Philosophie des Glücks

Begriffsklärung Dieser Artikel behandelt Philosophie des Glücks als ein als ein philosphisches Themengebiet. Für das gleichnamige Buch von Ludwig Marcuse siehe Philosophie des Glücks (Buch)


Die Philosophie des Glücks ist die Philosophie die sich mit Glück oder Glückseligkeit (griech. εύδαιμονία (eudaimonia)) auseinandersetzt. Dabei geht es nicht nur um die Natur des Glücks, sondern auch um Wege zum Erlangen von Glück, als uralte Sehnsucht des Menschen.

Die westliche Philosophie beschäftigt sich schon seit ihren Anfängen, in der Philosophie der Antike mit Glück, im Gegenzug ist das Thema aber auch nie endgültig geklärt oder abgeschlossen worden, und moderne Philosophen beschäftigen sich genauso mit Glücksphilosophie. Auch die östliche Philosophie beschäftigt sich seit ihren Anfängen mit Glück, das als Wert dort eine ebensogroße Rolle spielt.

Glück in der Philosophie der Antike

Es gibt vier hauptsächliche philosophische Richtungen der Glücksphilosophie:

  • Utilitarismus: Die Lehre, das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl zu schaffen.
    oder »Gut ist, was das allgemeine Glück befördert.«
  • Hedonismus: Die Lehre, daß die Suche nach dem eigenen Glück das höchste Gut darstellt.
    oder »Gut ist, was Genuss bereitet.«
  • Epikureismus: Die Lehre von der Ethik, als Kern des zum Glück führenden Verhaltens.
    oder »Nur Gutes, kann zu Glück führen.«
  • Eudämonismus: Die Lehre, daß Glückseligkeit das letzte sittliche Ziel des Menschen ist.
    oder »Gut ist, was glücklich macht.«

Aristippos von Kyrene

Der wahrscheinlich erste Philosoph, der eine komplette Glücksphilosophie entworfen hat, war Aristippos von Kyrene der von 435 v. Chr. bis ca. 355 v. Chr. lebte. Aristipp war ein Zeitgenosse des Sokrates und begründete die kyrenaische Schule, er gilt als begründer des Hedonismus. In seiner Philosophie unterscheidet Aristippos zwei Zustände der menschlichen Seele, die Lust als sanfte und den Schmerz als rauhe, ungestüme Bewegung der Seele. (vgl. 1, Seite 116) Dabei gibt es jedoch keinen Unterschied zwischen verschiedenen Lüsten, das heißt, daß jede Lust, unabhängig von ihrer Natur, die gleiche Qualität hat. Der Weg zum Glück ist es nun nach Aristipp, die Lust zu maximieren, dem Schmerz aber auszuweichen. Er behauptet gar, die körperliche Lust sei der eigentliche Sinn des Lebens: „Als höchstes Ziel stellte er die sanfte (glatte), zur Empfindung sich steigende Bewegung hin.“ (1, Seite 115)

Platon

Platon ist einer der bekanntesten griechischen Philosophen überhaupt, er lebte von 428/427 v. Chr. bis 348/347 v. Chr. in Athen. Laut Platon hat die Menschliche Seele drei Zustände die Vernunft, der Mut und die Triebe. Ein Mensch ist nur dann glücklich, wenn alle drei Seelenteile im Gleichgewicht sind, und miteinander befreundet sind, das heißt sich nicht widersprechen. Auch Platon gilt als Hedonist, und ist genau wie Aristipp der Meinung, daß der Mensch seine Lüste nicht einschränken darf. Er schreibt zum Beispiel: „Wer richtig leben will, seine Begierden muß so groß werden lassen als möglich und sie nicht einzwängen.“ (2, Seite 49)

