Snider-Enfield Rifle

Snider-Enfield Rifle
Allgemeine Information
Zivile Bezeichnung Snider-Enfield
Entwickler/Hersteller Royal Small Arms Factory
Entwicklungsjahr 1860
Produktionszeit 1863 bis 1875
Modellvarianten Kurzgewehr für Sergeants bzw. für die Marine, Artillerie-Karabiner sowie Kavallerie-Karabiner
Waffenkategorie Hinterlader
Ausstattung
Gesamtlänge 1250 mm
Gewicht (ungeladen) 3,8 kg
Technische Daten
Kaliber .577 Snider (14,7 × 50 mm R)
Kadenz 7 Schuss/min
Anzahl Züge 3–5
Drall 1:78"= 1:198 cm, 1:48"=1:119 cm[1]
Visier offene Visierung
Verschluss Klappenverschluss
Ladeprinzip Einzellader
Listen zum Thema

Das Snider-Enfield ist ein englisches Hinterlader-Gewehr des 19. Jahrhunderts im Kaliber .577 Snider. Es wurde von der Royal Small Arms Factory in Enfield hergestellt.

Baugeschichte

offener Snider-Enfield Verschluss

Noch zu Zeiten, da der Amerikanische Bürgerkrieg (1861–1865) tobte, war klar, dass den Gewehren mit Hinterladung die Zukunft gehörte.[2] Im Jahre 1864 forderte die Britische Regierung die Büchsenmacher des Landes auf, Vorschläge zur Abänderung der Enfield-Gewehre auf Hinterladung zu machen, wobei die Abänderung pro Waffe nicht mehr als 1 Pfund Sterling kosten sollte.[3] Sehr genau beobachteten die militärischen Mächte sich gegenseitig und als durch die Schlacht von Königgrätz die Überlegenheit des Hinterladers bestätigt schien, begann Österreich noch 1866 die Umarbeitung der Lorenz-Gewehre zu Wänzl-Hinterladern, allein die englische Armee war (aufgrund des hohen Industrialisierungsgrades des Landes) in der Lage, die Umbewaffnung noch 1867 abzuschließen (Mk I*).[4]

Für die Konversion der englischen Infanteriegewehre vom Typ Enfield Rifled Musket 1853 schlug der Amerikaner Jacob Snider dem britischen Board of Ordnance (BO) vor, die Vorderlader in einschüssige Hinterlader umzubauen. Dazu wurde der Lauf im Bereich vor der Schwanzschraube aufgefräst und ein Tabatiereverschluss eingebaut. Das Patent Sniders war allerdings unter dem Superintendent W. M. H. Dixon der Royal Small Arms Factory leicht abgeändert worden.[5] Später folgten Versionen für die kürzeren Sergeant-Gewehre und Karabiner. Wilhelm von Ploennies, einer der anerkanntesten Fachleute der Ballistik schreibt dazu: Als nach den böhmischen Schlachten die allgemeine technische Bekehrung zum plötzlichen Durchbruch kam, hatte nur England sein Snider-Gewehr und seine Boxer-Patrone als fertige Muster in der Hand. Man hatte das erste der beiden Jahre zur Concurrenz, also zur Auswahl des Systems — das zweite Jahr zur ausschließlichen und consequenten Durchbildung dieses einen gewählten Systems verwendet. Am 21. Juni 1866 konnte die ganze Vorarbeit abgeschlossen, die massenhafte Ausführung der Transformation der Gewehre in Angriff genommen werden, und jetzt (im Februar 1867) ist diese Ausführung schon weit vorgeschritten. Technische Anstände kommen noch vor, werden aber rasch erledigt.[6]

Das vorhandene Kaliber .577 der Enfield Rifled Musket (manche Gewehre bekamen allerdings einen neuen Lauf aus Stahl) wurde beibehalten, allerdings konstruierte Colonel Boxer eine Patrone mit Zentralfeuerzündung. Das Hinterladergewehr wurde von 1866 bis 1875 hergestellt.

