Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (arabisch المرصد السوري لحقوق الإنسان, DMG al-marṣad as-sūrī li-ḥuqūq al-insān; englisch Syrian Observatory for Human Rights, SOHR) ist eine in Großbritannien ansässige Organisation, die in Opposition zur Baath-Regierung in Syrien steht und Informationen über Menschenrechtsverletzungen in dem Land sammelt und veröffentlicht.

Die SOHR mit der Website www.syriahr.com wird von Rami Abdulrahman (oder Rami Abdul Rahman oder Rami Abdelrahman), einem syrischstämmigen sunnitischen Muslim von seinem Reihenhaus in Coventry in England aus betrieben.[1][2] Abdulrahman ist der einzige feste Mitarbeiter der Organisation und war das letzte mal im Jahr 2000 persönlich in Syrien.[3] Der Name, unter dem er bekannt ist, ist ein Pseudonym, sein bürgerlicher Name ist Osama Suleiman.[4] Die SOHR wird seit 2009 hauptsächlich von der westlichen Presse als Herausgeber von Nachrichten über Syrien zitiert, welche Menschenrechtsverletzungen durch die syrische Regierung belegen sollen.

Eine gleichnamige Organisation mit Sitz in London hat ihre Aktivität spätestens 2012 eingestellt.[4]

Kritik

Unter Kritik geriet die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte im Herbst 2011, als zahlreiche Medien, darunter CNN, eine auf einem Bericht vom SOHR beruhende Falschmeldung verbreiteten, nach der in der Stadt Hama neugeborene Säuglinge in Brutkästen gezielt getötet worden seien, indem das syrische Regime die Stromversorgung des Krankenhauses unterbrochen habe.[5][6] Während CNN als Quelle für seine Falschmeldung die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte angab, zitierte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte auf ihrer Internetseite daraufhin CNN als ihre Quelle.[6]

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte unterschied in ihrer Opferzählung bis August 2012 zwischen Zivilisten und Soldaten, wobei die Zivilisten weiter in bewaffnete Rebellen und unbewaffnete Zivilisten unterteilt wurden, die Soldaten in Deserteure und Angehörige der syrischen Armee. Diese Unterteilung wurde bei der Weiterverwertung ihrer Angaben in der Regel nicht reflektiert und geriet in die Kritik. Neuere Tagesberichte der Beobachtungsstelle führen die kritisierte Zuordnung bewaffneter Rebellen zu den Zivilisten nicht fort. Die Beobachtungsstelle unterscheidet zudem in ihren Tagesbilanzen nicht nach Verursachern, auch dies wird bei der Weiterverwendung ihrer Angaben in der Regel nicht reflektiert.[7]

Die Glaubwürdigkeit der Beobachtungsstelle, die Überprüfbarkeit ihrer Angaben wurde verschiedentlich angezweifelt. Der Sprecher des russischen Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, erklärte im Februar 2012, dass nur zwei Personen für diese Beobachtungsstelle fernab der Konfliktzone arbeiten und dass der Leiter der Beobachtungsstelle, ein in London ansässiger Snack-Shop-Betreiber namens R. Abdulrahman, nach eigenen Angaben weder über eine journalistische oder juristische Ausbildung noch über einen höheren Schulabschluss verfüge. Diese Fakten ermöglichten entsprechende Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit der Informationen.[8] Nach einem Bericht der New York Times soll Abdul Rahman dagegen an einer Berufsfachschulausbildung in Marketing abgeschlossen haben.[2] Einem Mitarbeiter von Amnesty International im Nahen Osten zufolge sei seine Statistik „eine der Besten, einschließlich der Details über die Todesumstände“.[2]

Schaden entstand dem Ansehen der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte auch daraus, dass die 2012 um den Anspruch als Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte rivalisierende Internetseite www.syriahr.org während des in der Öffentlichkeit ausgetragenen Konflikts mit dem Betreiber der Internetseite www.syriahr.com dessen bürgerliche Identität offenlegte, worauf dieser öffentlich Osama Suleiman als seinen Realnamen eingestand und erklärte, dass er das Pseudonym Rami Abdulrahman für seine langjährige Aktivistentätigkeit gegen das syrische System unter Baschar al-Assad als Nom de Guerre angenommen habe.[5][6][9]

Einzelnachweise

  1. Mohammed Abbas: Coventry - an unlikely home to prominent Syria activist, Reuters, 8. Dezember 2011.
  2. a b c Neil MacFarquhar: A Very Busy Man Behind the Syrian Civil War’s Casualty Count In: The New York Times, 9. April 2013. Abgerufen am 9. Februar 2014.
  3. RT-Interview mit dem Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte: „Wir sagen die Wahrheit“. In: RT Deutsch. Abgerufen am 10. Oktober 2015 (deutsch).
  4. a b Jonas Schaible: Ominöse Protokollanten des Todes, Süddeutsche.de, 26. November 2012.
  5. a b Der Ein-Mann-Betrieb berichtet aus Syrien - Die wichtigste Quelle für Nachrichten zum Syrien-Konflikt ist ein Mann in London mit einem Telefon- und Internetanschluss, derStandard.at, 15. Mai 2012, von Michaela Kampl, archiviert vom Original am 30. September 2014.
  6. a b c The Syrian Observatory: The Inside Story (englisch). Al Akhbar, 26. Januar 2012, von Asa Winstanley, archiviert vom Original am 30. September 2014.
  7. Sharmine Narwani: Questioning the Syrian “Casualty List”, Al Akhbar English, 28. Februar 2012.
  8. Russia Doubts Credibility of London-based Syria Watchdog (Ria Novosti), abgerufen am 22. Juli 2012
  9. About Us, http://syriahr.com, archiviert vom Original am 30. September 2014.