Jud Süß (Feuchtwanger)

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Joseph Süß Oppenheimer

Jud Süß ist ein 1925 erschienener Roman von Lion Feuchtwanger, in dem das Leben des württembergischen Hofjuden Joseph Süß Oppenheimer thematisiert wird.

Inhalt

Haupthandlungsstrang

Der Roman spielt im Württemberg des achtzehnten Jahrhunderts. Der Halbjude Joseph Süß Oppenheimer steigt zum mächtigen Finanzrat am Hof des frisch gebackenen katholischen Herzogs Karl Alexander auf und wird vom Volk bewundert, gefürchtet und zugleich verachtet.

Während er einerseits mit erstaunlicher Skrupellosigkeit die Intrigen und Ausschweifungen des despotischen Herrschers mitträgt und teilweise auch aktiv fördert, setzt er andererseits alles daran, seine eigene Tochter Naemi vom Treiben am Stuttgarter Hof fernzuhalten. Er hat sie deshalb von Geburt an bei einem Rabbi Gabriel, Kabbalist und Süß` Onkel, in einer entlegenen Klause irgendwo in der Waldeinsamkeit von Hirsau untergebracht, wo sie ihre Jugend mit der Lektüre des Hohen Lieds verbringt. Eines Tages, jedoch während eines Jagdausflugs, führt Prälat Weißensee, dessen Tochter Magdalen Sybille durch Oppenheimers Vermittlung Karls Mätresse geworden ist, aus Rachegefühlen gegenüber Süß den Herzog auf die Spur des Mädchens. Naemi entzieht sich dessen lüsternen Nachstellungen und stürzt sich vom Dach der Klause.

Süß ist ein gebrochener Mann und ändert sein Leben mit einem Schlag: Äußerlich die Tragödie mit Gelassenheit tragend, reicht er dem von Schuldgefühlen geplagten Herzog scheinbar die Hand zur Versöhnung, arbeitet jedoch heimlich an seinem Untergang: Er lässt sich von dem sein nahes Ende spürenden Karl Alexander eine Legitimationsurkunde für alle seine Handlungen ausstellen und verrät gleichzeitg die seit längerem bestehenden Staatsstreichpläne an Parlament und Landstände: Der katholische Herzog hatte mit Unterstützung des Würzburger Fürstbischofs den schon lange schwelenden Konflikt zwischen Landständen und Herzog ausnützen und eine katholische Militärautokratie errichten wollen. Bevor es zu seiner Verhaftung kommt, trifft Karl Alexander der Schlag.

Oppenheimer besinnt sich auf das geistige Erbe seiner rabbinischen Vorfahren und bietet sich selber als Sündenbock an: Er wird für sämtliche Machenschaften haftbar gemacht und vor Gericht gestellt. Dass sich nun der seit Jahren aufgestaute Volkszorn gegen den seines Schutzherrn verlustig gegangenen Süß richtet, nimmt dieser ebenso in Kauf wie seine unweigerlich bevorstehende eigene Hinrichtung; sein Leben durch ein Bekenntnis zum christlichen Glauben zu retten, lehnt er ab. Nahezu lustvoll genießt er sein Abgleiten in das „willenlose Vergleiten“. Nach der Unterzeichnung des Todesurteils meint der neue Regent Karl Rudolf: „Das ist ein seltenes Ereignis, dass ein Jud für Christenschelmen die Zeche zahlt“ (ein historisch verbürgter Ausspruch).

Judentum

Abseits des eigentlichen Handlungskerns gewährt Feuchtwanger dem Leser einen detailreichen Einblick in die Welt des deutschen Judentums der Aufklärung zwischen Tradition und Moderne. Anschaulich zu Tage treten insbesondere die beiden Pole, zwischen denen es oszilliert: einerseits Tora und Talmud, kabbalistische Gelehrsamkeit und orthodoxe Tradition, wie sie Naemis Ziehvater, der fromme Rabbi Gabriel symbolisiert. Demgegenüber vertritt der geschäftstüchtig-weltläufige Hoffaktor Isaak Landauer exemplarisch die Assimilation an die christliche Umgebung mit all ihren Vorzügen und Schattenseiten: Er steht für Handel und Kapitalismus, schließt für den Herzog Verträge mit der niederländischen Ostindienkompanie und verschafft Süß die prestigeträchtige jemenitische Stute Assadja.

