Meyer Burger Technology

Meyer Burger Technology AG

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Rechtsform Aktiengesellschaft
ISIN CH0108503795
Gründung 1953
Sitz Gwatt (Thun) BE, Schweiz Schweiz
Leitung Gunter Erfurt (CEO)[1]
Franz Richter (VR-Präsident)[1]
Mitarbeiterzahl ca. 1200 (Januar 2023)[2]
Umsatz 135,04 Mio. CHF (2023)[3]
Branche Photovoltaik
Website www.meyerburger.com

Das schweizerische Unternehmen Meyer Burger Technology AG ist ein industrieller Hersteller von Solarzellen und Solarmodulen, mit Sitz in Gwatt, einem Stadtteil von Thun.

Die Namensaktien des Unternehmens sind an der SIX Swiss Exchange kotiert.

Geschichte

Ausrüster der Uhren- und Chipindustrie

Das Unternehmen wurde 1953 in Hünibach gegründet und lieferte zunächst Bohrmaschinen für die Uhrenindustrie. Mit ihnen konnten Uhrensteine aus Saphir und Rubin gebohrt werden. In den 1970er Jahren startete die Produktion von Sägen für Silizium-Wafer, die in der Chipindustrie gebraucht wurden.[4]

Anbieter in der Solarindustrie

1999 gab sich das Unternehmen mit der Gründung der Meyer & Burger Holding AG in Zug eine Holdingstruktur[5] und brachte im selben Jahr seine erste Bandsäge für die Solarindustrie auf den Markt.[6] Im Zuge der wachsenden Solarindustrie expandierte das Unternehmen ab 2003 mit der Erschliessung des russischen, asiatischen und amerikanischen Marktes und gründete Tochtergesellschaften in China und Japan. 2006 wurde der Konzern von Meyer & Burger Holding AG in Meyer Burger Technology AG umbenannt und der Konzernsitz nach Baar verlegt.[6] Im November 2006 ging das Unternehmen an die Börse.[7]

Zwischen 2010 und 2012 wurde die Konzerngruppe durch Unternehmensübernahmen vergrößert. Diese umfassen die gesamte Wertschöpfungskette (Wafer – Zelle – Modul) in der Photovoltaik-Produktion mit eigenen Produktionsmaschinen.[8]

Entwicklung seit 2019

2019 erfolgte eine Abkehr vom Maschinenbau für die Solarindustrie und eine Konzentration auf die eigene Solarzellenfertigung und -verbindung, d. h. auf die Heterojunction-Zellbeschichtung und die SmartWire Connection Technology (SWCT) zur Zellverbindung.[9] Hierzu wurde der gesamte Geschäftsbereich «Säge- und Trenntechnologie» an die Precision Surfacing Solutions im Mai 2019 verkauft.[10] Der Firmensitz befindet sich seit 2012 in Thun,[11] der Hauptproduktionsstandort für Fertigungsanlagen dagegen in Hohenstein-Ernstthal (Deutschland), wo Meyer Burger 2011 die Mehrheit am Unternehmen Roth & Rau übernahm.[12]

Nach einer öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen dem Verwaltungsrat und den Hauptaktionären, darunter Sentis Capital und Elysium Capital, wurden die Aktionärsvertreter Mark Kerekes und Urs Fähndrich ins oberste Leitungsorgan gewählt und Mitte 2020 nach acht Verlustjahren eine veränderte Unternehmensstrategie angekündigt.[13][14] Um eine Neuausrichtung zu ermöglichen wurde eine Kapitalerhöhung von 165 Millionen Franken durchgeführt;[15] Sentis Capital verpflichtete sich vorab, 50 Millionen Franken einzubringen.[16] An den deutschen Produktionsstandorten in Freiberg in Sachsen (vormals Solarworld) und Bitterfeld-Wolfen (vormals Sovello) in Sachsen-Anhalt begann Mitte 2021 die Herstellung von Heterojunction-Solarzellen und Photovoltaik-Modulen. Im Folgejahr kündigte das Unternehmen den Ausbau der Produktion an.[17]

Im Oktober 2022 kündigte das Unternehmen eine weitere Kapitalerhöhung von 250 Millionen Franken an. Dieses wurde auf einer außerordentlichen Hauptversammlung am 28. Oktober beschlossen und durch die Depotbanken bis zum 7. November 2022 umgesetzt. Es wurden dafür 934 Millionen neue Namensaktien mit einem Nennwert von jeweils 0,05 Schweizer Franken ausgegeben, der Bezugspreis lag bei 0,267 Schweizer Franken pro neuer Aktie.[18]

Die Solarmodule werden mit Ökostrom hergestellt und enthalten laut eigenen Angaben nicht die Schadstoffe Blei und PFAS.[19][20]

Am 26. März 2024 kündigte Meyer Burger allen Mitarbeitern in Freiberg und gab die Schließung des Produktionsstandorts bekannt.[21]

Firmenstruktur

Im Jahr 2010 fusionierte Meyer Burger mit dem zuvor eigenständigen Unternehmen 3S Industries.[22] Die 3S Industries AG hatte ihren Sitz in Lyss und wurde 2001 gegründet.[23] 3S war seit 2005 an der Berner Börse BX Berne eXchange kotiert.[24] Die ehemaligen Kompetenzzentren von 3S Industries wurden Geschäftsbereiche von Meyer Burger.

