Efgani Dönmez

Efgani Dönmez (2013)

Efgani Dönmez (* 30. Oktober 1976 in Kangal, Sivas, Türkei) ist ein österreichischer Sozialarbeiter, Unternehmensberater und Politiker türkischer Herkunft (derzeit parteilos; zuvor Die Grünen bzw. ÖVP).

Von 2008 bis 2015 war er vom Oberösterreichischen Landtag entsandtes Mitglied des Bundesrates. Vom 9. November 2017 bis zum 22. Oktober 2019 war er Abgeordneter zum Nationalrat.

Werdegang

Dönmez kam mit seiner Familie Ende 1976 nach Österreich. Er besuchte die Volksschule in Pinsdorf, danach die Hauptschule und die polytechnische Schule in Gmunden. Sein erster erlernter Beruf ist Gas-Wasser-Heizungstechniker und von 1998 bis 2002 arbeitete er als Installateur und Hausmeister. An der Universität Linz absolvierte er von 1997 bis 1999 den Studienberechtigungslehrgang und im Anschluss von 2000 bis 2004 die Linzer Landesakademie für Sozialarbeit für Berufstätige. An der Universität Linz studierte er 2008/2009 Konfliktmanagement und Mediation (Abschluss als PMM, Professional Master of Mediation, 2010). Daneben war er seit 2000 in verschiedenen Bereichen bei der Volkshilfe Oberösterreich tätig, wo er 1999/2000 auch seinen Zivildienst ableistete, zuerst in der Hausaufsicht eines Jugendprojekts, später in der Öffentlichkeitsarbeit, als Sozialarbeiter und in der Betreuung von Flüchtlingen und Migranten. Seit 2006 ist er Lektor an der Fachhochschule für Sozialarbeit.[1] Dönmez ist auch als Unternehmensberater und im Projektmanagement tätig.[2] Er publiziert in unterschiedlichen Medien, wie den Oberösterreichischen Nachrichten, wo er eine eigene Kolumne "Dönmez Direkt" wöchentlich Kommentare zu gesellschaftspolitischen Themenstellungen schrieb. Er schreibt als Gastautor in diversen Publikationen, wie der VGN-Mediengruppe im "Oberösterreich Magazin" und vielen anderen Zeitschriften, Zeitungen und Magazinen.

Politik

Seit 2000 engagierte sich Dönmez bei Projekten der Teilorganisation der Grünen-OÖ Die Grünen Interkulturell. 2006 wurde er in den Vorstand der Grünen in der Stadt Linz und 2007 in den jenen der Grünen Bildungswerkstatt gewählt.[3]

Im Zuge der Proteste in der Türkei 2013 gegen die Regierung unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan meinte Dönmez in einem Kommentar auf seiner Facebook-Seite, bezugnehmend auf einen Artikel der Boulevardzeitung Heute über eine in Wien geplante Kundgebung, zu der rund 5.000 Anhänger Erdoğans erwartet werden, „5000 One-Way-Tickets und keiner würde denen nachweinen...“.[4] Von Seiten der Grünen erntete er dafür deutliche Kritik. Ebenfalls via Facebook wies Grünen-Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner die Aussagen Dönmez’ zurück, denn die Grünen könnten „nicht einerseits die Politik Erdoğans kritisieren, der friedliche Andersdenkende mit Tränengas und Wasserwerfern gewaltsam bekämpfen lässt, und anderseits gleichzeitig Zwangsmaßnahmen für hier lebende Andersdenkende fordern.“[4][5][6][7] Während in Österreich lebende Anhänger Erdoğans wie in der Gruppierung New Vienna Turks seinen Rücktritt forderten, fand er bei anderen, wie der Initiative Liberaler Muslime Österreich, Unterstützung.[8][6] Wenige Tage später nahm Dönmez seine Aussage zurück, da es eine „unglückliche, überspitzt getätigte Formulierung und eine Grenzverletzung“ gewesen sei.[9]

In den Nachbetrachtungen zu den Kontroversen um den Wiener Akademikerball 2014 beklagte Dönmez die „Doppelmoral“ der Grünen. Er bekundete in seinem Blog, dass ihm die „Doppelmoral“ aus den eigenen Reihen „bitter aufstößt“. Diese ortet er – versichernd, dass er für keine Seite Sympathie hege – darin, dass „national-islamistische Strömungen, welche auf Wiens Straßen ‚Wir sind Soldaten Erdoğans‘ skandieren“, aus grüner Sicht „unter Meinungsfreiheit und Menschenrechte“ fallen. „Aber wenn Ballbesucher mit einem deutschnationalen Weltbild und sonstigem rechten Gedankengut diesen besuchen, dann wird dagegen massiv gewettert und versucht dies mit (fast) allen Mitteln zu bekämpfen.“[10]

Am 16. Oktober 2015 wurde Dönmez von den oberösterreichischen Grünen nicht mehr als Bundesrat nominiert; an seiner statt zog David Stögmüller aus Braunau in den Bundesrat ein. Dönmez kommentierte dies damit, dass bei den Grünen „Querdenker in den eigenen Reihen unerwünscht“ seien.[11]

