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{{Infobox Sprache
'''Pali''' (पाऴि, Pāḷi; [[ISO_639#ISO_639-2|Sprachkennung]]: 'pi' oder 'pli'<ref>[http://www.loc.gov/standards/iso639-2/php/code_changes.php Codes for the Representation of Names of Languages ISO 639.1, 639.2]</ref>) heißt eigentlich „der Text“ oder „die Zeile“. Pali ist eine mittelindische Sprache, die aus dem [[Vedisch]]en hervorgegangen und somit ein enger Verwandter des klassischen [[Sanskrit]] ist. Ob Pali jemals eine gesprochene Sprache war, gilt als umstritten. Heute wird es eher als [[Literatursprache]] eingestuft. Pali gehört zu den [[Prakrit]]-Sprachen.
| Sprache = Pali
| Länder = Indien
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| Klassifikation =
* [[Indogermanische Sprachen|Indogermanisch]]
*: [[Indoiranische Sprachen|Indoiranisch]]
*:: [[Indoarische Sprachen|Indoarisch]]
*::: [[Prakrit]]
*:::: '''Pali'''
| KeineAutoSprachzeile = ja
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'''Pali''' ({{lang|pi|පාලි|pāli|de=der Text}} „die Zeile“) ist eine [[Indoarische Sprachen#Mittelindoarische Sprachen|mittelindoarische Sprache]]. Ob Pali jemals eine gesprochene Sprache war, ist umstritten. Heute wird es eher als [[Literatursprache]] eingestuft. Pali gehört zu den [[Prakrit]]-Sprachen. Heutzutage wird Pali als [[Sakralsprache]] im südostasiatischen Buddhismus verwendet.


== Pali und Buddhismus ==
== Pali und Buddhismus ==
Pali steht in engem Zusammenhang mit dem Buddhismus. Während der ersten Phase des Buddhismus (etwa 500 v.&nbsp;Chr. bis 1. Jahrhundert v.&nbsp;Chr.) bildete sich der Kern der buddhistischen Schriften des [[Theravada]] heraus. Während dieser Zeit wurden die heiligen Texte mündlich überliefert. Der Buddha hat vermutlich in [[Ardhamagadhi]] gelehrt; von den historischen Worten des Buddha ist jedoch nichts erhalten. Von dem, was der alte Kanon war, existieren nur Übersetzungen in anderen Sprachen, unter anderem Sanskrit und Pali. Vollständig liegt nur noch der [[Pali-Kanon]] vor, der im 1. Jahrhundert v.&nbsp;Chr. schriftlich aufgezeichnet wurde.
Pali steht in engem Zusammenhang mit dem [[Buddhismus]]. Während der ersten Phase des Buddhismus (etwa 500 v.&nbsp;Chr. bis 1. Jahrhundert v.&nbsp;Chr.) bildete sich das Korpus der frühbuddhistischen Schriften heraus. Während dieser Zeit wurden die „Texte“ mündlich im Kollektiv überliefert. [[Siddhartha Gautama]], der Buddha, hat vermutlich in [[Ardhamagadhi]] gelehrt; von den historischen Worten des Buddha ist jedoch nichts erhalten. Von dem, woraus diese ersten Anthologisierungen seiner Darlegungen bestanden, existieren nur Übersetzungen in andere Sprachen vornehmlich ins Pali und etwas später in eine hybride Form des [[Sanskrit]]. Das vollständigste Korpus frühbuddhistischer Überlieferung liegt in den Pali Suttas, dem Vinaya und den ältesten Teilen des Abhidhamma vor. (Diese werden von der beträchtlich späteren Schule des [[Theravada|Theravāda]] als [[Pali-Kanon]] bezeichnet.) Die Pali-Textsammlung wurde zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. in ''Ceylon'' (dem heutigen [[Sri Lanka]]) in [[Singhalesische Schrift|singhalesischen Schriftzeichen]] aufgezeichnet.<ref>Vgl. etwa [[Ludwig Alsdorf]]: ''Die Āryā-Strophen des Pali-Kanons, metrisch hergestellt und textgeschichtlich untersucht'' (= ''Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz.'' Jahrgang 1967, Nr. 4).</ref> Eine Reihe von Pali-Text-Zitaten sind auf [[Ashoka]]s Edikten zu finden und stellen die bislang frühesten schriftlichen Text-Zeugen des Pali dar.


