Zusi (Zugsimulator)

Zusi ist eine vom Braunschweiger Ingenieur Carsten Hölscher entwickelte Zugsimulation für Microsoft Windows. Im Gegensatz zu vielen anderen Eisenbahnsimulationen, die von größeren Softwareunternehmen entwickelt und vertrieben werden, legt Zusi weniger Wert auf eine hochdetaillierte Grafik und fokussiert stattdessen auf die authentische Simulation von Signal- und Sicherungssystemen und die dynamischen Eigenschaften von Triebfahrzeugen und Zügen.

Zusi Version 2

Zusi 2
Basisdaten

EntwicklerCarsten Hölscher
Aktuelle Version2.4.7.3
(April 2010)
BetriebssystemWindows
KategorieZugsimulation
Lizenzkommerzielle Software
deutschsprachigja
www.zusi.de

Besonderheiten

Die hauptsächliche Stärke von Zusi liegt in der Detailgenauigkeit und Vorbildtreue der Physik- und Signalsimulation. Strecken, die mit einem im Zusi-Paket enthaltenen Editor auch selbst erstellt werden können, bestehen aus kompletten Streckennetzen, die gleichzeitig von mehreren Zügen befahren werden können. Den Zugbetrieb regelt hierbei ein komplexer Algorithmus, der anhand von Fahrplänen eines jeden Zuges die Rolle des Fahrdienstleiters übernimmt. Hierbei beeinflussen sich die Züge gegenseitig, so dass sich Verzögerungen und Verspätungen auf das gesamte Streckennetz auswirken können.

Auch die Signal- und Sicherungssysteme (hauptsächlich in Deutschland gebräuchliche Signale) werden vorbildgetreu simuliert.

Der Simulator kann die aktuellen Fahrdaten nahezu in Echtzeit über ein binäres TCP-basiertes Protokoll ausgeben und kann daher durch Zusatzprogramme ergänzt werden. Die gegenwärtig vorhandenen Programme, die diese Schnittstelle nutzen, umfasst unter anderem eine Software, die viele Funktionen der auf modernen Lokomotiven vorhandenen Diagnose- und EBuLa-Displays simuliert. Da der Simulator in der gegenwärtigen Version die Geräuschkulisse von Drehstromelektroloks nicht realistisch darstellen kann, wurde ein weiteres Zusatzprogramm entwickelt, das anhand der Fahrdaten die Geräusche erzeugt.

Zusi wird kontinuierlich weiterentwickelt, wobei auch Anregungen der Benutzer in die Entwicklung einfließen. Registrierte Benutzer des Programms können diese Updates kostenlos herunterladen.

Funktionen

Im folgenden werden einige Aspekte des Eisenbahnbetriebs genannt, die in Zusi (Version 2.4) bzw. den dazu verfügbaren Strecken und Fahrzeugen nachgebildet werden.[1]

Der virtuelle Triebfahrzeugführer muss Sicherungssysteme wie SIFA, PZB/INDUSI, LZB und GNT bedienen und die hierdurch vorgegebenen Höchstgeschwindigkeiten und Bremskurven einhalten. Langsamfahrstellen und andere Geschwindigkeitsänderungen können durch Geschwindigkeitsprüfabschnitte abgesichert werden.

Weiter müssen die Bremsen (Indirekte Bremse mit verschiedenen Führerbremsventilen, Zusatzbremse, je nach Fahrzeug auch eine dynamische Bremse oder die Magnetschienenbremse), der Antrieb (je nach Führerstand Handrad oder Hebel, Fahrstufenwahl oder Zugkraftsteller; auch Auf-Ab-Steuerung, Kombihebel sowie AFB kommen vor), Sandstreuer, Makrofon und die Türen (verschiedene Türsteuerungssysteme) bedient werden. Bremsstellung und Bremshundertstel werden im Rahmen eines vereinfachten Modells berücksichtigt, bei dem alle Fahrzeuge eine einheitliche Bremsstellung haben und alle Bremsen im Zug rechnerisch zu einer einzigen starken Bremse zusammengefasst werden. Effekte wie die Durchschlagsgeschwindigkeit von Druckwechseln in der Hauptluftleitung können damit nur näherungsweise berücksichtigt werden.

