-stedt/-städt

Das Grundwort -stedt, -städt oder -stadt als Bestandteil von Ortsnamen stammt von Germanisch *staÞiz und bedeutet „Stätte“. Davon leitet sich für Ortsnamen die Bedeutung Wohnstätte („bewohnter Platz“) ab.[1]

Etymologisches

Darstellung aller Orte mit den Ortsnamensendungen -stedt (nordöstlich von Erfurt), -städt (südwestlich von Erfurt) und -stadt (südlich des Rennsteiges) in Thüringen.

Die Grundwörter -stedt, -städt oder -stadt kommen in unterschiedlicher Form und Schreibweise vor, sie stammen ab von germanisch *staÞiz,[2] althochdeutsch stat, mittelhochdeutsch stete (durch i-Umlaut in alten lokativischen Dativformen) und bedeuten „Stätte, Stelle, Platz, Standort“. Sie eignen sich daher zur Benennung von Orten, in deren Namen sie die Bedeutung Wohnstätte annehmen. Die meisten dieser Siedlungsnamen kommen mit Personennamen im Bestimmungswort vor, es gibt diesen Ortsnamenstyp aber auch mit Flussnamen und Sachwörtern als Bestimmungswort.[1]

Geschichtliches

Der Ortsnamentyp mit der Grundform -stedt oder -städt entstand – so die Ortsnamenforscher – in seiner ursprünglichen Verbindung mit Personennamen während des Frühmittelalters in der Zeit zwischen 500 und 700 n. Chr.[1] Orte mit dieser Grundform im Namen waren in der Regel germanische Gründungen; slawische Gründungen enthalten die Grundformen -stedt, -städt oder -stadt nicht. Zu diesem Ortsnamentyp gehören – etwa in Thüringen – die Ortsnamen Berlstedt, Buttelstedt, Cobstädt, Daberstedt, Döllstädt, Egstedt, Griefstedt, Nägelstedt, Sättelstädt, Tennstedt, Udestedt und Willerstedt.[1]

Besonders häufig kommen diese Grundformen im altsächsischen Siedlungsraum von der Nordsee im Norden über Sachsen-Anhalt bis ins Thüringer Becken im Süden vor, wobei nördlich und östlich von Erfurt in den ehemals preußischen Gebieten -stedt verbreiteter ist, während in den südlich und westlich der Stadt gelegenen ehemals ernestinisch-sächsischen Gebieten -städt häufiger vertreten ist.

Ähnlichen Ursprungs ist die vor allem in Franken verbreitete Ortsnamenendung -stadt. Auch die Form -stadt des Grundworts trägt zunächst nicht die Bedeutung ‘Siedlung mit Marktrecht und Selbstverwaltung’. Sie hat sich aber besonders bei den Orten bewahrt, die Stadtrecht besitzen. Etwa für den Thüringer Raum trifft dies auf Arnstadt und Rudolstadt zu.[1]

Die unterschiedlichen Schreibungen des Ortsnamentyps rühren her von den Schreibgewohnheiten der verschiedenen Kanzleien im Frühmittelalter.[1]

Noch in der ersten Besiedlungswelle des mitteldeutschen Raums zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert entstanden Ortsnamen nach diesem Ortsnamentyp.

Die Häufigkeit und die identische Aussprache führen zu Verwechslungen, beispielsweise zwischen Döllstädt und Döllstedt, Dingelstädt und Dingelstedt, Reinstädt und Reinstedt, Egstedt und Eckstedt, Ristedt und Riestedt, Wolferstedt und Wulferstedt, Buttstädt und Büttstedt, Bechstedt, Bechstedt-Wagd und Bechstedtstraß oder Wohlmirstedt und Wolmirstedt.

Der Ortsnamentyp kommt allerdings auch in neugegründeten Städten vor, wie zum Beispiel bei Norderstedt.

Anmerkungen

  1. a b c d e f Beate Lex: Ortsnamen der ‘Thüringischen Landeschronik’ (Codex Gothanus Chart. B 180). Friedrich-Schiller-Universität, Institut für Germanistische Sprachwissenschaft, Jena 2001 (Magisterarbeit), S. 29. Abgerufen am 14. März 2024.
  2. sprachwissenschaftlich rekonstruiertes Germanisch

Literatur

  • Adolf Bach: Deutsche Namenkunde. Band II, Die deutschen Ortsnamen, 1. Halbband. Winter, Heidelberg 1953, S. 254.
  • Adolf Bach: Deutsche Namenkunde. Band II, Die deutschen Ortsnamen, 2. Halbband. Winter, Heidelberg 1954, S. 223, S. 284 und S. 344 ff.
  • Dieter Berger: Duden. Geographische Namen in Deutschland. Herkunft und Bedeutung der Namen von Ländern, Städten, Bergen und Gewässern. Zweite, überarbeitete Auflage. Dudenverlag, Mannheim et al. ²1999, S. 267.
  • Ernst Eichler, Hans Walther: Städtenamenbuch der DDR. Bibliographisches Institut, Leipzig 1986, S. 20.
  • Rudolf Fischer: Ortsnamen der Kreise Arnstadt und Ilmenau (=Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte 1). Niemeyer, Halle (Saale) 1956, S. 15–16. und S. 88.
  • Rudolf Fischer, Karl Elbracht: Die Ortsnamen des Kreises Rudolstadt (=Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte 10). Niemeyer, Halle (Saale) 1959, S. 44.
  • Rudolf Fischer et al.: Namen deutscher Städte. Akademie-Verlag, Berlin 1963, S. 54–55.
  • Ernst Förstemann: Altdeutsches Namenbuch. Zweiter band. Orts- und sonstige geographische namen. Band II in 3. Auflage in zwei Bänden hrsg. von Hermann Jellinghaus. Zweite Hälfte L-Z und Register. Hanstein. Bonn ³1916, Sp. 845.
  • Cay Lienau: Die Siedlungen des ländlichen Raumes. Das Geographische Seminar. Westermann Schulbuchverlag, 4. Auflage, Braunschweig 2000.
  • Heinz Rosenkranz: Ortsnamen des Bezirkes Gera. Herausgegeben vom Kulturbund der DDR, Kreissekretariat Greiz. Greiz 1982, S. 15–16.
  • Hans Walther: Namenkundliche Beiträge zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum Ende des 9. Jahrhunderts. Mit 14 Karten (=Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte 26). Akademie-Verlag, Berlin 1971, S. 156 ff.