Geschichte Württembergs

Ganz nebenbei erfährt der Leser auch einiges über die Geschichte Württembergs, das insofern stellvertretend auch für andere deutschen Fürstentümer betrachtet werden kann, wenn auch der Konflikt zwischen katholischem Regenten und protestantischen Landständen sehr spezifisch ist. Deutlich wird dabei auch, dass nicht nur die große Politik, sondern auch der Alltag eine historische Dimension hat: So begegnet der Leser im Buch beispielsweise einem weit verzweigten Beamtenapparat mit all den dazugehörigen kleinlichen Intrigen und Befindlichkeiten oder auch einem schweinsäugigen Konditormeister, der in vertrauter Runde am Stammtisch lustvoll über die Skandalgeschichten der oberen Zehntausend, über die „große Teuerung“ oder das „viele Gewese im Lande“ schwadroniert.

Interpretation

Der Roman gliedert sich in fünf große Teile: „Die Fürsten“, „Das Volk“, „Die Juden“, „Der Herzog“, „Der Andere“. Neben historisch verbürgten Persönlichkeiten treten auch von Feuchtwanger frei erfundene Figuren auf, so der Rabbi Gabriel (Süß jüdisches Gewissen) und seine Tochter Naemi, die einzig durchweg positiv gestaltete Figur in dem Roman. Sie braucht Feuchtwanger als Handlungsklammer, um den Umschwung in seinem Verhalten dramaturgisch glaubhaft zu machen; einige Interpreten sehen in ihr auch „die reine Seele und Weisheit Israels“.

Bei Jud Süß handelt es sich in erster Linie um die literarische Gestaltung der philosophischen Frage, ob die Bewältigung der Wirklichkeit besser durch tätiges Handeln oder durch passives Betrachten zu leisten sei, eine an Schopenhauer orientierte Sicht auf die Welt und Stellung des Menschen in ihr. Typisch für einen historischen Roman Feuchtwangers, benutzt er auch hier die Historie, um den Finger in die Wunde der Gegenwart zu legen.

Dass die Zentralfigur Jude ist, ist dabei nur zweitrangig, wenn auch nicht ganz unwichtig: Immerhin hatte der Autor zunächst vor, einen Schlüsselroman um die tragische Figur des jüdischen Politikers Walter Rathenau zu schreiben, entschied sich schließlich jedoch für ein historisches Sujet, „da man die Linien eines Gebirges aus der Entfernung besser erkennt als im Gebirge“. Oppenheimer war für den Autor - gerade auch als Jude - Metapher für den modernen Menschen auf der Schwelle zwischen West und Ost. „(Ich) sah ihn gleichnishaft den Weg beschreiten, den unser aller Entwicklung geht, den Weg von Europa nach Asien, von Nietzsche zuBuddha, vom Alten zum Neuen Bund“ (L. Feuchtwanger, „Über Jud Süß“, 1929); welchen Weg dieser moderne Mensch dann wenige Jahre später beschreiten sollte, konnte Feuchtwanger zu dieser Zeit noch nicht absehen.

Während Feuchtwangers Roman frei von jeglichen antisemitischen Zügen ist, wird die Figur des Jud Süß doch wenig idealisierend über weite Teile des Romans als berechnend, opportunistisch und machtbesessen dargestellt, die Beschreibung anderer Juden „betont eher das Fremdartige und Geheimnisvolle, versucht das Jüdische zu charakterisieren, nicht zu diffamieren“. (Dietschereit, S. 99)

Stil

Das in literarisch breitem Stil geschriebene Werk entwickelt um die eigentliche Handlung herum ein detailreiches episches Universum mit einer Vielzahl von Figuren, Handlungssträngen und Schauplätzen, wie man es etwa von den besten Werken Thomas Manns oder Tolstojs kennt. Selbst die kleinste der Dutzenden von Nebenfiguren weist mit ihrer Biographie und ihren sozialen Beziehungen über das Werk hinaus, macht die Vielfalt der Verflechtungen in dieser Welt deutlich und gäbe ohne Weiteres den Protagonisten für einen eigenen Roman ab. Exemplarisch zu nennen wäre etwa die jugendliche, von der Vorstellung eines Kampfes mit dem Teufel besessene Mystikerin Beata Sturmin, oder aber der intrigante Würzburger Geheimrat Fichtel, der aus allen Reibereien im benachbarten Württemberg für seinen Fürsterzbischof pekuniären Vorteil zu ziehen sucht.