Es werden die deutschen Signalsysteme H/V-Signalsystem (als Form- und als Lichtsignale), Hl-Signalsystem und Ks-Signalsystem simuliert, außerdem Schutzsignale/Sperrsignale, Zusatzsignale, Bahnübergangssignale, Langsamfahrsignale und Nebensignale. Dabei werden fahrstraßenabhängige Geschwindigkeitsbegrenzungen signalisiert (mit Hp2 und/oder Zs3) und deren Einhaltung aufgezeichnet, einschließlich des anschließenden Weichenbereichs. Fahrten auf Ersatzsignal oder auf Befehl, Gegengleisfahrten verschiedener Arten, Bahnübergangsstörungen treten zufallsgesteuert auf und müssen korrekt behandelt werden.

Auf einigen Strecken kommen ausländische oder weitere deutsche Signalsysteme zum Einsatz.

Nach Fahrtende werden Verlaufsgrafiken (Geschwindigkeiten über Weg oder Zeit sowie Ereignisse) und eine Bewertung angezeigt. In dieser führen Geschwindigkeitsüberschreitungen und sicherheitsrelevante Fehler (wie eine nicht gedrückte PZB-Wachsam-Taste mit folgender Zwangsbremsung) zu Abzügen. Ebenso fließen ein: Verspätungen, Fahrzeugüberlastungen durch Schleudern oder Oberstromüberschreitung, Fehler bei Türfreigabe und Zugaufsicht. Der Energiebedarf für die Fahrt wird ermittelt.

Nicht abgebildet werden Vorbereitungshandlungen (Aufrüsten, Zugbildung, Bremsprobe), Zugfunk, Fahrzeugstörungen (über Fehlbedienungen hinaus) und Unfälle. Triebfahrzeugwechsel und Kuppeln von Wagen werden insoweit dargestellt, dass der Zug nach dem Anhalten im neuen Zustand erscheint. Fahrtrichtungswechsel sind nur an vorbereiteten Punkten im Streckennetz möglich.

Grafische Darstellung

Die grafische Darstellung der Szenerie beschränkt sich auf untexturierte Polygonzüge. Außer der eigenen Bewegung werden die anderen aktiven Züge fahrend gezeigt. In Abhängigkeit von der jeweiligen Strecke werden teilweise auch Straßenfahrzeuge und Schiffe bewegt dargestellt. Signale und Bahnübergänge werden animiert.

Die Führerstände der Triebfahrzeuge werden nicht als dreidimensionales Modell erzeugt, sondern in der Regel durch Foto-Hintergründe, entstanden aus Originalaufnahmen, sehr realistisch dargestellt. Hebel, Schalter und Handrad sowie Zeigerinstrumente (für Bremsleitungsdruck, Geschwindigkeit, Motordrehzahl/Motorstrom, Zugkraft etc.) und Leuchtmelder werden darin situationsabhängig bewegt bzw. animiert.

In einem Zusatzfenster wird der Buchfahrplan mit den Betriebsstellen, zulässigen Geschwindigkeiten und Fahrzeiten angezeigt.

Mitgelieferte Hilfsmittel

Im Programmpaket enthalten sind neben dem eigentlichen Simulationsprogramm verschiedene Editoren, die das Erstellen eigener Streckennetze, Szenerieobjekte und Fahrzeuge ermöglichen. Da diese Editoren wie professionelle CAD-/CAE-Software aufgebaut sind, ist im Gegensatz zu den Editoren bei Produkten wie Trainz einige Einarbeitungszeit erforderlich.

