Referendum über den Status der Krim

Lage der Ukraine mit der Krim und Lage Russlands
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    Die Krimkrise 2014 hat Ende Februar kurz nach dem Ende der Euromaidan-Unruhen begonnen. Nachdem das ukrainische Parlament den ukrainischen Staatspräsidenten Wiktor Janukowytsch für abgesetzt erklärt hatte, lehnten sich Teile der mehrheitlich russischstämmigen Bevölkerung der Halbinsel Krim gegen die auch aus Mitgliedern rechtsextremer Parteien bestehende Übergangsregierung der Ukraine auf. Komplizierter wurde die Lage durch die Besetzung des Regionalparlaments der Autonomen Republik Krim und mehrerer Flughäfen durch nicht mit Hoheitszeichen gekennzeichnete Truppen sowie durch eine gesteigerte Militärpräsenz Russlands auf der Krim.

    Hintergrund

    Multiethnische Bevölkerung

    Drei ethnische Gruppen stellen etwa 95 Prozent der Bevölkerung der Krim. Russen sind die größte ethnische Gruppe. Nach den Ergebnissen der Volkszählung 2001[1] stellten sie 58,5 % der Bevölkerung. 24,4 % waren Ukrainer und 12,1 % vorwiegend sunnitische Krimtataren. Russisch ist die dominierende Sprache auf der Krim. Gerade 5 Prozent der Schüler besuchten 2005 ukrainischsprachige Schulen.[2]

    Die islamistische Hizb ut-Tahrir ist auf der Krim legal aktiv.[3]

    Russischer Flottenstützpunkt

    Die russische Schwarzmeerflotte ist seit dem 18. Jahrhundert auf der Krim stationiert. Bis zum Jahr 1954 gehörte die Halbinsel zur russischen Sowjetrepublik. Nach der Auflösung der Sowjetunion im Jahr 1991 teilten die Russische Föderation und die Ukraine sich die Flotte und schlossen einen Pachtvertrag zur Fortführung des Aufenthalts russischer Streitkräfte auf der Krim. Obergrenzen des Vertrags sind 388 Schiffe, 161 Fluggeräte und 25.000 Soldaten.[4] Dieser Pachtvertrag läuft im Jahr 2042 ab. Im Jahr 2010 zählten mehr als 16.000 Soldaten und über 40 Schiffe zur russischen Schwarzmeerflotte.[5] Die russische Marine verfügt auf der Krim über 180 km2 Fläche, davon 30 km2 Hafengelände in Sewastopol.[6]

    Politischer Umsturz in der Ukraine 2014

    Am Abend des 20. Februar 2014 verkündete der damalige ukrainische Präsident Janukowytsch nach Gesprächen mit den Außenministern Deutschlands, Polens und Frankreichs ein Einlenken auf die wichtigsten Forderungen der protestierenden Opposition. So sollten vorgezogene Präsidentschaftswahlen noch im Jahr 2014 stattfinden. Außerdem sollte die Verfassung der Ukraine abgeändert und binnen zehn Tagen eine Übergangsregierung gebildet werden. Die mit den Außenministern Frank-Walter Steinmeier, Radoslaw Sikorski und Laurent Fabius am 21. Februar unterschriebene Vereinbarung wurde ohne die Einbeziehung der Vertreter der russischsprachigen Regionen vollzogen, die mehr als ein Drittel der Ukraine umfassen.[7]

    Bei der Bildung der ukrainischen Übergangsregierung kam dem informellen „Maidan-Rat“ eine Schlüsselrolle zu. Er benannte Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten sowie dessen Kabinett, die anschließend dem Parlament zur Zustimmung vorgelegt wurden.[8] Mitglieder der rechtsextremen Swoboda-Partei wurden als Minister bestimmt. Die Partei stellte unter der Führung von Oleh Tjahnybok im Kiewer Kabinett mehrere Minister, einen Vizeministerpräsidenten und den Generalstaatsanwalt.[7] Auch Tjahnybok gehört zu den Unterzeichnern der Vereinbarung mit den drei europäischen Außenministern.[7] Neuer Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates wurde Andrij Parubij, ein Mitbegründer der Swoboda, der nun zur Vaterlandspartei von Julija Tymoschenko gehörte und kurz zuvor einer der „Kommandanten“ des Euromaidan gewesen war.[7] Als dessen Stellvertreter wurde der Anführer des militant auftretenden, russophoben Rechten Sektors, Dmytro Jarosch, bestimmt.[9] Der ließ seit Januar seine Kameraden auf dem Majdan Nesaleschnosti auf die Polizei schießen. So trug er dort maßgeblich zur blutigen Eskalation bei.[7]

