„Perseus (Benvenuto Cellini)“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Firenze.Loggia.Perseus01.JPG|thumb|Ansicht der Figur mit Sockel, ohne Reliefplatte darunter]]
[[Datei:Firenze.Loggia.Perseus01.JPG|mini|Ansicht der Figur mit Sockel, ohne Reliefplatte darunter]]
Der '''Perseus''', in der Literatur auch ''Perseus mit der Medusa'' oder ''Perseus mit dem Medusenhaupt'', ist eine [[Bronze]]plastik in [[Florenz]]. Sie wurde in der Mitte des 16. Jahrhunderts von [[Benvenuto Cellini]] geschaffen und gilt als sein Hauptwerk<ref name=lein76>Edgar Lein, Manfred Wundram: ''Manierismus.'' S. 76.</ref>. Sie ist eine der berühmtesten Plastiken der italienischen [[Renaissance]]. Der technisch schwierige Guss der Hauptfigur an einem Stück gilt als eine Meisterleistung jener Zeit<ref name=zuffi323>Zuffi: ''Die Renaissance - Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke'', S. 323</ref>. Sie wurde für die Vorderseite der linken der drei Arkaden der [[Loggia dei Lanzi]] geschaffen<ref name=zuffi323 />, wo sie sich noch befindet.
Der '''Perseus''', in der Literatur auch ''Perseus mit der Medusa'' oder ''Perseus mit dem Medusenhaupt'', ist eine [[Bronze]]plastik in [[Florenz]]. Sie wurde in der Mitte des 16. Jahrhunderts von [[Benvenuto Cellini]] geschaffen und gilt als sein Hauptwerk.<ref name=lein76>Edgar Lein, Manfred Wundram: ''Manierismus.'' S. 76.</ref> Sie ist eine der berühmtesten Plastiken der italienischen [[Renaissance]]. Der technisch schwierige Guss der Hauptfigur an einem Stück gilt als eine Meisterleistung jener Zeit.<ref name=zuffi323>Zuffi: ''Die Renaissance Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke'', S. 323</ref> Sie wurde für die Vorderseite der linken der drei Arkaden der [[Loggia dei Lanzi]] geschaffen,<ref name=zuffi323 /> wo sie sich noch befindet.


== Das Motiv und der Auftrag ==
== Das Motiv und der Auftrag ==
Dargestellt ist die Figur des [[Perseus (Mythologie)|Perseus]]. Nach der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] tötete er die [[Medusa]], die schrecklichste der drei Schwestern der [[Gorgonen]]. Zuvor hatte er von den [[Nymphe]]n eine Tarnkappe, Flügelschuhe und eine Zaubertasche erhalten, von [[Hermes]] die Waffe der [[Titan (Mythologie)|Titanen]], das Sichelschwert,<ref>Abenstein: ''Griechische Mythologie'', S. 137</ref> sowie von [[Athene]] einen spiegelnden [[Schild (Schutzwaffe)|Schild]] aus Bronze. Zum Geschehen nach seiner Ankunft nahe den Gärten der [[Hesperiden]] heißt es in den [[Metamorphosen (Ovid)|Metamorphosen]] des [[Ovid]] (Buch IV, Kapitel 12):


:''Darauf sei er durch ganz entlegene, weglose, von wüsten Wäldern starrende Klüfte zur Behausung der Gorgonen gelangt und habe allenthalben auf den Feldern und an den Pfaden Steinbilder von Menschen und wilden Tieren gesehen, die durch den Anblick der Medusa aus Lebewesen in harten Fels verwandelt worden waren. Er selbst habe jedoch nur im spiegelnden Erz des Schildes, das er mit der linken hielt, die Gestalt der schrecklichen Medusa erblickt und habe, während tiefer Schlaf die Schlangen und sie selbst umfangen hielt, ihr das Haupt vom Rumpf getrennt.<ref>Ovid: ''Metamorphosen'', neu übersetzt und herausgegeben von [[Gerhard Fink]], Artemis Verlag, Zürich und München 1989, S. 109</ref>''
Dargestellt ist die Figur des [[Perseus (Mythologie)|Perseus]]. Nach der griechischen Mythologie tötete er die [[Medusa]], die schrecklichste der drei Schwestern der [[Gorgonen]]. Zuvor hatte er von den [[Nymphe]]n eine Tarnkappe, Flügelschuhe und eine Zaubertasche erhalten, von [[Hermes]] die Waffe der [[Titanen]], das Sichelschwert,<ref>Abenstein: ''Griechische Mythologie'', S. 137</ref> sowie von [[Athene]] einen spiegelnden Schild aus Bronze. Zum Geschehen nach seiner Ankunft nahe den Gärten der [[Hesperiden]] heißt es in den [[Metamorphosen (Ovid)|Metamorphosen]] des [[Ovid]] (Buch IV, Kapitel 12):


Den Auftrag zur Darstellung dieser Szene erhielt Cellini von [[Cosimo I. de’ Medici|Herzog Cosimo I. von Medici]] im Juli 1545.<ref name=leben688>Cellini: ''Mein Leben'', S. 688</ref> Cellini war zu dieser Zeit eigentlich am Hofe des Königs [[Franz I. (Frankreich)|Franz I.]] von Frankreich in [[Fontainebleau]] vorwiegend mit Goldschmiedearbeiten beschäftigt und nach Florenz zurückgekehrt, um seine verarmte Schwester zu unterstützen.<ref name=leben688 /> Cosimo traf Cellini in der herzoglichen [[Villa Medici (Poggio a Caiano)|Villa]] in [[Poggio a Caiano]] und erteilte dort den Auftrag.<ref>[[Wolfgang Braunfels]]: ''Kleine italienische Kunstgeschichte'', S. 385</ref> Cellini sah darin die Möglichkeit, nicht mehr nur als Goldschmied zu arbeiten, sondern als Bildhauer in Konkurrenz etwa zu [[Donatello]] oder [[Michelangelo]] zu treten.<ref>Cellini: ''Mein Leben'', S. 689</ref> Dabei mag Cellinis Auffassung den Ausschlag gegeben haben, dass „nur monumentale Bildwerke den Nachruhm des Künstlers sichern“.<ref>Prater: ''Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen'', S. 10</ref> Der französische König war über diese Entscheidung keineswegs erfreut,<ref name=cell32>Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur'', S. 32.</ref> Cellini wurde zweimal nach Paris vorgeladen, um Rechenschaft abzulegen, kam diesen Forderungen aber nicht nach. Er erhielt von Cosimo ein eigenes Haus mit Werkstatt und bewohnte es von 1545 bis zu seinem Tod.<ref name=cell32 /> Dort befindet sich seit dem 19. Jahrhundert eine Gedenkplakette mit ausdrücklicher Erwähnung des Gusses des Perseus.
:''Darauf sei er durch ganz entlegene, weglose, von wüsten Wäldern starrende Klüfte zur Behausung der Gorgonen gelangt und habe allenthalben auf den Feldern und an den Pfaden Steinbilder von Menschen und wilden Tieren gesehen, die durch den Anblick der Medusa aus Lebewesen in harten Fels verwandelt worden waren. Er selbst habe jedoch nur im spiegelnden Erz des Schildes, das er mit der linken hielt die Gestalt der schrecklichen Medusa erblickt und habe, während tiefer Schlaf die Schlangen und sie selbst umfangen hielt, ihr das Haupt vom Rumpf getrennt<ref>Ovid: ''Metamorphosen'', neu übersetzt und herausgegeben von Gerhard Fink, Artemis Verlag, Zürich und München 1989, S. 109</ref>''.
[[Datei:Benvenuto Cellini-Perseus With the Head of Medusa - A detail-Loggia dei Lanzi.jpg|mini|Detail der Medusa]]