Epikur

Der eigentliche Glücksphilosoph der Antike ist jedoch Epikur, der von 341 v. Chr. bis 270 v. Chr. lebte, und die epikureische Schule gründete. Er beschreibt die Lust als Prinzip gelingenden Lebens. Dabei darf seine Position nicht mit der des Aristippos verwechselt oder gleichgesetzt werden. Glück ist für Epikur viel eher ein Freisein von Unlust als eine bedingungslose Hingabe an die Lust. So ist es das Hauptziel der epikureischen Glücksphilosophie, durch Schmerzvermeidung einen Zustand physischer Schmerzfreiheit zu erlangen. Dies funktioniert dabei nicht durch übermäßigen Genuß der weltlichen Güter oder Schwelgerei, sondern durch strategische Reduktion auf die notwendigsten Bedürfnisse. Epikur ist der Ansicht, daß jemand, der sich sehr hoch hinauswagt, auch sehr tief fällt, daß also extreme Lust auch immer extreme Unlust nach sich zieht. Deshalb empfiehlt er einen Weg des kleinen Glücks. Berühmt geworden ist der Schluß eines Briefes an seinen Freund Menoikeus: „Schicke mir doch einmal ein Stück kythischen Käse, damit ich, wenn ich Lust dazu habe, einmal recht schwelgen kann.“ (1, Seite 228) Epikur selbst blieb tatsächlich in seinem letzten Lebensabschnitt auch immer beim kleinen Glück, wie eben diesem Stück Käse, was aber auch nicht so sehr verwundert, wenn man seine Geschichte etwas näher kennt: Er wurde insgesamt sieben mal aus Athen vertrieben wurde seine Schule dabei niedergebrannt. Schließlich zieht er sich in einen Garten zurückzog. Epikurs Philosophie ist dabei aber auch nicht mit der des Diogenes von Sinope zu vergleichen, der eine asketische Haltung vertrat, um den Zustand der Glückseligkeit im Verzicht zu erlangen. Durch diese asketische Lebensführung könne man dann den Zustand innerer Seelenruhe erlangen, indem man über die Todesfurcht siegt. Vielmehr glaubt Epikur schon daran, daß es ein glückliches Leben sei, nach dem der Mensch streben soll: „Die Glückseligkeit habe einen doppelten Sinn: in höchster Bedeutung sei sie der Gottheit gleichartig, die keine Steigerung zuläßt...“ (1, Seite 279) oder noch viel deutlicher: „Ich wüßte nicht, was ich mir überhaupt noch als ein Gut vorstellen kann, wenn ich mir die Lust am Essen und Trinken wegdenke, wenn ich die Liebesgenüsse verabschiede und wenn ich nicht mehr meine Freude haben soll an dem Anhören von Musik und dem Anschauen schöner Kunstgestaltungen.“ (1, Seite 225)

Aristoteles

Noch anders verwirklicht sich für Aristoteles das menschliche Wesen: in der Polis, das heißt in der Gemeinschaft, im Staat. Wer die in ihm liegenden Tugenden und Tüchtigkeiten innerhalb der Polisgemeinschaft von Natur aus entfaltet, ist glückselig. Vollendet glücklich kann ein Mensch jedoch erst genannt werden, wenn er mit äußeren Gütern hinreichend ausgestattet ist und sein ganzes Leben tugendgemäß verbringt.(3, vgl. Seite 50)

Die Stoa

Vollkommen andere Vorstellungen von Glück finden sich in der antiken Stoa, zum Beispiel bei Zenon von Kition, oder auch in der römischen Stoa bei Marcus Tullius Cicero und Seneca, sie lehnen den Epikureismus ab, stattdessen erheben sie die Tugend anstatt des Glücks zum Lebensprinzip. Lust wird abgelehnt. So schreibt zum Beispiel Zenon: „Begierde ist ein unvernünftiges Verlangen;“ (1, Seite 59) oder: „Lust ist das unvernünftige Frohgefühl über eine scheinbar begehrenswerte Sache.“ (1, Seite 60) Anders als bei Aristoteles wird das Erreichen der Glückseligkeit aber auch vom politischen Leben abgekoppelt, glückselig ist nunmehr der, der nach der Natur lebt. Da nur die Natur durch göttliche Vernunft bestimmt wird, heißt auch nur vernünftig, wer im Einklang mit der kosmischen Ordnung lebt und Leidenschaften und Begierden zurückzudrängt. Chrysippos von Soli schreibt zum Beispiel in seinem Buch über das Schöne: „Das Recht besteht von Natur und nicht durch menschliche Satzung...“ (1, Seite 67) Vernünftig ist dann, wer aufgrund des sicheren Urteils die Tugend zum Maßstab des Handelns werden läßt. Man muß frei von Affekten und gleichgültig gegenüber seinem Schicksal sein. Wirkliche Freiheit besteht nur in Unabhängigkeit vom äußeren Geschick wie auch von den eigenen Leidenschaften und Wünschen. So läßt sich der Zustand der apathia erreichen, der für die Stoiker Glückseligkeit bedeutet.

