Sprach- und Kulturmittler

Der Sprach- und Kulturmittler unterstützt die sprachliche und kulturelle Kommunikation zwischen Menschen mit verschiedenem sprachlichen und kulturellen Hintergrund, meist im engeren Sinne zwischen Mitgliedern einer Minderheit oder Randgruppe, vor allem Migranten, und Vertretern der im jeweiligen Land vorherrschenden Mehrheitskultur, etwa Angestellte in Behörden oder in medizinischen oder sozialen Einrichtungen.

Diese Tätigkeit wird im deutschsprachigen Raum mit verschiedenen, synonym oder überlappend verwendeten Begriffen bezeichnet: in Deutschland Sprach- und Kulturmittler oder Sprach- und Integrationsmittler (bisweilen auch Gemeindedolmetscher), in Österreich Kommunaldolmetscher, in der Schweiz interkultureller Übersetzer. (Englischsprachig finden sich die Begriffe linguistic and cultural mediator, community interpreter, public service interpreter, liaison interpreter.)[1]

Der Sprach- und Kulturmittler ist besonders in den soziokulturellen Unterschieden zwischen den betreffenden Kulturkreisen und der interkulturellen Kommunikation geschult, und die Tätigkeit beinhaltet Elemente der Mediation und des Konfliktmanagements. Er nimmt eine andere Rolle ein als der "Sprachmittler" (als Oberbegriff für Übersetzer und Dolmetscher).

Projekte und Akteure

Verschiedene Anbieter und öffentlich geförderte Projekte bilden Flüchtlinge und Asylbewerber zu Sprach- und Kulturmittlern aus. Die von der EU von 2002 bis 2007 im Rahmen von EQUAL geförderten Teilprojekte SpraKuM und TransKom schlossen ausdrücklich auch Flüchtlinge mit Duldung ein.[2]

Hierdurch soll die Lebenssituation dieser Personen verbessert werden und ihre bisher weitgehend ungenutzte sprachlichen und soziokulturellen Ressourcen zum Tragen kommen, ohne Anlass zu Befürchtungen wegen einer etwaigen Verdrängung vom Arbeitsmarkt zu geben.[3][4] Durch diese Maßnahmen verbessert sich insbesondere auch die Wirksamkeit der Gesundheitsversorgung für Personen anderer Kulturkreise.[5] Zugleich wird die Beschäftigungsfähigkeit dieser Personen sowohl im Einwanderungs- als auch im Herkunftsland und somit unabhängig von dem Ausgang eines Asylanerkennungsverfahrens verbessert.[3]

Eine Ausbildung zum Sprach- und Kulturmittler ist zugleich für Teilnehmer sehr motivierend, und vielfältiger als reine Sprachkurse.[5][6][7]

Seit Januar 2012 besteht das bundesweite Projekt SprIntpool-Transfer, das ein bundesweites "Netzwerk von Vermittlungszentralen für Sprach- und Integrationsmittler/-innen" (SprInt) aufbaut.[8] Zudem setzt es sich in der bundesweiten Arbeitsgruppe BAG für bundesweite Qualitätsstandards für das Berufsbild durch die Zertifizierung von "Sprach- und Integrationsmittler/innen" ein.[9] Das Vorgängerprojekt, das der Entwicklungspartnerschaft TransKom zugehörige Teilprojekt SpraKuM ("Sprach- und Kulturmittlung")[10] sowie das Projekt SPuK ("Sprache und Kultur) wurden im Rahmen der EU-Gemeinschaftsinitiative EQUAL aufgestellt. SpraKuM, in Wuppertal angesiedelt, zielten auf die Steigerung der Handlungsmöglichkeiten von Flüchtlingen[11] und vermittelte eine zweieinhalbjährige zertifizierte Ausbildung von Migranten zu Sprach- und Kulturmittlern. SpraKuM setzte sich zudem das Ziel der Etablierung eines Berufsbildes "Sprach- und Kulturmittler für Migranten".[12] Die Wuppertaler Diakonie erhielt 2007 für ihr Projekt SpraKuM den Deichmann-Förderpreis.[13][14]