Cosimos Absichten für den Auftrag waren politischer Natur: Zum einen waren die Themen ''Perseus'' wie auch ''Herkules'' stets beliebte Darstellungsformen der Regenten fürstlicher Häuser<ref name=grote328>Grote: ''Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens.'' S. 328.</ref>, zum anderen sah sich Cosimo durchaus auch als Perseus.<ref name=braun386>Braunfels: ''Kleine italienische Kunstgeschichte.'' S. 386.</ref> Das Werk sollte letztlich eine Demonstration der Macht der herzoglichen Familie an die florentinischen Bürger sein.<ref name=zuffi323 /> Es sollte demonstriert werden, dass Cosimo Florenz von den Feinden befreit hatte wie Perseus die im unteren Relief dargestellte [[Andromeda (Mythologie)|Andromeda]]<ref name=braun386 />.
Den Auftrag zur Darstellung dieser Szene erhielt Cellini von [[Cosimo I. de' Medici|Herzog Cosimo I. von Medici]] im Juli 1545<ref name=leben688>Cellini: ''Mein Leben'', S. 688</ref>. Cellini war zu dieser Zeit eigentlich am Hofe des Königs [[Franz I. (Frankreich)|Franz I.]] von Frankreich in [[Fontainebleau]] vorwiegend mit Goldschmiedearbeiten beschäftigt und nach Florenz zurückgekehrt, um seine verwitwete Schwester zu unterstützen<ref name=leben688 />. Cosimo traf Cellini in der herzoglichen Villa in [[Poggio a Caiano]] und erteilte dort den Auftrag<ref>[[Wolfgang Braunfels]]: ''Kleine italienische Kunstgeschichte'', S. 385</ref>. Cellini sah darin die Möglichkeit, nicht mehr nur als Goldschmied zu arbeiten, sondern als Bildhauer in Konkurrenz etwa zu [[Donatello]] oder [[Michelangelo]] zu treten<ref>Cellini: ''Mein Leben'', S. 689</ref>. Dabei mag Cellinis Auffassung den Ausschlag gegeben haben, dass „nur monumentale Bildwerke den Nachruhm des Künstlers sichern“<ref>Prater: ''Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen'', S. 10</ref>. Der französische König war über diese Entscheidung keineswegs erfreut<ref name=cell32>Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur'', S. 32.</ref>, Cellini wurde zweimal nach Paris vorgeladen, um Rechenschaft abzulegen, kam diesen Forderungen aber nicht nach. Er erhielt von Cosimo ein eigenes Haus mit Werkstatt und bewohnte es von 1545 bis zu seinem Tod<ref name=cell32 />. Dort befindet sich seit dem 19. Jahrhundert eine Gedenkplakette mit ausdrücklicher Erwähnung des Gusses des Perseus.
[[Datei:Benvenuto_Cellini-Perseus_With_the_Head_of_Medusa_-_A_detail-Loggia_dei_Lanzi.jpg|thumb|Detail der Medusa]]
Cosimos Absichten für den Auftrag waren politischer Natur: Zum einen waren die Themen ''Perseus'' wie auch ''Herkules'' stets beliebte Darstellungsformen der Regenten fürstlicher Häuser<ref name=grote328>Grote: ''Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens.'' S. 328.</ref>, zum anderen sah sich Cosimo durchaus auch als Perseus<ref name=braun386>Braunfels: ''Kleine italienische Kunstgeschichte.'' S. 386.</ref>. Das Werk sollte letztlich eine Demonstration der Macht der herzoglichen Familie an die florentinischen Bürger sein<ref name=zuffi323 />. Es sollte demonstriert werden, dass Cosimo Florenz von den Feinden befreit hatte wie Perseus die im unteren Relief dargestellte [[Andromeda (Mythologie)|Andromeda]]<ref name=braun386 />.


== Vorarbeiten und Guss ==
== Vorarbeiten und Guss ==
Die Arbeiten bis zur Enthüllung zogen sich von 1545 bis 1554 hin. Cellini legte dem Herzog zunächst einen Entwurf aus [[Wachs]] vor, der genehmigt wurde<ref name=toman236>Toman (Hrsg.): ''Die Kunst der italienischen Renaissance - Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung'', S. 236.</ref>. Diesen Entwurf wandelte er im Laufe der Zeit allerdings leicht ab, er wird gelegentlich als gelungener als die heutige Version gesehen<ref>Santini: ''Florenz, Die Wiege der italienischen Kunst'', S. 28</ref>. Auch vergrößerte Cellini die ursprünglich vorgesehene auf die heutige Höhe von 3,20 Metern<ref>Toman (Hrsg.): ''Die Kunst der italienischen Renaissance - Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung'', S. 232</ref> inklusive des Sockels. Ihm war klar<ref name=toman236 />, dass die Plastik es mit den berühmten Großplastiken und -skulpturen in der Loggia aufnehmen musste, so der [[Judith und Holofernes (Donatello)|Judith]] von [[Donatello]], aufgestellt 1494<ref name=lein76 />, dem [[David (Michelangelo)|David]] von Michelangelo von 1504 und der Gruppe des [[Herkules und Cacus (Bandinelli)|Herkules und Cacus]] von [[Baccio Bandinelli]], aufgestellt 1512. Der Entwurf des Perseus war ein Gegenentwurf zu Donatellos Judith<ref>Grote, ''Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens'', S. 329</ref>. Beide Werke behandeln das Thema der [[Enthauptung]], auch die Ausführung als Bronzegestalt auf einem Marmorsockel und die Reduktion auf zwei Figuren ist vergleichbar.
Die Arbeiten bis zur Enthüllung zogen sich von 1545 bis 1554 hin. Cellini legte dem Herzog zunächst einen Entwurf aus [[Wachs]] vor, der genehmigt wurde<ref name=toman236>Toman (Hrsg.): ''Die Kunst der italienischen Renaissance Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung'', S. 236.</ref>. Diesen Entwurf wandelte er im Laufe der Zeit allerdings leicht ab, er wird gelegentlich als gelungener als die heutige Version gesehen<ref>Santini: ''Florenz, Die Wiege der italienischen Kunst'', S. 28</ref>. Auch vergrößerte Cellini die ursprünglich vorgesehene auf die heutige Höhe von 3,20 Metern<ref>Toman (Hrsg.): ''Die Kunst der italienischen Renaissance Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung'', S. 232</ref> inklusive des [[Sockel (Architektur)|Sockels]]. Ihm war klar<ref name=toman236 />, dass die Plastik es mit den berühmten Großplastiken und -skulpturen in der Loggia aufnehmen musste, so der [[Judith und Holofernes (Donatello)|Judith]] von [[Donatello]], aufgestellt 1494<ref name=lein76 />, dem [[David (Michelangelo)|David]] von Michelangelo von 1504 und der Gruppe des [[Herkules und Cacus (Bandinelli)|Herkules und Cacus]] von [[Baccio Bandinelli]], aufgestellt 1534. Der Entwurf des Perseus war ein Gegenentwurf zu Donatellos Judith<ref>Grote, ''Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens'', S. 329</ref>. Beide Werke behandeln das Thema der [[Enthauptung]], auch die Ausführung als Bronzegestalt auf einem Marmorsockel und die Reduktion auf zwei Figuren ist vergleichbar.