Pali ist auch heute noch im südostasiatischen Raum eine [[Sakralsprache]] und ähnelt in seiner Bedeutung dem [[Kirchenlatein]] Westeuropas oder dem [[Kirchenslawisch]] Russlands. Auch heute noch verfassen gebildete Mönche religiöse Texte auf Pali, um sie der internationalen Mönchsgemeinde (vor allem in [[Myanmar]], [[Thailand]] und [[Sri Lanka]]) zugänglich zu machen.
Pali ist auch heute noch im südostasiatischen Raum eine [[Sakralsprache]] und ähnelt in seiner Bedeutung dem [[Kirchenlatein]] Westeuropas oder dem [[Kirchenslawisch]] Russlands. Auch heute noch verfassen gebildete [[Mönchtum|Mönche]] religiöse Texte auf Pali, um sie der internationalen Mönchsgemeinde (vor allem in [[Myanmar]], [[Thailand]] und [[Sri Lanka]]) zugänglich zu machen.


== Sanskrit und Pali ==
== Sanskrit und Pali ==
Sanskrit und Pali weisen im Vokabular viele Ähnlichkeiten auf. Bemerkenswert ist auch die ähnliche Grundstruktur in der Grammatik (drei [[Genus|Geschlechter]], Funktion der [[Kasus]], [[Tempus|Tempora]], [[Modus (Grammatik)|Modi]] usw.).
Sanskrit und Pali weisen im Vokabular viele Ähnlichkeiten auf. Bemerkenswert ist auch die ähnliche Grundstruktur in der Grammatik (drei [[Genus|Geschlechter]], Funktion der [[Kasus]], [[Tempus|Tempora]], [[Modus (Grammatik)|Modi]] usw.). Im Pali als auch im Sanskrit sind alle acht Fälle der [[Indogermanische Sprachfamilie|indogermanischen]] Ursprache erhalten geblieben: [[Nominativ]], [[Vokativ]], [[Akkusativ]], [[Instrumentalis]], [[Dativ]], [[Ablativ]], [[Genitiv]] und [[Lokativ]]. Den [[Dual (Grammatik)|Dual]] des Sanskrit gibt es im Pali nicht.


Sanskrit und Pali sind phonetisch ähnlich. Die beiden sch-Laute des Sanskrit (ś, ṣ) kommen jedoch im Pali nicht vor, ebenso wenig vokalische r und l oder die Diphthonge ai und au. Zusätzlich verwendet Pali kurze e und o als Gegenstücke zu den langen ē und ō des Sanskrit. An der Stelle von Konsonantenverbindungen im Sanskrit stehen im Pali Einfach- oder Doppelkonsonanten (zum Beispiel Sanskrit ''nirvāṇa'', Pali ''nibbāna'').
Im Pali sind (wie im Sanskrit) alle acht Fälle der [[Indogermanische Sprachfamilie|indogermanischen]] Ursprache erhalten geblieben: [[Nominativ]], [[Vokativ]], [[Akkusativ]], [[Instrumentalis]], [[Dativ]], [[Ablativ]], [[Genitiv]] und [[Lokativ]]. Den [[Dual (Grammatik)|Dual]] des Sanskrit gibt es nicht.


Trotz seiner Ähnlichkeiten zum [[Rigveda|rigvedischen]] Sanskrit weist es morphonologische und lexikalische Unterschiede auf, die darauf hindeuten, dass es von einem oder mehreren Dialekten abstammt, die sich vom rigvedischen Sanskrit unterschieden.<ref>{{Literatur |Autor=Thomas Oberlies |Titel=Pāli: A Grammar of the Language of the Theravāda Tipiṭaka |Sammelwerk=Indian Philology and South Asian Studies |Band=3 |Verlag=Walter de Gruyter |Ort=Berlin |Datum=2001 |ISBN=3-11-016763-8 |Seiten=6}}</ref>
Sanskrit und Pali sind phonetisch ähnlich. Die beiden sch-Laute des Sanskrit (ś, ṣ) kommen jedoch im Pali nicht vor, ebenso wenig vokalische r und l oder die Diphthonge ai und au. Zusätzlich verwendet Pali kurze e und o als Gegenstücke zu den langen ē und ō des Sanskrit. An der Stelle von Konsonantenverbindungen im Sanskrit stehen im Pali Einfach- oder Doppelkonsonanten (zum Beispiel Sanskrit ''Nirvana'', Pali ''Nibbana'').


