Hans Asmussen

Hans (Christian) Asmussen (* 21. August 1898 in Flensburg; † 30. Dezember 1968 in Speyer) war ein lutherischer Pastor aus Schleswig-Holstein.

Als Pastor der 2. Pfarrstelle der Hauptkirche St. Trinitatis (Altona) (seit 1932) war er einer der Hauptautoren des am 11. Januar 1933 veröffentlichten Wort und Bekenntnis Altonaer Pastoren in der Not und Verwirrung des öffentlichen Lebens, das als Altonaer Bekenntnis in die Geschichte einging. Dieses Bekenntnis war die Reaktion der Pastoren auf den Altonaer Blutsonntag. Es gilt als ein Vorbote der späteren und berühmteren Barmer Theologische Erklärung. Darin setzten sich Kirche und Theologie von den politischen Ideologien, die in der späten Weimarer Republik immer mehr zu heilsversprechenden Systemen wurden, ab. Diese Gruppierung in den evangelischen Kirchen, als „durch Gottes jetzt geschehendes Wort aufgerufene Schar“, distanzierte sich gleichermaßen von nationalsozialistischen, bürgerlichen wie auch von kommunistischen Ideologien. Dies war ein wichtiger Schritt der Vorbereitung für den bald darauffolgenden Kirchenkampf zwischen den Bekennern und den Bestreitern des Nationalsozialismus in den Kirchen. In dieser Zeit (1932/33) publizierte er auch in Wilhelm Stapels Zeitschrift Deutsches Volkstum.

Kirchlicher Widerstand gegen den Nationalsozialismus

Nach dem Sieg der Deutschen Christen bei den Kirchenwahlen 1933 in der schleswig-holsteinischen Landeskirche wurde Asmussen als deren erklärter Gegner suspendiert und 1934 in den vorzeitigen Ruhestand geschickt. Asmussen zog nach Berlin und übernahm führende Aufgaben in der aus dem im September 1933 gegründeten Pfarrernotbund heraus entstehenden Bekennenden Kirche. Er gehörte dem Reichsbruderrat der BK an und wirkte bei der ersten Bekenntnissynode in Barmen 1934 an der Entstehung der Barmer Erklärung mit.

1935 wurde Asmussen Gründer und erster Leiter der am 1. November 1935 eröffneten und am selben Tage verbotenen Kirchlichen Hochschule Berlin-Dahlem, er unterrichtete selbst Praktische Theologie, auch nachdem der sogenannte Himmler-Erlass der Bekennenden Kirche jedwede Ausbildung und Prüfung junger Theologen im August 1937 untersagte. Asmussen war Mitunterzeichner der Denkschrift der Evangelischen Kirche im Frühjahr 1936 und hielt den Trauergottesdienst für den am 19. Februar 1937 im KZ Sachsenhausen ermordeten Kanzleivorsteher und juristischen Berater der Vorläufigen Kirchenleitung Dr. Friedrich Weißler[1]. 1939 wurde gegen Asmussen ein reichsweites Rede- und Predigtverbot verhängt, er stand auf den Fürbittenlisten der BK für die verfolgten Christen[2]. Bis 1941 gehörte Asmussen dem Dozentenkreis und dem Prüfungsgremium an, das unter dem Vorsitz Martin Albertz' theologische Kandidaten examinierte. Im Mai 1941 wurde Asmussen ebenso wie Albertz, Günther Dehn und Vikarin Elisabeth Grauer verhaftet und am 22. Dezember 1941 durch das Berliner Sondergericht I im sogenannten Prüfungsprozeß zu einer Haftstrafe verurteilt[3]. 1943 nahm die württembergische Landeskirche Asmussen auf.

Theologischer, politischer und beruflicher Weg nach 1945

1945 wurde er als Vorsitzender des Bruderrats der EKD gewählt; in dieser Zeit wurde er auch Leiter der Kanzlei der entstehenden EKD unter dem Ratsvorsitzenden Theophil Wurm.

Zu historischer Bedeutung gelangte er auch durch seine Mitwirkung am Stuttgarter Schuldbekenntnis. Es war die erste Erklärung der neugebildeten Evangelischen Kirche in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, die sich zu einer Mitschuld evangelischer Christen an den Verbrechen in der Zeit des Nationalsozialismus bekannte. Sie wurde am 19. Oktober 1945 in Stuttgart verlesen. 1947 überwarf er sich sowohl mit Wurm und dem Rat der EKD, über seine Auffassung zur Rolle des Luthertums innerhalb der EKD, als auch mit dem Bruderrat, wegen seiner Streitigkeiten mit Karl Barth. Von 1949 bis 1955 war er Propst in Kiel.

In einer Stellungnahme gegenüber einer Eingabe der Bekenntnis-Bruderschaften an die Synode seiner Kirche rechtfertigte Asmussen die atomare Bewaffnung im Arsenal der NATO-Staaten:

Wer 'im Namen des Evangeliums' über die Atombombe spricht, kann nicht übersehen, dass die Atombombe eine Strafrute in der Hand Gottes ist.[4]

In seinem letzten Lebensjahrzehnt engagierte er sich sehr für die Ökumene und näherte sich stark der römisch-katholischen Kirche an (siehe Hochkirchliche Bewegung). Asmussen wurde auf dem Parkfriedhof Eichhof bei Kiel beigesetzt.

