„Finanzkrise“ – Versionsunterschied

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'''Finanzkrisen''' sind größere Verwerfungen im [[Finanzsystem]], die durch einen Rückgang der Vermögenswerte und die Zahlungsunfähigkeit zahlreicher Unternehmen der Finanzwirtschaft und anderer Branchen gekennzeichnet sind und die die ökonomische Aktivität in einem oder mehreren Ländern beeinträchtigen.
'''Finanzkrisen''' sind größere Verwerfungen im [[Finanzsystem]], die durch einen Rückgang der Vermögenswerte und die Zahlungsunfähigkeit zahlreicher Unternehmen der Finanzwirtschaft und anderer Branchen gekennzeichnet sind und die die ökonomische Aktivität in einem oder mehreren Ländern beeinträchtigen.


== Varianten ==
[[Bild:Crowd outside nyse.jpg|thumb|Menschenauflauf an der [[Wall Street]] kurz nach dem [[Schwarzer Donnerstag]]]]
[[Bild:Crowd outside nyse.jpg|thumb|Menschenauflauf an der [[Wall Street]] kurz nach dem [[Schwarzer Donnerstag]]]]
Die Definitionen für eine Finanzkrise sind sehr unterschiedlich. Klassisch wird eine Störung in der Voraussetzung des geplanten Normalzustandes, dass [[Kreditgeld]] jederzeit zum Kurs 1:1 in staatliches Bargeld eingetauscht werden kann, als Störung des Finanzsystems und damit als Beginn oder Eintritt in einer Krise oder als ein Zustand der Krise an sich bezeichnet. <ref> [[Wilhelm Hankel]], FR 14.10.2008 [URL: http://www.fr-online.de/fr/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=1618999&em_loc=31] </ref>
Die Definitionen für eine Finanzkrise sind sehr unterschiedlich. Klassisch wird eine Störung in der Voraussetzung des geplanten Normalzustandes, dass [[Kreditgeld]] jederzeit zum Kurs 1:1 in staatliches Bargeld eingetauscht werden kann, als Störung des Finanzsystems und damit als Beginn oder Eintritt in einer Krise oder als ein Zustand der Krise an sich bezeichnet. <ref> [[Wilhelm Hankel]], FR 14.10.2008 [URL: http://www.fr-online.de/fr/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=1618999&em_loc=31] </ref>


== Varianten ==
Prinzipiell wird nach ihrer äußeren Erscheinungsform unterschieden zwischen [[Bankenkrise]]n, [[Währungskrise]]n, Finanzsystemkrisen und Krisen, in denen ein Land oder einzelne Länder ihre Auslandsschulden nicht mehr bedienen können.<ref name="IMF1998">International Monetary Fund: ''World economic outlook. Financial crisis: causes and indicators''. Washington, May 1998, S. 74 ff.</ref>
Prinzipiell wird nach ihrer äußeren Erscheinungsform unterschieden zwischen [[Bankenkrise]]n, [[Währungskrise]]n, Finanzsystemkrisen und Krisen, in denen ein Land oder einzelne Länder ihre Auslandsschulden nicht mehr bedienen können.<ref name="IMF1998">International Monetary Fund: ''World economic outlook. Financial crisis: causes and indicators''. Washington, May 1998, S. 74 ff.</ref>


==Theorien==
Je nach Erklärungsansatz ist eine Finanzkrise die Folge oder Verlaufsform einer grundlegenderen Krise der [[Investition]] oder [[Akkumulation]] von Kapital oder die Finanzkrise wird selbst als Ursache für eine Krise der Wirtschaft interpretiert. Bei einer Überinvestitionskrise (oder auch Überakkumulationskrise)<ref>vgl. auch zur "Überinvestition" Claus Ott; Bernd Schäfer: Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Rechts, 2. Auflage, Berlin 2000; Zur Rolle der Aktienmärkte bei der Überinvestition auf den Telekommunikationsmärkten vgl.: Paul J.J. Welfens, Präsident des Europäischen Instituts für Internationale Wirtschaftsbeziehungen