Die Geschichte der Entstehung der Plastik und die Erklärung für die langen Verzögerungen nehmen in Cellinis Autobiographie breiten Raum ein. Die Hauptschuld sah er bei seinem Erzrivalen Bandinelli, der ihm aus Eifersucht Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Materials und der benötigten Hilfskräfte gemacht haben soll<ref name=cell32 />. Cellini litt auch zeitweise an einer Nierenkrankheit<ref>Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur'', S. 33</ref>. Neben seiner Hauptaufgabe führte er auch kleinere Goldschmiedearbeiten für das herzogliche Haus aus. Das gesamte Werk besteht vom Guss her aus mehreren Teilen: den vier kleineren Figuren des Sockels, der Reliefplatte mit der Andromeda-Gruppe unterhalb des Sockels und der Figur der enthaupteten Medusa mit dem daraufstehenden Perseus. Das erste gegossene Teil war die Figur der verkrümmten Medusa im Sommer 1548<ref name=toman236 />.
Die Geschichte der Entstehung der Plastik und die Erklärung für die langen Verzögerungen nehmen in Cellinis Autobiographie breiten Raum ein. Die Hauptschuld sah er bei seinem Erzrivalen Bandinelli, der ihm aus Eifersucht Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Materials und der benötigten Hilfskräfte gemacht haben soll<ref name=cell32 />. Cellini litt auch zeitweise an einer Nierenkrankheit<ref>Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur'', S. 33</ref>. Neben seiner Hauptaufgabe führte er auch kleinere Goldschmiedearbeiten für das herzogliche Haus aus. Das gesamte Werk besteht vom Guss her aus mehreren Teilen: den vier kleineren Figuren des Sockels, der Reliefplatte mit der Andromeda-Gruppe unterhalb des Sockels und der Figur der enthaupteten Medusa mit dem daraufstehenden Perseus. Das erste gegossene Teil war die Figur der verkrümmten Medusa im Sommer 1548<ref name=toman236 />.


Cellini bediente sich der Technik des [[Wachsausschmelzverfahren]]s. Er formte zunächst einen Tonkern, auf den er mit Wachs die Feinheiten modellierte, wobei Metallstifte die Arbeit zusammenhielten, und umgab den Tonkern mit Gips. Das Ganze wurde von unten erhitzt, so dass das Wachs ausfloss. In den entstandenen Hohlraum goss er die Bronzelegierung. Nach dem Abkühlen schlug er den Gips ab, entfernte die Stifte und den Tonkern und vollendete die Figuren.
Cellini bediente sich der Technik des [[Wachsausschmelzverfahren]]s. Er formte zunächst einen Tonkern, auf den er mit Wachs die Feinheiten modellierte, wobei Metallstifte die Arbeit zusammenhielten, und umgab den Tonkern mit Gips. Das Ganze wurde von unten erhitzt, so dass das Wachs ausfloss. In den entstandenen Hohlraum goss er die Bronzelegierung. Nach dem Abkühlen schlug er den Gips ab, entfernte die Stifte und den Tonkern und vollendete die Figuren.
[[Datei:Targa casa di benvenuto cellini, via della pergola.JPG|thumb|Gedenkplatte an Cellinis Wohnhaus mit Nennung des Gusses des Perseus]]
[[Datei:Targa casa di benvenuto cellini, via della pergola.JPG|mini|Gedenkplatte an Cellinis Wohnhaus mit Nennung des Gusses des Perseus]]
Der Guss der Hauptfigur fand im Dezember 1549 statt und verlief überaus dramatisch. Schon vorher hatte der Herzog mehrfach bezweifelt, dass bei der von Cellini vorgesehenen Legierung der Guss gelingen würde. Es ist auch zu lesen, er habe Soldaten abkommandiert, um Cellini sofort zu verhaften, falls der Guss misslänge<ref>Baroni, Falugi, Novarese u.a.: '''Florenz und seine Kunstschätze'', S. 13</ref>. Nach dem Ausschmelzen des Wachses und der Umsetzung des Blocks in die Gussgrube fing beim Anheizen die Werkstatt Feuer<ref>Cellini: ''Mein Leben'', S. 404</ref>, während auf der anderen Seite gleichzeitig Regen wegen eines Sturmes hineindrang. Beim Schmelzen des Metalles selbst kam es zu Schwierigkeiten, weil der bereits geschmolzene Teil gerann<ref name=cell35>Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur.'' S. 35.</ref>. Cellini gab daraufhin noch einmal sechzig Pfund [[Zinn]] in die Legierung, um sie wieder zu verflüssigen<ref>Cellini: ''Mein Leben''. S. 407.</ref>. Unmittelbar danach platzte der Deckel des Ofens, woraufhin Cellini sofort die Mündung der Form öffnete (das heutige abgeschlagene Medusenhaupt) und die Gusslöcher aufstoßen ließ, um das Metall nicht zu verlieren. Dabei bemerkte er, dass es nicht schnell genug in die Form lief. Um es weiter zu verflüssigen, ließ er, da in der Werkstatt kein Zinn mehr vorhanden war, seine eigenen Zinnteller und -schüsseln, nach seinen Angaben etwa 200 Teile, in die Legierung geben<ref name=leben408>Cellini: ''Mein Leben'', S. 408.</ref>. Das Mittagessen am nächsten Tag mussten er und seine Gäste daher aus getöpfertem Geschirr zu sich nehmen<ref name=leben408 />. Cellini ließ die Figur zwei Tage abkühlen und begann dann mit der Freilegung des Gusses. Sie war ihm bis auf eine kleine Stelle an rechten Fuß, von der Cellini vorher schon wusste, dass sie nicht ganz gegossen werden konnte<ref name=cell35 />, vollständig gelungen. Cellini begab sich mit der Nachricht zum Herzog, der sich in [[Pisa]] aufhielt, und ersuchte gleichzeitig um Urlaub in [[Rom]], der ihm gewährt wurde. Nach dem Guss der vier kleinen Statuen für den Sockel und der Reliefplatte wurde die Figur am Morgen des 17. April 1554 enthüllt<ref>Cellini: ''Mein Leben''. S. 689.</ref>
Der Guss der Hauptfigur fand im Dezember 1549 statt und verlief überaus dramatisch. Schon vorher hatte der Herzog mehrfach bezweifelt, dass bei der von Cellini vorgesehenen Legierung der Guss gelingen würde. Es ist auch zu lesen, er habe Soldaten abkommandiert, um Cellini sofort zu verhaften, falls der Guss misslänge.<ref>Baroni, Falugi, Novarese u.&nbsp;a.: ''Florenz und seine Kunstschätze'', S. 13.</ref> Nach dem Ausschmelzen des Wachses und der Umsetzung des Blocks in die Gussgrube fing beim Anheizen die Werkstatt Feuer,<ref>Cellini: ''Mein Leben'', S. 404</ref> während auf der anderen Seite gleichzeitig Regen wegen eines Sturmes hineindrang. Beim Schmelzen des Metalles selbst kam es zu Schwierigkeiten, weil der bereits geschmolzene Teil gerann.<ref name=cell35>Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur.'' S. 35.</ref> Cellini gab daraufhin noch einmal sechzig Pfund [[Zinn]] in die Legierung, um sie wieder zu verflüssigen.<ref>Cellini: ''Mein Leben''. S. 407.</ref> Unmittelbar danach platzte der Deckel des Ofens, woraufhin Cellini sofort die Mündung der Form öffnete (das heutige abgeschlagene Medusenhaupt) und die Gusslöcher aufstoßen ließ, um das Metall nicht zu verlieren. Dabei bemerkte er, dass es nicht schnell genug in die Form lief. Um es weiter zu verflüssigen, ließ er, da in der Werkstatt kein Zinn mehr vorhanden war, seine eigenen Zinnteller und -schüsseln, nach seinen Angaben etwa 200 Teile, in die Legierung geben.<ref name=leben408>Cellini: ''Mein Leben'', S. 408.</ref> Das Mittagessen am nächsten Tag mussten er und seine Gäste daher aus getöpfertem Geschirr zu sich nehmen.<ref name=leben408 /> Cellini ließ die Figur zwei Tage abkühlen und begann dann mit der Freilegung des Gusses. Sie war ihm bis auf eine kleine Stelle am rechten Fuß, von der Cellini vorher schon wusste, dass sie nicht ganz gegossen werden konnte,<ref name=cell35 /> vollständig gelungen. Cellini begab sich mit der Nachricht zum Herzog, der sich in [[Pisa]] aufhielt, und ersuchte gleichzeitig um Urlaub in [[Rom]], der ihm gewährt wurde. Nach dem Guss der vier kleinen Statuen für den Sockel und der Reliefplatte wurde die Figur am Morgen des 17. April 1554 enthüllt.<ref>Cellini: ''Mein Leben''. S. 689.</ref>