    Zuvor soll Jarosch zwei Jahrzehnte lang bewaffnete Nationalisten bei Wehrübungen geschult haben.[7] Sein Rechter Sektor soll über mehrere tausend bewaffnete Kämpfer verfügen.[7] Zu den Feindbildern des Rechten Sektors gehören neben Russland auch die Europäische Union, die er als „Brüsseler bürokratisches Monster“ bezeichnet, der „totalitäre Liberalismus“ und die „sexuelle Perversion“.[7] Nach einer kurzen Unterbrechung und trotz der Ankündigung einer Einigung wurden die gewalttätigen Auseinandersetzungen in Kiew am 21. Februar fortgeführt. Während eines Auftritts Jaroschs auf dem Majdan Nesaleschnosti am 22. Februar erhielt er in Kiew mehr Beifall als die am selben Tag aus zweieinhalbjähriger Haft entlassene Tymoschenko.[7] Die Aufnahme von Rechtsextremen in die Übergangsregierung wurde von den russischsprachigen Regionen als kein Beitrag zur nationalen Versöhnung betrachtet, was schließlich zur Entstehung der Krimkrise beisteuerte.[7]

    Nach der anschließenden Flucht Janukowytschs aus Kiew beschloss das ukrainische Parlament (gewählt am 28. Oktober 2012) innerhalb weniger Tage eine Reihe von Gesetzen, die Entscheidungen der letzten Jahre rückgängig machen sollten. So wurde am 23. Februar für die Abschaffung eines Gesetzes von 2012 über die Möglichkeit einer Mehrsprachigkeit für ukrainische Regionen, in denen sprachliche Minderheiten einen Anteil über zehn Prozent haben, votiert.[10][11] Die Abschaffung des Gesetzes betraf neben ethnischen Russen auch die Krimtataren. 97 % der Bevölkerung der Krim geben an, russischer Muttersprache zu sein.[12] Nach anderen Quellen sollte Russisch als Amtssprache ganz abgeschafft werden, was zu Entsetzen bei der russischsprachigen Bevölkerung führte. Später verkündete die Übergangsregierung, dass dieses Gesetz nicht umgesetzt werde. Trotzdem sorgte das Vorhaben auf der Krim für Angst vor zukünftiger Unterdrückung.[13]

    Russland zweifelte die Gesetzmäßigkeit der neuen ukrainischen Führung an. Ministerpräsident Dmitri Medwedew sprach am 23. Februar von einer realen Gefahr für die russischen Interessen in der Ukraine. Auch seien „Leben und Gesundheit unserer Landsleute“ in der Ukraine in Gefahr.[14]

    Verlauf

    Datei:VOA Crimea occupation report.webm
    VOA-Fernsehbericht vom 28. Februar 2014 (engl.)
    Soldaten ohne Hoheitszeichen am Flughafen Simferopol am 28. Februar 2014
    Soldaten mit PKM-Maschinengewehren nahe dem Regionalparlament in Simferopol am 1. März 2014
    Soldaten mit PKP-Maschinengewehr in Simferopol am 2. März 2014
    Datei:Selbstverteidigung.jpg
    Bürgerwehr mit Schutzschilden in den Farben der Autonomen Republik Krim
    Bürgerwehr mit Sankt-Georgs-Band

    Infolge der Fortsetzung der gewalttätigen Auseinandersetzungen in Kiew am 21. Februar wollten sich am selben Tag Teile des Parlaments der Autonomen Republik Krim in einer Sitzung an Russlands Präsident Wladimir Putin wenden, um Unterstützung zu erbitten. Der parlamentarische Aufruf wurde jedoch von außerparlamentarisch organisierten Krimtataren verhindert, indem diese zuvor die Besetzung des Parlaments und die Behinderung der Parlamentsarbeit androhten.[15] In der Folge wurde eine parlamentarische Bitte an Russland nicht ausgesprochen. Auch die Frage einer möglichen Abspaltung der Krim von der Ukraine wurde während der gesamten Parlamentssitzung von keinem Abgeordneten angesprochen.[16]

    Am 26. Februar kam es beim Parlamentsgebäude in Simferopol zu Zusammenstößen zwischen Anhängern der neuen ukrainischen Führung und prorussischen Demonstranten.[17] Zwei Personen kamen ums Leben, mehrere Dutzend wurden verletzt.[18]