(EIIW): Internetwirtschaft 2010 – Perspektiven und Auswirkungen. Projekt für das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA). Projekt-Nr. 28/02. </ref> wird vorausgesetzt, dass das Kapital ständig steigendes [[Wachstum]] benötigt, um ständig steigende Renditen zu erzielen. Gerät dieser Prozess in die [[Stagnation]], ist von einer Überinvestitionskrise die Rede. Es wird weniger in die Produktion, in Gebäude etc. investiert.<ref> Vgl. Ulrich Enderwitz (2005): Reichtum und Religion. Band 4: Die Krise des Reichtums. Freiburg. [http://www.reichtum-und-religion.de/]; Gerhard Hanloser: Krise und Antisemitismus. Eine Geschichte in drei Stationen von der Gründerzeit über die Weltwirtschaftskrise bis heute. Münster, 2004 </ref> Das bedeutet, ein Teil des für die weitere Verwertung vorgesehenen Kapitals wird überflüssig und damit entwertet, wenn es keine neuen Investitions- und damit Renditemöglichkeiten findet. Das überschüssige Kapital wird nun in andere "Anlagemöglichkeiten" wie Staatsanleihen und Wertpapiere angelegt.<ref>Vgl. Hanloser; Zum Fall der Akkumulationskrise und Stagnation in der fronwirtschaftliche Produktion vgl. Ulrich Enderwitz: Erfolge und Hemmnisse der Akkumulationsstrategie. In: Herrschaft, Wert, Markt. Zur Genese des kommerziellen Systems. Münster 2006. Seite 176 ff.; Zur Überakkumulation vgl. auch zur "Überinvestition" Claus Ott; Bernd Schäfer: Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Rechts, 2. Auflage, Berlin 2000; Elisabeth Allgoewer. Überinvestition oder Unterkonsumtion? Die Große Depression in der Schweiz. Beiträge der Wirtschaftstheorie zur ihrer Erklärung und Bewältigung. In: Th. Geiser, H. Schmid und Emil Walter-Busch (Hrsg.). Arbeit in der Schweiz des 20. Jahrhunderts, 1998. </ref> Als Ursache für eine Überinvestionskrise werden u.a. angegeben: eine zu geringe Nachfrage, eine Überproduktion von Waren, eine zu große Anzahl von Konkurrenten auf dem Markt, steigende Rohstoffkosten (Ölkrise), steigende Lohnkosten.<ref> Vgl. Ulrich Enderwitz (2005): Konsum, Terror und Gesellschaftskritik. Eine tour d’horizon. Münster 2005; Hanloser 2005 </ref> Populistisch wird dieser systemische Zwang zur Rentabilität des Kapitals, will es nicht entwertet werden, als "[[Gier]]" einzelner Akteure im Finanzsystem und Wirtschaftsystem deklariert und nicht als Prinzip, das dieser Wirtschaftsform zu eigen ist. Diese populären Ansätze neigen dazu, die Finanzkrise als Ursache für eine allgemeine Wirtschaftskrise zu interpretieren. In der Krise der Gründerzeit ([[Gründerkrach]]) und in der [[Große Depression|Großen Depression]] schlugen diese Erklärungen in antisemitische Stereotype um.<ref> Gerhard Hanloser: Krise und Antisemitismus. Eine Geschichte in drei Stationen von der Gründerzeit über die Weltwirtschaftskrise bis heute. Münster, 2004; Ulrich Enderwitz (1998): Antisemitismus und Volksstaat. Zur Pathologie kapitalistischer Krisenbewältigung. Freiburg. </ref>, <ref> Ulrich Enderwitz (1998): Antisemitismus und Volksstaat. Zur Pathologie kapitalistischer Krisenbewältigung. Freiburg. </ref>
Eine bedeutende Theorie zur Erklärung von gesamtwirtschaftlichen Finanzkrisen geht auf [[Milton Friedman]] und [[Anna J. Schwartz]] zurück. Diese erklärt Finanzkrisen mit einer verfehlten Politik der Zentralbank. Die Reduzierung der Geldmenge in den USA um 30 % zwischen den Jahren 1929 und 1933 betrachten sie als entscheidend für den Verlauf der [[Weltwirtschaftskrise]] in den 1930er Jahren. Der umgekehrten Fall trat im Vorfeld der [[Finanzkrise ab 2007]] ein - die Geldmenge wurde durch die expansive Geldpolitik der US-Notenbank enorm aufgebläht.