== Die Darstellung ==
== Die Darstellung ==
[[Datei:Perseo.jpg|thumb|left|Detail des Oberkörpers mit dem schmalen Band, auf dem sich Cellinis Signatur befindet]] Perseus steht auf der nackten, gekrümmten und enthaupteten Leiche der Medusa. Die Figur ist mit einem leichten [[Kontrapost]] dargestellt, die Hüfte etwas nach links gedreht. Das linke [[Spielbein]] steht auf dem Körper, das rechte Bein auf dem ehernen Schild der Athene. Perseus hält mit dem linken hochaufgerichteten Arm den abgeschlagenen Kopf, während der rechte das Sichelschwert des Hermes trägt. Die Richtung, in der die Schwertspitze zeigt, nach vorne, auf den Betrachter hin, ist kein Zufall, sondern gehört zum Konzept der Machtdemonstration der Medici gegenüber den florentinischen Bürgern <ref name=grote328 />. Cellini hat alle weiteren, in der Mythologie erwähnten Teile, gestaltet; der Zaubersack befindet sich unter dem Körper der Medusa, die Zauberschuhe sind durch Hermesflügel an den Füßen angedeutet.
[[Datei:Perseus JBU01.JPG|mini|links|Detail des Oberkörpers mit dem schmalen Band, auf dem sich Cellinis Signatur befindet]] Perseus steht auf der nackten, gekrümmten und enthaupteten Leiche der Medusa. Die Figur ist mit einem leichten [[Kontrapost]] dargestellt, die Hüfte etwas nach links gedreht. Das linke [[Spielbein]] steht auf dem Körper, das rechte Bein auf dem ehernen Schild der Athene. Perseus hält mit dem linken hochaufgerichteten Arm den abgeschlagenen Kopf, während der rechte das Sichelschwert des Hermes trägt. Die Richtung, in die die Schwertspitze zeigt, nach vorne, auf den Betrachter hin, ist kein Zufall, sondern gehört zum Konzept der Machtdemonstration der Medici gegenüber den florentinischen Bürgern.<ref name=grote328 /> Cellini hat alle weiteren in der Mythologie erwähnten Teile gestaltet; der Zaubersack befindet sich unter dem Körper der Medusa, die Zauberschuhe sind durch Hermesflügel an den Füßen angedeutet.


Perseus ist in dem Moment dargestellt, in dem er den Kopf der Menge zeigt<ref name=braun386 />. Die präzise Darstellung des muskulösen Körpers verrät genaue und langwierige anatomische Studien<ref>Zuffi: ''Die Renaissance - Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke''. S. 328.</ref>. Cellini gelang es, Bewegung durch die Körperhaltung und Ruhe inmitten eines dramatischen Geschehens zu vereinen. Die Figur ist das einzige von Cellini signierte Werk, sein Name befindet sich auf einem quer über die Brust des Perseus laufenden Band.
Perseus ist in dem Moment dargestellt, in dem er den Kopf der Menge zeigt.<ref name=braun386 /> Die präzise Darstellung des muskulösen Körpers verrät genaue und langwierige anatomische Studien.<ref>Zuffi: ''Die Renaissance Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke''. S. 328.</ref> Cellini gelang es, Bewegung durch die Körperhaltung und Ruhe inmitten eines dramatischen Geschehens zu vereinen. Die Figur ist das einzige von Cellini signierte Werk, sein Name befindet sich auf einem quer über die Brust des Perseus laufenden Band.


== Sockel, Kleinbronzen und Reliefplatte ==
== Sockel, Kleinbronzen und Reliefplatte ==
In der Gestaltung des Sockels ist die Umsetzung eines künstlerischen Prinzips Cellinis zu erkennen, der [[Achtsichtigkeit]]. Cellini hatte bereits in einen Brief an [[Benedetto Varchi]] 1549 gefordert, dass eine freistehende Figur acht Ansichtsseiten haben müsse,<ref>Lein und Manfred Wundram: ''Manierismus''. S. 77.</ref> dieses Konzept hatte er als Goldschmied schon bei der Schaffung des berühmten Salzfasses für Franz I. von Frankreich am Sockel umgesetzt.<ref>Prater: ''Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen''. S. 54f.</ref> Folgerichtig sind die Kanten des an sich viereckigen Sockels nicht gerade und glatt, sondern reich verziert ausgearbeitet.


Die vier kleineren Bronzeplastiken der Nischen sind [[Danaë]] mit Perseus, [[Jupiter (Mythologie)|Jupiter]], [[Mercurius|Merkur]] und [[Minerva]]. Sie bilden in Kombination mit der Figur einen Hinweis auf die verschiedenen Lebensalter des Mannes: der kleine Perseus steht für die Kindheit, Merkur für den Jüngling, die Großfigur des Perseus für den jungen Mann, Jupiter für den erwachsenen Mann und die [[Janus (Mythologie)|Janusmaske]] am Hinterkopf des Perseus für den alten Mann.<ref>Gallucci, Paolo L. Rossi: ''Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer'', S. 142.</ref> Die vier Kleinbronzen gefielen der Herzogin so sehr, dass sie diese, nachdem Cellini sie ihr gebracht hatte, in ihre eigene Sammlung aufnehmen wollte und nicht bereit war, sie wieder herauszugeben.<ref name=cell35 /> Daraufhin ließ Cellini die Figuren heimlich aus ihren Räumen entfernen und am Sockel anbringen,<ref name=cell35 /> was für erhebliche Verärgerung der Herzogin sorgte. Dieses Vorgehen kann mit ein Grund gewesen sein, dass Cellini nach dem Perseus nie wieder einen größeren Auftrag von der herzoglichen Familie erhielt. Sockel und Kleinbronzen wurden zwischenzeitlich durch Kopien ersetzt. Die Originale befinden sich im [[Bargello|Museo nazionale del Bargello]].
In der Gestaltung des Sockels ist die Umsetzung eines künstlerischen Prinzips Cellinis zu erkennen, der [[Achtsichtigkeit]]. Cellini hatte bereits in einen Brief an [[Benedetto Varchi]] 1549 gefordert, dass eine freistehende Figur acht Ansichtsseiten haben müsse<ref>Lein und Manfred Wundram: ''Manierismus''. S. 77.</ref>, dieses Konzept hatte er als Goldschmied schon bei der Schaffung des berühmten Salzfasses für Franz I. von Frankreich am Sockel umgesetzt<ref>Prater: ''Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen''. S. 54f.</ref>. Folgerichtig sind die Kanten des an sich viereckigen Sockels nicht gerade und glatt, sondern reich verziert ausgearbeitet.
[[Datei:Rive, Roberto (18..-1889) - Il Perseo di Cellini.jpg|mini|Die vollständige Figur auf einer historischen Aufnahme vor 1889]]