== Forschungsgeschichte ==
== Forschungsgeschichte ==
[[Datei:Ashoka Edict Girnaar1.png|miniatur|Kopie der Ashoka-Inschrift von Girnar. (In [[Brahmi-Schrift]] verfasst.)]]
[[Datei:Ashoka Edict Girnaar1.png|mini|Kopie der Ashoka-Inschrift von Girnar (in [[Brahmi-Schrift]] verfasst)]]
[[T. W. Rhys Davids]] vermutete, dass es sich bei Pali um die Sprache des Königreichs [[Kosala]] handele, zu dessen Bereich auch das Königreich Shakya gehörte, die Heimat des späteren [[Buddha]] [[Siddhartha Gautama|Siddhātta Gotama]]. [[Niels Ludwig Westergaard|Westergaard]] und [[Ernst Wilhelm Adalbert Kuhn|Kuhn]]<ref>[http://books.google.ch/books?id=yxbHMM5sfpAC&pg=PR8&lpg=PR8&dq=westergaard+kuhn+pali&source=bl&ots=HjXD5iDp3j&sig=fwwcTP8QoDBVfVtemtwD0ouwvI0&hl=de&ei=LhDoTMbOI8H3sgbZ8oTFCw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=10&ved=0CFQQ6AEwCQ#v=onepage&q=westergaard%20kuhn%20pali&f=false Niels Ludwig Westergaard and Ernst Wilhelm Adalbert Kuhn, in ''A simplified grammar of the Pali language'']</ref> sahen im Pali den Dialekt von Ujjayini, dem heutigen Ujjain ([[Madhya Pradesh]]), weil Pali der Sprache der [[Ashoka]]-Inschriften von Girnar ([[Gujarat]]) am nächsten stehe und weil [[Mahinda]] (273-236 v. Chr., Sohn des Ashoka), der um 250 v.&nbsp;Chr. den Buddhismus auf [[Sri Lanka]] verkündigte, als Muttersprache den Dialekt von Ujjayini gehabt habe.
[[T. W. Rhys Davids]] vermutete, dass es sich bei Pali um die Sprache des Königreichs [[Kosala]] handele, zu dessen Bereich auch das Königreich Shakya gehörte, die Heimat des späteren [[Buddha]] [[Siddhartha Gautama|Siddhātta Gotama]]. [[Niels Ludvig Westergaard]] und [[Ernst Kuhn (Indologe)|Ernst Kuhn]]<ref>Niels Ludvig Westergaard, Ernst Kuhn: [http://books.google.ch/books?id=yxbHMM5sfpAC&pg=PR8&lpg=PR8&dq=westergaard+kuhn+pali&source=bl&ots=HjXD5iDp3j&sig=fwwcTP8QoDBVfVtemtwD0ouwvI0&hl=de&ei=LhDoTMbOI8H3sgbZ8oTFCw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=10&ved=0CFQQ6AEwCQ#v=onepage&q=westergaard%20kuhn%20pali&f=false ''A simplified grammar of the Pali language''.]</ref> sahen im Pali den Dialekt von Ujjayini, dem heutigen [[Ujjain]] ([[Madhya Pradesh]]), weil Pali der Sprache der [[Ashoka]]-Inschriften von Girnar ([[Gujarat]]) am nächsten stehe und weil [[Mahinda]] (273–236 v. Chr., Sohn des Ashoka), der um 250 v.&nbsp;Chr. den Buddhismus auf [[Sri Lanka]] verkündigte, als Muttersprache den Dialekt von Ujjayini gehabt habe.