Funktion

Der Verschlussblock ist an einer an der rechten Waffenseite befindlichen, parallel zur Laufachse befindlichen Achse drehbar gelagert und auf der Achse zudem verschiebbar. Um die Waffe zu laden, wird der Hahn in die Ruhrast gelegt. Dann wird der Verschlussblock nach rechts geschwenkt; eine Patrone wird in die Mulde (die ursprünglich Teil des Laufes war) gelegt und mit dem Daumen nach vorn in das Patronenlager geschoben. Der Verschluss wird wieder zurückgeschwenkt und liegt jetzt zwischen der Patrone und der Schwanzschraube. Vor dem Schießen wird der Hahn vollständig gespannt. Wird der Abzug gezogen, wird der Hahn freigegeben und schnellt nach vorn, wo er auf den federnd gelagerten Schlagbolzen trifft und dessen Spitze in das Zündhütchen der Patrone treibt.

Zum Entladen wird der Hahn wieder in die Ruhrast gebracht und der Verschluss nach rechts geschwenkt. Eine Nase vorn am Verschluss greift dabei hinter den Rand der Patronenhülse. Wird der Verschluss entlang seiner Achse nach hinten gezogen, zieht die Nase die Hülse aus dem Patronenlager; mit einer Drehung der Waffe um die Längsachse wird die Hülse aus der Waffe geschüttelt.

.577 Snider (links) im Vergleich zu anderer Munition

Wirkung

Bei Schießversuchen durch das Board of Ordnance durchschlugen die Snider-Geschosse auf 30 yards 11 halbzöllige Bretter (27,4 m; 14 cm). Die Konstruktion von Westley-Richards („Monkey Tail“) durchschlug zwar 16 Bretter (20 cm), war aber nicht vollständig gasdicht und nicht so funktionssicher wie das Snider-System.

Literatur

Aufsätze
Bücher
  • Charles J. Purdon: Jacob Snider's action & E. M. Boxer's cartridge. The Snider-Enfield rifle (=Historical Arms; Bd. 24). Museum Restoration Service, Bloomfield 1990, ISBN 0-919316-24-7 (englisch)
  • Jan Boger: Schwarzpulver-Digest. Das Handbuch für den Vorderlader-Schützen. Waffen, Munition, Zubehör. 2. Auflage. Motorbuchverlag, Stuttgart 1988, ISBN 3-613-01056-9
  • William Greener: Modern Breechloading Systems. London 1871 (englisch)
  • Heinrich von Löbell: Des Zündnadelgewehrs Geschichte und Konkurrenten. Vortrag, gehalten in der Versammlung der militärischen Gesellschaft zu Berlin am 30. November 1866. Mittler, Berlin 1867
  • Frank C. Barnes: Cartridges of the world, 3. Auflage, DBI Books, Northfield (Illinois), S. 204–205 (englisch)

Weblinks

Commons: Snider-Enfield Rifle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Holt Bodinson (März 2006), „Britain's big .577 Snider“, Guns Magazine
  2. Cäsar Rüstow schreibt noch 1866 über die amerikanischen Waffen: „Als eine höchste und vorläufig letzte Stufe des technischen Fortschritts betrachtet man bekanntlich die Repetitionsgemehre oder Magazinswaffen, welche für die Entleerung des vorher geladenen Magazins im Schnellfeuer auf die Scheibe nur etwa 3 Sekunden auf den Schuß erfordern. Es liegen von dieser Kategorie hauptsächlich zwei kriegstaugliche amerikanische Modelle vor, nämlich das von Spencer mit Magazin für sieben Schüsse im Kolben, und das von Henry (verbessert von Winchester) mit Magazin für vierzehn Schüsse unter dem Rohr. Die Konstruktion beider ist im Verhältniß zu ihrer Leistung nicht komplizirt, die Behandlung ziemlich einfach, die Reparaturbedürftigkeit nicht groß, die Zerlegung freilich (besonders was das Henry-Gewehr betrifft) nicht jedem Soldaten anzuvertrauen.“ Der Krieg von 1866 in Deutschland und Italien, politisch-militärisch beschrieben, Zürich 1866
  3. Hans-Jochen Grap: Große Klappe. Die Abänderung der Enfield-Gewehre, in: Visier 1 (1988) S. 76–81, hier S. 78.
  4. Charles J. Purdon: The Snider-Enfield Rifle. Jacob Snider's Action & E. M. Boxer's Cartridge, = Historical Arms, Series 24.
  5. Purdon, S. 6.
  6. Wilhelm von Ploennies: Neue Studien über die gezogene Feuerwaffe der Infanterie. Darmstadt 1867, S. IX.