„Parallelität (Geometrie)“ – Versionsunterschied

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In der [[Euklidische Geometrie|euklidischen Geometrie]] definiert man: Zwei [[Gerade]]n sind '''parallel''', wenn sie in einer [[Ebene (Mathematik)|Ebene]] liegen und einander nicht schneiden. Außerdem setzt man fest, dass jede Gerade zu sich selbst parallel sein soll. Zwei Geraden werden als ''echt parallel'' bezeichnet, wenn sie parallel, aber nicht identisch sind.<ref>Manfred Andrie, Paul Meier: ''Lineare Algebra und Geometrie für Ingenieure: Eine anwendungsbezogene Einführung mit Übungen''. Springer, 3. Auflage, 2013, ISBN 9783642957987, [https://books.google.de/books?id=CEymBgAAQBAJ&pg=PA202 S. 202].</ref>
In der [[Euklidische Geometrie|euklidischen Geometrie]] definiert man: Zwei [[Gerade]]n sind '''parallel''', wenn sie in einer [[Ebene (Mathematik)|Ebene]] liegen und einander nicht schneiden. Außerdem setzt man fest, dass jede Gerade zu sich selbst parallel sein soll. Zwei Geraden werden als ''echt parallel'' bezeichnet, wenn sie parallel, aber nicht identisch sind.<ref>Manfred Andrie, Paul Meier: ''Lineare Algebra und Geometrie für Ingenieure: Eine anwendungsbezogene Einführung mit Übungen''. 3. Auflage. Springer, 2013, ISBN 978-3-642-95798-7, S. 202; [https://books.google.de/books?id=CEymBgAAQBAJ&pg=PA202 books.google.de]</ref>


Häufig wird von echt parallelen Geraden gesagt, dass sie ''einander „im Unendlichen“ schneiden''. Diese Aussage bekommt einen präzisen Sinn, wenn der [[Euklidischer Raum|euklidische Raum]] zu einem [[Projektive Geometrie|projektiven Raum]] erweitert wird.
Häufig wird von echt parallelen Geraden gesagt, dass sie ''einander „im Unendlichen“ schneiden''. Diese Aussage bekommt einen präzisen Sinn, wenn der [[Euklidischer Raum|euklidische Raum]] zu einem [[Projektive Geometrie|projektiven Raum]] erweitert wird.


