Evangelium nach Matthäus

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Das Evangelium nach Matthäus ist das erste Buch des Neuen Testaments der christlichen Bibel, eines der vier kanonischen Evangelien. Es wird zusammen mit dem Markusevangelium und dem Lukasevangelium zu den synoptischen Evangelien gezählt.

Autor

Umstritten ist, wer tatsächlich Autor des Matthäusevangeliums ist: Die altkirchliche Überlieferung (Papias, Pantänus, Irenäus, Origenes, Eusebius von Cäsarea) redet übereinstimmend von vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Bezüglich Matthäus werden seit dem zweiten Jahrhundert zwei Punkte bezeugt: (1) Der Matthäus des Evangeliums ist der Apostel und frühere Zöllner. (2) Er hat sein Evangelium ursprünglich in Hebräisch [1]) geschrieben.

Von vielen Bibelwissenschaftlern der Neuzeit wird allerdings dessen Verfasserschaft unter Berufung auf die Zweiquellentheorie der synoptischen Evangelien bezweifelt. Ein Apostel als Augenzeuge würde nicht das Material des Nicht-Apostels (Markus) verwendet haben, wie es beim Matthäusevangelium allerdings belegt ist.

Außerdem meine Papias von Hierapolis, der von Logia des Matthäus redet, damit nicht das Evangelium, sondern die Logienquelle Q. Die Existenz der Logienquelle Q wurde durch Vergleiche von Matthäus- und Lukasevangelium und Markusevangelium rekonstruiert, ist jedoch nicht durch Manuskriptfunde nachgewiesen.

Andere Theologen sehen in Papias' Aussagen eine Anspielung auf das Matthäusevangelium in einer hebräischen Urfassung.

Datierung

Es gibt wenig konkrete externe oder interne Hinweise bezüglich einer Datierung. Die Diskussion darüber geht in erster Linie um zwei vom Evangelium unabhängige Grundsatzfragen:

  • Konnte Jesus die Zerstörung von Jerusalem tatsächlich vierzig Jahre vor der Tatsache (70) prophezeien (oder auch der Autor das Jesus in den Mund legen, bevor die Zerstörung stattfand)?
  • Konnte Jesus die Entstehung einer Kirche voraussehen, wünschte er sie?

Die meisten Autoren beantworten entweder beide Fragen mit Nein oder beide Fragen mit Ja. Bei einem Nein ist die Datierung mehrheitlich zwischen 80 und 100, bei einem Ja mehrheitlich zwischen 60 und 80.

Bereits die frühen Kirchenväter (z.B. Eusebius, Irenäus und Origenes) sahen im Matthäusevangelium ein früh entstandenes Evangelium.

Das Matthäusevangelium wird bereits im frühen 2. Jahrhundert durch Ignatius von Antiochia zitiert. Zitate aus dem Matthäusevangelium sind bei den Kirchenvätern häufiger als Zitate aus anderen Evangelien. Die Kanonizität des Matthäusevangeliums wurde nie angezweifelt.

Besonderheiten

Das Matthäusevangelium hat ein großes Interesse daran, Jesus von Nazaret als den Messias der alttestamentlichen Prophetie zu zeigen. Das Alte Testament wird häufiger zitiert als in den anderen Evangelien. Daher kann man annehmen, dass sich das Evangelium in erster Linie an Judenchristen richtet.

Matthäus zeigt auch ein besonderes Interesse an der Eschatologie. Die Reden über die Endzeit sind ausführlicher als in Markus. Das Matthäusevangelium enthält auch einige Gleichnisse mit entscheidenden eschatologischen Aussagen.

Das Matthäusevangelium betont die Lehre Jesu, während beispielsweise das Markusevangelium mehr Gewicht auf sein Handeln legt. Im Vergleich zum Markusevangelium sind die erzählenden Abschnitte im Matthäusevangelium in der Regel kürzer und abstrakter formuliert.

Das Symbol des Evangelisten Matthäus ist der Engel oder der Mensch.

Inhalt

Kindheitsgeschichte (Mt 1-2)

Stammbaum Jesu (1,1-17)
Geburt (1,18-25)
Die Weisen aus dem Morgenland (2,1-12)
Flucht nach Ägypten und Kindermord in Betlehem (2,13-23)

Beginn des Wirkens Jesu in Galiläa (Mt 3-4)

Johannes der Täufer und Taufe Christi (3,1-17)
Versuchung Christi (4,1-11)
Die ersten Jünger (4,18-25)

1. Redenteil: Bergpredigt (Mt 5-7)

Die Seligpreisungen (5,1-11)
Die Antithesen (5,21-48)
Almosen, Beten (Vaterunser) und Fasten (6,1-18)
Vom Schätzesammeln und Sorgen (6,19-34)
Splitter und Balken (7,1-6)
Goldene Regel (7,12)
Gleichnis vom Hausbau (7,24-29)

