RPG-7

RPG-7
RPG-7 Granatwerfer
Allgemeine Information
Name: RPG-7
Militärische Bezeichnung: 6G3 (GRAU-Index)
Land: Russland
Produktionsperiode: ab 1961
Maße
Gesamtlänge: 1000 mm
Länge Rohr: 953 mm
Gewicht:
(ungeladen)
6,30 kg
mit optischem Visier
Gewicht Granate:
(mit maximaler Ausrüstung)
2,00 kg
Technische Daten
Kaliber Rohr: 40 mm
Kaliber Granate: 85 mm
Funktionsweise: reaktive (rückstoßfreie)
Waffe zum Verfeuern
von Panzergranaten
Typ PG-7
Visierreichweite: 500 m
Effektive Kampfentfernung: 350 m
Feuergeschwindigkeit: 4–6 Schuss/min
Mündungsgeschwindigkeit
der Granate (V0):
120 m/s

Die RPG-7 ist eine reaktive Panzerbüchse, die in der Sowjetunion entwickelt wurde. Aufgrund ihrer einfachen und zuverlässigen Bauweise und ihres geringen Preises wurde sie zur verbreitetsten Panzerabwehrwaffe der Welt. Schätzungen aus dem Jahr 2002 gehen von über 9 Millionen gebauten Exemplaren aus.[1]

Die Abkürzung steht für rutschnoi protiwotankowy granatomjot, russisch ручной противотанковый гранатомёт, zu Deutsch etwa Hand-Granatwerfer zur Panzerabwehr. Das englischsprachige „Rocket-Propelled Grenade“ ist ein Backronym.

Entwicklung

Die RPG-7 ist das Nachfolgemodell der RPG-2. Die Verbesserungen umfassten einen zweiten Haltegriff, ein optisches Visier und ein konisches Rohrende, das als Diffusor wirkt. Es erleichtert das Entweichen der Verbrennungsgase, vermindert den hinter der Waffe einzuhaltenden Sicherheitsabstand gegenüber Haus- oder Grabenwänden und den Rückstoß.

Funktion

Vor dem Abfeuern wird die hülsenförmige Treibladung an die Granate geschraubt und von vorn in das Rohr eingeführt. Dann wird die Waffe gespannt, gezielt und ausgelöst. Der Hahn schlägt auf einen Schlagbolzen, der die in die Starttreibladung integrierte Zündkapsel trifft und diese zündet. Die Abbrandgase treiben die Granate aus dem Rohr, danach zündet die Selbstzerlegeeinrichtung und die vier Stabilisatoren klappen aus. Nach zehn Metern Flug zündet der Feststoffraketenmotor, die Granate wird scharfgemacht und beschleunigt auf etwa 300 m/s (1080 km/h). Trifft die Granate innerhalb von vier bis sechs Sekunden ein hartes Ziel, löst der piezoelektrische Aufschlagzünder die Detonation aus. Anderenfalls zündet der Verzögerungssatz der Selbstzerlegereinrichtung den Gefechtskopf.

Einsatz

Soldat der afghanischen Nationalarmee feuert eine RPG-7 ab
RPG 7 mit Gefechtsgranate
Mehrere RPG-7 ohne Granaten aus dem Donbass

Der geringe Preis und die Verfügbarkeit der Waffe in großen Mengen machen sie neben der Kalaschnikow zu einem bevorzugten Mittel der asymmetrischen Kriegführung.

Obwohl primär zum Einsatz gegen gepanzerte Ziele gedacht, kann die RPG-7 auch als improvisierte Flugabwehrwaffe gegen Helikopter eingesetzt werden, was erstmals wirkungsvoll von den Mudschahedin in Afghanistan gegen sowjetische Hubschrauber praktiziert wurde. In jüngerer Vergangenheit verlor das US-Militär mehrere Hubschrauber durch RPG-Beschuss, wie zum Beispiel in der Schlacht von Mogadischu oder im Irakkrieg. Während des Vietnamkriegs wurden 128 amerikanische Hubschrauber mit RPG-2 und RPG-7 abgeschossen.[2] Während des Kriegs in Afghanistan und Irakkriegs wurden mehrere Boeing AH-64 und Boeing-Vertol CH-47 vernichtet (siehe Liste von Flugunfällen und Abschüssen von Luftfahrzeugen im Afghanistankrieg).[3] Auch während der Bürgerkriege und bewaffneten Konflikte in Afrika wurden Hubschrauber und Flugzeuge durch RPG abgeschossen – z. B. eine südrhodesische Douglas C-47 in Mosambik am 30. Mai 1977[4][5] und eine libysche Lockheed C-130 in Uganda am 7. April 1979.