Die bisweilen höchst expressive und manchmal bildüberladene Sprache des Romans ist umstritten geblieben. Vor allem die Germanistik tat sich immer schon schwer mit dem bisweilen allzu überschwänglichen Stil des Erfolgsautors; man verübelte ihm das angeblich überdeutliche Schielen auf den Publikumsgeschmack. Nachkriegskritiker urteilen sehr unterschiedlich, von positiv („geschlossenes, reifes Kunstwerk“, Sternburg) bis harsch („Geschmacklosigkeiten“, Harpprecht). Marcel Reich-Ranicki entdeckte etwas „Penetrantes“ in Feuchtwangers Sprache, sie sei „bisweilen eindringlich und zugleich aufdringlich“ und auch Eberhard Hilscher aus der DDR urteilte, dass er nur „selten zu meisterhaften Ausdruckformen und zu einer Diktion von ästhetischem Reiz“ fand (von Sternburg, S. 189).

Entstehungsgeschichte

Feuchtwangers Interesse für die Figur des Protagonisten wurde erstmals 1916 geweckt, als er zufällig Manfred Zimmermanns Biographie „Joseph Süß Oppenheimer, ein Finanzmann des 18. Jahrhunderts. Ein Stück Absolutismus- und Jesuitengeschichte“ (1878) in die Hände bekam. Zunächst bearbeitete er -von Hause aus Theaterautor - den Stoff in einem Drama in drei Akten, das 1917 am Schauspielhaus München uraufgeführt wurde und ein Jahr später im Georg Müller Verlag im Druck erschien. Die Kritiken waren schlecht; nur Heinrich Mann, mit Feuchtwanger befreundet, urteilte wohlwollend.

Feuchtwanger erkannte aber nach eigenem Bekunden sehr bald, dass das Stück nur die „Fassade“ dessen war, was er sagen wollte, und dass ein episches Werk die geeignetere Form für sein dichteriches Anliegen darstellte. Ein entsprechendes, im Juli 1921 begonnenes Romanmanuskript schloss er im September 1922 ab, fand hierfür aber zunächst keinen Verleger. 1925 wurde das Werk vom Drei-Masken-Verlag „lustlos hergestellt und vertrieben“. Kurios dabei ist, dass dieser Verlag eigentlich ein Theaterverlag war und Feuchtwanger als Lektor für italienische und französische Theaterstücke beschäftigte. Als es dafür keinen Markt mehr gab und der Verlag Feuchtwanger und seinen gut dotierten Vertrag loswerden wollte, bot er dem Autor als "Lockmittel" für die Vertragsauflösung die Veröffentlichung des „Jud Süß“-Manuskriptes an. In einer kleinen Auflage von 6000 Exemplaren erschien der Roman und wurde ein mäßiger Erfolg - bis ihn der US-amerikanische Verleger Ben Huebsch von Viking Press während einer Europareise zu lesen bekam und begeistert war.

Wirkungsgeschichte

Übersetzungen ins Englische

Huebsch ließ den Roman ins amerikanische Englisch übersetzen und verlegte ihn im Oktober 1926 unter dem Titel „Power“ in den USA bei Viking Press; einen Monat später erschien er auch in England unter dem Titel „Jud Suess“ bei Martin Secker. Die Kritiken in der angelsächsischen Presse waren nahezu hymnisch. Den ganz großen Durchbruch als Weltbestseller erlebte der Roman allerdings durch die enthusiastische Besprechung des englischen Starkritikers Arnold Bennet im Evening Standard („a fine historical novel by a German author“), was allein im ersten Jahr in England für 23 Auflagen sorgte; wenig später erschien eine Taschenbuchausgabe. Jetzt erst begann der eigentliche Siegeszug von Buch und Autor, der nach Deutschland zurückstrahlte; darauf haben Feuchtwanger und seine Biografen stets hingewiesen.

Bühnenfassungen

Der britische Theaterautor Ashley Dukes arbeitete den Roman in ein erfolgreiches Bühnenstück um (1929 uraufgeführt in Blackpool); 1930 wurde die deutsche Dramatisierung von Paul Kornfeld am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin uraufgeführt; 1933 entstand eine Fassung in hebräischer Sprache am Habimah-Theater in Tel Aviv.