Meyer Burger (Germany) GmbH

Die Roth & Rau AG wurde 2015 in Meyer Burger (Germany) AG umbenannt.[25] Das Unternehmen entwickelte und produzierte Anlagen und Maschinen zur Oberflächenbearbeitung in der Photovoltaik-Industrie und war massgeblich an der Industrialisierung der sogenannten PERC (Passivated Emitter and Rear Contact) Technologie beteiligt.[26] Zudem entwickelt und baut das Unternehmen Massen-Produktionsanlagen zur Herstellung hoch-effizienter Solarzellen mit Heterojunction-Technologie.[27]

Pasan SA

Im Zuge der Fusion mit 3S Industries wurde Pasan 2010 Teil von Meyer Burger.[28] Der Fokus des Unternehmens liegt auf der Entwicklung und Herstellung von Test- und Messsystemen für Solarzellen und -module.[29] Dazu zählen unter anderem Sonnensimulatoren, die von internationalen Zertifizierungsstellen wie dem TÜV sowie zahlreichen Zell- und Modulherstellern genutzt werden. Der Sitz des Unternehmens befindet sich in Neuchâtel (Neuenburg) in der Schweiz.[30]

Tochtergesellschaften

Weitere Tochtergesellschaften des Unternehmens befinden sich in den Vereinigten Staaten sowie in China und Singapur.[31]

Beteiligung an Oxford Photovoltaics Ltd.

2019 wurde Meyer Burger grösster Anteilseigner bei Oxford Photovoltaics Ltd., einer Ausgründung der Universität Oxford auf dem Gebiet der Heterojunction- und Perowskit-Technologie.[32][33] Den Kooperationsvertrag versuchte Oxford PV im Juli 2021 einseitig zu kündigen.[34]

Aktie

Die Namenaktien werden seit November 2006 an der SIX Swiss Exchange in Zürich gehandelt (SIX Tickersymbol: MBTN). Sie zählen zum Swiss Performance Index und weiterer Aktienindices.

Zu den grössten Anteilseignern zählen (Stand März 2022):[35]

Ehemalige Geschäftsbereiche

Im Zuge einer Neuausrichtung des Unternehmens hat Meyer Burger insbesondere ab 2018 einige Bereiche und Tochterunternehmen veräussert.

Die Firma 3S Industries mit u. a. den Bereichen 3S Modultec und 3S Photovoltaics fusionierte 2010 mit Meyer Burger und wurde als Geschäftsbereich 3S Photovoltaik weitergeführt. Im Folgenden entstanden die Marken 3S Modultec sowie Solar Building Technologies. Der Geschäftsbereich wurde später in die Business Unit «Energy Systems» von Meyer Burger integriert und 2018 in die separate Firma 3S Solar Plus AG ausgelagert und verkauft.[37][38]

Der Geschäftsbereich «Säge- und Trenntechnologie» wurde Ende April 2019 für 50 Mio. Fr. an die Firma Precision Surfacing Solutions (PSS) verkauft.[39]

Zur Meyer Burger Gruppe gehörte bis 2019 auch die AIS Automation Dresden GmbH. Dann wurde sie an die S&T AG verkauft.[40]

