Jürgen Pohl (Politiker)

Jürgen Pohl, 2019

Jürgen Hans Pohl (* 7. Januar 1964 in Magdeburg) ist ein deutscher Politiker (AfD) und Rechtsanwalt. Er ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Leben

Jürgen Pohl besuchte die Polytechnische Oberschule (POS) und machte von 1980 bis 1983 eine Berufsausbildung zum Elektromonteur mit Abitur. Im Anschluss diente er 18 Monate bei den Grenztruppen der DDR und studierte von 1985 bis 1989 Rechtswissenschaften an der Universität Halle. Seit 1992 ist er als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und lebt in Mühlhausen/Thüringen.

Politik

Pohl ist seit 2013 Mitglied der Alternative für Deutschland im Kreisverband Nordthüringen. Von Oktober 2016 bis November 2020 gehörte er als Beisitzer dem Landesvorstand der AfD Thüringen an. Zum Tag der Arbeit 2017 gab er die Gründung des „Alternativen Arbeitnehmerverbandes Mitteldeutschland“ (ALARM) als eine Gewerkschaft bekannt.[1] Er ist zudem Beisitzer im Vorstand der AfD-nahen Akademischen Erasmus-Stiftung.

Bei der Bundestagswahl 2017 wurde er über die Landesliste Thüringen in den 19. Deutschen Bundestag gewählt. Als Direktkandidat im Bundestagswahlkreis Eichsfeld – Nordhausen – Kyffhäuserkreis kam er mit 21,4 % der Stimmen auf den zweiten Platz.[2] Bei der darauffolgenden Bundestagswahl im September 2021 zog er erneut über den Listenplatz 2 als Direktkandidat in den Bundestag ein.[3]

Im 19. Deutschen Bundestag war Pohl ordentliches Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales[4] und gehört als stellvertretendes Mitglied dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend an. Im 20. Deutschen Bundestag ist Pohl wieder Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

Pohl gehört nach Recherchen von Zeit Online, die im März 2018 veröffentlicht wurden, zu 18 Bundestagsabgeordneten der AfD, die Mitarbeiter mit rechtsradikalem bis rechtsextremem Hintergrund für ihre Mandatsaufgaben und parlamentarische Arbeit beschäftigten. Sein damaliger Mitarbeiter Heiko Luge war früher bei der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit und schrieb für Sleipnir, eine kleine Zeitschrift der Querfront, die eine rechte Revolution forcieren wollte.[5] Er ist Gründer und Sprecher des „Alternativen Arbeitnehmerverbandes Mitteldeutschland“ (ALARM). Zusammen mit Stephan Brandner macht er Wahlkampf als „Die Volksanwälte“.[6]

Nach dem Entzug der AfD-Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz im Mai 2020 positionierte Pohl sich gegen den Bundesvorstand um Jörg Meuthen;[7] auf Facebook veröffentlichte er unter der Überschrift „Wir sind Spalter!“ eine Fotomontage mit den Köpfen der acht Mitglieder des Vorstandes, die für die Annullierung der Mitgliedschaft gestimmt hatten.[7] Pohl galt seitdem als einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker Meuthens und forderte ihn auf dem Bundesparteitag der AfD im November 2020 zum Austritt auf. Auf seinen Wahlkampfveranstaltungen trat er weiter mit Andreas Kalbitz auf. Nach Recherchen der WELT beschäftigte Pohl seit 2023 den der Neuen Rechten zugerechneten Autor Benedikt Kaiser als wissenschaftlichen Mitarbeiter im Bundestag.[8]

Positionen

Pohl auf einer Wahlkampfveranstaltung zur Thüringer Landtagswahl 2019 in Nordhausen

Pohl setzt sich nach eigener Aussage für die Rentenangleichung Ost/West ein. Er ist für die Einschränkung der Leiharbeit und die Einführung eines „Wohlstandslohns“.[9]

Spiegel Online beschrieb Pohl im September 2017 als einen engen „Weggefährte[n] von Rechtsaußen Björn Höcke“, er leite dessen Wahlkreisbüro.[10] In einer Rede sagte Pohl, der Gegner habe sich „die Abschaffung des deutschen Staatsvolkes und die Vernichtung des Stolzes der deutschen Nation auf die Fahnen geschrieben“. Er nannte es eine „biblische Herausforderung“, alle „illegalen Ausländer“ abzuschieben. Auf einem Parteitag der Thüringer AfD sprach er von „feigen Gestalten“, die noch „da oben“ säßen, „[v]om Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott“, und die „das Volk einst richten“ werde.[10][11][12][13]