Glück in der Philosophie des Mittelalters

Die in der Antike aufgestellten Glücksphilosophien beherrschten auch die nachfolgenden Epochen bis hin zur Moderne, sie haben sogar Eingang in heutige Vorstellungen von Glück gefunden. Auch im die Philosophie des Mittelalters so bestimmenden Christentum sind viele Ideen der antiken Glücksvorstellungen entlehnt, so zum Beispiel die Idee der Askese,die sich zum Beispiel bei Diogenes von Sinope findet, oder eine Erlösungsvorstellung, daß der dauerhafte Glückszustand nicht irdisch ist, sondern erst nach dem Tod erreicht, im Jenseits, werden kann, wie sie auch Platon beschrieb. Im Neuen Testament wird die Idee des Glücks vor allem in der Offenbarung des Johannes deutlich: „dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; ... und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal.“(Offb 21,1-5, Einheitsübersetzung) Hier ist auch wieder der Gedanke von Epikur, daß Glück mit Schmerzfreiheit gleichgesetzt werden kann, zu finden. Im Alten Testament gibt es andere Vorstellungen von Glück: Der Gerechte, das heißt der, der Gottes Gebote befolgt, wird in diesem Leben mit einem erfüllten Leben belohnt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Idee sind bereits im Alten Testament selbst formuliert, zum Beispiel im Buch Hiob, in dem das ungerechte Leiden eines Gerechten zum Thema wird. Hier liegt eine wichtige Basis für Vorstellungen, die sich in der christlichen Kirche durchgesetzt haben: Erlösung und Paradies nach dem Jüngsten Gericht. So wird im irdischen Leben eher Askese (vgl. z.B. den Zölibat) gepredigt und auf ein Glück im Jenseits verwiesen. Glücksphilosophie im Mittelalter verweist immer auf das Christentum:

Dionysius Areopagita

In der sogenannten mystischen Theologie ist es vor allem Dionysius Areopagita der um 500 lebte, der sich mit der Idee des Glücks beschäftigt. Nach ihm sehnt sich die menschliche Seele nach Gott. Dieses Sehen kann nur durch eine mystische Vereinigung mit Gott befriedigt werden. Eine solche mystische vereinigung kann nur in der Ekstase stattfinden, in der der Mensch dann auch sein Glück findet. Dionysius schreibt: „Denn durch das von allem Gehaltenwerden freie und rein von allem gelöste Heraustreten Ekstase aus Dir selbst wirst Du, alles von Dir abtuend und von allem gelöst, zum überwesentlichen Strahl des göttlichen Dunkels emporgehoben werden.“ (4, Seite 89)

Augustinus von Hippo

Auch Augustinus von Hippo der von 354 bis 430 lebte schrieb ein ganzes Buch, De beata vita (Vom glücklichen Leben) (5), über das menschliche Glück. Laut Augustinus ist Liebe der Grundbegriff der Ethik, dabei fällt diese mit dem menschlichen Willen zusammen. Das Endziel alles menschlichen Strebens liegt in der Glückseligkeit. Glückseligkeit kann der Mensch aber nicht etwa durch Befriedigung an Gütern von dieser Welt erhalten, sondern allein durch Gott. Nur in Gott, als unvergänglicher um seiner selbst Willen geliebten Schöpfer, findet der Mensch Erfüllung seines Strebens.

Glück in der Philosophie der Moderne

In der Moderne setzen sich die verschiedenen Glücksbegriffe der Antike fort, wobei der Utilitarismus in der angelsächsischen Welt zur beherrschenden Philosophie wird, und es auch heute noch ist. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist der Utilitatrismus heute quasi Staatsphilosophie. Auf dem europäischen Festland konnte sich diese Richtung nicht in dem Maße durchsetzen.

