Aspergillus sojae

Aspergillus sojae

Aspergillus sojae auf Sojabohnen und Weizenkörnern

Systematik
Klasse: Eurotiomycetes
Unterklasse: Eurotiomycetidae
Ordnung: Eurotiales
Familie: Trichocomaceae
Gattung: Gießkannenschimmel (Aspergillus)
Art: Aspergillus sojae
Wissenschaftlicher Name
Aspergillus sojae

Aspergillus sojae (醤油麹菌 ‚shōyu-kōji-kin‘) ist ein Schimmelpilz aus der Gattung der Gießkannenschimmel (Aspergillus sp.), der als eine Form des gelben Kōji zur Fermentation unter anderem von Sojasauce und Miso verwendet wird.[1][2][3] A. sojae wurde erstmals 1944 als eine eigenständige Art im Kōji beschrieben.[4] Zuvor war Aspergillus sojae als eine Varietät von Aspergillus parasiticus angesehen worden, weil er im Gegensatz zu den übrigen Pilzen, die Teil des Kōji sind, nie aus dem Boden isoliert worden war.[5]

Aspergillus sojae und A. oryzae sind Verwandte der Pilze Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus. Alle vier Arten gehören zur A. flavus-Gruppe. Die Trennung zwischen den Arten ist nicht konsistent und sowohl morphologische als auch molekulare Beweise sprechen für eine Artgenossenschaft. Der hohe Grad an Identität spiegelt sich in der unterschiedlichen Identifizierung der in Sammlungen aufbewahrten Referenzkulturen wider.[6]

Morphologie

Pilze der Gattung Aspergillus sind fadenförmig und bestehen hauptsächlich aus Kettenzellen (Hyphen). Die Hyphen, aus denen das Myzel dieses Pilzes besteht, sind septiert und haben einen Durchmesser von etwa 2,6 bis 8,0 Mikrometer. Die Hyphen sind verzweigt und bilden bei Kontakt mit Luft Konidienköpfe. Diese Köpfe können bis zu 500.000 Konidien produzieren. Die Konidienköpfe besitzen einen Konidiophor, der an seinem Ende eine Verdickung aufweist, ähnlich einer Art Bläschen. Sie sind von länglichen Strukturen (Phialiden) bedeckt. Die Funktion der Phialiden besteht darin, große Konidiensäulen zu produzieren, die meist eine runde Form haben und einen Durchmesser zwischen 2 und 5 Mikrometern haben. Diese Konidien gelten als infektiöse Fortpflanzungsorgane, die den Ausgangspunkt für die Entwicklung des Pilzmyzels bilden.

Unter dem Lichtmikroskop sind die Hyphen gleichmäßig und weisen ein baumartiges Verzweigungsmuster auf. Die Zweige sind dichotom. Ebenso haben die Hyphen parallele Umrisse. Kolonien, die durch Kultivierung im Labor gewonnen werden, haben je nach der zu kultivierenden Aspergillus-Art unterschiedliche Farben. Zunächst sind sie weiß, später kann sich diese Farbe jedoch in Gelb, Braun, Grün oder sogar Schwarz ändern. Aspergillus sojae-Kolonien werden im Allgemeinen als gelb oder hellgelb beschrieben. Dies ist ein gemeinsames Merkmal dieser Art, es muss jedoch beachtet werden, dass die Wachstumsbedingungen die Färbung der Kolonien beeinflussen können und in manchen Situationen auch andere Farben wie Dunkelgelb oder andere Farbtöne auftreten können. Die Kolonien haben eine samtartige Oberflächenbeschaffenheit.

Stoffwechsel

Die Arten der Gattung Aspergillus werden als Saprophyten klassifiziert. Sie ernähren sich von toten oder verwesenden biologischen Stoffen. Kōji-Pilzarten gelten im Allgemeinen als ungiftig, während andere Aspergillus-Arten mit krebserregenden Aflatoxinen in Verbindung gebracht werden. Daher ist die zuverlässige Identifizierung einzelner Stämme für Anwendungszwecke von großer Bedeutung. Trotzdem und aufgrund der Nähe zwischen den Arten wurden Fälle von Kōji-Stämmen beobachtet, die an der Produktion von einzelnen Mykotoxinen beteiligt sind.[6]

Lebenszyklus

Asexuelle Fortpflanzung

Die bei diesen Pilzen am häufigsten beobachtete Art der Fortpflanzung ist die asexuelle. Es wird durch asexuelle Sporen produziert, sogenannte Konidien. Durch die Einwirkung des Windes werden die Konidien freigesetzt und transportiert. Wenn sie auf das Substrat fallen und die Umgebungsbedingungen in Bezug auf Luftfeuchtigkeit und Temperatur ideal sind, beginnen sie zu keimen. Die erste Struktur, die sich bildet, ist zunächst ein Keimschlauch, der sich schließlich in ein neues Myzel verwandelt.