Im Oktober 2016 lud Dönmez den Sprecher der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ), Martin Sellner, in der Talkshow Talk im Hangar-7 ein, mit ihm ein Flüchtlingsheim zu besuchen, damit dieser vielleicht seine Sichtweise ändern würde.[12] Nachdem ihm Ende Mai 2017 dieser Besuch mit Sellner in einem Asylwerberheim vom zuständigen oberösterreichischen Landesrat Rudi Anschober (Die Grünen) mit Unterstützung des Landesparteivorstands der Grünen in Oberösterreich untersagt wurde, erklärte Dönmez seinen Austritt aus der Partei. Zur Begründung sagte er gegenüber der Tageszeitung Der Standard, dass die Entscheidung des Landesrats, hinter den sich in der Folge auch die Spitze der oberösterreichischen Grünen gestellt habe, zeige, dass die Grünen seiner Meinung nach „immer mehr zu einer Sekte“ würden.[13] Anderen Medienberichten zufolge stand der Parteiaustritt auch im Zusammenhang mit einem Angebot, bei der Nationalratswahl 2017 auf der ÖVP-Liste von Sebastian Kurz zu kandidieren.[2]

Am 3. Juli 2017 stellte Dönmez in Berlin einer Pressekonferenz die von ihm gegründete europäische BürgerinitiativeStop Extremism“ vor, für die er als Vorsitzender des Unterstützungskomitees („Chair of Support Committee“) fungiert. Als „prominente Mitstreiterin“ konnte Dönmez die Berliner Frauenrechtlerin und Imamin Seyran Ateş für das Vorhaben gewinnen, dessen Ziel es ist, „eine Million Unterschriften in zumindest sieben europäischen Staaten zu erreichen, um [eine] EU-Richtlinie durchzusetzen, die Schlupflöcher bei der Bekämpfung von Extremismus schließen und europaweit einen effektiven Schutz vor Extremismus etablieren soll“.[14] Einem Bericht der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ zufolge ist „Kernpunkt“ des von „Stop Extremism“ vorgeschlagenen Gesetzentwurfs „die doppelte Forderung nach einem europaweiten Gütesiegel, das vergeben werden soll an Firmen, Institutionen und so weiter, die sich gegen Extremisten wenden. Außerdem eine europaweite ‚Warnliste‘ von Individuen, Organisationen und Institutionen, die als Extremisten gelten“. Die Zeitung erblickt hierin „den Versuch, einen europäischen McCarthyismus zu institutionalisieren“.[15] 2023 kündigte die EU-Kommission eine Überprüfung der Finanzen dieser Bürgerinitiative an, da vermutet wird, dass ausländische Staaten (Vereinigte Arabische Emirate) bei der Finanzierung mitgeholfen hätten.[16] An die Öffentlichkeit gelangte interne Chats der Gruppe enthalten Aufforderungen die Muslimbruderschaft, die Türkei und Katar zu attackieren, Saudi-Arabien jedoch nicht zu erwähnen.[17][18][19]

Am 7. Juli 2017 wurde bekannt gegeben, dass er bei der Nationalratswahl als Experte für Integration und Asyl auf Platz fünf der Liste Kurz kandidieren soll.[20] Eine Aufnahme in die ÖVP lehnte er jedoch in einem Zeitungsinterview im August 2017 ausdrücklich ab.[21]

Dönmez sah sich Anfang September 2018 mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, nachdem er sich auf Twitter über die Staatssekretärin und Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund Sawsan Chebli (SPD) beleidigend geäußert hatte.[22][23] Efgani Dönmez antwortete auf die Frage eines Twitter-Nutzers, wie Sawsan Chebli zu ihrem Amt gekommen sei, mit: „Schau dir mal ihre Knie an, vielleicht findest du da eine Antwort.“ Dönmez entschuldigte sich für seinen herabwürdigenden Tweet und wollte ihn nicht sexistisch verstanden wissen.[23][24][25] Einen Tag nach Bekanntwerden des Tweets entschied sich der Parlamentsklub der ÖVP, Dönmez aus ihrem Klub auszuschließen.[26] Ab dem 4. September 2018 bis zum 22. Oktober 2019 war er fraktionsloser Abgeordneter zum Nationalrat.[27]

Im Dezember 2022 nahm Dönmez in Wien an einer Diskussion über den russischen Überfall auf die Ukraine teil, die vom ehemaligen österreichischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (Ex-FPÖ) moderiert wurde. Dabei sagte Dönmez, es werde uns „ein Narrativ vorgesetzt, eine Geschichte, die wir unreflektiert anzunehmen haben. Ich sage als Mediator: Ich möchte auch einen Herrn Putin verstehen“. Weiter meinte Dönmez, der Krieg sei ein Stellvertreterkrieg der Großmächte, in dem militärische Ausrüstung getestet werde. Die EU agiere lediglich als „Vasallenstaat“ der USA, denen Putin mit dem Krieg einen Gefallen getan habe.[28]

