Giulio Caccini

Giulio Romano Caccini (* 8. Oktober 1551 in Rom; † 10. Dezember 1618 (Datum der Grablegung) in Florenz) war ein italienischer Komponist, Sänger, Gesangslehrer und Instrumentalist, der an der Schnittstelle der Spätrenaissance zum Frühbarock lebte und an der Entwicklung der Oper beteiligt war.

Lebensstationen

Der Römer Giulio Caccini war Schüler Scipiones delle Palle in Gesang und Lautenspiel. 1564 kam er als Sänger und Instrumentalist an den Hof des Großherzogs Ferdinando de' Medici in Florenz. Florenz war zu dieser Zeit eines der wichtigsten Kulturzentren Italiens. In diesem Rahmen beteiligte sich Caccini 1579 und 1589 als Sänger und Harfenist bei den berühmten Florentiner Hochzeits-Intermedien der Familie de' Medici.[1] Als Mitglied der Camerata des Giovanni Bardi in Florenz hatte er großen Anteil an der Erfindung einer neuen Art des Gesanges, die zur Oper führte.[2]

Sein nicht weniger bedeutender Bruder war der Bildhauer Giovanni Battista Caccini (* 1556 in Rom; † 1613 in Florenz).

Als erfolgreicher Gesangslehrer bildete Caccini seine (zweite) Frau Margherita aus (die erste – ebenfalls Sängerin – starb bald nach der Geburt der ältesten Tochter), sowie seine Töchter Francesca und Settima, und formte mit ihnen ein weithin berühmtes Gesangsensemble, das Konzertreisen bis an den französischen Königshof in Paris unternahm (September 1604 bis Juni 1605).[3]

Monodie und Generalbass

Giulio Caccini gilt als einer der Begründer der Monodie, einem neuartigen solistischen Gesang, der dem Wort und Textsinn diente. Die Singstimme wurde dabei nur von einem Bassinstrument begleitet. Diese neue Art der Begleitung durch ein Tasten- oder Lauteninstrument gab dem Gesang und jeglicher Musik eine feste harmonische Stütze. Damit begann die Epoche des sogenannten Generalbasszeitalters. Diese affektbetonte Art zu singen wurde im Hause des Giovanni de’ Bardi besonders gepflegt und weiter entwickelt. Bardi stammte aus dem Geschlecht der Grafen von Vernio in Florenz, sein Haus wurde zum Mittelpunkt ergiebigster musikalischer Studien. Caccini nahm ab den 1570er Jahren an den Diskussionen des so genannten bardischen Kreises teil; er nahm für sich in Anspruch, dabei den „stile recitativo“ erfunden zu haben.

Caccini komponierte viele Werke mit Begleitung eines Instrumentes, meist einer Theorbe. In seinem Hauptwerk Le nuove Musiche sind viele seiner Arien und Madrigale als beispiele für Solostimme und Basso continuo aufgenommen.

Le nuove Musiche

Titelblatt von Le nuove Musiche (1601)

Das Vorwort zu diesem Gesangs-pädagogischen Werk und seine Beispielsammlung gibt erstmals technische Erklärungen für den virtuosen Gesang. Es kann als das erste Gesangs-Lehrwerk gelten.

Caccini schreibt darin:

„Da ich mich nun überzeugte, dass Hervorbringungen im Sinne unserer Tage kein anderes Vergnügen bewirken, als dasjenige, was durch Harmonie dem Ohre allein gewährt wird, dass ohne Verständnis der Worte das Gemüt nicht gerühret werden könne, kam der Gedanke, eine Art Gesang, gewissermaßen einer harmonischen Rede gleich, aufzuführen, wobei ich eine gewisse edle Verachtung des Gesanges an den Tag legte, hin und wieder einige Dissonanzen berührte, den Bass aber ruhen ließ, ausgenommen da, wo ich, dem gemeinen Gebrauch zufolge, seiner mit den Tönen der durch Instrumente ausgeführten Mittelstimmen mich bedienen wollte, irgendeinen Affekt auszudrücken, wozu sie allein brauchbar sind.“

Besonders populär wurde Amarilli mia bella, ein Madrigal, das Bearbeitungen im Fitzwilliam Virginal Book und von Jacob van Eyck erfuhr.

Caccini und die Oper

Caccinis Name ist vor allem mit der Entstehung der Oper verbunden. Von Anfang an gehörte er zum Kreis der Camerata Florentina, einer Gesellschaft von Musikern, Dichtern und Gelehrten, wo er vor allem als praktischer Musiker geschätzt wurde. Als Menschen der Renaissance wollten sie das antike Theater und die Theatermusik der Griechen widerbeleben. An der von Jacopo Peri verfassten Oper Euridice (1600) arbeitete er mit und schrieb im selben Jahr seine eigene Euridice (1602 uraufgeführt, Libretto von Ottavio Rinuccini, 1562-1621). Mit Blick auf die damalige Entwicklung der Oper und auf seine Gedanken zur Gesangskunst gilt Giulio Caccini als einer der ersten Vertreter des "ariosen Stils" und als einer der Vorbereiter des Belcanto.

Werke

musikalisch

  • Euridice, Oper (1600/1602)
  • Il Rapimento di Cefalo, Intermezzo für Singstimme und Basso continuo (1600), Teile daraus von Caccini, einige gedruckt in Le nuove musiche[4]
  • Le nuove Musiche, Florenz 1602. Darin Madrigale und Arien für eine Singstimme und Basso continuo

theoretisch

  • Le nuove Musiche, Florenz 1601 (Vorwort)
  • Le nuove musiche e nuova maniera di scriverle, Florenz 1614

Die Caccini zugeschriebene Vertonung des Ave Maria, das nur die Worte „Ave Maria“ enthält, gehört heute zum Repertoire vieler Sängerinnen, Sänger und Chöre. Die Komposition, die auch in unzähligen Bearbeitungen für Instrumente vorliegt, stammt allerdings aus der Feder des russischen Gitarristen, Lautenisten und Komponisten Wladimir Fjodorowitsch Wawilow (1925-1973).

Literatur

  • Riemann Musiklexikon. 13. aktualisierte Neuauflage, hg. von Wolfgang Ruf, Schott, Mainz usw. 2012, ISBN 978-3-7957-0006-5, Bd.1.
  • Danielle Roster: Francesca Caccini (1587 − 1645?) in: Annäherung IX - an sieben Komponistinnen, hg. von Clara Mayer, Furore, Kassel 1998, ISBN 3-927327-43-3, S. 7–20.

Nachweise

  1. Riemann Musik Lexikon, Personenteil, B. Schott's Söhne/Mainz 1959, Artikel Caccini, Giulio.
  2. Oliver Schupke: Die Frühgeschichte der Oper, Studienarbeit Berlin, S. 11.
  3. Danielle Roster: Francesca Caccini, in: AnnäherungenIX, S. 11.
  4. Riemann Lexikon 2012, Bd.III, S.319.

Diskografie

  • Euridice; Ensemble Scherzi Musicali, Leitung Nicolas Achten, 2009, Ricercar RIC 269