John Stuart Mill

Ein großer Philosoph des Glücks war John Stuart Mill, der von , der von 1806 bis 1873 in England lebte. Er gilt zusammen mit seinem Vater James Mill und Jeremy Bentham als Vater des Utilitarismus. Mill baut eine komplette Moral auf, die auf dem Glücksgedanken basiert, er schreibt: „Die Auffassung, für die die Nützlichkeit oder das Prinzip des größten Glücks die Grundlage der Moral ist, besagt, daß Handlungen insoweit und in dem Maße moralisch richtig sind, als sie die Tendenz haben, Glück zu befördern, und insoweit moralisch falsch, als sie die Tendenz haben das Gegenteil von Glück zu bewirken.“ (6, Seite 12) Es gibt nach Mill also zwei grundsätzliche Strategien, die zu verfolgen sind, die eine ist maximize happiness und die andere minimize suffering, dabei wird Glück (happiness) durch pleasure (Lust) erreicht, während pain (Schmerz) sowie das Fehlen von Lust zu vermeiden ist. Mill zitiert Epikur und erwähnt ihn lobend, die Strategie des minimize suffering stammt ja auch von Epikur selbst, maximize happiness wird ergänzt. Aufgabe der Gesellschaft (des Staates) ist es nach Mill, das maximale Glück für die maximale Zahl an Personen zu erreichen, Utilitarismus. Mill geht hier aber weiter als Bentham und unterscheidet später zwischen sogenannten höheren und niedrigen Genüssen.

Immanuel Kant

Bei Immanuel Kant steht der Glücksbegriff eher in der Tradition der Stoa. Glück wird mit dem moralischen Leitziel (Aufklärung) gleichgesetzt, Glückseligkeit als moralisches Prinzip zunächst verworfen. Er schreibt: „Das Wesentliche alles sittlichen Wertes der Handlungen kommt darauf an, daß das moralische Gesetz unmittelbar den Willen bestimme. Geschieht die Willensbestimmung zwar gemäß dem moralischen Gesetze, aber nur vermittelst eines Gefühls, welcher Art es auch sei, das vorausgesetzt werden muß, damit jedes ein hinreichender Bestimmungsgrund des Willens werde, mithin nicht um des Gesetzes willen; so wird die Handlung zwar Legalität, aber nicht Moralität enthalten.“ (7, Seite 117) Gerade diese Ablehnung eine Gefühls, oder auch des Wunsches nach Glück, traf sofort auf Widerstand, Friedrich Schiller soll dazu gesagt haben: „Gern hülf ich dem Freunde, allein ich tat's aus Neigung, wo ich es doch hätte tun sollen aus Pflicht.“ Der Glücksbegriff, den der Mensch hat, ist für Kant nicht greifbar, da schon die einfachsten Neigungen schwankend sind und der gesamte Begriff damit selbst für individuelle Begriffsdefinitionen nur temporär gültig ist. Kant ersetzt den Begriff des Glücks durch den der Pflicht, Glückseligkeit kann zu Lebzeiten nicht erreicht werden, denn Glücksstreben schränkt Handeln und Pflicht ein. Dennoch kann man sich nach Kant durch sittliches Handeln des Glücks würdig machen, deshalb gebe es einen Gott, der dem würdigen Menschen nach dem Tode das ihm zustehende Maß an Glückseligkeit zuteil werden lässt; hier referenziert Kant wieder auf das christlich-eschatologische Prinzip. Bedeutend ist hier die Theoriensynthese Kants, der die schon von Sokrates geforderte Kopplung der Glückseligkeit an das sittliche Handeln umsetzt, indem er tugendhaftes und glücksstrebendes Handeln verbindet und in der Pflichterfüllung den Weg zum Ziel der Glückseligkeit nach dem Tode sieht. Sittlichkeit und Glückseligkeit sind für Kant in einer Theoriensynthese und nicht voneinander zu trennen, sondern zwei nach besten Kräften zu vereinbarende Bedingungen. Glück wird zur moralischen Aufgabe. Das höchste Gut wird zum Zweck.