Auszeichnungen

Weblinks

Commons: Efgani Dönmez – Sammlung von Bildern

Veröffentlichungen

Einzelnachweise

  1. Österreichisches Parlament: Efgani Dönmez, PMM
  2. a b Christoph Kotanko: Sebastian Kurz angelt nach Efgani Dönmez. In: Oberösterreichische Nachrichten. 30. Mai 2017, abgerufen am 30. Mai 2017.
  3. efganidoenmez.at: Biografie (Memento vom 29. August 2013 im Internet Archive)
  4. a b Kurier: Grüner Bundesrat: „Schickt alle heim, die für Erdoğan sind“, 17. Juni 2013
  5. Der Standard: „Er ist zu weit gegangen“, 18. Juni 2013
  6. a b ORF: Türken-Sager sorgt für Aufregung, 18. Juni 2013
  7. Die Grünen OÖ: Klarstellung der Grünen OÖ zu Türkei-Aussagen von BR Efgani Dönmez, 17. Juni 2013
  8. Kurier: Erdoğan-Anhänger fordern Rücktritt Dönmez' , 18. Juni 2013
  9. Dönmez nimmt „Türken-Sager“ zurück auf ooe.orf.at, abgerufen am 19. Juni 2013
  10. Wirbel um Website des grünen Nachwuchs – Grüner Bundesrat kritisiert „Doppelmoral“ auf orf.at, abgerufen am 28. Jänner 2014
  11. Grüner Bundesrat Dönmez parteiintern abgewählt – Sozialarbeiter: "Querdenker in den eigenen Reihen sind unerwünscht". derstandard.at, 16. Oktober 2015, abgerufen am 19. Oktober 2015.
  12. Talk im Hangar-7: "Ich strecke Ihnen die Hand aus". In: DiePresse.com. 21. Oktober 2016, abgerufen am 30. Mai 2017.
  13. Markus Rohrhofer: Dönmez verlässt die Grünen im Streit. In: Der Standard. 31. Mai 2017, S. 6 (Online [abgerufen am 25. November 2017]).
  14. „Dönmez gründet Bürger-Initiative gegen Extremismus“, nachrichten.at (Oberösterreichische Nachrichten), 4. Juli 2017
  15. „Dieser Ex-Grüne will Europas Demokratie aus den Angeln heben“, DIE WELT, 3. Juli 2017
  16. Anna Thalhammer: Operation Luxor: Nehammers Debakel. In: Profil. 2. April 2023, abgerufen am 10. August 2023.
  17. Michael Völker: Causa Dönmez: "Risikoabwägung" im Kampf gegen Extremismus. In: Der Standard. 10. Oktober 2017, abgerufen am 19. August 2023.
  18. Anna Thalhammer: Dönmez: „Kein Cent von Saudis“. In: Die Presse. 10. Oktober 2017, abgerufen am 19. August 2023.
  19. Daniel Bax: Der Feind meines Feindes. In: Taz. 30. Oktober 2017, abgerufen am 19. August 2023.
  20. orf.at: Ex-Grüner Dönmez kandidiert auf Liste Kurz. Artikel vom 7. Juli 2017, abgerufen am 7. Juli 2017
  21. "Der politische Islam vereinnahmt den öffentlichen Raum". kurier.at, 13. August 2017, abgerufen am 13. August 2017.
  22. ÖVP-Mandatar Dönmez wegen sexistischem Tweet unter Kritik. In: Der Standard. 2. September 2018, abgerufen am 2. September 2018.
  23. a b Tom Schaffer: Rücktrittsforderungen an ÖVP-Abgeordneten Dönmez nach sexistischem Tweet. In: Kurier. 2. September 2018, abgerufen am 2. September 2018.
  24. Efgani Dönmez auf Twitter: "1/2Mein Tweet über Frau Chebli hat für wilde Interpretationen gesorgt. Es war niemals meine Absicht Frau Chebli wegen ihres Geschlechts oder politischen Parteizugehörigkeit zu diffamieren, wenn dies so aufgefasst wurde entschuldige ich mich aufrichtig dafür." 2. September 2018, abgerufen am 2. September 2018.
  25. Efgani Dönmez auf Twitter: "Aufgrund der ausgelösten Diskussionen sehe ich im Nachhinein, dass ich Frau Chebli herabgewürdigt habe. Das war ein Moment der Schwäche, absolut falsch von mir und dafür entschuldige mich bei ihr aufrichtig und bei allen, die sich dadurch verletzt fühlen." 2. September 2018, abgerufen am 2. September 2018.
  26. Über „Knie“ gestolpert: ÖVP-Klub schließt Efgani Dönmez aus, DiePresse.com am 3. September 2018
  27. Dönmez: ÖVP-Ausschluss "völlig überzogene Entscheidung". Kurier, 4. September 2018, abgerufen am 4. September 2018.
  28. Straches „Friedensplattform“ kritisiert Europa für Umgang mit Moskau kurier.at, 13. Dezember 2022
  29. Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer überreichte Ehrenzeichen (Memento vom 5. Juni 2018 im Internet Archive). Landeskorrespondenz Nr. 243 vom 20. Dezember 2016, abgerufen am 5. Juni 2018.