    Bewaffnete Demonstranten, die sich als „Selbstverteidiger der russischsprachigen Bevölkerung der Krim“ bezeichnen, besetzten am 27. Februar 2014 das Parlamentsgebäude. Sie forderten von den Abgeordneten die umgehende Festsetzung eines Termins für ein Referendum über die staatliche Zugehörigkeit der Krim.[19][20] Das Parlament ernannte Sergei Aksjonow zum neuen Ministerpräsidenten der Krim. Dieser stellte alle bewaffneten ukrainischen Kräfte auf der Krim unter seinen Befehl[21] und rief Russland um Schutz vor gewaltbereiten ukrainischen Nationalisten und Extremisten an.[22] Aksjonow wird von der ukrainischen Übergangsregierung nicht als Ministerpräsident der Krim anerkannt; er selbst betrachtet Wiktor Janukowytsch weiterhin als rechtmäßigen Präsidenten der Ukraine.[23]

    Am 27. Februar 2014 wurden Angehörige der tags zuvor von Innenminister der ukrainischen Übergangsregierung Arsen Awakow für aufgelöst erklärten Spezialeinheit Berkut auf der Krim wie Helden gefeiert. Sie baten öffentlich um Vergebung dafür, dass sie „die Faschisten“ in Kiew „nicht aufhalten konnten“.[24] In der folgenden Nacht drangen Bewaffnete in den Flughafen Simferopol ein und besetzten ihn kurzzeitig.[25] Der Flugbetrieb wurde nicht beeinträchtigt.[26]

    Russische und ukrainische Medien berichteten am 2. März 2014, das Flaggschiff der ukrainischen Marine, die Fregatte Hetman Sahajdatschny, habe auf dem Rückweg von Somalia nach Sewastopol die Sankt-Andreas-Flagge der russischen Marine gehisst. Der neue ukrainische Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk habe die Türkei aufgefordert, das Schiff nicht durch den Bosporus ins Schwarze Meer fahren zu lassen.[27][28] Das ukrainische Verteidigungsministerium widersprach dieser Darstellung. Die Besatzung des Schiffs habe zu keinem Zeitpunkt ihren Eid auf die Ukraine verletzt oder eine andere Flagge gehisst. Die Fregatte befinde sich auf Kreta und werde wie geplant in den nächsten Tagen in ihren Heimathafen zurückkehren.[29] Der vom ukrainischen Übergangspräsidenten Olexandr Turtschynow am Vortag zum neuen Befehlshaber der ukrainischen Marine ernannte Konteradmiral Denys Beresowskyj unterstellte sich allerdings am 2. März der Regierung der Krim.[30] Die ukrainische Regierung erklärte, ein Verfahren wegen Landesverrat gegen Beresowskyj eröffnet zu haben.[31] Gleichentags bekannten sich auch die Leiter des Sicherheitsdienstes, des Innenministeriums, des Zivilschutzes und des Grenzschutzes zur Krim.[32]

    Am 2. März erklärte der Krim-Parlamentsvorsitzende Wolodymyr Konstantynow, die Krim solle künftig als eigener Staat existieren. Dies sei das Ziel des für den 30. März anberaumten Referendums.[33] Prorussische Einheiten umstellten eine ukrainische Militärbasis in Perewalne. Die dort stationierte 36. Brigade gehört zur Küstenwache. Auch in Feodossija wurde der ukrainische Marinestützpunkt umstellt.[34][35][36] Nach US-amerikanischen Erkenntnissen übernahm das russische Militär die „totale operative Kontrolle“ auf der Krim.[37]

    Ukraine und Russland im Konflikt um die russische Militärpräsenz

    Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow bewertete die Ereignisse auf der Krim als „bewaffnete Invasion“ und „Besetzung“ durch die russische Armee. Ihm zufolge würden bewaffnete Einheiten der russischen Schwarzmeerflotte auch den Flughafen Belbek bei Sewastopol blockieren.[38] Nach Angaben der ukrainischen Übergangsregierung landeten am 27. Februar 2014 bis zu 2000 russische Soldaten per Lufttransport auf der Krim. Die russische Regierung bestätigte diese Angaben nicht, der russische UNO-Botschafter erklärte in einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates in New York, alle Aktivitäten der russischen Truppen bewegten sich im Rahmen des Abkommens über die Stationierung der Schwarzmeerflotte. Der ukrainische Übergangspräsident Olexandr Turtschynow rief Russlands Präsidenten Wladimir Putin dazu auf, die „nackte Aggression gegen die Ukraine“ umgehend zu stoppen. Turtschynows Sprecher Serhij Kunitsyn sagte am 28. Februar in einem TV-Interview, dieser werde als Interimspräsident sein Veto gegen die Abschaffung des Sprachengesetzes einlegen.[39]