Arthur Schopenhauer

Arthur Schopenhauer ist die Tatsache „daß wir da sind, um glücklich zu sein“.(8, Seite 233) der angeborene Irrtum des Menschen. Diese pessimistische Grundüberzeugung steht schon ihrer Natur nach jedem Glücksstreben entgegen, dennoch gibt Schopenhauer Anleitung für ein solches Streben, dieses soll der Mensch nicht auf äußere Güter wie Besitz und Ansehen richten, sondern die Ausbildung der eigenen Persönlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen. Die größten Feinde des Glücks sind für ihn Schmerz und Langeweile, wobei letzteres durch geistigen Reichtum überwunden werden kann.

Friedrich Nietzsche

Friedrich Nietzsche hat eine ganz andere Idee vom Glück, bei ihm ist das Glück keine Äußerlichkeit, die dem Menschen aufgepfropft wird, sondern eine Innerlichkeit, die jedem Menschen immanent ist. Die stoische Fixierung auf Tugend oder gar das allgemeine Sittengesetz von Kant, lehnt Nietzsche rigoros ab. Er schreibt: „Die Bestie in uns will belogen werden; Moral ist Nothlüge, damit wir von ihr nicht zerrissen werden.“(10, Seite 64) Epikur hingegen findet bei Nietzsche Zustimmung, in ihm sieht er einen optimistischen, lebensbejahenden Menschen in einer schweren Zeit, er fragt: „War Epikur Optimist - gerade als Leidender?“ (9, Seite 17) Dabei lehnt Nietzsche nicht jede Sittsamkeit ab, und er glaubt auch nicht, daß sich das Glück nur im Dionysischen finde, in dieser Hinsicht wird er oft mißverstanden. Glück ist vielmehr auch etwas ruhiges. In Menschliches, Allzumenschliches formuliert er vor allem drei Säulen des menschlichen Glücks:

  • Das Gewohnte. Er schreibt: „Die Lust in der Sitte. - Eine wichtige Gattung der Lust und damit der Quelle der Moralität entsteht aus der Gewohnheit.“ (10, Seite 94)
  • Der langsame Pfeil der Schönheit“. Nach ihm muß Schönheit mit Ruhe einhergehen: „Die edelste Art der Schönheit ist die, welche nicht auf einmal hinreißt, welche nicht stürmische und berauschende Angriffe macht (eine solche erweckt leicht Ekel), sondern jene langsam einsickernde, welche man fast unbemerkt mit sich fortträgt und die Einem im Traum einmal wiederbegegnet, endlich aber, nachdem sie lange mit Bescheidenheit an unserem Herzen gelegen, von uns ganz Besitz nimmt, unser Auge mit Tränen, unser Herz mit Sehnsucht füllt.“ (10, Seite 43f)
  • Der Unsinn. Nietzsche schreibt hierzu: „Freude am Unsinn. - Wie kann der Mensch Freude am Unsinn haben? So weit nämlich auf der Welt gelacht wird, ist dies der Fall; ja man kann sagen, fast überall wo es Glück gibt, gibt es Freude am Unsinn.“ (10, Seite 74)

