraham B. Jehoshua

Abraham B. Yehoshua, 2017

Abraham B. Jehoshua (hebräisch אברהם ב. יהושע; geboren am 9. Dezember 1936 in Jerusalem, Britisch-Palästina; gestorben am 14. Juni 2022 in Tel Aviv, Israel[1]) war ein israelischer Schriftsteller und Hochschullehrer.

Leben

Abraham B. Jehoshua wurde in eine ursprünglich aus Thessaloniki stammende sephardische Familie geboren. Sein Vater war der Historiker Yaakov Jehoshua, seine Mutter die aus Marokko stammende Malka Rosilio. Das Abitur absolvierte er am renommierten Rechavia-Gymnasium.[2] Von 1954 bis 1957 diente Jehoshua bei der israelischen Fallschirmjäger-Brigade und kämpfte im Sinai-Feldzug.

Ab 1957 studierte er an der Hebräischen Universität in Jerusalem Literatur und Philosophie. Aus dieser Zeit stammen seine ersten literarischen Werke. 1962 konnte er mit einer Anthologie von einigen Erzählungen erfolgreich debütieren. In dieser Zeit heiratete er die Psychoanalytikerin Rivka, mit der er drei Kinder bekam.

1963 ging Jehoshua nach Paris an die Sorbonne und blieb dort bis 1967. Parallel zu seinen wissenschaftlichen Aufgaben leitete er während dieser Zeit als Generalsekretär die World Union of Jewish Students. 1972 nahm er einen Ruf an die Universität Haifa an und lehrte dort fortan Vergleichende Literaturwissenschaft und Hebräische Literatur, unterbrochen durch einige Studienaufenthalte im Ausland: 1974 Writer in Residence am St Cross College (University of Oxford) und Gastprofessuren in Harvard (1977), Chicago (1988, 1997, 2000) und Princeton (1982).

Jehoshua starb am 14. Juni 2022 im Ichilov Hospital im Tel Aviv Sourasky Medical Center im Alter von 85 Jahren infolge eines Krebsleidens.[1]

Rezeption

Abraham B. Jehoshua, 2009

Jehoshua gehörte zu den bekanntesten und beliebtesten Schriftstellern in Israel. Sein Werk umfasst Erzählungen, Romane, Theaterstücke und politische Essays. Jehoshua zählte William Faulkner, Samuel Agnon und Franz Kafka zu seinen wichtigsten Vorbildern, mit denen ihn der Literaturkritiker Harold Bloom 1984 verglich.[3]

Jehoshua machte es sich zur Aufgabe, zwischen Arabern und Israelis eine Mittlerrolle zu spielen. Er war Befürworter eines eigenen Palästinenserstaates.[4] Da er diese Position für nicht mehr realistisch hielt, plädierte er kurz vor seinem Tod für eine „israelisch-palästinensische Partnerschaft“, die in letzter Konsequenz zu einem gemeinsamen Staat führen würde (Haaretz, 19. April 2018).

In seinem literarischen Werk thematisierte Jehoshua wiederholt wichtige politische Themen. Der Roman Der Liebhaber spielt 1973 in Israel zur Zeit des Jom-Kippur-Kriegs. Die politischen und militärischen Verhältnisse spiegeln sich im Verfall einer Familie. Die Handlung wird aus sechs verschiedenen Perspektiven dargestellt, darunter der eines Arabers.

In seinem Roman Die Reise ins Jahr Tausend vermischen sich die arabischen und die jüdischen Lebenswelten im Mittelalter des Jahres 1000. Im Fokus stehen zwei jüdische Händler, Onkel und Neffe; der Onkel lebt im arabischen Nordafrika, der Neffe im christlichen Frankreich. Auch hier wird die Versöhnung der unterschiedlichen kulturellen und religiösen Welten angestrebt.