    Am 1. März 2014 bat der russische Präsident Putin den Föderationsrat um die Erlaubnis für einen Einsatz der russischen Streitkräfte in der Ukraine. Dies sei angesichts der außergewöhnlichen Situation notwendig, um russische Bürger sowie die auf der Krim stationierten Streitkräfte zu schützen, bis sich die Lage normalisiert habe. Der Föderationsrat ermächtigte Putin gleichentags zum Einsatz von Truppen.[40] Am 4. März erklärte er in einem TV-Interview, nicht russische Truppen, sondern „örtliche Selbstverteidigungskräfte“ hätten die Kontrolle auf der Krim übernommen. Ein Einsatz russischer Truppen in der Ukraine sei „bisher“ nicht notwendig.[41]

    Der ukrainische Interimspräsident Turtschynow ordnete am Abend des 1. März in einer im Fernsehen direkt übertragenen Rede die Alarmbereitschaft aller ukrainischen Militäreinheiten an. Russland habe für seinen „Akt der Aggression“ keine Grundlage. Meldungen über Gefahren für russische Staatsbürger oder russischsprachige Ukrainer auf der Krim seien „erdacht“.[42]

    Prorussische Demonstrationen in anderen Regionen der Ukraine

    Kundgebung in Donezk

    Am 4. März besetzten prorussische Demonstranten das Gebäude der Regionalregierung in der ostukrainischen Stadt Donezk. In vielen Städten im Osten und im Süden der Ukraine kam es zu prorussischen Kundgebungen.[43] Bei mehreren dieser Kundgebungen wurden Referenden nach dem Vorbild der Krim gefordert.[44]

    Internationale Reaktionen

    UNO-Sicherheitsrat

    Am 28. Februar bat das ukrainische Parlament den UNO-Sicherheitsrat um Hilfe.[45] Jurij Sergejew, ukrainischer UNO-Botschafter seit 2007, forderte den UNO-Sicherheitsrat auf, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um die „brutale Aggression der Russischen Föderation“ zu stoppen.[46]

    OSZE

    Der Vorsitzende der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Didier Burkhalter, kündigte die Entsendung des Beauftragten Tim Guldimann auf die Krim an.[47] Ein einwöchiger Besuch unbewaffneter Militärbeobachter begann am 5. März in Odessa.[48]

    NATO

    In Brüssel kam der Nordatlantikrat in einer außerordentlichen Sitzung über die Lage in der Ukraine zusammen. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen beschuldigte Russland nach fast achtstündigen Beratungen eines Bruchs des Völkerrechts. Russland müsse deeskalieren und seine Streitkräfte zurück in ihre Basen rufen.[49] Die Ukraine ist wie Russland ein Partnerland der NATO. Rasmussen forderte ein baldiges Treffen des NATO-Russland-Rates sowie die Einleitung eines politischen Dialogs unter der Schirmherrschaft der UNO oder der OSZE.[50]

    Vereinigte Staaten

    US-Außenminister Kerry mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk (links) und Parlamentspräsident / Übergangspräsident Turtschynow (rechts) in Kiew

    Der US-amerikanische Präsident Barack Obama zeigte sich „zutiefst besorgt“ über das russische Vorgehen. Jede Verletzung der Souveränität und der territorialen Integrität der Ukraine werde einen Preis haben, erklärte Obama.[51]

    US-Außenminister John Kerry drohte mit einer Absage des für Juni 2014 geplanten G8-Gipfels in Sotschi. Russland könne seine Mitgliedschaft in der Gruppe der Acht verlieren[52]. Außerdem wurde behauptet, die Verpflichtungen aus dem trilateralen Budapester Memorandum, in dem die Ukraine sich zur Auslieferung aller atomaren Waffen aus ehemals sowjetischen Beständen verpflichtet hatte und in dem im Gegenzug Russland, Großbritannien und die USA Zusicherungen für die territoriale Integrität der Ukraine gegeben hatten, seien in Frage gestellt. Daher wurde für den 5. März 2014 ein Treffen der Außenminister nach Art. 6 des Memorandums in Paris anberaumt. Russland lehnte die Teilnahme ab. Die USA, Großbritannien und die Ukraine trafen sich und kamen überein, dass direkte Gespräche erforderlich seien und internationale Beobachter in der Ostukraine und auf der Krim stationiert werden sollten.[53]