Die Reliefplatte unterhalb des Sockels wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Herzogs gearbeitet. Sie stellt die Befreiung Andromedas durch Perseus dar,<ref>A. Gallucci, Paolo L. Rossi: ''Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer''. S. 145.</ref> auch wieder mit der politischen Aussage, dass der Herzog (Perseus) die Stadt Florenz (Andromeda) aus den Händen ihrer Feinde befreit habe.
Die vier kleineren Bronzeplastiken der Nischen sind [[Danaë]] mit Perseus, [[Jupiter (Mythologie)|Jupiter]], [[Merkur (Mythologie)|Merkur]] und [[Minerva]]. Sie bilden in Kombination mit der Figur einen Hinweis auf die verschiedenen Lebensalter des Mannes: der kleine Perseus steht für die Kindheit, Merkur für den Jüngling, die Großfigur des Perseus für den jungen Mann, Jupiter für den erwachsenen Mann und die [[Ianus]]maske am Hinterkopf des Perseus für den alten Mann<ref>Gallucci, Paolo L. Rossi: ''Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer'', S. 142.</ref>. Die vier Kleinbronzen gefielen der Herzogin so sehr, dass sie diese, nachdem Cellini sie ihr gebracht hatte, in ihre eigene Sammlung aufnehmen wollte und nicht bereit war, sie wieder herauszugeben<ref name=cell35 />. Daraufhin ließ Cellini die Figuren heimlich aus ihren Räumen entfernen und am Sockel anbringen<ref name=cell35 />, was für erhebliche Verärgerung der Herzogin sorgte. Dieses Vorgehen kann mit ein Grund gewesen sein, dass Cellini nach dem Perseus nie wieder einen größeren Auftrag von der herzoglichen Familie erhielt. Sockel und Kleinbronzen wurden zwischenzeitlich durch Kopien ersetzt. Die Originale befinden sich im [[Bargello|Museo nazionale del Bargello]].
[[Datei:Rive, Roberto (18..-1889) - Il Perseo di Cellini.jpg|thumb|Die vollständige Figur auf einer historischen Aufnahme vor 1889]]
Die Reliefplatte unterhalb des Sockels wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Herzogs gearbeitet. Sie stellt die Befreiung Andromedas durch Perseus dar<ref>A. Gallucci, Paolo L. Rossi: ''Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer''. S. 145.</ref>, auch wieder mit der politischen Aussage, dass der Herzog (Perseus) die Stadt Florenz (Andromeda) aus den Händen ihrer Feinde befreit habe.


== Nachgang und Rezeption ==
== Nachgang und Rezeption ==
Nach Fertigstellung der Figur entstand ein Streit zwischen Cellini und Cosimo I. über das Honorar. Cellini verlangte 10.000 florentinische [[Gulden]], die zu zahlen der Herzog nicht bereit war.<ref name=cell37>Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur.'' S. 37.</ref> Erst einem von Cellini angerufenen Schiedsrichter, es war der florentinische Kommandeur [[Hieronymus Albizzi]], gelang es, den Streit zu schlichten. Cellini erhielt nur 3.500 Gulden und war damit höchst unzufrieden.<ref>Cellini: ''Mein Leben''. S. 437.</ref>


Die Plastik erregte bei ihrer Enthüllung große Begeisterung und hohes Lob, was sich in zahlreichen, an sie gehefteten Lobliedern in Form von [[Sonette]]n ausdrückte, von denen noch einige erhalten sind. Kollegen wie etwa [[Agnolo Bronzino]] überhäuften Cellini mit Lob, der Herzog nahm ihn noch im selben Jahr in den florentinischen Adel auf.<ref name=cell37 />
Nach Fertigstellung der Figur entstand ein Streit zwischen Cellini und Cosimo I. über das Honorar. Cellini verlangte 10.000 florentinische [[Gulden]], die zu zahlen der Herzog nicht bereit war<ref name=cell37>Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur.'' S. 37.</ref>. Erst einem von Cellini angerufenen Schiedsrichter, es war der florentinische Kommandeur [[Hieronymus Albizzi]], gelang es, den Streit zu schlichten. Cellini erhielt nur 3.500 Gulden und war damit höchst unzufrieden<ref>Cellini: ''Mein Leben''. S. 437</ref>.


In der Beurteilung späterer Jahrhunderte kommt die Figur nicht ganz so gut weg. Es wurde kritisiert, dass man ihr doch allzu sehr den Goldschmied ansehen würde, weil die Figur „in der Einzelbehandlung ins Kleinliche“<ref>Semrau: ''Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden''. S. 263.</ref> verfalle. Einer ähnlichen Meinung nach fehle der Figur die Großzügigkeit<ref>Knapp: ''Hochrenaissance, Barock und Rokoko''. S. 112.</ref>.
Die Plastik erregte bei ihrer Enthüllung große Begeisterung und hohes Lob, was sich in zahlreichen, an sie gehefteten Lobliedern in Form von [[Sonette]]n ausdrückte, von denen noch einige erhalten sind. Kollegen wie etwa [[Agnolo Bronzino]] überhäuften Cellini mit Lob, der Herzog nahm ihn noch im selben Jahr in den florentinischen Adel auf<ref name=cell37 />.


Die neuere Forschung beschäftigt sich unter anderem mit soziologischen Aspekten der Figur, beispielsweise feministischen Fragen.<ref>A. Gallucci, Paolo L. Rossi: ''Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer'', S. 142 ff.</ref>
In der Beurteilung späterer Jahrhunderte kommt die Figur nicht ganz so gut weg. Es wurde kritisiert, dass man ihr doch allzu sehr den Goldschmied ansehen würde, weil die Figur „in der Einzelbehandlung ins Kleinliche“<ref>Semrau: ''Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden''. S. 263.</ref> verfalle. Einer ähnlichen Meinung nach fehle der Figur die Großzügigkeit<ref>Knapp: ''Hochrenaissance, Barock und Rokoko''. S. 112</ref>.


Eine Frage ist auch, inwieweit sich Cellinis Skulptur als gewaltverherrlichendes Motiv anbietet. Eine Zeichnung (vermutlich vom Anfang des 20. Jh.), die die Muskelkraft und Siegerpose des Perseus betont, wird von der polnischen Organisation Zadruga für ein Plakat benutzt, mit welchem sie für ihre nationalistischen Ziele wirbt.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=http://zadruga-swinoujscie.cba.pl/wordpress/wp-content/uploads/2015/03/11164817_360370930829700_3205672370157084872_n.png |titel=? |werk= |hrsg= |datum= |zugriff=2018-12-30 |sprache=pl}}</ref>[[Datei:GayleyGutenberg.jpg|mini|Digitale Reproduktion einer Zeichnung der Perseusstatue von Cellini]]
Die neuere Forschung beschäftigt sich unter anderem mit soziologischen Aspekten der Figur, beispielsweise feministischen Fragen<ref>A. Gallucci, Paolo L. Rossi: ''Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer'', S. 142 ff.</ref>.


== Literatur ==
== Literatur ==

=== Quellen ===
=== Quellen ===

* Benvenuto Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur''. übersetzt von Justus Brinckmann, Edition (unveränderter Nachdruck) von Ilmer, Osnabrück 1978.
* Benvenuto Cellini: ''Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur''. übersetzt von Justus Brinckmann, Edition (unveränderter Nachdruck) von Ilmer, Osnabrück 1978.
* Benvenuto Cellini: ''Mein Leben''. Die Autobiographie eines Künstlers aus der Renaissance, übersetzt von Jaques Langer, Manesse Verlag, Zürich.
* Benvenuto Cellini: ''Mein Leben''. Die Autobiographie eines Künstlers aus der Renaissance, übersetzt von Jaques Langer, Manesse Verlag, Zürich.