Heilungen und Wunder Jesu (Mt 8,1-9,34)

Heilung eines Aussätzigen (8,1-4)
Der Hauptmann von Kapernaum (8,5-13)
Die Sturmstillung (8,23-27)
Heilung der zwei besessenen Gadarener (8,28-34)
Der Gichtbrüchige (9,1-8)
Berufung des Matthäus (9,9-13)
Fastenfrage (9,14-17)
Heilung der Blutflüssigen u. Auferweckung der Tochter des Jairus (9,18-26)

2. Redenteil: Missionsrede: Aussendung der Jünger (Mt 9,35-10,42)

Berufung der zwölf Apostel (10,1-4)
Ansage kommender Verfolgungen (10,16-26)
Menschenfurcht und Gottesfurcht (10,26-33)

Auseinandersetzung mit Johannes dem Täufer, Pharisäern und Schriftgelehrten (Mt 11-12)

Anfrage Johannes des Täufers und Jesu Antwort (11,1-19)
Jesu Weherufe über Chorazin, Betsaida und Kapernaum (11,20-24)
Jesu Heilandsruf (11,25-30)
Das Ährenraufen am Sabbat (12,1-8)
Jesu Macht über die bösen Geister (12,22-30)
Die Sünde wider den Heiligen Geist (12,31-32)
Vom Baum und seinen Früchten (12,33-37)
Die Zeichenforderung der Pharisäer (12,38-42)

3. Redenteil: Gleichnisse (Mt 13)

Gleichnis vom Sämann (13,1-9; Deutung 13,18-23)
Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (13,24-30; Deutung 13,36-43)
Gleichnis vom Senfkorn (13,31-32)
Gleichnis vom Sauerteig (13,33-35)
Gleichnis vom Schatz im Acker (13,44)
Gleichnis von der kostbaren Perle (13,45-46)
Gleichnis vom Fischnetz (13,47-52)

Weitere Taten. Rein und unrein (Mt 13,53-17,27)

Die Enthauptung Johannes des Täufers (14,1-12)
Die Speisung der Fünftausend (14,13-21)
Der sinkende Petrus auf dem See (14,22-33)
Äußere und innere Reinheit bzw. Unreinheit (15,1-20)
Jesus und die Kanaaniterin (15,21-28)
Die Speisung der Viertausend (15,32-39)
Das Petrusbekenntnis (16,13-20)
Erste Leidensankündigung Jesu (16,21-23)
Von der Nachfolge (16,24-28)
Die Verklärung Jesu (17,1-13)
Heilung des mondsüchtigen Kindes (17,14-20)
Über die Zahlung der Tempelsteuer (17,24-27)

4. Redenteil: Gemeinderede: Weisungen für die Jünger (Mt 18)

Gleichnis vom verlorenen Schaf (18,10-14)
Der Schalksknecht (18,21-35)

Judäischer Reisebericht (Mt 19-22)

Über Ehe und Ehescheidung (19,1-12)
Die Kindersegnung (19,13-15)
Der reiche Jüngling (19,16-26)
Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (20,1-16)
Die Söhne des Zebedäus (20,20-28)
Jesu Einzug in Jerusalem (21,1-11)
Die Tempelreinigung (21,12-17)
Gleichnis von den bösen Weingärtnern (21,33-46)
Gleichnis von der königlichen Hochzeit (22,1-14)
Der Zinsgroschen ("Gebt dem Kaiser...") (22,15-22)
Das doppelte Liebesgebot (22,34-40)

5. Redenteil: Weherufe und Endzeitrede (Mt 23-25)

Rede gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer (23,1-36)
Jesu Klage über Jerusalem (23,37-39)
Die große Bedrängnis (24,15-28)
Das Kommen des Menschensohns (24,29-31)
Mahnung zur Wachsamkeit (24,32-44)
Gleichnis vom treuen und vom bösen Knecht (24,45-51)
Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen (25,1-13)
Gleichnis von den anvertrauten Zentnern (25,14-30)
Das Weltgericht des Menschensohns (25,31-46)

Passion und Auferstehung Jesu (Mt 26-28)

Die Salbung in Betanien (26,6-13)
Das Abendmahl (26,17-30)
Jesus im Garten Gethsemane (26,36-46)
Jesu Gefangennahme (26,47-56)
Jesus vor dem Hohen Rat (26,57-68)
Die Verleugnung des Petrus (26,69-75)
Der Tod des Verräters Judas (27,3-10)
Jesu Verurteilung durch Pilatus (27,15-30)
Jesu Kreuzigung (27,31-56)
Jesu Grablegung und Bewachung des Grabes (27,57-66)
Jesu Auferstehung (28,1-10)
Der Missionsbefehl (28,16-20)