== Pali und Magadhi ==
== Pali und Magadhi ==
Auf Sri Lanka und in den anderen Ländern des Theravada-Buddhismus nahm man an, dass Pali identisch mit Magadhi sei, der Sprache der Gegend, in der der Buddhismus entstand, d.h. der Gegend des heutigen [[Patna]]. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass es sich um zwei verschiedene Dialekte handelt (siehe [[Prakrit]]). Zusätzlich sind in das Pali auf Sri Lanka später eine Reihe [[Singhalesische Sprache|singhalesischer]] Wörter eingedrungen, ebenso in den anderen Ländern des Theravada-Buddhismus Wörter der dortigen Landessprachen; diesen Effekt teilt Pali mit den meisten Sakralsprachen der Welt.
Auf Sri Lanka und in den anderen Ländern des Theravada-Buddhismus nahm man an, dass Pali identisch mit Magadhi sei, der Sprache der Gegend, in der der Buddhismus entstand, d.&nbsp;h. der Gegend des heutigen [[Patna]]. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass es sich um zwei verschiedene Dialekte handelt (siehe [[Prakrit]]). Zusätzlich sind in das Pali auf Sri Lanka später eine Reihe [[Singhalesische Sprache|singhalesischer]] Wörter eingedrungen, ebenso in den anderen Ländern des Theravada-Buddhismus Wörter der dortigen Landessprachen; diesen Effekt teilt Pali mit den meisten Sakralsprachen der Welt.


== Schrift ==
== Schrift ==
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=== Thailand ===
=== Thailand ===
In Thailand wurden sakrale Texte lange Zeit in der Khom-Schrift ([[Khmer-Schrift]]) geschrieben. Prinz [[Vajirananavarorasa]], ein Sohn König [[Mongkut]]s ''(Rama IV.)'', entwickelte ein System, korrektes Pali mit der [[Thailändische Schrift|thailändischen Schrift]] zu schreiben. Die Konsonanten und Vokale unterscheiden sich dabei kaum von der gebräuchlichen thailändischen Schrift, jedoch gelten andere Regeln für die Lesart. Die Lesart orientiert sich wieder am Ursprung der thailändischen Schrift, der indischen [[Brahmi-Schrift]]. Mit einer kleinen Abwandlung wird dieses System auch heute noch im sakralen Bereich und vor allem im Pali-Studium benutzt. In den Büchern für die Rezitation im Tempel wird der Pali-Text für die thailändischen Laien meist auf die für sie gewohnte Art und Weise geschrieben, also ohne Verwendung von Sonderzeichen und mit Ausschreiben des kurzen A, das nach der Brahmi-Lesart einem Konsonanten automatisch [[Inhärenter Vokal|inhärent]] ist, wenn er nicht durch ein Sonderzeichen ausgeschaltet oder durch ein anderes Vokal-Diakritikum (Vokalzeichen) ersetzt wird.
In Thailand wurden sakrale Texte lange Zeit in der [[Khom-Thai-Schrift|Khom-Schrift]] ([[Khmer-Schrift]]) geschrieben. Prinz [[Vajirananavarorasa]], ein Sohn König [[Mongkut]]s ''(Rama IV.)'', entwickelte ein System, korrektes Pali mit der [[Thailändische Schrift|thailändischen Schrift]] zu schreiben. Die Konsonanten und Vokale unterscheiden sich dabei kaum von der gebräuchlichen thailändischen Schrift, jedoch gelten andere Regeln für die Lesart. Die Lesart orientiert sich wieder am Ursprung der thailändischen Schrift, der indischen [[Brahmi-Schrift]]. Mit einer kleinen Abwandlung wird dieses System auch heute noch im sakralen Bereich und vor allem im Pali-Studium benutzt. In den Büchern für die Rezitation im Tempel wird der Pali-Text für die thailändischen Laien meist auf die für sie gewohnte Art und Weise geschrieben, also ohne Verwendung von Sonderzeichen und mit Ausschreiben des kurzen A, das nach der Brahmi-Lesart einem Konsonanten automatisch [[Inhärenter Vokal|inhärent]] ist, wenn er nicht durch ein Sonderzeichen ausgeschaltet oder durch ein anderes Vokal-Diakritikum (Vokalzeichen) ersetzt wird.