Ein auf [[Hyman Minsky]] und [[Charles P. Kindleberger]] zurückgehender Ansatz erklärt Finanzkrisen als Ergebnis exzessiver Spekulation in einer boomenden Konjunktur.<ref>Marcel V Lähn: Hedge Fonds, Banken und Finanzkrisen: Die Bedeutung außerbilanzieller Leverage-effekte durch Finanzderivate für das Risikomanagement von Finanzinstituten und das systematische Risiko des globalen Finanzsystems. Veröffentlicht von DUV, 2004 S.7 </ref>

Eine Renaissance erlebt auch die monetäre [[Überinvestitionstheorie]] <ref>Hans-Helmut Kotz: [http://www.wirtschaftsdienst.eu/downloads/getfile.php?id=229Die Wiederkehr des Zyklus – und die neue Debatte um die Stabilisierungspolitik]</ref> nach [[Friedrich August von Hayek]] und [[Knut Wicksell]]. Danach kommt es durch das Absinken der Zinsen unter den natürlichen Gleichgewichtszins zur Überinvestition. Zunächst nährt die zusätzliche Liquidität den Aufschwung, in dessen Verlauf auch Investitionsprojekte mit niedrigen (erwarteten) Renditen finanziert werden. Ziehen dann wegen zunehmender Liquiditätsknappheit die Zinsen an – zum Beispiel ausgelöst durch eine restriktive Geldpolitik, um die inflationäre Entwicklung unter Kontrolle zu halten, dann können sich Sachinvestitionen und spekulative Anlagen als überdimensioniert herausstellen. Investitionsprojekte, die zum bisherigen Zins noch rentabel waren, werden abgebrochen. Die unausweichliche Strukturbereinigung zieht Unternehmen, Konsumenten und Finanzinstitute in den Strudel der Krise.<ref>
Gunther Schnabl /Andreas Hoffmann: [http://papers.ssrn.com/sol3/Delivery.cfm/SSRN_ID982344_code344004.pdf?abstractid=982344&mirid=1 Geldpolitik, vagabundierende Liquidität und platzende Blasen in neuen und Aufstrebenden Märkten]</ref>.

Den Zustrom von Kapital in den Finanzsektor erklären Vertreter der Überakkumulationskrisentheorie damit, dass das Kapital ständig steigendes [[Wachstum]] benötige, um ständig steigende Renditen zu erzielen. Gerät dieser Prozess in die [[Stagnation]], ist von einer Überakkumulationskrise die Rede. Es werde dann weniger in die Produktion, in Gebäude etc. investiert.<ref> Vgl. Ulrich Enderwitz (2005): Reichtum und Religion. Band 4: Die Krise des Reichtums. Freiburg. [http://www.reichtum-und-religion.de/]; Gerhard Hanloser: Krise und Antisemitismus. Eine Geschichte in drei Stationen von der Gründerzeit über die Weltwirtschaftskrise bis heute. Münster, 2004 </ref> Das bedeutet, ein Teil des für die weitere Verwertung vorgesehenen Kapitals wird überflüssig und damit entwertet, wenn es keine neuen Investitions- und damit Renditemöglichkeiten findet. Das überschüssige Kapital wird nun in andere "Anlagemöglichkeiten" wie Staatsanleihen und Wertpapiere angelegt.<ref>Vgl. Hanloser; Zum Fall der Akkumulationskrise und Stagnation in der fronwirtschaftliche Produktion vgl. Ulrich Enderwitz: Erfolge und Hemmnisse der Akkumulationsstrategie. In: Herrschaft, Wert, Markt. Zur Genese des kommerziellen Systems. Münster 2006. Seite 176 ff.</ref>