Im dreidimensionalen euklidischen Raum gilt ferner:
Im dreidimensionalen euklidischen Raum gilt ferner:
* Zwei Geraden, die nicht in einer Ebene liegen, werden ''[[windschief]]'' genannt. (Auch sie haben keinen Schnittpunkt, sind aber nicht parallel.)
* Zwei Geraden, die nicht in einer Ebene liegen, werden ''[[windschief]]'' genannt (auch sie haben keinen Schnittpunkt, sind aber nicht parallel).
* Eine Gerade ist parallel zu einer Ebene, wenn sie ganz in dieser Ebene liegt oder diese nicht schneidet.
* Eine Gerade ist parallel zu einer Ebene, wenn sie ganz in dieser Ebene liegt oder diese nicht schneidet.
* Zwei Ebenen sind parallel, wenn sie zusammenfallen oder einander nicht schneiden. Man spricht von ''Parallelebenen''.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.rither.de/a/mathematik/lineare-algebra-und-analytische-geometrie/abstaende/abstand-ebene-ebene/ |titel=Ebenenparallelität |werk=rither.de |abruf=2024-06-05}}</ref>
* Zwei Ebenen sind parallel, wenn sie zusammenfallen oder einander nicht schneiden. Man spricht von ''Parallelebenen''.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.rither.de/a/mathematik/lineare-algebra-und-analytische-geometrie/abstaende/abstand-ebene-ebene/ |titel=Ebenenparallelität |werk=rither.de |abruf=2024-06-05}}</ref>
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In der ebenen euklidischen und affinen Geometrie gilt:
In der ebenen euklidischen und affinen Geometrie gilt:
* Zu jeder [[Gerade (Geometrie)|Geraden]] und jedem [[Punkt (Geometrie)|Punkt]], der nicht auf der Geraden liegt, gibt es ''genau eine'' Gerade, die zur gegebenen Geraden parallel ist und durch den gegebenen Punkt geht (die ''Parallele'' durch diesen Punkt).
* Zu jeder [[Gerade (Geometrie)|Geraden]] und jedem [[Punkt (Geometrie)|Punkt]], der nicht auf der Geraden liegt, gibt es ''genau eine'' Gerade, die zur gegebenen Geraden parallel ist und durch den gegebenen Punkt geht (die ''Parallele'' durch diesen Punkt).
Diese Aussage wird das [[Parallelenaxiom]] genannt, da sie bei einem axiomatischen Aufbau der euklidischen Geometrie als [[Axiom]] benötigt wird. In der [[Analytische Geometrie|analytischen Geometrie]] (Geometrie in euklidischen Vektorräumen) ist sie hingegen beweisbar (also ein [[Satz (Mathematik)|Satz]]).
Diese Aussage wird das [[Parallelenaxiom]] genannt, da sie bei einem axiomatischen Aufbau der euklidischen Geometrie als [[Axiom]] benötigt wird. In der [[Analytische Geometrie|analytischen Geometrie]] (Geometrie in euklidischen Vektorräumen) ist sie hingegen beweisbar (also ein [[Satz (Mathematik)|Satz]]).
In affinen Räumen beliebiger Dimension gilt:
In affinen Räumen beliebiger Dimension gilt:
* Die Beziehung „parallel“ zwischen Geraden bildet eine [[Äquivalenzrelation]], die Geraden lassen sich also aufteilen in [[Äquivalenzklasse]]n zueinander paralleler Geraden. Eine solche Äquivalenzklasse wird als '''Parallelenschar''' bezeichnet und bildet ein spezielles '''Büschel'''.
* Die Beziehung „parallel“ zwischen Geraden bildet eine [[Äquivalenzrelation]], die Geraden lassen sich also aufteilen in [[Äquivalenzklasse]]n zueinander paralleler Geraden. Eine solche Äquivalenzklasse wird als '''Parallelenschar''' bezeichnet und bildet ein spezielles '''Büschel'''.
* Fügt man einem affinen Raum für jede Parallelenschar einen ''"unendlich fernen"'' (auch ''"uneigentlichen"'') Punkt ([[Fernelement|Fernpunkt]]) hinzu, in dem sich dann je zwei Geraden der Schar schneiden, erhält man einen ''[[Projektiver Raum|projektiven Raum]]'' als projektiven Abschluss des affinen Raumes.
* Fügt man einem affinen Raum für jede Parallelenschar einen ''"unendlich fernen"'' (auch ''"uneigentlichen"'') Punkt ([[Fernelement|Fernpunkt]]) hinzu, in dem sich dann je zwei Geraden der Schar schneiden, erhält man einen ''[[Projektiver Raum|projektiven Raum]]'' als projektiven Abschluss des affinen Raumes.