    Der US-amerikanische OSZE-Botschafter Daniel Baer sagte: „Die Russische Föderation bleibt bei der Behauptung, dass es reiner Zufall sei, dass eine Militärübung von 150.000 Mann genau dann stattfindet, wenn in der Ukraine die Krise ausgebrochen ist und in der Folge illegales militärisches Eindringen auf das Gebiet der Ukraine stattfindet. Um das zu glauben, dass das ein bloßer Zufall ist, müssen Sie die Behörden für blöd halten.[…] Das ist nicht nur weit hergeholt, das ist respektlos gegen uns alle.[…] Dann folgte eine phantastische Version, die sich in keiner Wirklichkeit wiederfindet, über die niemand berichtet hat außer der russischen Regierung oder die von ihr kontrollierten Medien.[…] Die Fortsetzung eines Lügenbündels – diese Geschichten von Neonazis und Antisemiten – der Oberrabbiner der Ukraine sagt, dass das reine Erfindungen seien, dafür gedacht, ein militärisches Eindringen zu rechtfertigen, und er hat das rundweg zurückgewiesen.“[54][55]

    Der Zerstörer USS Truxtun (DDG-103) wurde ins Schwarze Meer verlegt.[56]

    Vereinigtes Königreich

    Außenminister Hague und Kerry treffen den ukrainischen Außenminister Deschtschyzja in Paris.

    Der Außenminister William Hague warnte vor einer Teilung der Ukraine.[57] Am 3. März stellte er zudem fest, dass die Krim bereits unter völliger Kontrolle Russlands sei.[58] Er sehe die aktuelle Situation als „die größte Krise des 21. Jahrhunderts“. Trotzdem erwarte er eine starke Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft. Die Grundlagen für die Zusammenarbeit im G8-Gremium seien geschädigt worden.[59]

    Premierminister David Cameron teilte mit, Russland habe die Souveränität und staatliche Einheit der Ukraine verletzt.[60] Daher werde er wie auch Prince Edward, Earl of Wessex, der Schirmherr des britischen Behindertensportverbands, nicht zu den Winter-Paralympics 2014 in Sotschi reisen.

    Nach BBC-Informationen über ein Regierungsdokument[59] möchte die britische Regierung Wirtschaftssanktionen gegen Russland vermeiden, die russischen Handel am Finanzplatz London gefährden. Zudem soll in allen Gremien von der Möglichkeit militärischer Vorbereitungen abgeraten werden. Europa solle zudem nach alternativen Gas- und Ölliefermöglichkeiten für die Ukraine suchen, falls Russland sie abschneidet.

    Deutschland

    Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier forderte eine diplomatische Lösung. Er lehnte den von Kerry vorgeschlagenen Ausschluss Russlands aus der G8 ab.[61]

    Bundeskanzlerin Angela Merkel warf Putin in einem Telefonat vor, mit der „unakzeptablen russischen Intervention auf der Krim gegen das Völkerrecht verstoßen zu haben“.[62] Außerdem habe Russland gegen den Vertrag über die Schwarzmeerflotte von 1997 verstoßen.[63] Putin teilte diese Sichtweise nicht, akzeptierte jedoch Merkels Vorschlag bezüglich der umgehenden Einrichtung einer Fact Finding Mission sowie einer Kontaktgruppe, um einen politischen Dialog zu beginnen.[62]

    Russische Stellungnahme zu den internationalen Reaktionen

    Russland warf dem Westen vor, er habe sich in der Ukraine mit „ausgesprochenen Neonazis“ verbündet. Damit ist hauptsächlich die rechtsextreme Allukrainische Vereinigung „Swoboda“ unter der Führung von Oleh Tjahnybok gemeint sowie der russophobe Rechte Sektor um Dmytro Jarosch. „Es sind die USA und ihre Bündnispartner, die bei den Ausschreitungen der Maidan-Randalierer wegschauten und deren Gewalt gegen politische Gegner und Zivilisten duldeten“, erklärte der russische Außenminister Sergei Lawrow.[64] Auch hätten die westlichen Staaten auf die militante Russophobie und den Antisemitismus sowie die Schändung der Denkmäler für die Helden des Großen Vaterländischen Krieges in der Ukraine nicht reagiert.[65] Dazu bezeichnete er das russische Vorgehen in der Ukraine als Verteidigung der Menschenrechte. Vor dem UNO-Menschenrechtsrat in Genf erklärte er, dass Moskau bei seinem Engagement in erster Linie an die ukrainischen Bürger denke. Der Übergangsregierung in Kiew warf er vor, die Menschenrechte der Russen in der Ukraine zu missachten.[66]

    Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche Kyrill I. hatte sich in einem Telefonat mit dem Übergangspräsidenten Turtschynow für die russische Minderheit stark gemacht. Es müsse alles getan werden, um Gewalt und jede ethnische und religiöse Diskriminierung auszuschließen. Die russisch-orthodoxe Kirche sieht zwei ihrer Klöster in der Ukraine durch Extremisten bedroht. Sie sollen am 3. März 2014 versucht haben, das Kiewer Höhlenkloster und das ebenfalls bedeutende Himmelfahrtskloster im westukrainischen Potschajiw zu stürmen.[67][68][69]

    Pressekonferenz Putins in Nowo-Ogarjowo

    Am 4. März verteidigte Russlands Präsident Putin das Vorgehen seiner Regierung: „Wir sind besorgt wegen der Orgien der Nationalisten, Extremisten und Antisemiten in der Ukraine. Die Menschen sind wegen dieser Gesetzlosigkeit bekümmert.“ Er berief sich auf ein Hilfeersuchen des abgesetzten Präsidenten Janukowytsch. De jure sei Janukowytsch noch immer der ukrainische Präsident, auch wenn er de facto keine Macht mehr habe. Putin wies darauf hin, dass Janukowytsch keine politische Zukunft mehr habe. Die Aufnahme des Politikers in Russland bezeichnete er als humanitäre Geste. „Wäre er in der Ukraine geblieben, wäre er umgebracht worden.“[70]

    Putin bezeichnete dazu den Umsturz in Kiew als verfassungswidrig. Am 21. Februar habe Janukowytsch den Forderungen der ukrainischen Opposition zugestimmt, dann hätten sich die Regierungsgegner jedoch nicht an die Vereinbarungen gehalten, kritisierte Putin. „Dadurch hat man den Süden und Osten der Ukraine in Wallung gebracht.“ Der Putsch in Kiew sei lange vorbereitet worden, auch von westlichen Ausbildern. Putin räumte ein, dass die Probleme in der Ukraine groß seien, und zeigte Verständnis für die Menschen auf dem Majdan Nesaleschnosti, die einschneidende Änderungen forderten. Der Weg, den die Opposition wählte, sei jedoch nach seiner Auffassung falsch. Die jetzige Regierung in der Ukraine sei illegitim. Sollten in der Ukraine Wahlen „unter solchem Terror abgehalten werden, wie wir ihn jetzt sehen, werden wir sie nicht anerkennen“, betonte Putin.[70]

    Zusätzlich verkündete er, dass die russischen Streitkräfte in einem extremen Fall in anderen Teilen des Landes einschreiten könnten. Russland behalte sich alle Mittel zum Schutz der Russen in der Ukraine vor. „Wir werden nicht zusehen, wenn sie verfolgt und vernichtet werden.“ Derzeit gebe es jedoch keine Notwendigkeit für eine Entsendung von Truppen in die Ukraine, die Putin als Bruderstaat bezeichnete. Kritik aus dem Westen wies er zurück und erinnerte an das Vorgehen der USA und ihrer Verbündeten im Irakkrieg und im Bürgerkrieg in Libyen.[70]

    Vermittlungsbemühungen von UNO, OSZE und EU

    Der deutsche Außenminister Steinmeier schlug nach Treffen mit dem russischen Außenminister Lawrow, dem UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon und dem OSZE-Vorsitzenden Burkhalter die Bildung einer OSZE-Kontaktgruppe vor, in der die Ukraine und Russland zusammenarbeiten können, um den Konflikt zu deeskalieren und beizulegen.[71]

    Referendum über Sezession

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    Beschluss des Stadtrates Sewastopol über das Referendum

    Das Parlament der Autonomen Republik Krim in der Hauptstadt Simferopol stimmte am 6. März für eine „Wiedervereinigung“[72] mit Russland. In einem Referendum soll am 16. März entschieden werden, ob die Halbinsel Teil der Ukraine bleibt oder Russland beitreten wird. Russlands Präsident Putin erklärte zuvor, dass sein Land zwar keinen Anschluss der Krim plane, aber das Volk der Halbinsel darüber frei entscheiden könne.[73]

    Der Stadtrat von Sewastopol, das der Autonomen Republik Krim nicht angehört, stimmte am 6. März ebenfalls für den Beitritt zu Russland und für die Teilnahme am Referendum vom 16. März.[74][75]

    Auf den Beschluss des Übergangspräsidenten Turtschynow, die Abstimmung als ungesetzlich zu verbieten, reagierte das Krimparlament mit dem Hinweis, dass nur das Verfassungsgericht der Ukraine seine Beschlüsse außer Kraft setzen dürfe.[76] Der deutsche Völkerrechtler Stefan Talmon bezeichnete die Entscheidung des Krimparlaments als „verfassungs- und völkerrechtlich unerheblich, weil sie nicht mit der Verfassung der Ukraine in Einklang steht“.[77][78]