Wirkung

Der klassische Gefechtskopf der RPG-7-Granate enthält eine Hohlladung. Trifft der Gefechtskopf auf einen harten Gegenstand auf, so entfaltet sich die Sprengwirkung gerichtet nach vorn und durchdringt bis zu 300 Millimeter Panzerstahl.

Es wurden auch Varianten für den Einsatz gegen Infanterie entwickelt. Eine 40-mm-Splittergranate trägt die Bezeichnung OG-7W. Speziell für den Häuserkampf wurde ein Gefechtskopf in der Art einer Aerosolbombe entworfen. Diese TBG-7W genannte Variante erzeugt zuerst mit einer kleinen Ladung ein feinverteiltes Brennstoff-Luft-Gemisch, das anschließend entzündet wird. Damit wird nur eine geringe Druckwirkung erzielt, allerdings kann der Brennstoff in Gebäude und Deckungen eindringen und dort aufgrund der enormen Hitzeentwicklung große Wirkung erzielen.

Zusätzlich dient die RPG häufig irregulären Kräften als „Artillerie des kleinen Mannes“, da sich der Gefechtskopf erst nach etwa 4,5 Sekunden selbst zerstört. Dies entspricht etwa 1000 m Flugstrecke. Die häufig gewählte Kampfentfernung zur Feuereröffnung liegt in Afghanistan bei etwa 900 m.

Herstellungsländer

Die RPG-7 wurde 1961 in der Sowjetunion entwickelt und u. a. im Degtjarjowwerk in Serie hergestellt. Bald darauf wurden in weiteren Staaten ähnliche Modelle in Lizenz produziert, darunter Volksrepublik China, Iran, Rumänien, Pakistan, Bulgarien und vor 1991 auch im Irak. Aus diesen Staaten stammen auch die Bezeichnungen RPG-16 oder RPG-22.

Die Waffe wurde in großen, vermutlich sechsstelligen Stückzahlen produziert, ist in über 40 Ländern verbreitet und soll teilweise auch auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden.

Varianten

Übungsmunition für RPG-7

Die Varianten der RPG-7 unterscheiden sich hauptsächlich durch unterschiedliche Gefechtsköpfe. Bei der Fallschirmjägerversion RPG-7D kann das Rohr in zwei ungefähr gleich lange Teile zerlegt werden.