In der euklidischen Geometrie gilt ferner bei beliebiger Dimension des Raumes:
In der euklidischen Geometrie gilt ferner bei beliebiger Dimension des Raumes:
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* Die Räume <math>A_1</math> und <math>A_2</math> sind parallel, wenn <math>U_1\subseteq U_2</math> oder <math>U_2\subseteq U_1</math> gilt.
* Die Räume <math>A_1</math> und <math>A_2</math> sind parallel, wenn <math>U_1\subseteq U_2</math> oder <math>U_2\subseteq U_1</math> gilt.
Allein mit geometrischen Begriffen kann Parallelität gleichwertig so definiert werden:
Allein mit geometrischen Begriffen kann Parallelität gleichwertig so definiert werden:
* Die Räume <math>A_1</math> und <math>A_2</math> sind parallel, wenn es eine [[Parallelverschiebung]] <math>\tau</math> des affinen Raumes <math>A</math> gibt, so dass <math>\tau(A_1)\subseteq A_2</math> oder <math>A_2\subseteq \tau( A_1)</math> gilt.
* Die Räume <math>A_1</math> und <math>A_2</math> sind parallel, wenn es eine [[Parallelverschiebung]] <math>\tau</math> des affinen Raumes <math>A</math> gibt, so dass <math>\tau(A_1)\subseteq A_2</math> oder <math>A_2\subseteq \tau( A_1)</math> gilt.
Vektoriell geschrieben entspricht <math>\tau</math> einem Verschiebungsvektor <math>\vec{v}\in K^n</math> (es kann zum Beispiel <math>\vec{v}=\overrightarrow{P_1P_2}</math> aus der ersten Darstellung gewählt werden) und die Aussage lautet dann
Vektoriell geschrieben entspricht <math>\tau</math> einem Verschiebungsvektor <math>\vec{v}\in K^n</math> (es kann zum Beispiel <math>\vec{v}=\overrightarrow{P_1P_2}</math> aus der ersten Darstellung gewählt werden) und die Aussage lautet dann
* Die Räume <math>A_1</math> und <math>A_2</math> sind parallel, wenn es eine Verschiebung <math>\vec{v}\in K^n</math> gibt, so dass <math>A_1+\vec{v}\subseteq A_2</math> oder <math>A_2\subseteq A_1+\vec{v}</math> gilt.
* Die Räume <math>A_1</math> und <math>A_2</math> sind parallel, wenn es eine Verschiebung <math>\vec{v}\in K^n</math> gibt, so dass <math>A_1+\vec{v}\subseteq A_2</math> oder <math>A_2\subseteq A_1+\vec{v}</math> gilt.
Meistens wird diese sehr allgemeine Definition auf affine Teilräume beschränkt, die mindestens eindimensional sind, da sonst im Sinne der Definition die leere Menge und einpunktige Mengen zu jedem beliebigen Teilraum parallel wären.<ref>{{Internetquelle |url=https://users.fmi.uni-jena.de/~matveev/Lehre/LA10/vorlesung6_ausdruck.pdf |titel=Affine Geometrie – Vorlesung der Uni Jena |format=PDF; 94&nbsp;kB |werk=fmi.uni-jena.de |abruf=2024-06-05}}</ref>
Meistens wird diese sehr allgemeine Definition auf affine Teilräume beschränkt, die mindestens eindimensional sind, da sonst im Sinne der Definition die leere Menge und einpunktige Mengen zu jedem beliebigen Teilraum parallel wären.<ref>{{Internetquelle |url=https://users.fmi.uni-jena.de/~matveev/Lehre/LA10/vorlesung6_ausdruck.pdf |titel=Affine Geometrie – Vorlesung der Uni Jena |werk=fmi.uni-jena.de |format=PDF; 94&nbsp;kB |abruf=2024-06-05}}</ref>


=== Eigenschaften ===
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Die Idee des parallelen Verlaufs wird auch in anderen Situationen verwendet, wobei meist die Charakterisierung durch den konstanten Abstand übertragen wird.
Die Idee des parallelen Verlaufs wird auch in anderen Situationen verwendet, wobei meist die Charakterisierung durch den konstanten Abstand übertragen wird.