Obwohl die thailändische Schrift auf der indischen Brahmi-Schrift basiert und alle Konsonantenzeichen aus dem Indischen bewahrt hat, haben der unterschiedliche Phonembestand des Thai sowie der Lautwandel dazu geführt, dass Pali aus thailändischem Mund anders klingt, als es Ausspracheregeln für indische Sprachen vermuten lassen.
Obwohl die thailändische Schrift auf der indischen Brahmi-Schrift basiert und alle Konsonantenzeichen aus dem Indischen bewahrt hat, haben der unterschiedliche Phonembestand des Thai sowie der Lautwandel dazu geführt, dass Pali aus thailändischem Mund anders klingt, als es Ausspracheregeln für indische Sprachen vermuten lassen.
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== Literarische Zeugnisse ==
== Literarische Zeugnisse ==
=== Die Chroniken Sri Lankas ===
=== Die Chroniken Sri Lankas ===
''Mahāvaṃsa'' („Große Chronik“) und ''Dīpavaṃsa'' („Chronik der Insel“) sind die auf Pali abgefassten Chroniken der Singhalesen. Der Mahavamsa ist eine über tausend Jahre mündlich überlieferte und schließlich vom buddhistischen Mönch Mahānāma aufgeschriebene Chronik. Der Dipavamsa wurde vermutlich seit dem 4.&nbsp;Jhd. v.&nbsp;Chr. verfasst. Mahānāma verfasste den Mahavamsa in der Zeit des Königs Mahāsēna (274–301). Die erste Fortsetzung des Mahavamsa wurde von einem Dichter namens Dhammakitti verfasst, der zur Zeit des Königs Parakrāmabāhu I (1153–1186) lebte. Eine zweite Fortsetzung reicht bis in die Zeit des Parākramabāhu IV (1302–1326), und der abschließende Teil behandelt die Geschichte der Insel bis zur Zeit des Königs Kīrti Srī Rājasiṃha (1747–1781). Die Mahavamsa kann nicht als eine historisch sichere Quelle angesehen werden, da diese unter anderem besagt, dass die Eltern des Gründervaters der Singhalesen, Vijayan, Kinder von einem Löwen und einer Palifrau wären. Der Indologe [[Wilhelm Geiger]] legte 1908 die maßgebliche, kritische Edition des Mahāvaṃsa und 1912 eine Übersetzung ins Englische vor.<ref>[http://lakdiva.org/mahavamsa/ lakdiva.org]</ref>
''Mahāvaṃsa'' („Große Chronik“) und ''Dīpavaṃsa'' („Chronik der Insel“) sind die auf Pali abgefassten Chroniken der Singhalesen. Der Mahavamsa ist eine über tausend Jahre mündlich überlieferte und schließlich vom buddhistischen Mönch Mahānāma aufgeschriebene Chronik. Der Dipavamsa wurde vermutlich seit dem 4.&nbsp;Jh. v.&nbsp;Chr. verfasst. Mahānāma verfasste den Mahavamsa in der Zeit des Königs Mahāsēna (274–301). Die erste Fortsetzung des Mahavamsa wurde von einem Dichter namens Dhammakitti verfasst, der zur Zeit des Königs Parakrāmabāhu I (1153–1186) lebte. Eine zweite Fortsetzung reicht bis in die Zeit des Parākramabāhu IV (1302–1326), und der abschließende Teil behandelt die Geschichte der Insel bis zur Zeit des Königs Kīrti Srī Rājasiṃha (1747–1781). Die Mahavamsa kann nicht als eine historisch sichere Quelle angesehen werden, da diese unter anderem besagt, dass die Eltern des Gründervaters der Singhalesen, Vijayan, Kinder von einem Löwen und einer Palifrau wären.
=== Übersetzungen ===
Der Indologe [[Wilhelm Geiger (Sprachwissenschaftler)|Wilhelm Geiger]] legte 1908 die maßgebliche, kritische Edition des Mahāvaṃsa und 1912 eine Übersetzung ins Englische vor.<ref>[http://lakdiva.org/mahavamsa/ lakdiva.org]</ref>