=== Sekundärliteratur ===
=== Sekundärliteratur ===

* Reinhard Abenstein: ''Griechische Mythologie.'' Reihe UTB, Ferdinand Schöningh, Paderborn 2005, ISBN 978-3-506-71720-7.
* Reinhard Abenstein: ''Griechische Mythologie.'' Reihe UTB, Ferdinand Schöningh, Paderborn 2005, ISBN 978-3-506-71720-7.
* Baroni, Falugi, Novarese u.a.: '''Florenz und seine Kunstschätze.'' Edizioni Storti, Venedig 1977.
* Baroni, Falugi, Novarese u.&nbsp;a.: ''Florenz und seine Kunstschätze.'' Edizioni Storti, Venedig 1977.
* [[Wolfgang Braunfels]]: ''Kleine italienische Kunstgeschichte''. DuMont Buchverlag, Köln 1984, ISBN 3-7701-1509-0.
* [[Wolfgang Braunfels]]: ''Kleine italienische Kunstgeschichte''. DuMont Buchverlag, Köln 1984, ISBN 3-7701-1509-0.
* James Cleugh: ''Die Medici - Glanz und Macht einer europäischen Familie.'' 2. Aufl., Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1985, ISBN 3-423-10318-3.
* James Cleugh: ''Die Medici Glanz und Macht einer europäischen Familie.'' 2. Aufl., Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1985, ISBN 3-423-10318-3.
* Margaret A. Gallucci, Paolo L. Rossi: ''Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer'', Cambridge University Press, Cambridge 2004 ISBN 0-521-81661-0.
* Margaret A. Gallucci, Paolo L. Rossi: ''Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer'', Cambridge University Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-81661-0.
* Andreas Grote: ''Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens.'' 5. Aufl., Prestel Verlag, München 1980, ISBN 3-7913-0511-5
* Andreas Grote: ''Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens.'' 5. Aufl., Prestel Verlag, München 1980, ISBN 3-7913-0511-5
* Fritz Knapp: ''Hochrenaissance, Barock und Rokoko.'' Bd. II der Reihe ''Die künstlerische Kultur des Abendlandes'', 2. bis 3. Aufl., Kurt Schroeder, Bonn/Leipzig 1923.
* [[Fritz Knapp (Kunsthistoriker)|Fritz Knapp]]: ''Hochrenaissance, Barock und Rokoko.'' Bd. II der Reihe ''Die künstlerische Kultur des Abendlandes'', 2. bis 3. Aufl., Kurt Schroeder, Bonn/Leipzig 1923.
* Edgar Lein, Manfred Wundram: ''Manierismus''. Bd. 7 der Reihe ''Kunst-Epochen.'' Philipp Reclam jun., Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-018174-4.
* Edgar Lein, Manfred Wundram: ''Manierismus''. Bd. 7 der Reihe ''Kunst-Epochen.'' Philipp Reclam jun., Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-018174-4.
* Andreas Prater: ''Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen.'' Steiner Verlag, Wiesbaden 1988, ISBN 3-515-05245-3.
* Andreas Prater: ''Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen.'' Steiner Verlag, Wiesbaden 1988, ISBN 3-515-05245-3.
* Loretta Santini: ''Florenz, Die Wiege der italienischen Kunst.'' Nova Lux, Giusti di Becocci, Florenz 1973.
* Loretta Santini: ''Florenz, die Wiege der italienischen Kunst.'' Nova Lux, Giusti di Becocci, Florenz 1973.
* Max Semrau: ''Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden.'' 3. Aufl., Bd. III aus Wilhelm Lübke, ''Grundriss der Kunstgeschichte.'' 14. Aufl., Paul Neff Verlag, Esslingen 1912.
* Max Semrau: ''Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden.'' 3. Aufl., Bd. III aus Wilhelm Lübke, ''Grundriss der Kunstgeschichte.'' 14. Aufl., Paul Neff Verlag, Esslingen 1912.
* Rolf Toman (Hrsg.): ''Die Kunst der italienischen Renaissance - Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung.'' Tandem Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-8331-4582-7.
* Rolf Toman (Hrsg.): ''Die Kunst der italienischen Renaissance Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung.'' Tandem Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-8331-4582-7.
* Stefano Zuffi: ''Die Renaissance - Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke.'' DuMont Buchverlag, Köln 2008, ISBN 978-3-8321-9113-9.
* Stefano Zuffi: ''Die Renaissance Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke.'' DuMont Buchverlag, Köln 2008, ISBN 978-3-8321-9113-9.


== Weblinks ==
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== Einzelnachweise ==
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<references />
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Aktuelle Version vom 2. Juni 2024, 18:41 Uhr

Ansicht der Figur mit Sockel, ohne Reliefplatte darunter

Der Perseus, in der Literatur auch Perseus mit der Medusa oder Perseus mit dem Medusenhaupt, ist eine Bronzeplastik in Florenz. Sie wurde in der Mitte des 16. Jahrhunderts von Benvenuto Cellini geschaffen und gilt als sein Hauptwerk.[1] Sie ist eine der berühmtesten Plastiken der italienischen Renaissance. Der technisch schwierige Guss der Hauptfigur an einem Stück gilt als eine Meisterleistung jener Zeit.[2] Sie wurde für die Vorderseite der linken der drei Arkaden der Loggia dei Lanzi geschaffen,[2] wo sie sich noch befindet.

Das Motiv und der Auftrag

Dargestellt ist die Figur des Perseus. Nach der griechischen Mythologie tötete er die Medusa, die schrecklichste der drei Schwestern der Gorgonen. Zuvor hatte er von den Nymphen eine Tarnkappe, Flügelschuhe und eine Zaubertasche erhalten, von Hermes die Waffe der Titanen, das Sichelschwert,[3] sowie von Athene einen spiegelnden Schild aus Bronze. Zum Geschehen nach seiner Ankunft nahe den Gärten der Hesperiden heißt es in den Metamorphosen des Ovid (Buch IV, Kapitel 12):

Darauf sei er durch ganz entlegene, weglose, von wüsten Wäldern starrende Klüfte zur Behausung der Gorgonen gelangt und habe allenthalben auf den Feldern und an den Pfaden Steinbilder von Menschen und wilden Tieren gesehen, die durch den Anblick der Medusa aus Lebewesen in harten Fels verwandelt worden waren. Er selbst habe jedoch nur im spiegelnden Erz des Schildes, das er mit der linken hielt, die Gestalt der schrecklichen Medusa erblickt und habe, während tiefer Schlaf die Schlangen und sie selbst umfangen hielt, ihr das Haupt vom Rumpf getrennt.[4]

Den Auftrag zur Darstellung dieser Szene erhielt Cellini von Herzog Cosimo I. von Medici im Juli 1545.[5] Cellini war zu dieser Zeit eigentlich am Hofe des Königs Franz I. von Frankreich in Fontainebleau vorwiegend mit Goldschmiedearbeiten beschäftigt und nach Florenz zurückgekehrt, um seine verarmte Schwester zu unterstützen.[5] Cosimo traf Cellini in der herzoglichen Villa in Poggio a Caiano und erteilte dort den Auftrag.[6] Cellini sah darin die Möglichkeit, nicht mehr nur als Goldschmied zu arbeiten, sondern als Bildhauer in Konkurrenz etwa zu Donatello oder Michelangelo zu treten.[7] Dabei mag Cellinis Auffassung den Ausschlag gegeben haben, dass „nur monumentale Bildwerke den Nachruhm des Künstlers sichern“.[8] Der französische König war über diese Entscheidung keineswegs erfreut,[9] Cellini wurde zweimal nach Paris vorgeladen, um Rechenschaft abzulegen, kam diesen Forderungen aber nicht nach. Er erhielt von Cosimo ein eigenes Haus mit Werkstatt und bewohnte es von 1545 bis zu seinem Tod.[9] Dort befindet sich seit dem 19. Jahrhundert eine Gedenkplakette mit ausdrücklicher Erwähnung des Gusses des Perseus.

Detail der Medusa

Cosimos Absichten für den Auftrag waren politischer Natur: Zum einen waren die Themen Perseus wie auch Herkules stets beliebte Darstellungsformen der Regenten fürstlicher Häuser[10], zum anderen sah sich Cosimo durchaus auch als Perseus.[11] Das Werk sollte letztlich eine Demonstration der Macht der herzoglichen Familie an die florentinischen Bürger sein.[2] Es sollte demonstriert werden, dass Cosimo Florenz von den Feinden befreit hatte wie Perseus die im unteren Relief dargestellte Andromeda[11].