* Bei einer [[Parallelverschiebung]] wird jeder Punkt um einen „konstanten Betrag in dieselbe Richtung“ verschoben<br /> (in Vektorräumen: <math> x \mapsto x+a </math>).<ref>{{Internetquelle |url=https://mathworld.wolfram.com/Translation.html |titel=Translation |werk=mathworld.wolfram.com |hrsg=Wolfram MathWorld |sprache=en |abruf=2024-06-05}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://mathforum.org/sum95/suzanne/symsusan.html |titel=The Four Types of Symmetry in the Plane |titelerg=Vier Arten der Symmetrie |werk=mathforum.org |sprache=en |offline=1 |archiv-url=http://web.archive.org/web/20150901102735/http://mathforum.org/sum95/suzanne/symsusan.html |archiv-datum=2015-09-01 |abruf=2024-06-05}}</ref><br /> Somit können auch [[Strecke (Geometrie)|Strecken]] und [[Strahl (Geometrie)|Halbgeraden]] parallel zueinander verlaufen, obwohl diese Sonderfälle durch die euklidische Definition nicht erfasst sind.
* Bei einer [[Parallelverschiebung]] wird jeder Punkt um einen „konstanten Betrag in dieselbe Richtung“ verschoben
* Eine '''[[Parallelkurve]]''' zu einer ebenen Kurve erhält man, indem man in jedem Punkt der Kurve einen konstanten Betrag in Richtung der Normalen in diesem Punkt aufträgt.<br /> (für eine Kurve <math> \gamma(s) \in \mathbb{R}^2 </math> sind das die Kurven <math> \gamma(s) \pm a n(s) </math>, wenn <math> n(s) </math> der normierte Normalvektor zu <math> \gamma(s) </math> ist).<ref>{{Lueger-1904 |Autor=Wölffing |Lemma=Parallelkurven |Band=7 |Seite=33 |zenoID=20006098657}}</ref><br /> (Beispiel: konzentrische Kreise)
: (in Vektorräumen: <math> x \mapsto x+a </math>).<ref>{{Internetquelle |url=https://mathworld.wolfram.com/Translation.html |titel=Translation |werk=mathworld.wolfram.com |hrsg=Wolfram MathWorld |sprache=en |abruf=2024-06-05}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=http://mathforum.org/sum95/suzanne/symsusan.html |titel=The Four Types of Symmetry in the Plane |titelerg=Vier Arten der Symmetrie |werk=mathforum.org |sprache=en |archiv-url=http://web.archive.org/web/20150901102735/http://mathforum.org/sum95/suzanne/symsusan.html |archiv-datum=2015-09-01 |abruf=2024-06-05}}</ref>
* Einen ''Parallelkörper'' zu einem (abgeschlossenen) [[Konvexe Menge|konvexen]] Körper erhält man, wenn man den Körper "um ''r'' vergrößert", d.&nbsp;h., alle Punkte hinzufügt, deren Abstand kleiner oder gleich ''r'' ist, indem man die Vereinigung aller Kugeln mit Radius ''r'' bildet, deren Mittelpunkt in dem Körper liegt.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.lienhard-wimmer.de/geometrie/dipl/node18.html |titel=Parallelkörper und konvexe Körper |werk=lienhard-wimmer.de |abruf=2024-06-05}}</ref><br /> (In Vektorräumen: <math> K + B_r = \{ x + y \mid x \in K , y \in B_r \} </math>, wobei <math> B_r = \{ y \mid \left\|y\right\| \le r \} </math> die Kugel mit Radius ''r'' um den Ursprung ist.)
: Somit können auch [[Strecke (Geometrie)|Strecken]] und [[Strahl (Geometrie)|Halbgeraden]] parallel zueinander verlaufen, obwohl diese Sonderfälle durch die euklidische Definition nicht erfasst sind.
* Zwei Vektoren, welche genau in zueinander entgegengesetzte Richtung zeigen, sind [[Antiparallelität (Vektorrechnung)|antiparallel]].<ref>{{Internetquelle |url=https://mathworld.wolfram.com/Antiparallel.html |titel=Antiparallel |werk=mathworld.wolfram.com |hrsg=Wolfram MathWorld |sprache=en |abruf=2024-06-05}}</ref>
* Eine '''[[Parallelkurve]]''' zu einer ebenen Kurve erhält man, indem man in jedem Punkt der Kurve einen konstanten Betrag in Richtung der Normalen in diesem Punkt aufträgt.
: (für eine Kurve <math> \gamma(s) \in \mathbb{R}^2 </math> sind das die Kurven <math> \gamma(s) \pm a n(s) </math>, wenn <math> n(s) </math> der normierte Normalvektor zu <math> \gamma(s) </math> ist).<ref>{{Internetquelle |url=http://www.zeno.org/nid/20006098657 |titel=Parallelkurven |werk=zeno.org |abruf=2024-06-05}}</ref>
: (Beispiel: konzentrische Kreise)
* Einen ''Parallelkörper'' zu einem (abgeschlossenen) [[Konvexe Menge|konvexen]] Körper erhält man, wenn man den Körper "um ''r'' vergrößert", d.&nbsp;h., alle Punkte hinzufügt, deren Abstand kleiner oder gleich ''r'' ist, indem man die Vereinigung aller Kugeln mit Radius ''r'' bildet, deren Mittelpunkt in dem Körper liegt.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.lienhard-wimmer.de/geometrie/dipl/node18.html |titel=Parallelkörper und konvexe Körper |werk=lienhard-wimmer.de |abruf=2024-06-05}}</ref>
: (In Vektorräumen: <math> K + B_r = \{ x + y \mid x \in K , y \in B_r \} </math>, wobei <math> B_r = \{ y \mid \left\|y\right\| \le r \} </math> die Kugel mit Radius ''r'' um den Ursprung ist.)
* Zwei Vektoren, welche genau in zueinander entgegengesetzte Richtung zeigen, sind [[Antiparallelität (Vektorrechnung)|antiparallel]].<ref>{{Internetquelle |url=https://mathworld.wolfram.com/Antiparallel.html |titel=Antiparallel |werk=mathworld.wolfram.com | hrsg=Wolfram MathWorld |sprache=en |abruf=2024-06-05}}</ref>
* In [[Laguerre-Ebene|Laguerre-Ebenen]] und [[Minkowski-Ebene|Minkowski-Ebenen]] gibt es ''parallele Punkte''. Das sind Punkte, die nicht durch einen Zykel (Parabel bzw. Hyperbel) verbunden werden können.
* In [[Laguerre-Ebene|Laguerre-Ebenen]] und [[Minkowski-Ebene|Minkowski-Ebenen]] gibt es ''parallele Punkte''. Das sind Punkte, die nicht durch einen Zykel (Parabel bzw. Hyperbel) verbunden werden können.