[[Nyanatiloka]] hat zahlreiche Texte ins Deutsche übersetzt.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Achim Fahs: ''Grammatik des Pali.'' Leipzig (2. korr. Auflage), 1989, ISBN 3-324-00284-2.
* Achim Fahs: ''Grammatik des Pali.'' Leipzig (2. korr. Auflage), 1989, ISBN 3-324-00284-2.
* Thomas Oberlies: ''Pāli - A Grammar of the Language of the Theravāda Tipitaka.'' Hamburg 2001, ISBN 3-11-016763-8.
* Thomas Oberlies: ''Pāli A Grammar of the Language of the Theravāda Tipitaka.'' Hamburg 2001, ISBN 3-11-016763-8.
* Klaus Mylius: ''Wörterbuch Pali-Deutsch - Mit Sanskrit-Index.'' Buske, Hamburg 1997, ISBN 3-87548-393-6.
* Klaus Mylius: ''Wörterbuch Pali-Deutsch Mit Sanskrit-Index.'' Buske, Hamburg 1997, ISBN 3-87548-393-6.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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* [http://studies.worldtipitaka.org/ studies.worldtipitaka.org]
* [http://studies.worldtipitaka.org/ studies.worldtipitaka.org]
* [http://www.palikanon.com/ palikanon.com] deutschsprachige Seite mit verschiedenen Sutten aus dem Palikanon mit einem Online-Wörterbuch;
* [http://www.palikanon.com/ palikanon.com] deutschsprachige Seite mit verschiedenen Sutten aus dem Palikanon mit einem Online-Wörterbuch;
* [http://dsal.uchicago.edu/dictionaries/pali/ The Pali Text Society's ''Pali-English Dictionary'']
* [https://dsalsrv04.uchicago.edu/dictionaries/pali/ The Pali Text Society’s ''Pali-English Dictionary'']
* [http://www.buddhanet.net/pdf_file/ele_pali.pdf ''An Elementary Pali Course'' by Narada Thera] (PDF-Datei; 816 kB)
* [http://www.buddhanet.net/pdf_file/ele_pali.pdf ''An Elementary Pali Course'' by Narada Thera] (PDF; 816&nbsp;kB)
* [http://www.vridhamma.org/Pali-Primar-Online ''The Pali Primer'' von Lily de Silva]
* [http://www.vridhamma.org/Pali-Primar-Online ''The Pali Primer'' von Lily de Silva]
* [http://pali.hum.ku.dk/cpd/ Critical Pāli Dictionary Online]
* [http://pali.hum.ku.dk/cpd/ Critical Pāli Dictionary Online]
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[[Kategorie:Einzelsprache]]
[[Kategorie:Einzelsprache]]
[[Kategorie:Indoarische Sprachen]]
[[Kategorie:Pali| ]]
[[Kategorie:Theravada]]
[[Kategorie:Theravada]]
[[Kategorie:Korpussprache]]

Aktuelle Version vom 23. Februar 2024, 15:07 Uhr

Pali

Gesprochen in

Indien
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639-1

pi

ISO 639-2

pli

ISO 639-3

pli

Pali (පාලි pāli, deutsch ‚der Text‘ „die Zeile“) ist eine mittelindoarische Sprache. Ob Pali jemals eine gesprochene Sprache war, ist umstritten. Heute wird es eher als Literatursprache eingestuft. Pali gehört zu den Prakrit-Sprachen. Heutzutage wird Pali als Sakralsprache im südostasiatischen Buddhismus verwendet.

Pali und Buddhismus

Pali steht in engem Zusammenhang mit dem Buddhismus. Während der ersten Phase des Buddhismus (etwa 500 v. Chr. bis 1. Jahrhundert v. Chr.) bildete sich das Korpus der frühbuddhistischen Schriften heraus. Während dieser Zeit wurden die „Texte“ mündlich im Kollektiv überliefert. Siddhartha Gautama, der Buddha, hat vermutlich in Ardhamagadhi gelehrt; von den historischen Worten des Buddha ist jedoch nichts erhalten. Von dem, woraus diese ersten Anthologisierungen seiner Darlegungen bestanden, existieren nur Übersetzungen in andere Sprachen – vornehmlich ins Pali und etwas später in eine hybride Form des Sanskrit. Das vollständigste Korpus frühbuddhistischer Überlieferung liegt in den Pali Suttas, dem Vinaya und den ältesten Teilen des Abhidhamma vor. (Diese werden von der beträchtlich späteren Schule des Theravāda als Pali-Kanon bezeichnet.) Die Pali-Textsammlung wurde zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. in Ceylon (dem heutigen Sri Lanka) in singhalesischen Schriftzeichen aufgezeichnet.[1] Eine Reihe von Pali-Text-Zitaten sind auf Ashokas Edikten zu finden und stellen die bislang frühesten schriftlichen Text-Zeugen des Pali dar.