Entwicklungsgeschichte

Zusi ist in der Sprache Delphi programmiert. Die erste Demo-Version des Simulators wurde am 21. Dezember 2000 veröffentlicht, die erste Vollversion folgte am 24. März 2001.[2] Sie enthielt bereits die bis heute für die Zusi-Versionen 1 und 2 charakteristische untexturierte Polygondarstellung der Landschaft, damals umgesetzt mit dem so genannten Retained Mode von DirectX. Führerstandsdarstellung und Geräuschkulisse waren noch rudimentär. Zusi verstand sich als Nachfolger der damals in Deutschland recht populären Eisenbahnsimulation Railsim, deren Entwickler die Weiterentwicklung von Railsim zugunsten von Zusi einstellte. Um schneller zu einem Pool von befahrbaren Strecken zu kommen, konnten ab Sommer 2001 Railsim-Strecken ins Zusi-Format konvertiert werden. Im November 2001 erschien Zusi Version 2.0, die erstmals Motorsound und fotorealistische Führerstände enthielt. Durch eine Zusatzsoftware wurde ab Herbst 2001 der Bau von Strecken mit originalen Trassierungsparametern und Höhenlage ermöglicht, später auch die direkte Umsetzung von digitalen Höhenmodellen in Zusi-Landschaften. Seit Version 2.3 vom 23. September 2002 sind Züge nicht mehr ausschließlich auf eine Fahrtrichtung beschränkt, sondern können durch Vorgabe im Fahrplan an bestimmten Punkten im Streckennetz die Richtung wechseln. Seit Sommer 2004 können Fahrdaten per TCP an Drittsoftware ausgegeben werden. Mit Version 2.4 wurde die Grafik-Engine auf Basis des Immediate Mode von DirectX 9 neu implementiert, und seit Version 2.4.6.0 unterstützt Zusi 2 die Darstellung texturierter Objekte. Angesichts der zu Ende gehenden Produktlebensdauer der Version 2 werden texturierte Objekte allerdings nur spärlich genutzt.

Zusi Version 3

Zusi 3
Basisdaten

EntwicklerCarsten Hölscher
Aktuelle Version3.0.2.0
(November 2011)
BetriebssystemWindows
KategorieZugsimulation
Lizenzkommerzielle Software
deutschsprachigja
www.zusi.de

Version 3 ist nach mehrjähriger Entwicklung im November 2011 erschienen, zunächst nur als Beta-Demo-Ausgabe. Diese Version bietet nun auch texturierte Objekte. Die Fahrphysik wurde nochmals verfeinert, so ist in Version 3 auch das Regelungsverhalten füllungs- statt drehzahlgeregelter Dieselmotoren abbildbar, und die Druckluftbremsen im Zug werden mit individueller Bremsstellung und weiteren Eigenschaften einzeln berechnet. Fahrtrichtungswechsel sind an jedem Punkt im Streckennetz möglich, allerdings fehlt noch die Unterstützung durch den "Fahrdienstleiter"-Algorithmus des Programms, um Richtungswechsel gemäß Fahrplan durchführen zu können.

Verwendung im professionellen Bereich

Wegen der Möglichkeit, den Simulator über eine Joystick-Schnittstelle fernzusteuern und die Fahrdaten per TCP auszugeben, wird Zusi vermehrt als Komponente professioneller Bahnsimulatoren verwendet. So zeigte beispielsweise der Bahnhersteller Bombardier Transportation auf der InnoTrans 2008 ein Assistenzsystem für energiesparende Fahrweise, das zu Demonstrationszwecken an eine Zusi-Version gekoppelt war. An der Fachhochschule Aachen wird der Nachbau eines DB-Einheitsführerstands zusammen mit einer Vorabversion des Simulators Zusi 3 in der Lehre eingesetzt[3]. Von einigen Bildungsanbietern werden ähnliche Zusi-basierte Simulatoren zur Unterstützung der Triebfahrzeugführer-Ausbildung eingesetzt.

Die Zusi-Community

Die Vielfalt der für Zusi verfügbaren Streckennetze (von denen viele vorbildgetreue Strecken in Europa nachbilden) und Erweiterungen wie Rollmaterial oder Zusatzprogramme zum Streckendesign wird durch eine große Fangemeinde von Zusi ermöglicht. Neben einem regen Erfahrungsaustausch in Internetforen finden auch regelmäßig Benutzertreffen an den verschiedensten Orten statt.

Quellen

  1. Dokumentation zu Zusi 2.4, Stand 2011
  2. Versionsübersicht Zusi 1 auf zusi.de
  3. Lokführer im virtuellen Ruhrtal auf derwesten.de, abgerufen am 15. Juni 2011