Granatvarianten
Herstellerland Name Typ Gewicht
(kg)
Durchmesser
(mm)
Reichweite
(m)
Penetration
(mm RHA)
Wirkungsradius
(m)
Russland Russland PG-7 Monoblock-Hohlladung 2,3 73 300 280
Russland Russland PG-7M Monoblock-Hohlladung 1,98 70 300 300
Russland Russland PG-7W Monoblock-Hohlladung 2,3 85 300 330
Russland Russland PG-7WL Monoblock-Hohlladung 2,6 93 300 500–550
Russland Russland PG-7WN Monoblock-Hohlladung 70 500 400
Russland Russland PG-7WR Tandemhohlladung 4,5 105 200 600–700
Russland Russland OG-7W Splitter 2,1 40 1000 150
Russland Russland TBG-7W Thermobar 4,5 105 300 10–15
Rumänien Rumänien PG-7WM Monoblock-Hohlladung 71 500 300–330
Rumänien Rumänien PG-7WS Hohlladung & Splitter 2,0 71 500 250 10
Rumänien Rumänien PG-7PGI Brandstoff 70 300 6–10
Rumänien Rumänien PG-7PG-I Brandstoff 70 500 6–10
Bulgarien Bulgarien PG-7WLT Tandemhohlladung 2,9 93 300 460[6]
Bulgarien Bulgarien OG-7WM Splitter 2,1 40 700 150
Bulgarien Bulgarien OG-7WM3 Splitter 40 900
Bulgarien Bulgarien OG-7G/E Splitter 2,1 40 1000 150
Bulgarien Bulgarien OFG-7WE Splitter 2,1 40 2000
Bulgarien Bulgarien KO-7W Hohlladung & Splitter 2,1 90 260 260 10–15
Bulgarien Bulgarien GTB-7BG Thermobar 4,7 200 15
China Volksrepublik Volksrepublik China Typ 69 Monoblock-Hohlladung 2,2 85 300 110/65°
China Volksrepublik Volksrepublik China Typ 69-1 Monoblock-Hohlladung 2,2 85 300 150/65°
China Volksrepublik Volksrepublik China Typ 69-2 Monoblock-Hohlladung 2,9 94 200 180/65°
China Volksrepublik Volksrepublik China Typ 69-3 Monoblock-Hohlladung 2,3 94 290 180/65°
China Volksrepublik Volksrepublik China Typ 84 Monoblock-Hohlladung 1,8 85 350 180/65°
China Volksrepublik Volksrepublik China Typ 84-1 Hohlladung & Splitter 2,7 92 1800 150/60° 20
China Volksrepublik Volksrepublik China Typ 84-2 Brandstoff & Splitter 2,7 76 1500 15
China Volksrepublik Volksrepublik China Typ 69-1F Splitter 2,1 75 1500 15–20
Slowakei Slowakei RPG-7M110 Tandemhohlladung 110 250 700
Slowakei Slowakei RPG-7V110 Brandstoff & Splitter 110 250
Iran Iran NAFEZ-1 Monoblock-Hohlladung 2,7 85 350 500
Iran Iran NAFEZ-2 Tandemhohlladung 300 350
Agypten Ägypten SAKR Cobra Monoblock-Hohlladung 2,2 500 500
Agypten Ägypten SAKR PG-7 Monoblock-Hohlladung 2,3 85 500 260

Literatur

  • Ministerrat der DDR: A 250/1/106 40mm Panzerbüchse RPG 7 - Beschreibung und Nutzung. 1978.
  • Dan Shea: The RPG-7 System. (PDF; 5,22 MB) Raffica special. In: The Small Arms Review, Vol. 10, No.3. Dezember 2006, S. 22–87, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 12. Juni 2009; abgerufen am 27. Mai 2015.
  • Ilya Shaydurov: Russische Nahkampfmittel: Typen, Technik. 1. Auflage. Motorbuch, 2017, ISBN 978-3-613-03974-2, S. 158 ff.
  • Günter Wollert, Reiner Lidschun, Wilfried Kopenhagen: Schützenwaffen. (1945–1985). In: Illustrierte Enzyklopädie der Schützenwaffen aus aller Welt. 5. Auflage. Band 1+2. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1988, ISBN 3-89488-057-0, Waffen, S. 179, 423–424.
  • Carlo Kopp: Are Helicopters vulnerable? (= Australian Aviation). März 2005, S. 59–63 (ausairpower.net [PDF; 449 kB; abgerufen am 31. Mai 2017]).
Commons: RPG-7 – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Ilya Shaydurov: Russische Nahkampfmittel: Typen, Technik, Daten. 1. Auflage. Motorbuch, 2017, ISBN 978-3-613-03974-2, S. 160.
  2. David Anderson, Douglas Thomson: Analyzing helicopter evasive maneuver effectiveness against rocket-propelled grenades. Hrsg.: University of Glasgow (= Journal of Guidance, Control and Dynamics. Nr. 37). 2014, ISSN 0731-5090, S. 277–289 (gla.ac.uk [PDF; abgerufen am 31. Mai 2017]).
  3. RPG-7: The Devil's Lance. In: specialoperations.com. Abgerufen am 31. Mai 2017 (englisch).
  4. No 3 Squadron, The Rhodesian Air Force. In: rhodesianforces.org. Abgerufen am 31. Mai 2017 (englisch).
  5. ASN Aircraft accident Douglas C-47A-30-DK (DC-3) R3702 Mapai. In: aviation-safety.net. Abgerufen am 31. Mai 2017 (englisch).
  6. Hans Joachim Wagner: Moderne Schutztechnologien. In: Strategie und Technik. Februar 2009, ISSN 1860-5311, S. 29.