Bertrand Russell

Bertrand Russell stellt sich vor allem die Frage vom Verhältnis der Gesellschaft, in der ein Mensch lebt, zum Glück des einzelnen. Zuerst hält er fest: „Wenn die elementaren Bedürfnisse befriedigt sind, hängt das Glück der meisten Menschen von zwei Dingen ab: ihrer Arbeit und ihren sozialen Beziehungen.“ (11, Seite 152) Dabei glaubt Russell, die Gesellschaft sei von zentraler Bedeutung für das Glück ihrer Individuen, in einer schlechten Gesellschaft seien die Menschen unglücklicher als in einer mit einer guten Gesellschaftsordnung. Dabei hält Russell die Gesellschaft zwar für elementar, räumt aber ein, daß der Andere durchaus auch Quelle von Unlust sein kann: „Im täglichen Leben der meisten Menschen spielt Furcht eine größere Rolle als Hoffnung; sie sind mehr von dem Gedanken erfüllt, daß andere von ihnen Besitz ergreifen könnten, als von der Freude, die sie in ihrem eigenen Leben schaffen können oder in dem Leben anderer, mit denen sie in Berührung kommen.“ (11, Seite 141) Am Ende gesteht auch Russell ein, daß Glück mehr im Individuum als im Staat liegt. Er schreibt: „Wenn alle Menschen den Mut aufbrächten, trotz Widrigkeiten und Hindernissen so [ohne Furcht] zu leben, würde es für die Erneuerung der Gesellschaft nicht erforderlich sein, mit politischer und ökonomischer Reform zu beginnen: alles dies folgte ohne Widerstand aus der moralischen Erneuerung der Individuen.“ (11, Seite 141)

Ludwig Marcuse

Eine ganze Philosophie des Glücks schreibt Ludwig Marcuse, der Bruder von Herbert Marcuse, in seinem gleichnamigen Buch. In diesem Buch versucht er alle Glücksphilosophien zusammenzufassen, beginnend bei Hiob im Alten Testament und Hans im Glück, einem deutschen Volksmärchen. Dann erläutert er Baruch Spinoza, den er mit dem Satz: „Ich denke nach, um glücklich zu werden“ (12, Seite 18) zitiert - untersucht aber auch Seneca, Augustinus, Tolstoi und viele andere Philosophen. Wie auch diese Arbeit stellt Marcuse dabei fest, daß es so viele Ansichten über das Glück wie Philosophen gibt, er fragt: „Liegt es an den Philosophen, daß sie sich nie einigen konnten? Das Wort Glück hat in allen Sprachen etwas Vieldeutiges. Es ist eine Sonne, die eine Schar von Trabanten um sich herum hat: Behagen, Vergnügen, Lust, Zufriedenheit, Freude, Seligkeit, Heil.“ (12, Seite 19) Marcuses Buch hat mehr den Charakter eines Berichts als einer Wertung. Einzig mag er die Theorie von der Negatvität des Glücks nicht, so schreibt er: „Glück ist Glück.“ (12, Seite 170) Dabei meint er vor allem, daß Glück nicht Un-Unglück ist, sondern etwas positiv Eigenständiges.

Literatur

Quellen

  1. Diogenes Laertius. Leben und Meinungen berühmter Philosophen, Felix Meiner Verlag, Hamburg, 1967, ISBN 3787313613
  2. Platon. Sämtliche Werke 1, Rowohlt, Reinbeck bei Hamburg, 1994, ISBN 3499555611
  3. Aristoteles. Politik, dtv Klassik, München, 1986, ISBN 3760835260
  4. Dionysius Areopagita. Von den Namen zum Unnennbaren, Johannes Verlag, Einsiedeln, 2000. Oder bei Quelle
  5. Augustinus von Hippo. De beata vita, Deutscher Test Quelle, lateinischer Originaltest Quelle
  6. John Stuart Mill. Der Utilitarismus, Reclam, Stuttgart, 2002, ISBN 3150098211
  7. Immanuel Kant. Kritik der praktischen Vernunft, Reclam, Stuttgart, 1998, ISBN 3150011116
  8. Arthur Schopenhauer. Aphorismen zur Lebensweisheit, Insel Verlag, Frankfurt am Main, 2003, ISBN 3458319239
  9. Friedrich Nietzsche. Die Geburt der Tragödie, Unzeitgemäße Betrachtungen, Kritische Studienausgabe Band 1, de Gruyter, München, 1999, ISBN 3110165961
  10. Friedrich Nietzsche. Menschliches, Allzumenschliches, Kritische Studienausgabe Band 2, de Gruyter, München, 1999, ISBN 3110165945
  11. Bertrand Russell. Wege zur Freiheit. Sozialismus, Anarchismus, Syndikalismus, Edition Suhrkamp, Frankfurt, 1971, ISBN 3518104470
  12. Ludwig Marcuse. Philosophie des Glücks, Paul List Verlag, München, 1962, ISBN 3257200218

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