Pohl ist nach Bericht der Frankfurter Rundschau ein erklärter Anhänger der islamfeindlichen und rechtspopulistischen Pegida.[14]

Im Mai 2023 wurde bekannt, dass Pohl als Mitarbeiter Benedikt Kaiser beschäftigt, der in jungen Jahren in rechtsextremen Kameradschaften und neonazistischen Gruppen aktiv war, sich später der Neuen Rechten zuwandte und seit 2013 in Götz Kubitscheks Verlag und für dessen Zeitschrift Sezession arbeitet.[15]

Weblinks

Commons: Jürgen Pohl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kundgebungen und Demonstrationen am Tag der Arbeit. (Memento vom 25. September 2017 im Internet Archive) MDR, 1. Mai 2017.
  2. Wahlkreis 189 Eichsfeld – Nordhausen – Kyffhäuserkreis. Landeswahlleiter Thüringen, abgerufen am 26. September 2017.
  3. Bundestagswahl 2021. Das sind die 19 Bundestagsabgeordneten aus Thüringen. MDR, 27. September 2021, abgerufen am 28. September 2021.
  4. Deutscher Bundestag – Abgeordnete. Jürgen Pohl, AfD. In: Deutscher Bundestag. Abgerufen am 5. Juni 2023.
  5. Kai Biermann, Astrid Geisler, Johannes Radke, Tilman Steffen: AfD-Abgeordnete beschäftigen Rechtsextreme und Verfassungsfeinde. Ein Nazi-Netzwerk im Deutschen Bundestag: Mindestens 27 Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten sind Aktivisten und Anhänger rechtsradikaler Organisationen. In: Zeit online. 21. März 2018, abgerufen am 5. Juni 2023.
  6. Michael Ghanem: 2005–2018: Deutschlands verlorene 13 Jahre. Teil 2: Und sie schlafen den Schlaf der Gerechten. Politisches System – Quo vadis? tredition, Hamburg 2018, ISBN 978-3-7469-4043-4, S. 307 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. a b Nach Kalbitz-Rauswurf: Höcke kündigt Widerstand an. Nach dem Rauswurf des Brandenburger AfD-Chefs Kalbitz steht die Partei vor einem offenen Machtkampf. Thüringens AfD-Chef Höcke kündigte an, er werde gegen die „Spaltung“ der Partei kämpfen. In: Tagesschau. 16. Mai 2020, archiviert vom Original am 16. Mai 2020; abgerufen am 6. Juni 2023.
  8. Frederik Schindler: Rechtsextremismus:AfD-Abgeordneter im Bundestag beschäftigt langjährigen Neonazi. In: Die Welt. 29. Mai 2023, abgerufen am 29. Mai 2023.
  9. Angelo Glashagel: Bundestagswahl 2017. Bei den Kandidaten nachgefragt. In: nzz-online.de. Volker Georg Franke, 24. September 2017, abgerufen am 26. September 2017.
  10. a b Rechtspopulisten im Bundestag. Die neuen Abgeordneten der AfD. In: Spiegel Online. 27. September 2017, abgerufen am 26. September 2017.
  11. Katja Bauer, Maria Fiedler: Die Methode AfD. Der Kampf der Rechten: Im Parlament, auf der Straße – und gegen sich selbst. Klett-Cotta, Stuttgart 2021, ISBN 978-3-608-98412-5, S. 144 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  12. ZDFheute Nachrichten: heute-journal (ab 0:08:46) auf YouTube, 25. Mai 2021, abgerufen am 5. Juni 2023 (Videoaufnahme).
  13. ots: dpa-Faktencheck. Diese Zeilen stammen im Original von einer Neonazi-Dichterin. In: Presseportal. news aktuell GmbH, 9. Oktober 2019, abgerufen am 6. Juni 2023.
  14. Nico Schnurr: Bundestag: Die Neuen der AfD. In: Frankfurter Rundschau. 27. September 2017 (fr.de (Memento vom 9. Februar 2018 im Internet Archive) [abgerufen am 9. Februar 2018]).
  15. Sebastian Huld: Potsdam-Treffen keine Ausnahme: AfD badet im braunen Sumpf. In: n-tv. 20. Januar 2024, abgerufen am 22. Januar 2024.