Aktuelle Version vom 15. Juli 2024, 01:23 Uhr

Parallele Geraden in der Ebene aus 3 Parallelscharen
Parallele Geraden und Ebenen im Raum

In der euklidischen Geometrie definiert man: Zwei Geraden sind parallel, wenn sie in einer Ebene liegen und einander nicht schneiden. Außerdem setzt man fest, dass jede Gerade zu sich selbst parallel sein soll. Zwei Geraden werden als echt parallel bezeichnet, wenn sie parallel, aber nicht identisch sind.[1]

Häufig wird von echt parallelen Geraden gesagt, dass sie einander „im Unendlichen“ schneiden. Diese Aussage bekommt einen präzisen Sinn, wenn der euklidische Raum zu einem projektiven Raum erweitert wird.

Im dreidimensionalen euklidischen Raum gilt ferner:

  • Zwei Geraden, die nicht in einer Ebene liegen, werden windschief genannt (auch sie haben keinen Schnittpunkt, sind aber nicht parallel).
  • Eine Gerade ist parallel zu einer Ebene, wenn sie ganz in dieser Ebene liegt oder diese nicht schneidet.
  • Zwei Ebenen sind parallel, wenn sie zusammenfallen oder einander nicht schneiden. Man spricht von Parallelebenen.[2]

Analoge Sprechweisen gelten für euklidische und affine Geometrien in beliebiger Dimension und für die analytische Geometrie (die Geometrie in euklidischen Vektorräumen). Insbesondere sind zwei Geraden in einem Vektorraum parallel, wenn ihre Richtungsvektoren linear abhängig (oder proportional) sind.[3]

Eigenschaften

Parallelenaxiom
Konstruktion der Parallele durch mit Zirkel und Lineal durch Konstruktion einer Raute

In der ebenen euklidischen und affinen Geometrie gilt:

  • Zu jeder Geraden und jedem Punkt, der nicht auf der Geraden liegt, gibt es genau eine Gerade, die zur gegebenen Geraden parallel ist und durch den gegebenen Punkt geht (die Parallele durch diesen Punkt).