Vorarbeiten und Guss

Die Arbeiten bis zur Enthüllung zogen sich von 1545 bis 1554 hin. Cellini legte dem Herzog zunächst einen Entwurf aus Wachs vor, der genehmigt wurde[12]. Diesen Entwurf wandelte er im Laufe der Zeit allerdings leicht ab, er wird gelegentlich als gelungener als die heutige Version gesehen[13]. Auch vergrößerte Cellini die ursprünglich vorgesehene auf die heutige Höhe von 3,20 Metern[14] inklusive des Sockels. Ihm war klar[12], dass die Plastik es mit den berühmten Großplastiken und -skulpturen in der Loggia aufnehmen musste, so der Judith von Donatello, aufgestellt 1494[1], dem David von Michelangelo von 1504 und der Gruppe des Herkules und Cacus von Baccio Bandinelli, aufgestellt 1534. Der Entwurf des Perseus war ein Gegenentwurf zu Donatellos Judith[15]. Beide Werke behandeln das Thema der Enthauptung, auch die Ausführung als Bronzegestalt auf einem Marmorsockel und die Reduktion auf zwei Figuren ist vergleichbar.

Die Geschichte der Entstehung der Plastik und die Erklärung für die langen Verzögerungen nehmen in Cellinis Autobiographie breiten Raum ein. Die Hauptschuld sah er bei seinem Erzrivalen Bandinelli, der ihm aus Eifersucht Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Materials und der benötigten Hilfskräfte gemacht haben soll[9]. Cellini litt auch zeitweise an einer Nierenkrankheit[16]. Neben seiner Hauptaufgabe führte er auch kleinere Goldschmiedearbeiten für das herzogliche Haus aus. Das gesamte Werk besteht vom Guss her aus mehreren Teilen: den vier kleineren Figuren des Sockels, der Reliefplatte mit der Andromeda-Gruppe unterhalb des Sockels und der Figur der enthaupteten Medusa mit dem daraufstehenden Perseus. Das erste gegossene Teil war die Figur der verkrümmten Medusa im Sommer 1548[12].

Cellini bediente sich der Technik des Wachsausschmelzverfahrens. Er formte zunächst einen Tonkern, auf den er mit Wachs die Feinheiten modellierte, wobei Metallstifte die Arbeit zusammenhielten, und umgab den Tonkern mit Gips. Das Ganze wurde von unten erhitzt, so dass das Wachs ausfloss. In den entstandenen Hohlraum goss er die Bronzelegierung. Nach dem Abkühlen schlug er den Gips ab, entfernte die Stifte und den Tonkern und vollendete die Figuren.

Gedenkplatte an Cellinis Wohnhaus mit Nennung des Gusses des Perseus

Der Guss der Hauptfigur fand im Dezember 1549 statt und verlief überaus dramatisch. Schon vorher hatte der Herzog mehrfach bezweifelt, dass bei der von Cellini vorgesehenen Legierung der Guss gelingen würde. Es ist auch zu lesen, er habe Soldaten abkommandiert, um Cellini sofort zu verhaften, falls der Guss misslänge.[17] Nach dem Ausschmelzen des Wachses und der Umsetzung des Blocks in die Gussgrube fing beim Anheizen die Werkstatt Feuer,[18] während auf der anderen Seite gleichzeitig Regen wegen eines Sturmes hineindrang. Beim Schmelzen des Metalles selbst kam es zu Schwierigkeiten, weil der bereits geschmolzene Teil gerann.[19] Cellini gab daraufhin noch einmal sechzig Pfund Zinn in die Legierung, um sie wieder zu verflüssigen.[20] Unmittelbar danach platzte der Deckel des Ofens, woraufhin Cellini sofort die Mündung der Form öffnete (das heutige abgeschlagene Medusenhaupt) und die Gusslöcher aufstoßen ließ, um das Metall nicht zu verlieren. Dabei bemerkte er, dass es nicht schnell genug in die Form lief. Um es weiter zu verflüssigen, ließ er, da in der Werkstatt kein Zinn mehr vorhanden war, seine eigenen Zinnteller und -schüsseln, nach seinen Angaben etwa 200 Teile, in die Legierung geben.[21] Das Mittagessen am nächsten Tag mussten er und seine Gäste daher aus getöpfertem Geschirr zu sich nehmen.[21] Cellini ließ die Figur zwei Tage abkühlen und begann dann mit der Freilegung des Gusses. Sie war ihm bis auf eine kleine Stelle am rechten Fuß, von der Cellini vorher schon wusste, dass sie nicht ganz gegossen werden konnte,[19] vollständig gelungen. Cellini begab sich mit der Nachricht zum Herzog, der sich in Pisa aufhielt, und ersuchte gleichzeitig um Urlaub in Rom, der ihm gewährt wurde. Nach dem Guss der vier kleinen Statuen für den Sockel und der Reliefplatte wurde die Figur am Morgen des 17. April 1554 enthüllt.[22]

Die Darstellung

Detail des Oberkörpers mit dem schmalen Band, auf dem sich Cellinis Signatur befindet

Perseus steht auf der nackten, gekrümmten und enthaupteten Leiche der Medusa. Die Figur ist mit einem leichten Kontrapost dargestellt, die Hüfte etwas nach links gedreht. Das linke Spielbein steht auf dem Körper, das rechte Bein auf dem ehernen Schild der Athene. Perseus hält mit dem linken hochaufgerichteten Arm den abgeschlagenen Kopf, während der rechte das Sichelschwert des Hermes trägt. Die Richtung, in die die Schwertspitze zeigt, nach vorne, auf den Betrachter hin, ist kein Zufall, sondern gehört zum Konzept der Machtdemonstration der Medici gegenüber den florentinischen Bürgern.[10] Cellini hat alle weiteren in der Mythologie erwähnten Teile gestaltet; der Zaubersack befindet sich unter dem Körper der Medusa, die Zauberschuhe sind durch Hermesflügel an den Füßen angedeutet.

Perseus ist in dem Moment dargestellt, in dem er den Kopf der Menge zeigt.[11] Die präzise Darstellung des muskulösen Körpers verrät genaue und langwierige anatomische Studien.[23] Cellini gelang es, Bewegung durch die Körperhaltung und Ruhe inmitten eines dramatischen Geschehens zu vereinen. Die Figur ist das einzige von Cellini signierte Werk, sein Name befindet sich auf einem quer über die Brust des Perseus laufenden Band.

Sockel, Kleinbronzen und Reliefplatte

In der Gestaltung des Sockels ist die Umsetzung eines künstlerischen Prinzips Cellinis zu erkennen, der Achtsichtigkeit. Cellini hatte bereits in einen Brief an Benedetto Varchi 1549 gefordert, dass eine freistehende Figur acht Ansichtsseiten haben müsse,[24] dieses Konzept hatte er als Goldschmied schon bei der Schaffung des berühmten Salzfasses für Franz I. von Frankreich am Sockel umgesetzt.[25] Folgerichtig sind die Kanten des an sich viereckigen Sockels nicht gerade und glatt, sondern reich verziert ausgearbeitet.

Die vier kleineren Bronzeplastiken der Nischen sind Danaë mit Perseus, Jupiter, Merkur und Minerva. Sie bilden in Kombination mit der Figur einen Hinweis auf die verschiedenen Lebensalter des Mannes: der kleine Perseus steht für die Kindheit, Merkur für den Jüngling, die Großfigur des Perseus für den jungen Mann, Jupiter für den erwachsenen Mann und die Janusmaske am Hinterkopf des Perseus für den alten Mann.[26] Die vier Kleinbronzen gefielen der Herzogin so sehr, dass sie diese, nachdem Cellini sie ihr gebracht hatte, in ihre eigene Sammlung aufnehmen wollte und nicht bereit war, sie wieder herauszugeben.[19] Daraufhin ließ Cellini die Figuren heimlich aus ihren Räumen entfernen und am Sockel anbringen,[19] was für erhebliche Verärgerung der Herzogin sorgte. Dieses Vorgehen kann mit ein Grund gewesen sein, dass Cellini nach dem Perseus nie wieder einen größeren Auftrag von der herzoglichen Familie erhielt. Sockel und Kleinbronzen wurden zwischenzeitlich durch Kopien ersetzt. Die Originale befinden sich im Museo nazionale del Bargello.