Auffällig in seinen Erzählungen ist der Gegensatz zwischen starken Frauen und männlichen Antihelden. Die Männer sind mit einer destruktiven Charakteranlage und der anhaltenden Unfähigkeit gezeichnet, dauerhafte Beziehungen herzustellen. Dies Manko suchen sie durch Wunschfantasien auszugleichen im Verhältnis zu älteren oder sehr viel jüngeren Frauen (so in seinem Roman Rückkehr aus Indien) oder auch Kindern, durch imaginierte inzestuöse Beziehungen. In seinem Roman Die befreite Braut sind die schwachen oder scheiternden Männer Sinnbild für Defizite oder gar das Scheitern des Zionismus.

Ehrungen (Auswahl)

Werke (Auswahl)

Erzählungen

Romane

Theaterstücke

  • Objekte. (o. J.)
  • A night in May. A play in three acts. Tel Aviv 1974.
  • Hinterlassenschaften. Theaterverlag Stückgut, München 1986.
  • A woman in Jerusalem. Halban, London 2006, ISBN 1-870015-98-3.

Politische Essays

Literatur

  • Bernard Horn: Facing the fires. Conversations with Abraham B. Yehoshua (Judaic traditions in literature, music and art). University Press, Syracus, N.Y. 1997, ISBN 0-8156-0493-9.
  • Adam Z. Newton: Not quite Holocaust Fiction. Abraham B. Yehoshua’s „Mr. Mani“ and W. G. Sebalds „The emigrants“. In: Marianne Hirsch, Irene Kacandes (Hrsg.): Teaching the respectations of the Holocaust. (Options for teachinG; 18). MLAA, New York 2004, ISBN 0-87352-348-2, S. 422–430.
  • Gilead Morahg: Shading the truth. Abraham B. Yehoshua’s „Facing the Forests“. In: William Cutler, Davcid C. Jacobson (Hrsg.): History of Literature. New Readings of Jewish Texts in honour of Arnold J. Band. (Brown Judaic Studies; 334). University Press, Providence, RI 2002, ISBN 1-930675-13-5, S. 409–418.
  • Gershon Shaked: Gerson Shaked interviewed Abraham B. Yehoshua. In: Modern Hebrew Literature/3. Serie, Jg. 3 (2006), Heft 3, S. 157–169, ISSN 0334-4266.
  • Matthias Morgenstern: Fremde Mutter „Erez Israel“. In: Jahrbuch für Biblische Theologie 23 (2008), S. 195–210.
  • Matthias Morgenstern: Freundliches Feuer, feindliches Feuer. Krieg und Kriegsfolgen als Themen der israelischen Literatur. In: Karl Müller, Werner Wintersteiner (Hrsg.): Die Erde will keinen Rauchpilz tragen. Krieg und Frieden in der Literatur, Innsbruck-Wien-Bozen 2011, S. 181–201.
  • Yehoshua, Avraham, in: Yaacov Shimoni: Biographical dictionary of the Middle East. New York: Facts on File, 1991, S. 239
Commons: A.B. Yehoshua – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Israeli writer A.B. Yehoshua passes away at 85. Abgerufen am 14. Juni 2022 (amerikanisches Englisch).
  2. Anat Feinberg: Abraham B. Jehoschua: Meister und Mentsch. In: www.juedische-allgemeine.de. 16. Juni 2022, abgerufen am 21. Juni 2022.
  3. Harold Bloom: Domestic derangements. A late divorce. In: The New York Times. vom 19. Februar 1984.
  4. Abraham B. Jehoshua: Mauer oder Grenze. Warum der Staat Israel sich im Interesse von Frieden und Sicherheit dringend von den Palästinensern trennen muss – wenn es sein muss, auch einseitig. In: Die Welt vom 16. August 2003, ISSN 0173-8437
  5. a b aus dem Hebräischen übersetzt von Jakob Hessing.
  6. a b c d e Aus dem Hebräischen übersetzt von Ruth Achlama.
  7. Rezension auf haaretz.co.il