Im Zuge der Übernahme der Roth & Rau AG im Jahr 2011 wurde auch die Roth & Rau Netherlands B.V. Teil der Meyer Burger Gruppe. Der Geschäftsbereich wurde im Dezember 2019 wieder verkauft.[41] Teil Roth & Rau AG war auch die Muegge GmbH, die im August 2020 veräußert wurde.[42]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Angaben zum Unternehmen auf der Unternehmenswebsite.
  2. Energiekrise beflügelt Solarbranche: Meyer Burger investiert. In: sueddeutsche.de. 3. Januar 2023, abgerufen am 5. Januar 2023.
  3. Finanzzahlen Meyer Burger. Abgerufen am 19. April 2024.
  4. Daniel Meier: Der Sonnen-König von Thun. In: Blick, 29. September 2011.
  5. Florence Vuichard: Neue Besitzverhältnisse – gleiche Politik. In: Der Bund, 16. Dezember 1999.
  6. a b Meyer Burger Technology AG: Geschäftsbericht 2007, S. 14.
  7. Guter Start für Meyer Burger. Sägen für die Chip- und Solarindustrie. In: Neue Zürcher Zeitung, 24. November 2006.
  8. Meyer Burger Technology AG: Geschäftsbericht 2011, S. 44.
  9. Meyer Burger Technology AG: Management Report 2019. In: gb.meyerburger.com. 2020, abgerufen am 16. März 2022 (englisch).
  10. Meyer Burger: Verkauft Wafer Geschäft an Precision Surfacing Solutions, die Thun als Standort weiter betreibt. In: ee-news.ch. Abgerufen am 29. August 2020.
  11. Solarfirma verlegt Sitz. In: Thuner Tagblatt, 27. April 2012.
  12. Schweizer Solarzulieferer Meyer Burger übernimmt Roth & Rau. In: Tages-Anzeiger. (tagesanzeiger.ch [abgerufen am 29. August 2020]).
  13. Meyer-Burger-Manager gehen von Bord. In: Der Bund. (derbund.ch [abgerufen am 29. August 2020]).
  14. Franz Richter soll neuer Präsident von Solarpionier Meyer Burger werden. In: St. Galler Tagblatt. 20. April 2020, abgerufen am 16. März 2022.
  15. Julie Zaugg: Meyer Burger – Phönix aus der Asche. 2. November 2020, abgerufen am 10. November 2020.
  16. Meyer Burger to back solar production plan with CHF-165m capital hike. Abgerufen am 1. September 2020 (englisch).
  17. Jobmotor Solarindustrie? Unternehmen bauen Produktion aus. In: Die Welt. 18. Januar 2022, abgerufen am 16. März 2022.
  18. Meyer Burger veröffentlicht Details zur geplanten Kapitalerhöhung. Abgerufen am 4. November 2020.
  19. Oliver Kube: Langlebige und schadstofffreie Glas-Glas-Produkte. 17. Juni 2023, abgerufen am 5. Januar 2024 (deutsch).
  20. Solaranlagen für Eigenheime und Wohnimmobilien. Meyer Burger, abgerufen am 5. Januar 2024.
  21. Frank Schräer: Solarhersteller Meyer Burger kündigt Mitarbeitern und beschließt Aus in Freiberg. In: heise.de. 27. März 2024, abgerufen am 27. März 2024.
  22. Weg frei für Solar-Zusammenschluss. In: Der Bund, 15. Januar 2010.
  23. 3S erweitert Aufsichtsrat. In: Thuner Tagblatt, 4. Juni 2008.
  24. Jon Mettler: 3S macht sich fit für nach der Krise. In: Thuner Tagblatt, 27. März 2009.
  25. Meyer Burger (Germany) AG: Handelsregister-Bekanntmachungen, 1. September 2015, publiziert im Bundesanzeiger.
  26. Josephine Bollinger-Kanne: Schutzzölle bringen Industrie nicht voran. In: VDI nachrichten, 28. Juni 2013.
  27. Meyer Burger (Germany) GmbH: Jahresabschluss zum Geschäftsjahr vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020. Veröffentlicht im Bundesanzeiger, 11. Februar 2022.
  28. Niklaus Bernhard: Berner Schwergewicht entsteht. In: Berner Zeitung, 10. Dezember 2009.
  29. Julian Witschi: Meyer Burger streicht 50 Stellen in Asien. In: Berner Zeitung, 27. Juli 2021.
  30. Website Meyer Burger - Pasan Neuenburg. In: meyerburger.com. Abgerufen am 6. Juli 2016.
  31. Angaben auf der Unternehmenswebsite zu den Standorten.
  32. Oxford PV to collaborate with Meyer Burger. Oxford Photovoltaics, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. Juni 2020; abgerufen am 21. Juni 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.oxfordpv.com
  33. Sandra Enkhardt: Meyer Burger steigt mit 18,4 Prozent bei Oxford PV ein. In: pv-magazine.de. 29. März 2019, abgerufen am 16. März 2022.
  34. Sandra Enkhardt: Oxford PV kündigt einseitig exklusive Kooperation – Meyer Burger prüft rechtliche Schritte dagegen. Abgerufen am 29. Juli 2021.
  35. Abfrage der Datenbank auf der SIX Swiss Exchange Plattform am 16. März 2022.
  36. Zu Pyotr Kondrashev siehe Daniel Imwinkelried: Der reiche Russe, der Meyer Burger rettete und für die Sowjetunion Nostalgie empfindet. In: Neue Zürcher Zeitung. 4. Oktober 2021, abgerufen am 16. März 2022.
  37. Geschichte auf der Website der 3S Solar Plus AG, abgerufen am 24. Oktober 2019
  38. Julian Witschi: Ein Solarpionier fängt neu an. In: Thuner Tagblatt, 18. Mai 2018.
  39. Sandra Enkhardt: Meyer Burger verkauft sein Wafergeschäft für 50 Millionen Schweizer Franken an PSS. In: pv-magazine.de. 7. Februar 2019, abgerufen am 17. März 2022.
  40. Petra Hannen: Meyer Burger verkauft AIS Automation Dresden. In: pv-magazine.de. 25. Oktober 2019, abgerufen am 17. März 2022.
  41. Finanz und Wirtschaft: Meyer Burger verkauft niederländisches Geschäft. Abgerufen am 3. Mai 2020.
  42. Petra Hannen: Meyer Burger setzt Fokussierung auf Photovoltaik-Geschäft fort. In: pv-magazine.de. 10. August 2020, abgerufen am 17. März 2022.