Sexuelle Fortpflanzung

Pilze verfügen über eine bemerkenswerte Vielfalt an Sexualorganen und Fortpflanzungsprozessen und passen sich an unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien an. In vielen Pilzen finden sich männliche Geschlechtsorgane (Antheridium) und weibliche Geschlechtsorgane (Ascogonium oder Trichogyn), die während des Fortpflanzungszyklus bestimmte Funktionen erfüllen.

Die weiblichen Geschlechtsorgane sind in mehrere Teile gegliedert. Der Trichogyn, der sich am Ende befindet, ist die entscheidende rezeptive Region, da sich hier die männlichen Gameten (Antherozoiten) während des Prozesses der Plasmogamie verbinden, also der Verschmelzung der Gameten. Im Anschluss daran finden wir die Ascogi, eine wichtige Region für die Bildung neuer Myzelien und die Produktion von Asci, den Strukturen, die die Sexualsporen enthalten. Als Nächstes kommt der Stiel, der dem gesamten weiblichen Geschlechtsorgan strukturelle Unterstützung bietet.

Die männlichen Geschlechtsorgane, die Antheridien, sind dagegen einzellige Gebilde, die sich am Ende des Polyknotens befinden. Seine Hauptfunktion ist die Fusion mit dem Trichogyn während des Reproduktionsprozesses. Diese Verschmelzung, führt zur Bildung von Strukturen, die die Sexualsporen, die Ascosporen, enthalten.

Der Prozess der sexuellen Fortpflanzung von Pilzen beinhaltet die Verschmelzung männlicher und weiblicher Gameten, wodurch die Bildung von Asci ausgelöst wird, die später Ascosporen enthalten. Diese Elemente kommen in kleistotheciumähnlichen Strukturen bestimmter Pilze vor, beispielsweise der Gattung Aspergillus, wo Ascosporen reifen und bei voller Entwicklung freigesetzt werden. Beim Fallen auf das Substrat keimen die Ascosporen.

Verwendung als Ferment

Der ebenfalls als gelber Kōji verwendete A. oryzae besitzt drei α-Amylase-Gene, wodurch er Stärke relativ schnell zu Glucose abbauen kann.[7] Dagegen weist A. sojae nur ein α-Amylasegen unter einem schwachen Promotor auf und die CAAT-Box besitzt eine genexpressionsabschwächende Mutation (CCAAA anstatt CCAAT), besitzt aber eine höhere Enzymaktivität der Endopolygalacturonase und der Glutaminase.[7] Eine zu schnelle Freisetzung von Glucose aus Stärke zu Beginn der Fermentation behindert das Wachstum der Mikroorganismen in der Reifungsphase.[7] Für den Abbau von Proteinen zu Aminosäuren besitzt A. oryzae Stamm RIB40 65 Endopeptidasegene sowie 69 Exopeptidasegene und A. sojae Stamm SMF134 83 Endopeptidasegene und 67 Exopeptidasegene.[7] Ebenso sind in A. oryzae stärkeabbauende Enzyme (Glucosidasen) stärker und proteinabbauende Enzyme (Proteasen) schwächer exprimiert und die Geruchsprofile unterscheiden sich deutlich.[8] A. sojae weist 10 Glutaminase-Gene auf.[9] Durch eine Variante der CRISPR/Cas-Methode[10] oder chemische Mutagenese[11] wurden Mutanten von A. sojae mit veränderten Eigenschaften erzeugt. A. sojae ist in Japan als nationaler Pilz (japanisch 国菌 ‚kokkin‘) klassifiziert, ebenso wie Aspergillus oryzae, Aspergillus luchuensis und Aspergillus kawachii.[12][13]

Literatur

  • E. Ichishima: Development of enzyme technology for Aspergillus oryzae, A. sojae, and A. luchuensis, the national microorganisms of Japan. In: Bioscience, biotechnology, and biochemistry. Band 80, Nummer 9, September 2016, S. 1681–1692, doi:10.1080/09168451.2016.1177445, PMID 27151561.
  • P. K. Chang, K. Matsushima, T. Takahashi, J. Yu, K. Abe, D. Bhatnagar, G. F. Yuan, Y. Koyama, T. E. Cleveland: Understanding nonaflatoxigenicity of Aspergillus sojae: a windfall of aflatoxin biosynthesis research. In: Applied Microbiology and Biotechnology. Band 76, Nummer 5, Oktober 2007, S. 977–984, doi:10.1007/s00253-007-1116-4, PMID 17665189.