    Siehe auch

    Commons: Referendum über den Status der Krim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    1. Ergebnisse der Volkszählung 2001 zur Verteilung der Ethnien (russisch)
    2. Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58780-1, S. 305
    3. Konflikt um die Krim: Die Furcht vor den Islamisten, FAZ vom 10. März 2014
    4. Der Sprung ins Mittelmeer, FAZ vom 9. März 2014
    5. Ukraine: Eier und Nebelbomben im Parlament. Deutsche Welle, 28. April 2010, abgerufen am 28. April 2010.
    6. Winfried Schneider-Deters: Die Ukraine: Machtvakuum zwischen Russland und der Europäischen Union, Berlin 2012, ISBN 978-3-8305-3116-6, S. 405
    7. a b c d e f g h i j Uwe Klußmann: Konflikt mit Russland: Die fatalen Fehler der Regierung in Kiew. Spiegel Online GmbH, 3. März 2014, abgerufen am 6. März 2014.
    8. Jazenjuk soll Ministerpräsident der Ukraine werden. RP Digital GmbH, 26. Februar 2014, abgerufen am 6. März 2014.
    9. Maidan's Council agrees candidates for ministers of culture, economy, youth and sports, Interfax-Ukraine am 26. März 2014
    10. Ukraine: Neue Machtstrukturen zeigen sich, Heise online am 24. Februar 2014
    11. Поіменне голосування про проект Закону про визнання таким, що втратив чинність, Закону України "Про засади державної мовної політики" (№1190) - за основу та в цілому. Werchowna Rada, 23. Februar 2014, abgerufen am 24. Februar 2014.
    12. Портрет электоратов Ющенко и Януковича
    13. n-tv:So schuf Russland Fakten auf der Krim
    14. Süddeutsche Zeitung vom 24. Februar 2014
    15. Die Abspaltung ist ein Mythos, Ali Khamzin, Außenbeauftragter der Krimtataren, taz vom 27. Februar 2014
    16. Regions of Crimea meeting didn't address separation of Crimea from Ukraine – deputy prime minister of Crimea (Memento des Originals vom 21. Februar 2014), 21. Februar 2014 
    17. Gewalt zwischen Russen und Tataren auf der Krim. FAZ vom 27. Februar 2014
    18. Russland umwirbt Sewastopol, NZZ vom 1. März 2014
    19. Krim: Demonstranten fordern Unabhängigkeitsreferendum. Webseite RIA Novosti vom 27. Februar 2014
    20. Kiew warnt Russland vor Truppenbewegungen. FAZ vom 27. Februar 2014
    21. Krim-Regierungschef übernimmt vorläufig Befehlsgewalt auf Halbinsel
    22. Reaktion auf Drohungen Russlands: Kiew ordnet Kampfbereitschaft an. Neue Zürcher Zeitung vom 2. März 2014
    23. Sergej Aksjonow – Putins Mann auf der Krim. Focus Online, 2. März 2014, abgerufen am 2. März 2014.
    24. Janukowitschs Sturmtruppen: Wir sind die Berkut, unser Schlag ist hart, Spiegel Online am 27. Februar 2014
    25. Ukraine: Bewaffnete besetzen kurzzeitig Flughafen von Simferopol auf der Krim. Neue Zürcher Zeitung, 28. Februar 2014, abgerufen am 3. März 2014.
    26. Flughafen von Simferopol auf der Krim in normalem Betrieb. Schweriner Volkszeitung, 28. Februar 2014, abgerufen am 3. März 2014.
    27. Фрегат «Гетьман Сагайдачный» идет в Севастополь
    28. «Гетман Сагайдачный» встал на сторону «защитников от фашизма»
    29. Webseite des Verteidigungsministeriums der Ukraine, 2. März 2014
    30. Ukraines Marine-Chef prorussisch Berliner Zeitung vom 2. März 2014
    31. Ukraine launches treason case against Navy chief who surrendered, Webseite trust.org vom 2. März 2014
    32. Five top military, security commanders take oath to Crimea
    33. Ukraine im Umbruch, NTV am 2. März 2014
    34. Liveticker, abgerufen am 2. März 2014
    35. Wir wollen nicht in dieses Schwulen-Europa
    36. USA drohen Russland mit Sanktionen und Verlust der G8-Mitgliedschaft
    37. Krim unter russischer Kontrolle, neuer Regierungschef verteidigt Machtübernahme, NZZ vom 3. März 2014