Diese Aussage wird das Parallelenaxiom genannt, da sie bei einem axiomatischen Aufbau der euklidischen Geometrie als Axiom benötigt wird. In der analytischen Geometrie (Geometrie in euklidischen Vektorräumen) ist sie hingegen beweisbar (also ein Satz). In affinen Räumen beliebiger Dimension gilt:

  • Die Beziehung „parallel“ zwischen Geraden bildet eine Äquivalenzrelation, die Geraden lassen sich also aufteilen in Äquivalenzklassen zueinander paralleler Geraden. Eine solche Äquivalenzklasse wird als Parallelenschar bezeichnet und bildet ein spezielles Büschel.
  • Fügt man einem affinen Raum für jede Parallelenschar einen "unendlich fernen" (auch "uneigentlichen") Punkt (Fernpunkt) hinzu, in dem sich dann je zwei Geraden der Schar schneiden, erhält man einen projektiven Raum als projektiven Abschluss des affinen Raumes.

In der euklidischen Geometrie gilt ferner bei beliebiger Dimension des Raumes:

  • Bei parallelen Geraden  und ist der Abstand aller Punkte von zur Geraden  konstant (und umgekehrt), die Geraden sind also immer gleich weit voneinander entfernt. Entsprechendes gilt für parallele Ebenen.

Außerhalb der euklidischen Geometrie gilt: Ersetzt man das Parallelenaxiom durch die Forderung Zu jeder Geraden und jedem Punkt, der nicht auf der Geraden liegt, gibt es mindestens zwei Geraden durch den Punkt, welche die gegebene Gerade nicht schneiden, so erhält man eine nichteuklidische Geometrie, nämlich die hyperbolische.

Verallgemeinerung für affine Räume

In einem -dimensionalen affinen Raum über einem Körper können affine Teilräume als Nebenklassen von linearen Teilräumen des zu gehörenden Koordinatenvektorraums beschrieben werden. Dann ist und . Man definiert nun:

  • Die Räume und sind parallel, wenn oder gilt.

Allein mit geometrischen Begriffen kann Parallelität gleichwertig so definiert werden:

  • Die Räume und sind parallel, wenn es eine Parallelverschiebung des affinen Raumes gibt, so dass oder gilt.

Vektoriell geschrieben entspricht einem Verschiebungsvektor (es kann zum Beispiel aus der ersten Darstellung gewählt werden) und die Aussage lautet dann

  • Die Räume und sind parallel, wenn es eine Verschiebung gibt, so dass oder gilt.

Meistens wird diese sehr allgemeine Definition auf affine Teilräume beschränkt, die mindestens eindimensional sind, da sonst im Sinne der Definition die leere Menge und einpunktige Mengen zu jedem beliebigen Teilraum parallel wären.[4]

Eigenschaften

  • Die verallgemeinerte Parallelität ist auf der Menge der -dimensionalen Teilräume eines -dimensionalen affinen Raumes (für festes ) eine Äquivalenzrelation. Eine Äquivalenzklasse wird als Parallelenschar von Ebenen, speziell für als Parallelenschar von Hyperebenen bezeichnet.
  • In der Sprache der projektiven Geometrie besteht eine solche Parallelenschar von -dimensionalen Ebenen aus allen Ebenen, die sich in einem -dimensionalen (projektiven) Teilraum der Fernhyperebene schneiden. Daher spricht man auch von einem Ebenenbüschel. (Zu den Begriffen Bündel und Büschel in der projektiven Geometrie siehe Projektiver Raum#Projektiver Teilraum.)
  • Auf der Menge aller affinen Teilräume (beliebiger Dimension ) ist die Parallelität zwar symmetrisch und reflexiv, aber für nicht transitiv, also im Allgemeinen keine Äquivalenzrelation.