Pali ist auch heute noch im südostasiatischen Raum eine Sakralsprache und ähnelt in seiner Bedeutung dem Kirchenlatein Westeuropas oder dem Kirchenslawisch Russlands. Auch heute noch verfassen gebildete Mönche religiöse Texte auf Pali, um sie der internationalen Mönchsgemeinde (vor allem in Myanmar, Thailand und Sri Lanka) zugänglich zu machen.

Sanskrit und Pali

Sanskrit und Pali weisen im Vokabular viele Ähnlichkeiten auf. Bemerkenswert ist auch die ähnliche Grundstruktur in der Grammatik (drei Geschlechter, Funktion der Kasus, Tempora, Modi usw.). Im Pali als auch im Sanskrit sind alle acht Fälle der indogermanischen Ursprache erhalten geblieben: Nominativ, Vokativ, Akkusativ, Instrumentalis, Dativ, Ablativ, Genitiv und Lokativ. Den Dual des Sanskrit gibt es im Pali nicht.

Sanskrit und Pali sind phonetisch ähnlich. Die beiden sch-Laute des Sanskrit (ś, ṣ) kommen jedoch im Pali nicht vor, ebenso wenig vokalische r und l oder die Diphthonge ai und au. Zusätzlich verwendet Pali kurze e und o als Gegenstücke zu den langen ē und ō des Sanskrit. An der Stelle von Konsonantenverbindungen im Sanskrit stehen im Pali Einfach- oder Doppelkonsonanten (zum Beispiel Sanskrit nirvāṇa, Pali nibbāna).

Trotz seiner Ähnlichkeiten zum rigvedischen Sanskrit weist es morphonologische und lexikalische Unterschiede auf, die darauf hindeuten, dass es von einem oder mehreren Dialekten abstammt, die sich vom rigvedischen Sanskrit unterschieden.[2]

Forschungsgeschichte

Kopie der Ashoka-Inschrift von Girnar (in Brahmi-Schrift verfasst)

T. W. Rhys Davids vermutete, dass es sich bei Pali um die Sprache des Königreichs Kosala handele, zu dessen Bereich auch das Königreich Shakya gehörte, die Heimat des späteren Buddha Siddhātta Gotama. Niels Ludvig Westergaard und Ernst Kuhn[3] sahen im Pali den Dialekt von Ujjayini, dem heutigen Ujjain (Madhya Pradesh), weil Pali der Sprache der Ashoka-Inschriften von Girnar (Gujarat) am nächsten stehe und weil Mahinda (273–236 v. Chr., Sohn des Ashoka), der um 250 v. Chr. den Buddhismus auf Sri Lanka verkündigte, als Muttersprache den Dialekt von Ujjayini gehabt habe.

Pali und Magadhi

Auf Sri Lanka und in den anderen Ländern des Theravada-Buddhismus nahm man an, dass Pali identisch mit Magadhi sei, der Sprache der Gegend, in der der Buddhismus entstand, d. h. der Gegend des heutigen Patna. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass es sich um zwei verschiedene Dialekte handelt (siehe Prakrit). Zusätzlich sind in das Pali auf Sri Lanka später eine Reihe singhalesischer Wörter eingedrungen, ebenso in den anderen Ländern des Theravada-Buddhismus Wörter der dortigen Landessprachen; diesen Effekt teilt Pali mit den meisten Sakralsprachen der Welt.

Schrift

Pali hat keine eigene Schrift, sondern wird je nach Land mit verschiedenen örtlichen Schriften geschrieben. In Sri Lanka wurde Pali überwiegend in Sinhala aufgezeichnet, in Myanmar mit der Birmanischen Schrift; beide Schriften stammen von der Brahmi-Schrift ab. Auch sind Pali-Texte in Siddham-Schrift überliefert. Im Westen und in der akademischen Welt überhaupt ist heute die lateinische Schrift üblich geworden (unter Benutzung der Romanisierung der Nationalen Bibliothek von Kalkutta).

Die Aussprache des Pali ist grundsätzlich geprägt durch die Anwendung der gewohnten Ausspracheregeln der verwendeten Schrift oder durch den Lautbestand der jeweiligen Muttersprache des/derjenigen, der/die Pali auswendig rezitiert oder liest.