Die 2007 gegründete Bundesarbeitsgruppe „Berufsbildentwicklung Sprach- und Integrationsmittler“ (BAG) koordiniert den bundesweiten Prozess zur Etablierung des neuen Berufsbildes Sprach- und Integrationsmittler.[15] Auch Ehrenamtliche werden zu Sprach- und Kulturmittlern ausgebildet und als solche vermittelt.[16] Als Anbieter von Ausbildungen zum Sprach- und Kulturmittler zu nennen ist auch die gGmbH bikup gGmbH[15]. Darüber hinaus bietet auch der Dolmetscher- und Flüchtlingsbetreuungsdienst Hayatt GmbH in Hamburg eine von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Weiterbildung zum Sprach- und Kulturmittler an.[17]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. MedInt: Development of a curriculum for medical interpreters. Summary report: work package 3. (PDF; 387 kB) April 2008, abgerufen am 30. April 2013 (englisch).
  2. Eine Möglichkeit sozialer Integration im deutschen Asyl. Ergebnisse der empirischen Begleitforschung zum Modellprojekt: „Sprach- und Kulturmittler/-innen“. Ministerium für Familie, Frauen und Integration (MGFFI) des Landes Nordrhein-Westfalen, 2008, abgerufen am 3. Dezember 2017: „Die Modellausbildung von „Sprach-und Kulturmittler/-innen“ war deshalb eine außerordentliche Möglichkeit beruflicher Bildung im deutschen Asyl. Da sie nicht zu einem staatlich anerkannten Abschluss führte, konnten auch ausreisepflichtige Flüchtlinge teilnehmen. […] in der Entwicklungspartnerschaft „Transkulturelle Kommunikation im Gesundheits-und Sozialwesen“ (TransKom) weiter entwickelt. An zwei Standorten nahmen jeweils etwa dreißig Flüchtlinge die Modellausbildung zum/zur „Sprach-und Kulturmittler/-in“ auf, die in fünf halbjährige Module gegliedert wurde, um auch bei freiwilligen oder erzwungenen Abbrüchen mit Teilzertifikaten abzuschließen. […] steht die Ebene der Akteure im Mittelpunkt und damit die Frage, wie die Beschäftigungsfähigkeit geduldeter Flüchtlinge wieder hergestellt werden kann.“ Abschnitt „Einleitung“, S. 
  3. a b Varinia Fernanda Morales: Sprach- und Kulturmittlung – Beschäftigung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. In: Innovative Konzepte für Integration und Partizipation: Bedarfsanalyse zur interkulturellen Kommunikation in Institutionen und für Modelle neuer Arbeitsfelder. Band 3, Migration – Gesundheit – Kommunikation. IKO-Verlag, 2007, abgerufen am 3. Dezember 2017. S. 224–232.
  4. read and Dignity. Looks grim for asylum seekers. (PDF; 177 kB) Abgerufen am 30. April 2013 (englisch).
  5. a b Curriculum für eine Qualifizierung zur Sprach- und Kulturmittlung. EQUAL-Projekt SPuK: Sprache und Kultur – Grundlage für eine effektive Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden/MigrantInnen. (PDF; 169 kB) 8. Dezember 2005, abgerufen am 30. April 2013.
  6. Das Angebot der Sprach- und Kulturmittlung. Abgerufen am 30. April 2013.
  7. SpuK (Sprache und Kultur) Bericht. (PDF; 788 kB) Abgerufen am 30. April 2013.
  8. Sprach- und Integrationsmittler: Frischer Wind für professionelle Sprach- und Integrationsmitter/-innen! Abgerufen am 2. Mai 2013.
  9. Der Weg zum Berufsbild. SprInt-Transfer, abgerufen am 2. Mai 2013.
  10. Eine Möglichkeit sozialer Integration im deutschen Asyl. Ergebnisse der empirischen Begleitforschung zum Modellprojekt: „Sprach- und Kulturmittler/-innen“. (PDF; 2,5 MB) Abgerufen am 30. April 2013.
  11. Andreas Deimann: Eine Möglichkeit sozialer Integration im deutschen Asyl. Ergebnisse der empirischen Begleitforschung zum Begleitprojekt Sprach- und Kulturmittlerinnen und Sprach- und Kulturmittler der EQUAL-Entwicklungspartnerschaft TransKom, S. 66–118, in: Niels-Jens Albrecht, Theda Bohde (Hrsg.): Netzwerke und didaktische Konzepte, Interdisziplinäre Reihe Migration–Gesundheit–Kommunikation, Band 5, 2007, ISBN 978-3-88939-912-0
  12. Vergleichende Studie zu Sprach- und Kulturmittlung in verschiedenen Europäischen Ländern. (PDF; 877 kB) TransKom, abgerufen am 30. April 2013.
  13. Erster Preis für Sprachmittlung. SprInt-Transfer, abgerufen am 2. Mai 2013.
  14. Deichmann-Förderpreis: Wuppertaler Diakonie erringt ersten Platz. Evangelische Diakonie in Deutschland, abgerufen am 2. Mai 2013.
  15. a b bikup: Fortbildung zum Sprach- und Integrationsmittler. Abgerufen am 30. April 2013. siehe insbesondere unter "Bundesweite Aktivitäten"
  16. Projekt: Ehrenamtliche Sprach- und Kulturmittler. Landkreis Konstanz, abgerufen am 2. Mai 2013.
  17. Engagement gegen Dolmetschermangel in der Flüchtlingsarbeit. Abgerufen am 30. April 2013.