Bestseller

In der Folge hatte der Roman - die erste Auflage war mit 6000 Stück relativ klein gewesen - nun auch beim deutschen Publikum wachsenden Erfolg: Bis 1931 setzte der Drei Masken Verlag in mehreren Auflagen insgesamt 100.000 Exemplare ab; dann wanderte der Roman zum Knaur Verlag, der von einer stark gekürzten und sprachlich bearbeiteten Fassung bis 1933 noch einmal 200.000 Exemplare verkaufen konnte. Feuchtwanger war als Bestsellerautor etabliert, wenn auch nicht unbedingt als Literat: In den meisten zeitgenössischen Rezensionen wurde sein „Jud Süß“ als pro- oder antijüdischer Tendenzroman interpretiert, sein Rang als literarisches Kunstwerk hingegen oftmals vernachlässigt bzw. bestritten.

Exil

Von den Nationalsozialisten wurde der Roman, wie alle Bücher Feuchtwangers, verboten. In der Nazi-Presse wurde „Jud Süß“ vor allem auch wegen seines Erfolges im Ausland als „Jud Mieß“ verhöhnt; Feuchtwanger ging ins Exil nach Frankreich, 1940 in die USA. Der Roman erschien allerdings weiterhin in Exilverlagen auch auf deutsch: nach der von Feuchtwanger später immer wieder als misslungen bezeichneten Knaur-Ausgabe ab 1934 bei Querido und Forum in Amsterdam sowie im Neuen Verlag in Stockholm.

Jud Süß und der Film

Veit Harlan

Die bis in unsere Tage immer wieder verbreitete Behauptung, Veit Harlan und seine Drehbuchautoren hätten Feuchtwangers „Jud Süß“ 1940 als Vorlage für den gleichnamigen antisemitischen Hetzfilm missbraucht, ist nicht haltbar. Ob Joseph Goebbels, seines Zeichens nicht nur Propagandaminister unter Hitler, sondern auch oberster Filmzensor, Feuchtwangers Roman gelesen hatte, lässt sich anhand der Quellenlage nicht belegen. Nach Studium der noch vorhandenen Drehbuchfassungen geht die Forschung heute davon aus, dass die gleichnamige Novelle von Wilhelm Hauff die - allerdings mehrfach stark überarbeitete - literarische Grundlage des Films war. Im ersten Werbeheft der Produktionsfirma "Terra" wurde der Streifen angekündigt als „Ein Großfilm Jud Süß nach der Novelle von Wilhelm Hauff“.

Regisseur Harlan hat zeitlebens bestritten, Feuchtwangers Version des Stoffes gekannt zu haben. Im Zusammenhang mit juristischen Streitigkeiten um die Urheberrechte mit Feuchtwangers Witwe Marta schreibt Harlan in einem Brief an die UfA-Film GmbH vom 27. November 1961, den Roman nicht gekannt zu haben. Dies bekräftigt er noch einmal in seiner Autobiografie von 1966 und nennt als Quellen weder Hauff noch Feuchtwanger, sondern das Meyersche Konversationslexikon, rechtshistorische Abhandlungen sowie - einem Hinweis Goebbels´ folgend - Martin Luthers antisemitisches Pamphlet „Von den Jüden und ihren Lügen“ aus dem Jahr 1543.

Dass Feuchtwanger irrtümlicherweise meinte, der Film basiere auf seinem Roman, ist auch darauf zurückzuführen, dass einige der Schauspieler bereits in dem gleichnamigen Theaterstück auf der Bühne gestanden hatten. Daher auch sein - berechtigter - Zorn, wenn er die Darsteller in einem offenen Brief 1941 persönlich anschreibt: „Sie haben, meine Herren, aus meinem Roman 'Jud Süß' mit Hinzufügung von ein bißchen Tosca einen wüst antisemitischen Hetzfilm im Sinne Streichers und seines 'Stürmers' gemacht“.

Lothar Mendes

In Großbritannien war allerdings in der Tat 1934 bei der Gaumont-Britsh Picture ein Film nach Feuchtwangers Roman entstanden: „Jew Suess“ unter der Regie von Lothar Mendes, mit dem ein Jahr zuvor nach England emigrierten Conrad Veidt in der Titelrolle; bei der Premiere in New York City im selben Jahr waren Charles Chaplin und Albert Einstein, der Feuchtwanger daraufhin ein Dankeswort schrieb, im Publikum. Das das Judentum positiv darstellende Filmkunstwerk wurde ein Achtungserfolg bei der Kritik, fiel an der Kinokasse allerdings durch; heute befindet sich der Film im British Film Insitute. Inwieweit er in Nazi-Deutschland bekannt war, bleibt unklar.