Einzelnachweise

  1. Keith A. Powell, Annabel Renwick, John F. Peberdy: The Genus Aspergillus: From Taxonomy and Genetics to Industrial Application. Springer, 2013, ISBN 978-1-4899-0981-7, S. 161. (englisch)
  2. William Shurtleff, Akiko Aoyagi: History of Kōji – Grains And/or Soybeans Enrobed with a Mold Culture (300 BCE To 2012). Soyinfo Center, 2012, ISBN 978-1-928914-45-7. (englisch)
  3. Y. Liu, G. Sun, J. Li, P. Cheng, Q. Song, W. Lv, C. Wang: Starter molds and multi-enzyme catalysis in koji fermentation of soy sauce brewing: A review. In: Food research international. Band 184, Mai 2024, S. 114273, doi:10.1016/j.foodres.2024.114273, PMID 38609250 (Review).
  4. Katsumi Yuasa, Kazuya Hayashi, Takeji Mizunuma: A new criterion by which to distinguish Aspergillus sojae, a Kōji-mold, from related taxa producing echinulate conidia. In: Agricultural and biological chemistry. 1982, Band 46, Nummer 6, S. 1683–1686 doi:10.1271/bbb1961.46.1683.
  5. Perng‐Kuang Chang, Kei Matsushima, Tadashi Takahashi, Jiujiang Yu, Keietsu Abe, Deepak Bhatnagar, Gwo Fang Yuan, Yasuji Koyama, Thomas E. Cleveland: Understanding nonaflatoxigenicity of Aspergillus sojae: a windfall of aflatoxin biosynthesis research. In: Applied Microbiology and Biotechnology. 2007, Band 76, Nummer 5, S. 977–984 doi:10.1007/s00253-007-1116-4.
  6. a b Tina Jørgensen: Identification and Toxigenic Potential of the Industrially Important Fungi, Aspergillus oryzae and Aspergillus sojae. In: Journal of food protection. 2007, Band 70, Nummer 12, S. 2916–2972. PMID 18095455. doi:10.4315/0362-028X-70.12.2916. (freier Volltext)
  7. a b c d K. Ito, A. Matsuyama: Kōji Molds for Japanese Soy Sauce Brewing: Characteristics and Key Enzymes. In: Journal of fungi. Band 7, Nummer 8, August 2021, S. , doi:10.3390/jof7080658, PMID 34436196, PMC 8399179 (freier Volltext). (englisch)
  8. J. Li, B. Liu, X. Feng, M. Zhang, T. Ding, Y. Zhao, C. Wang: Comparative proteome and volatile metabolome analysis of Aspergillus oryzae 3.042 and Aspergillus sojae 3.495 during koji fermentation. In: Food research international. Band 165, März 2023, S. 112527, doi:10.1016/j.foodres.2023.112527, PMID 36869527.
  9. K. Ito, Y. Hanya, Y. Koyama: Purification and characterization of a glutaminase enzyme accounting for the majority of glutaminase activity in Aspergillus sojae under solid-state culture. In: Applied Microbiology and Biotechnology. Band 97, Nummer 19, Oktober 2013, S. 8581–8590, doi:10.1007/s00253-013-4693-4, PMID 23339014.
  10. T. Katayama, J. I. Maruyama: CRISPR/Cpf1-mediated mutagenesis and gene deletion in industrial filamentous fungi Aspergillus oryzae and Aspergillus sojae. In: Journal of bioscience and bioengineering. Band 133, Nummer 4, April 2022, S. 353–361, doi:10.1016/j.jbiosc.2021.12.017, PMID 35101371.
  11. J. Lim, Y. H. Choi, B. S. Hurh, I. Lee: Strain improvement of for increased l-leucine aminopeptidase and protease production. In: Food science and biotechnology. Band 28, Nummer 1, Februar 2019, S. 121–128, doi:10.1007/s10068-018-0427-9, PMID 30815302, PMC 6365342 (freier Volltext).
  12. Osamu Yamada: 黒麹菌の学名が Aspergillus luchuensis になりました (The scientific name for black koji is now Aspergillus luchuensis.). Japan Science and Technology Agency, archiviert vom Original am 19. Dezember 2022; abgerufen am 9. April 2023 (japanisch).
  13. Declaration. The Scientific Conference of Brewing Society Japan, 28. November 2013, archiviert vom Original am 1. Mai 2022; abgerufen am 10. April 2023.