Verwandte Begriffe

Parallele Geraden und Kurve

Die Idee des parallelen Verlaufs wird auch in anderen Situationen verwendet, wobei meist die Charakterisierung durch den konstanten Abstand übertragen wird.

  • Bei einer Parallelverschiebung wird jeder Punkt um einen „konstanten Betrag in dieselbe Richtung“ verschoben
    (in Vektorräumen: ).[5][6]
    Somit können auch Strecken und Halbgeraden parallel zueinander verlaufen, obwohl diese Sonderfälle durch die euklidische Definition nicht erfasst sind.
  • Eine Parallelkurve zu einer ebenen Kurve erhält man, indem man in jedem Punkt der Kurve einen konstanten Betrag in Richtung der Normalen in diesem Punkt aufträgt.
    (für eine Kurve sind das die Kurven , wenn der normierte Normalvektor zu ist).[7]
    (Beispiel: konzentrische Kreise)
  • Einen Parallelkörper zu einem (abgeschlossenen) konvexen Körper erhält man, wenn man den Körper "um r vergrößert", d. h., alle Punkte hinzufügt, deren Abstand kleiner oder gleich r ist, indem man die Vereinigung aller Kugeln mit Radius r bildet, deren Mittelpunkt in dem Körper liegt.[8]
    (In Vektorräumen: , wobei die Kugel mit Radius r um den Ursprung ist.)
  • Zwei Vektoren, welche genau in zueinander entgegengesetzte Richtung zeigen, sind antiparallel.[9]
  • In Laguerre-Ebenen und Minkowski-Ebenen gibt es parallele Punkte. Das sind Punkte, die nicht durch einen Zykel (Parabel bzw. Hyperbel) verbunden werden können.

Verallgemeinerungen für endliche Geometrien

In der endlichen Geometrie wird das Konzept der Parallelität (als Äquivalenzrelation) in allgemeinerer Form auch für Blockpläne definiert. Endliche affine und projektive Geometrien können als spezielle Blockpläne aufgefasst werden. Die Einteilung der „Geraden“, die in der endlichen Geometrie auch als „Blöcke“ bezeichnet werden, in „Parallelenscharen“ wird in der Theorie der Blockpläne zum Konzept der Auflösung eines Blockplans verallgemeinert. Eine weitere Verallgemeinerung der Auflösung ist das Konzept der taktischen Zerlegung.

Siehe auch

Andere Lagebeziehungen von Geraden sind:

Einzelnachweise

  1. Manfred Andrie, Paul Meier: Lineare Algebra und Geometrie für Ingenieure: Eine anwendungsbezogene Einführung mit Übungen. 3. Auflage. Springer, 2013, ISBN 978-3-642-95798-7, S. 202; books.google.de
  2. Ebenenparallelität. In: rither.de. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  3. Parallelität von Vektoren. In: mathe-online.at. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  4. Affine Geometrie – Vorlesung der Uni Jena. (PDF; 94 kB) In: fmi.uni-jena.de. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  5. Translation. In: mathworld.wolfram.com. Wolfram MathWorld, abgerufen am 5. Juni 2024 (englisch).
  6. The Four Types of Symmetry in the Plane. Vier Arten der Symmetrie. In: mathforum.org. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. September 2015; abgerufen am 5. Juni 2024 (englisch).
  7. Wölffing: Parallelkurven. In: Luegers Lexikon der gesamten Technik. 2. Auflage. Band 7. Deutsche Verlags-Anstalt, Leipzig / Stuttgart 1909, S. 33 (Digitalisat. zeno.org).
  8. Parallelkörper und konvexe Körper. In: lienhard-wimmer.de. Abgerufen am 5. Juni 2024.
  9. Antiparallel. In: mathworld.wolfram.com. Wolfram MathWorld, abgerufen am 5. Juni 2024 (englisch).