Michaelis-Raute

Senke der Michaelis-Raute

Die Michaelis-Raute, auch Michaelis’sche Raute oder Lendenraute genannt, ist eine rautenförmige Figur des Oberflächenreliefs am unteren Rücken. Sie ist nach dem Gynäkologen Gustav Adolph Michaelis (1798–1848) benannt.

Die untere Hälfte der Michaelis-Raute entspricht dem Sakraldreieck (Trigonum sacrale).[1]

Anatomie

Hermes von Olympia

Das einem Rhombus ähnliche Viereck wird durch vier Eckpunkte bestimmt, die jeweils anatomisch definierten, im Oberflächenrelief ausgeprägten oder durch die Haut tastbaren Stellen unterliegender knöcherner Strukturen von Wirbelsäule und Becken entsprechen:

  • Oben: dritter oder vierter Lendenwirbeldorn (Processus spinosi ossa vertebralia lumbalia III/IV),
  • Unten: die letzten Steißbeinwirbel (Vertebrae coccygeae III/IV), die das obere Ende der Analrinne (Crena interglutealis) markieren,
  • Links und rechts: beidseits hintere obere Beckendornen (Spinae iliacae posteriores superiores), über denen sich Lendengrübchen (Fossae lumbales laterales) befinden können.
Schlafender Hermaphrodit

Bei normalem Aufbau des Beckens gleicht die Michaelis-Raute einer von zwei annähernd gleichschenkligen Dreiecken gebildeten Figur und ähnelt einem auf die Spitze gestellten Quadrat.[2] Anhand der Abweichungen von dieser Form lassen sich Fehlstellungen des Beckens erkennen, die beispielsweise in der Geburtshilfe von Bedeutung sind. Bei einem durch Rachitis stark verformten Becken liegt der obere Eckpunkt tiefer und fast auf der Linie zwischen den beiden seitlichen Eckpunkten.[3]

Erotik

Fragment einer antiken Statue
Venus vor dem Spiegel (Diego Velázquez, 1647–1651)

Schon in der Antike wird bei Darstellungen des menschlichen Rückens die rautenförmige Senke am unteren Rücken hervorgehoben. Als vertiefte Stelle oberhalb des Gesäßes, die dessen Rundungen betont, gilt sie gelegentlich als erotisches Pendant zum Dekolleté oberhalb des Busens. Nicht zuletzt aus diesem Grund schmücken manche Personen diesen Bereich beispielsweise mit Tätowierungen wie dem sogenannten „Arschgeweih“.[4]

Einzelnachweise

  1. Michael Schünke: Funktionelle Anatomie - Topographie und Funktion des Bewegungssystems. Thieme, Stuttgart 2007, S. 133.
  2. Christine Geist, Ulrike Harder, Andrea Stiefel (Hrsg.): Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. 4. Auflage, Hippokrates, 2007, S. 141 und 339.
  3. Klaus Holldack, Klaus Gahl: Auskultation und Perkussion, Inspektion und Palpation. 14. Auflage, Thieme, Stuttgart 2005, S. 230.
  4. Wilfried Seeburger: Kleines Medizinisches Lexikon (Memento vom 6. Juli 2012 im Internet Archive)