==Populistische Interpretationen==
Populistisch werden Finanzkrisen mit der Gier einzelner Akteure im Finanzsystem und Wirtschaftsystem deklariert. Diese populären Ansätze neigen dazu, die Finanzkrise als Ursache für eine allgemeine Wirtschaftskrise zu interpretieren. In der Krise der Gründerzeit ([[Gründerkrach]]) und in der [[Große Depression|Großen Depression]] schlugen diese Erklärungen in antisemitische Stereotype um.<ref> Gerhard Hanloser: Krise und Antisemitismus. Eine Geschichte in drei Stationen von der Gründerzeit über die Weltwirtschaftskrise bis heute. Münster, 2004; Ulrich Enderwitz (1998): Antisemitismus und Volksstaat. Zur Pathologie kapitalistischer Krisenbewältigung. Freiburg. </ref>


== Geschichte ==
== Geschichte ==

Version vom 12. April 2009, 00:30 Uhr

Dieser Artikel wurde am 10. April 2009 auf den Seiten der Qualitätssicherung eingetragen. Bitte hilf mit, ihn zu verbessern, und beteilige dich bitte an der Diskussion!
Folgendes muss noch verbessert werden: Quelle für Erklärungsansätze fehlt völlig. Das Thema steht zur Zeit im Brennpunkt des Interesses. Darstellung ohne Standortzuweisung, die zudem nicht den Stand der Wissenschaft wiedergeben. --Charmrock 20:57, 10. Apr. 2009 (CEST)
Der Verlauf des Dow Jones von Juli 1987 bis Januar 1988, siehe Schwarzer Montag

Finanzkrisen sind größere Verwerfungen im Finanzsystem, die durch einen Rückgang der Vermögenswerte und die Zahlungsunfähigkeit zahlreicher Unternehmen der Finanzwirtschaft und anderer Branchen gekennzeichnet sind und die die ökonomische Aktivität in einem oder mehreren Ländern beeinträchtigen.

Menschenauflauf an der Wall Street kurz nach dem Schwarzer Donnerstag

Die Definitionen für eine Finanzkrise sind sehr unterschiedlich. Klassisch wird eine Störung in der Voraussetzung des geplanten Normalzustandes, dass Kreditgeld jederzeit zum Kurs 1:1 in staatliches Bargeld eingetauscht werden kann, als Störung des Finanzsystems und damit als Beginn oder Eintritt in einer Krise oder als ein Zustand der Krise an sich bezeichnet. [1]

Varianten

Prinzipiell wird nach ihrer äußeren Erscheinungsform unterschieden zwischen Bankenkrisen, Währungskrisen, Finanzsystemkrisen und Krisen, in denen ein Land oder einzelne Länder ihre Auslandsschulden nicht mehr bedienen können.[2]

Theorien

Eine bedeutende Theorie zur Erklärung von gesamtwirtschaftlichen Finanzkrisen geht auf Milton Friedman und Anna J. Schwartz zurück. Diese erklärt Finanzkrisen mit einer verfehlten Politik der Zentralbank. Die Reduzierung der Geldmenge in den USA um 30 % zwischen den Jahren 1929 und 1933 betrachten sie als entscheidend für den Verlauf der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren. Der umgekehrten Fall trat im Vorfeld der Finanzkrise ab 2007 ein - die Geldmenge wurde durch die expansive Geldpolitik der US-Notenbank enorm aufgebläht.

Ein auf Hyman Minsky und Charles P. Kindleberger zurückgehender Ansatz erklärt Finanzkrisen als Ergebnis exzessiver Spekulation in einer boomenden Konjunktur.[3]

Eine Renaissance erlebt auch die monetäre Überinvestitionstheorie [4] nach Friedrich August von Hayek und Knut Wicksell. Danach kommt es durch das Absinken der Zinsen unter den natürlichen Gleichgewichtszins zur Überinvestition. Zunächst nährt die zusätzliche Liquidität den Aufschwung, in dessen Verlauf auch Investitionsprojekte mit niedrigen (erwarteten) Renditen finanziert werden. Ziehen dann wegen zunehmender Liquiditätsknappheit die Zinsen an – zum Beispiel ausgelöst durch eine restriktive Geldpolitik, um die inflationäre Entwicklung unter Kontrolle zu halten, dann können sich Sachinvestitionen und spekulative Anlagen als überdimensioniert herausstellen. Investitionsprojekte, die zum bisherigen Zins noch rentabel waren, werden abgebrochen. Die unausweichliche Strukturbereinigung zieht Unternehmen, Konsumenten und Finanzinstitute in den Strudel der Krise.[5].