Nachkriegsdeutschland

Editionsprobleme in Ost und West

Gleichwohl hat Harlans antisemitischer Hetzfilm Feuchtwangers Erfolg als Autor nach dem Krieg - bedingt vor allem durch den Medienrummel um die Hamburger Harlan-Prozesse 1949 und 1950 - in Deutschland nachhaltig geschadet; die Rezeption vor allem des Romans „Jud Süß“ setzte nicht nur in der BRD, sondern auch in der DDR relativ spät und zögernd ein. Zwar war bereits 1953 an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin eine Dissertation „Jud Süß“ erschienen, die öffentliche Rezeption des Romans fand jedoch fakisch zunächst nicht statt. Obwohl Feuchtwanger in Briefen an seine Verleger - im Osten Aufbau-Verlag und Greifen Verlag, im Westen Frankfurter Verlagsanstalt und Rowohlt - immer wieder auf eine Veröffentlichung drängte, taten sich die Verleger schwer damit. Wenn auch Feuchtwanger für den Westen „einen stillen Boykott der Buchhändler“ wegen seiner offen bekundeten Sympathie für die DDR zumindest nicht ausschließen wollte (Brief an den Aufbau-Verlag vom 15. Januar 19519), kamen nicht ganz unbegründete Bedenken wegen der geistigen Reife der Deutschen hüben und drüben hinzu: Die Nazizeit hat in den Köpfen solch große Verheerungen angerichtet, dass „sogar Bücher, wie der Jud Süß, dem doch wahrhaftig niemand antisemitische Tendenzen zuschrieb und dem auch heute noch kein ernsthafter Mensch solche Tendenzen zuschreiben kann, auf die vergifteten Hirne rückständiger Schichten eine antisemitische Wirkung haben“, so Erich Wendt vom Aufbau-Verlag in seinem Antwortbrief; Feuchtwanger akzeptierte diese Begründung.

Das Werk im Aufbau-Verlag

Als der Aufbau-Verlag 1957 knapp ein Jahr vor Feuchtwangers Tod damit begann, sein Gesamtwerk herauszugeben, waren in der BRD mehrere Ausgaben des „Jud Süß“, zuletzt bei Rowohlt, sowie Taschenbuchausgaben u. a. beim Ullstein-Verlag erschienen - allerdings sämtlich nach den laut Feuchtwanger verhunzenden Fassungen des Drei Masken bzw. des Knaur-Verlages. Der Aufbau-Verlag rekonstruierte die Urfassung, ließ sie 1959 gemeinsam mit „Die häßliche Herzogin Margarete Maultasch“ im ersten Band der Gesammelten Werke erscheinen, 1981 noch einmal in einer Neuausgabe. Auch nach der Wende betreute der neu strukturierte Verlag weiterhin Feuchtwangers Werk und gab noch im Jahr seiner Privatisierung 1991 eine neuerliche Ausgabe der Gesammelten Werke heraus; Band 1 enthielt nun allein „Jud Süß“. Als Einzelausgabe erschien der Roman zuletzt 2004 in dritter Auflage, im gleichen Jahr auch eine Taschenbuchausgabe.

Rezeption weltweit

Inzwischen wurde Feuchtwangers Roman in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt; es wird geschätzt, dass die Gesamtauflage bei weit über drei Millionen Exemplaren liegt. In Europa ist das Buch vor allem in Frankreich sehr populär: Noch 1982 erstellte Jacques Kraemer eine Bühnenfassung „Juif Suess.“

Literatur

  • Lion Feuchtwanger: Jud Süß. Aufbau, Berlin 2002, ISBN 3-7466-5600-1
  • Hellmut G. Haasis: Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß. Finanzier, Freidenker, Justizopfer. Rowohlt-Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-61133-3
  • Frank Dietschreit: Lion Feuchtwanger. Metzler, Stuttgart 1988, ISBN 3-476-10245-9
  • Wilhelm von Sternburg: Lion Feuchtwanger. Ein deutsches Schriftstellerleben. Aufbau, Berlin u.a. 1994, ISBN 3-351-02415-0
  • Arno Herzig: Jüdische Geschichte in Deutschland. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2. Aufl. Beck, München 2002, ISBN 3-406-47637-6
  • Barbara Gerber: Jud Süß. Aufstieg und Fall im frühen 18. Jahrhundert. Ein Beitrag zur historischen Antisemitismus- und Rezeptionsforschung. (Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden, 16) Hamburg 1990. ISBN 3-7672-1112-2

Film