    38. Ukraine wirft Russland „militärischen Einmarsch“ auf der Krim vor, Tagesspiegel vom 28. Februar 2014
    39. Турчинов наложит вето на отмену закона о языках. 28. Februar 2014, abgerufen am 2. März 2014 (russisch).
    40. Föderationsrat Russlands genehmigt Militäreinsatz in der Ukraine
    41. Putin will „vorerst“ keine Truppen in die Ukraine verlegen, FAZ am 4. März 2014
    42. Interimspräsident setzt ukrainische Armee in Alarmbereitschaft, Focus vom 1. März 2014
    43. Süddeutsche Zeitung:Demonstranten erstürmen Verwaltung in Donezk
    44. Auch Süd- und Ostukrainer fordern Referendum, Kleine Zeitung am 9. März 2014
    45. spiegel.de: Ukraine bittet Uno-Sicherheitsrat um Hilfe
    46. FAZ.net 2. März 2014: Russland am New Yorker Pranger
    47. OSCE Chair-in-Office announces visit of Personal Envoy and High Commissioner on National Minorities to Crimea
    48. OSCE to send military personnel to Ukraine
    49. spiegel.de 2. März 2014: Krim-Krise: Truppenbewegungen und Telefon-Diplomatie
    50. NZZ vom 3. März 2014, Nato-Treffen zur Ukraine: Rhetorischer Sukkurs
    51. Russen landen auf der Krim, FAZ vom 1. März 2014
    52. Elke Windisch, Albrecht Meier, Nina Jeglinski: Krise auf der Krim: Kerry warnt Russland vor Verlust von G8-Mitgliedschaft. Der Tagesspiegel, 2. März 2014, abgerufen am 2. März 2014.
    53. U.S./U.K./Ukraine Presseerklärung über das Meeting zum Budapest Memorandum
    54. Krise in der Ukraine
    55. Reply to the Russian Federation: This Forum is For Hard Truths, Not Big Lies
    56. Destroyer USS Truxtun heads for Black Sea amid heightened tensions over Crimea
    57. Großbritannien warnt vor Teilung der Ukraine. Tagesschau, 26. Februar 2014, abgerufen am 2. März 2014.
    58. Krim-Krise. RP Online, 2. März 2014, abgerufen am 2. März 2014.
    59. a b Nick Robinson: Ukraine crisis: UK warns Russia over Crimean incursion. BBC News, 2. März 2014, abgerufen am 2. März 2014.
    60. Sotschi: Paralympics finden trotz Ukraine-Krise statt. Die Zeit, 2. März 2014, abgerufen am 2. März 2014.
    61. Steinmeier sieht möglichen Ausschluss Russland aus G8 skeptisch
    62. a b Merkel attackiert Putin bei Telefongespräch
    63. spiegel.de 2. März 2014: Merkel wirft Putin Verletzung des Völkerrechts vor (nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers Georg Streiter)
    64. Moskau: Westen verbündet sich mit ukrainischen Neonazis
    65. Russlands Außenminister Lawrow fühlt sich von USA bedroht, Spiegel Online vom 3. März 2014
    66. EU setzt Visa-Gespräche mit Russland aus, n-tv vom 3. März 2014
    67. Intervention sei „nicht notwendig“, Kölner Stadt-Anzeiger
    68. 16.000 russische Soldaten auf der Krim, Berliner Zeitung
    69. Kiew, Moskau: Kirchen unterstützen vorsichtig neue Führung, kathweb.at
    70. a b c Erklärung zur Krim-Krise: Putin hält sich „alle Optionen“ in der Ukraine offen, Spiegel Online
    71. Deutsche Regierung hofft auf die OSZE: Berlin setzt weiter auf Vermittlung
    72. Парламент Крыма принял постановление «О проведении общекрымского референдума»
    73. Krim-Parlament für Anschluss an Russland, NZZ vom 6. März 2014
    74. Депутаты Севастопольского городского совета приняли решение об участии населения города в проведении общекрымского референдума
    75. Stadtrat von Sewastopol stimmt für Beitritt zu Russland
    76. Ukrainischer Übergangspräsident verbietet Krim-Referendum
    77. Völkerrechtler zur Situation auf der Krim: "Krim hat allein nichts zu entscheiden". tagesschau.de, 7. März 2014, abgerufen am 8. März 2014.
    78. Interview zur Krise in der Ukraine: "Putins Argumente sind fadenscheinig". tagesschau.de, 5. März 2014, abgerufen am 8. März 2014.