Den Zustrom von Kapital in den Finanzsektor erklären Vertreter der Überakkumulationskrisentheorie damit, dass das Kapital ständig steigendes Wachstum benötige, um ständig steigende Renditen zu erzielen. Gerät dieser Prozess in die Stagnation, ist von einer Überakkumulationskrise die Rede. Es werde dann weniger in die Produktion, in Gebäude etc. investiert.[6] Das bedeutet, ein Teil des für die weitere Verwertung vorgesehenen Kapitals wird überflüssig und damit entwertet, wenn es keine neuen Investitions- und damit Renditemöglichkeiten findet. Das überschüssige Kapital wird nun in andere "Anlagemöglichkeiten" wie Staatsanleihen und Wertpapiere angelegt.[7]

Populistische Interpretationen

Populistisch werden Finanzkrisen mit der Gier einzelner Akteure im Finanzsystem und Wirtschaftsystem deklariert. Diese populären Ansätze neigen dazu, die Finanzkrise als Ursache für eine allgemeine Wirtschaftskrise zu interpretieren. In der Krise der Gründerzeit (Gründerkrach) und in der Großen Depression schlugen diese Erklärungen in antisemitische Stereotype um.[8]

Geschichte

Antike Krisen

Asia (63 v. Chr.)
  • Geldentwertung im siebten Jahrhundert vor Christus durch König Midas.

Medias erkannte, dass er angesichts des begrenzten Vorrats an Metallen für die Münzproduktion, die Geldmenge durch die Senkung des Metallgehalts pro Münze erhöhen konnte. Die Folge war eine Trennung der Geld- und Kreditkontrolle und eine Entwertung des Zahlungsmittels. Sparer, die in Medias "Leichtgeld" ihr Vermögen anlegten, büßten durch diese neue Finanzmittel und die Entwertung des Geldes ihre Kaufkraft ein. Sinnbildlich wird die Finanzierunstechnik Midas durch die Redewendung symbolisiert, dass alles, was Meias anfasst, sich in Gold verwandelt. Sogar Wasser. Nach der Erzählung von Herodot starb Medias, weil er am zum Gold verwandelten Wasser erstickte.

Der Anwalt und Senator Marcus Tullius Cicero beschrieb die Krise 66 v. Chr.:

Als sehr viele Leute große Vermögen in Asien verloren hatten, brach das Kreditgeschäft in Rom wegen der geminderten Zahlungsfähigkeit zusammen. Es ist nämlich unmöglich, dass viele Menschen Hab und Gut einbüßen, ohne dass sie noch andere mit sich ins gleiche Unglück reißen. Bewahrt den Staat vor dieser Gefahr! Es sind nämlich - glaubt mir dieses, weil ihr es selbst seht - dieses Kreditwesen und dieser Finanzmarkt, welcher in Rom auf dem Forum seinen Mittelpunkt hat, mit dem Geldwesen in Asien eng verflochten. Jene Dinge dort in Asien können nicht zusammenbrechen, ohne dass die hiesige Finanzwirtschaft von derselben Erschütterung erfasst wird und ebenfalls zusammenbricht.[10] (De Imperio Cn. Pompei - 19)

Holland

Broschüre von der Tulpenmanie in den Niederlanden, gedruckt 1637

Tulpenzwiebeln wurden auf Autionen und an der Börese zum Spekulationsobjekt. Ab 1630 blühte auch der Handel mit Optionsscheine auf Tulpenzwiebelanteile. Die Preise explodierten und stiegen von 1634 bis 1637 auf das über Fünfzigfache an. In Amsterdam wurde ein komplettes Haus für drei Tulpenzwiebeln verkauft. Viele Zwiebeln kosteten mehrere tausend Gulden, der höchste Preis für die wertvollste Tulpensorte, Semper Augustus, lag Anfang 1637 bei 10.000 Gulden für eine einzige Zwiebel, zu einer Zeit, als ein Zimmermann rund 250 Gulden im Jahr verdiente. Die Spekulation war zur Spekulationsblase gediehen.