Die vollständige Figur auf einer historischen Aufnahme vor 1889

Die Reliefplatte unterhalb des Sockels wurde auf ausdrücklichen Wunsch des Herzogs gearbeitet. Sie stellt die Befreiung Andromedas durch Perseus dar,[27] auch wieder mit der politischen Aussage, dass der Herzog (Perseus) die Stadt Florenz (Andromeda) aus den Händen ihrer Feinde befreit habe.

Nachgang und Rezeption

Nach Fertigstellung der Figur entstand ein Streit zwischen Cellini und Cosimo I. über das Honorar. Cellini verlangte 10.000 florentinische Gulden, die zu zahlen der Herzog nicht bereit war.[28] Erst einem von Cellini angerufenen Schiedsrichter, es war der florentinische Kommandeur Hieronymus Albizzi, gelang es, den Streit zu schlichten. Cellini erhielt nur 3.500 Gulden und war damit höchst unzufrieden.[29]

Die Plastik erregte bei ihrer Enthüllung große Begeisterung und hohes Lob, was sich in zahlreichen, an sie gehefteten Lobliedern in Form von Sonetten ausdrückte, von denen noch einige erhalten sind. Kollegen wie etwa Agnolo Bronzino überhäuften Cellini mit Lob, der Herzog nahm ihn noch im selben Jahr in den florentinischen Adel auf.[28]

In der Beurteilung späterer Jahrhunderte kommt die Figur nicht ganz so gut weg. Es wurde kritisiert, dass man ihr doch allzu sehr den Goldschmied ansehen würde, weil die Figur „in der Einzelbehandlung ins Kleinliche“[30] verfalle. Einer ähnlichen Meinung nach fehle der Figur die Großzügigkeit[31].

Die neuere Forschung beschäftigt sich unter anderem mit soziologischen Aspekten der Figur, beispielsweise feministischen Fragen.[32]

Eine Frage ist auch, inwieweit sich Cellinis Skulptur als gewaltverherrlichendes Motiv anbietet. Eine Zeichnung (vermutlich vom Anfang des 20. Jh.), die die Muskelkraft und Siegerpose des Perseus betont, wird von der polnischen Organisation Zadruga für ein Plakat benutzt, mit welchem sie für ihre nationalistischen Ziele wirbt.[33]

Digitale Reproduktion einer Zeichnung der Perseusstatue von Cellini

Literatur

Quellen

  • Benvenuto Cellini: Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur. übersetzt von Justus Brinckmann, Edition (unveränderter Nachdruck) von Ilmer, Osnabrück 1978.
  • Benvenuto Cellini: Mein Leben. Die Autobiographie eines Künstlers aus der Renaissance, übersetzt von Jaques Langer, Manesse Verlag, Zürich.

Sekundärliteratur

  • Reinhard Abenstein: Griechische Mythologie. Reihe UTB, Ferdinand Schöningh, Paderborn 2005, ISBN 978-3-506-71720-7.
  • Baroni, Falugi, Novarese u. a.: Florenz und seine Kunstschätze. Edizioni Storti, Venedig 1977.
  • Wolfgang Braunfels: Kleine italienische Kunstgeschichte. DuMont Buchverlag, Köln 1984, ISBN 3-7701-1509-0.
  • James Cleugh: Die Medici – Glanz und Macht einer europäischen Familie. 2. Aufl., Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1985, ISBN 3-423-10318-3.
  • Margaret A. Gallucci, Paolo L. Rossi: Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer, Cambridge University Press, Cambridge 2004, ISBN 0-521-81661-0.
  • Andreas Grote: Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens. 5. Aufl., Prestel Verlag, München 1980, ISBN 3-7913-0511-5
  • Fritz Knapp: Hochrenaissance, Barock und Rokoko. Bd. II der Reihe Die künstlerische Kultur des Abendlandes, 2. bis 3. Aufl., Kurt Schroeder, Bonn/Leipzig 1923.
  • Edgar Lein, Manfred Wundram: Manierismus. Bd. 7 der Reihe Kunst-Epochen. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-018174-4.
  • Andreas Prater: Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen. Steiner Verlag, Wiesbaden 1988, ISBN 3-515-05245-3.
  • Loretta Santini: Florenz, die Wiege der italienischen Kunst. Nova Lux, Giusti di Becocci, Florenz 1973.
  • Max Semrau: Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden. 3. Aufl., Bd. III aus Wilhelm Lübke, Grundriss der Kunstgeschichte. 14. Aufl., Paul Neff Verlag, Esslingen 1912.
  • Rolf Toman (Hrsg.): Die Kunst der italienischen Renaissance – Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung. Tandem Verlag, Köln 2007, ISBN 978-3-8331-4582-7.
  • Stefano Zuffi: Die Renaissance – Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke. DuMont Buchverlag, Köln 2008, ISBN 978-3-8321-9113-9.
Commons: Perseus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Edgar Lein, Manfred Wundram: Manierismus. S. 76.
  2. a b c Zuffi: Die Renaissance – Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke, S. 323
  3. Abenstein: Griechische Mythologie, S. 137
  4. Ovid: Metamorphosen, neu übersetzt und herausgegeben von Gerhard Fink, Artemis Verlag, Zürich und München 1989, S. 109
  5. a b Cellini: Mein Leben, S. 688
  6. Wolfgang Braunfels: Kleine italienische Kunstgeschichte, S. 385
  7. Cellini: Mein Leben, S. 689
  8. Prater: Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen, S. 10
  9. a b c Cellini: Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur, S. 32.
  10. a b Grote: Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens. S. 328.
  11. a b c Braunfels: Kleine italienische Kunstgeschichte. S. 386.
  12. a b c Toman (Hrsg.): Die Kunst der italienischen Renaissance – Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung, S. 236.
  13. Santini: Florenz, Die Wiege der italienischen Kunst, S. 28
  14. Toman (Hrsg.): Die Kunst der italienischen Renaissance – Architektur, Skulptur, Malerei, Zeichnung, S. 232
  15. Grote, Florenz – Gestalt und Geschichte eines Gemeinwesens, S. 329
  16. Cellini: Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur, S. 33
  17. Baroni, Falugi, Novarese u. a.: Florenz und seine Kunstschätze, S. 13.
  18. Cellini: Mein Leben, S. 404
  19. a b c d Cellini: Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur. S. 35.
  20. Cellini: Mein Leben. S. 407.
  21. a b Cellini: Mein Leben, S. 408.
  22. Cellini: Mein Leben. S. 689.
  23. Zuffi: Die Renaissance – Kunst, Architektur, Geschichte, Meisterwerke. S. 328.
  24. Lein und Manfred Wundram: Manierismus. S. 77.
  25. Prater: Cellinis Salzfass für Franz. I.: Tischgerät als Herrschaftszeichen. S. 54f.
  26. Gallucci, Paolo L. Rossi: Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer, S. 142.
  27. A. Gallucci, Paolo L. Rossi: Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer. S. 145.
  28. a b Cellini: Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Sculptur. S. 37.
  29. Cellini: Mein Leben. S. 437.
  30. Semrau: Die Kunst der Renaissance in Italien und im Norden. S. 263.
  31. Knapp: Hochrenaissance, Barock und Rokoko. S. 112.
  32. A. Gallucci, Paolo L. Rossi: Benvenuto Cellini, scupltor, goldsmith, writer, S. 142 ff.
  33. ? Abgerufen am 30. Dezember 2018 (polnisch).