Thailand

In Thailand wurden sakrale Texte lange Zeit in der Khom-Schrift (Khmer-Schrift) geschrieben. Prinz Vajirananavarorasa, ein Sohn König Mongkuts (Rama IV.), entwickelte ein System, korrektes Pali mit der thailändischen Schrift zu schreiben. Die Konsonanten und Vokale unterscheiden sich dabei kaum von der gebräuchlichen thailändischen Schrift, jedoch gelten andere Regeln für die Lesart. Die Lesart orientiert sich wieder am Ursprung der thailändischen Schrift, der indischen Brahmi-Schrift. Mit einer kleinen Abwandlung wird dieses System auch heute noch im sakralen Bereich und vor allem im Pali-Studium benutzt. In den Büchern für die Rezitation im Tempel wird der Pali-Text für die thailändischen Laien meist auf die für sie gewohnte Art und Weise geschrieben, also ohne Verwendung von Sonderzeichen und mit Ausschreiben des kurzen A, das nach der Brahmi-Lesart einem Konsonanten automatisch inhärent ist, wenn er nicht durch ein Sonderzeichen ausgeschaltet oder durch ein anderes Vokal-Diakritikum (Vokalzeichen) ersetzt wird.

Obwohl die thailändische Schrift auf der indischen Brahmi-Schrift basiert und alle Konsonantenzeichen aus dem Indischen bewahrt hat, haben der unterschiedliche Phonembestand des Thai sowie der Lautwandel dazu geführt, dass Pali aus thailändischem Mund anders klingt, als es Ausspracheregeln für indische Sprachen vermuten lassen.

Literarische Zeugnisse

Die Chroniken Sri Lankas

Mahāvaṃsa („Große Chronik“) und Dīpavaṃsa („Chronik der Insel“) sind die auf Pali abgefassten Chroniken der Singhalesen. Der Mahavamsa ist eine über tausend Jahre mündlich überlieferte und schließlich vom buddhistischen Mönch Mahānāma aufgeschriebene Chronik. Der Dipavamsa wurde vermutlich seit dem 4. Jh. v. Chr. verfasst. Mahānāma verfasste den Mahavamsa in der Zeit des Königs Mahāsēna (274–301). Die erste Fortsetzung des Mahavamsa wurde von einem Dichter namens Dhammakitti verfasst, der zur Zeit des Königs Parakrāmabāhu I (1153–1186) lebte. Eine zweite Fortsetzung reicht bis in die Zeit des Parākramabāhu IV (1302–1326), und der abschließende Teil behandelt die Geschichte der Insel bis zur Zeit des Königs Kīrti Srī Rājasiṃha (1747–1781). Die Mahavamsa kann nicht als eine historisch sichere Quelle angesehen werden, da diese unter anderem besagt, dass die Eltern des Gründervaters der Singhalesen, Vijayan, Kinder von einem Löwen und einer Palifrau wären.

Übersetzungen

Der Indologe Wilhelm Geiger legte 1908 die maßgebliche, kritische Edition des Mahāvaṃsa und 1912 eine Übersetzung ins Englische vor.[4]

Nyanatiloka hat zahlreiche Texte ins Deutsche übersetzt.

Literatur

  • Achim Fahs: Grammatik des Pali. Leipzig (2. korr. Auflage), 1989, ISBN 3-324-00284-2.
  • Thomas Oberlies: Pāli – A Grammar of the Language of the Theravāda Tipitaka. Hamburg 2001, ISBN 3-11-016763-8.
  • Klaus Mylius: Wörterbuch Pali-Deutsch – Mit Sanskrit-Index. Buske, Hamburg 1997, ISBN 3-87548-393-6.

Einzelnachweise

  1. Vgl. etwa Ludwig Alsdorf: Die Āryā-Strophen des Pali-Kanons, metrisch hergestellt und textgeschichtlich untersucht (= Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1967, Nr. 4).
  2. Thomas Oberlies: Pāli: A Grammar of the Language of the Theravāda Tipiṭaka. In: Indian Philology and South Asian Studies. Band 3. Walter de Gruyter, Berlin 2001, ISBN 3-11-016763-8, S. 6.
  3. Niels Ludvig Westergaard, Ernst Kuhn: A simplified grammar of the Pali language.
  4. lakdiva.org