Große Krisen

Ein Bank Run in New York im Jahr 1873

Beide Krisen führten zu reaktionären Formen der Geldkritik, die antisemitische Erklärungsmodelle wie die Trennung von "raffendem" (Finanzkapital) und "schaffenden" (Produktion, heute "Realwirtschaft") Kapital. Der Antisemitismus in der Gründerzeit wurde Bestandteil des Bismarckschen „Regulationsmodells“. Die Weltwirtschaftskrise von 1929 führte zum Ende der Weimarer Republik. Die antisemitische Geldkritik war ein wesentlicher Bestandteil des Nationalsozialismus. [11]

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts haben Finanzkrisen in den betroffenen Ländern durchschnittlich jeweils volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 5 bis 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verursacht und etwa zwei bis drei Jahre gedauert.[12]

Globale Krisen nach Bretton Woods

Grenzüberschreitende Finanzkrisen nach Bretton Woods waren u. a. die

Eine im Wesentlichen auf Mexiko beschränkte Krise war die Peso- oder Tequila-Krise der Jahre 1994 und 1995.

Angeregt durch die Finanzkrise ab 2007 wurde „Finanzkrise“ in Deutschland zum Wort des Jahres 2008 gekürt.

Literatur

Wirtschaftswissenschaftliche Literatur

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Hankel, FR 14.10.2008 [URL: http://www.fr-online.de/fr/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/?em_cnt=1618999&em_loc=31]
  2. International Monetary Fund: World economic outlook. Financial crisis: causes and indicators. Washington, May 1998, S. 74 ff.
  3. Marcel V Lähn: Hedge Fonds, Banken und Finanzkrisen: Die Bedeutung außerbilanzieller Leverage-effekte durch Finanzderivate für das Risikomanagement von Finanzinstituten und das systematische Risiko des globalen Finanzsystems. Veröffentlicht von DUV, 2004 S.7
  4. Hans-Helmut Kotz: Wiederkehr des Zyklus – und die neue Debatte um die Stabilisierungspolitik
  5. Gunther Schnabl /Andreas Hoffmann: Geldpolitik, vagabundierende Liquidität und platzende Blasen in neuen und Aufstrebenden Märkten
  6. Vgl. Ulrich Enderwitz (2005): Reichtum und Religion. Band 4: Die Krise des Reichtums. Freiburg. [1]; Gerhard Hanloser: Krise und Antisemitismus. Eine Geschichte in drei Stationen von der Gründerzeit über die Weltwirtschaftskrise bis heute. Münster, 2004
  7. Vgl. Hanloser; Zum Fall der Akkumulationskrise und Stagnation in der fronwirtschaftliche Produktion vgl. Ulrich Enderwitz: Erfolge und Hemmnisse der Akkumulationsstrategie. In: Herrschaft, Wert, Markt. Zur Genese des kommerziellen Systems. Münster 2006. Seite 176 ff.
  8. Gerhard Hanloser: Krise und Antisemitismus. Eine Geschichte in drei Stationen von der Gründerzeit über die Weltwirtschaftskrise bis heute. Münster, 2004; Ulrich Enderwitz (1998): Antisemitismus und Volksstaat. Zur Pathologie kapitalistischer Krisenbewältigung. Freiburg.
  9. Maximilian Pisacane: Finanzkrise im antiken Rom. Als die Weltmacht in die Finanzkrise rutschte. In: Handelsblatt vom 26. November 2008.
  10. Maximilian Pisacane: Finanzkrise im antiken Rom. Als die Weltmacht in die Finanzkrise rutschte. In: Handelsblatt vom 26. November 2008.
  11. Vgl. Gerhard Hanloser: Krise und Antisemitismus. Eine Geschichte in drei Stationen von der Gründerzeit über die Weltwirtschaftskrise bis heute. Münster, 2004.
  12. Franklin Allen and Douglas Gale: An introduction to financial crises. http://fic.wharton.upenn.edu/fic/papers/07/0720.pdf, S. 5.