Werke

  • Die Offenbarung und das Amt. 1932. 2. Aufl. 1934
  • Politik und Christentum. Hanseatische Verlagsanstalt, 1933
  • Christenlehre. 1934. 6. Aufl. 1946
  • Die Seelsorge. Praktisches Handbuch über Seelsorge und Seelenführung. 1934. 4. Aufl. 1937
  • Warum noch Lutherische Kirche? Ein Gespräch mit dem Augsburgischen Bekenntnis. 1949
  • Das Sakrament. 1957
  • Die Heilige Schrift. Sechs Kapitel zum Dogma von der Kirche. Verlag "Die Spur" Herbert Dorbandt, Berlin 1967
  • Leben und Werk, hrsg. v. Friedrich Hübner u.a., Verlag die Spur, Berlin 1973ff. (Band 3: Aufsätze, Teil 1: 1927-1934. 1976 ISBN 3-87126-226-9)

Literatur

  • Herbert Goltzen, Johann Schmidt, Henning Schröer: Art. Asmussen, Hans. In: Theologische Realenzyklopädie 4 (1979), S. 259-265
  • Juha Pihkala: Mysterium Christi. Kirche bei Hans Asmussen seit 1945. Schriften der Luther - Agricola -Gesellschaft A 17. Helsinki 1978 ISBN 951-9047-11-5
  • Enno Konukiewitz: Hans Asmussen, ein lutherischer Theologe im Kirchenkampf. Die Lutherische Kirche, Geschichte und Gestalten 6. (1984) 2. Aufl. Mohn, Gütersloh 1985 ISBN 3-579-00115-9
  • Heidi Ditschke: Hans Asmussen. Theologie und Kirchenpolitik bis zum Altonaer Bekenntnis. Stade 1987
  • Gerhard Besier: Die Auseinandersetzung zwischen Karl Barth und Hans Asmussen - ein Paradigma für die konfessionelle Problematik innerhalb des Protestantismus? In: Berliner Theologische Zeitschrift 6 (1988), 103-123
  • Wolfgang Lehmann: Hans Asmussen. Ein Leben für die Kirche. Mit 21, teils farbigen Abbildungen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1988 ISBN 3-525-55406-0
  • Josef Außermair: Konkretion und Gestalt. „Leiblichkeit“ als wesentliches Element eines sakramentalen Kirchenverständnisses am Beispiel der ekklesiologischen Ansätze Paul Tillichs, Dietrich Bonhoeffers und Hans Asmussens unter ökumenischem Gesichtspunkt. Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien 67. Bonifatius, Paderborn 1997 ISBN 3-87088-875-X
  • Karl Hauschildt: Hans Asmussen (1898 - 1968). Ein lutherischer Theologe im Kirchenkampf. Erinnerungen und Vermächtnis. Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis, Hamburg 1998
  • Josef Außermair (Hrsg.): Hans Asmussen im Kontext heutiger ökumenischer Theologie. Studien zur systematischen Theologie und Ethik 24. Münster 2001 ISBN 3-8258-4852-3
  • Reinhard Staats: Hans Asmussen und der deutsche Antisemitismus. In: Reinhard Staats: Protestanten in der deutschen Geschichte. Geschichtstheologische Rücksichten. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2004 ISBN 3-374-02175-1
  • Roland Hosselmann: Wende zur kultischen Ontologie im Anliegen des Heils. Eine kontroverstheologische Erinnerung an Hans Asmussen. Studien zur systematischen Theologie und Ethik 40. LIT, Münster 2004 ISBN 3-8258-7175-4
  • Jan Langfeldt: Der Geistliche beim späten Hans Asmussen. In: Lutherische Beiträge 3/2011, 180-187.
  • Friedrich Wilhelm Bautz: Asmussen, Hans Christian. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage. Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 253.

Einzelnachweise

  1. Eberhard Röhm / Jörg Thierfelder: Juden, Christen, Deutsche. Band 2/I: 1935-1938. Entrechtet, 1992 Stuttgart S.184f., ISBN 3-7668-3022-8
  2. Eberhard Röhm / Jörg Thierfelder: Evangelische Kirche zwischen Kreuz und Hakenkreuz. Bilder und Texte einer Ausstellung, 1983 Stuttgart 3. Aufl. S.98ff., ISBN 3-7668-0688-2
  3. Heinrich Vogel / Günther Harder: Aufgabe und Weg der Kirchlichen Hochschule Berlin 1935-1955, 1956 Berlin S.58-61
  4. Evangelisch-Lutherische Kirchenzeitung 7/1958, S. 331
    Kirchliches Jahrbuch 1958, S. 34-36
    Zehn Gegenthesen von Probst Asmussen. 1958 in: Arbeitskreis Otto Dibelius (Hrsg.): Otto Dibelius 1880-1967, Berlin 2009, S. 118-120; PDF-S. 126-128