Wichtige Bibelstellen

Literatur

Einführungen, Lexikonartikel

  • Ulrich Luz: Art. "Matthäusevangelium". In: RGG, 4. Aufl., Bd. 5 (2002), Sp. 916-920
  • Alexander Sand: Art. "Matthäusevangelium". In: LThK 3. Aufl., Bd. 6 (1997), Sp. 1479-1482
  • Udo Schnelle: Einleitung in das Neue Testament. UTB 1830. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2. Aufl. 1996 ISBN 3-8252-1830-9 (S. 256-279)
  • Alexander Sand: Das Matthäus-Evangelium. Erträge der Forschung 275. Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1991 ISBN 3534108787
  • Graham N. Stanton: "On the Origin and Purpose of Matthew's Gospel. Matthean Scholarship from 1945 to 1980". In: ANRW II.25.3 (1985), S. 1889-1951
  • Frans Neirynck, J. Verheyden, R. Corstjens: The Gospel of Matthew and the Sayings Source Q. A Cumulative Bibliography 1950-1995. BETL 140. 2 Bde. University Press, Leuven 1998. (1000 u. 420 S., Bibliografie)

Kommentare

  • Ulrich Luz: Das Evangelium nach Matthäus. EKK 1/1-4, Benziger, Zürich / Neukirchener Verl., Neukirchen-Vluyn 1985-2002. (neben Allison/Davies der detaillierteste wissenschaftliche Matthäuskommentar)
  • Dale C. Allison, Jr., William David Davies: A Critical and Exegetical Commentary on the Gospel According to Saint Matthew. 3 Bde. ICC. T. & T. Clark, Edinburgh 1988-1997 (neben Luz der herausragende Matthäuskommentar)
  • Joachim Gnilka: Das Matthäusevangelium. HThK.NT 1/1-2. Herder, Freiburg i. Br. 1986/1988
  • Hubert Frankemölle: Matthäus. Kommentar. 2 Bde. Patmos, Düsseldorf 1994. 1997 (rezeptionsästhetisch orientiert)
  • Donald A. Hagner: Matthew. 2 Bde. WBC 33A/33B. Word Books, Dallas 1993-1995
  • Eduard Lohmeyer: Das Evangelium des Matthäus. Hg. v. W. Schmauch. KEK. Sonderband. Göttingen (1956) 4. Aufl. 1967
  • Robert H. Gundry: Matthew. A Commentary on His Handbook for a Mixed Church under Persecution. Eerdmans, Grand Rapids (1982) 2. Aufl. 1994. ISBN 0-8028-0735-6
  • Margaret Davies: Matthew. Readings: A New Biblical Commentary. JSOT Press, Sheffield 1993 (narrative Exegese)
  • Ulrich Luck: Das Evangelium nach Matthäus. Zürcher Bibelkommentare.NT 1, Theol. Verlag, Zürich 1993 ISBN 3-290-10922-4
  • Wolfgang Wiefel: Das Evangelium nach Matthäus. Theol. Handkommentar zum NT 1. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 1998 ISBN 3-374-01639-1
  • Craig S. Keener: A Commentary on the Gospel of Matthew. Eerdmans, Grand Rapids 1999
  • Amy-Jill Levine, Marianne Blickenstaff (Hrsg.): A Feminist Companion to Matthew. The Feminist Companion to the New Testament and Early Christian Writings 1. Academic Press, Sheffield 2001 (feministische Exegese)
  • John Nolland: The Gospel of Matthew. New International Greek Testament Commentary. Eerdmans, Grand Rapids 2005 (1481 S.) ISBN 0-8028-2389-0
  • Peter Fiedler: Das Matthäusevangelium. Theologischer Kommentar zum Neuen Testament 1. Kohlhammer, Stuttgart 2006 (440 S.) ISBN 3-17-018792-9

Allgemeinverständlich bzw. anwendungsorientiert

  • Fritz Rienecker: Das Evangelium des Matthäus. Wuppertaler Studienbibel NT. Brockhaus, Wuppertal 4. Aufl. 1966, 12. Aufl. 1984 ISBN 3-417-25141-9
  • Eduard Schweizer: Das Evangelium nach Matthäus. Übersetzt und erklärt. NTD 2. Göttingen (1973) 4. Aufl. 1986 ISBN 3-525-51306-2
  • Julius Schniewind: Das Ev. nach Matthäus. Übersetzt und erklärt NTD 2. Göttingen (1937) 12. Aufl. 1968
  • Michael Green: The Message of Matthew. The Kingdom of Heaven. Bible Speaks Today. InterVarsity Press, Downers Grove 2001 ISBN 0-8308-1243-1
  • Michael J. Wilkins: Matthew. From Biblical Text - to Contemporary Life. NIV Application Commentary. Zondervan, Grand Rapids 2004 (1003 S.) ISBN 0310493102

Wichtige Einzelstudien

  • Günther Bornkamm, Gerhard Barth, Heinz Joachim Held: Überlieferung und Auslegung im Matthäusevangelium. WMANT 1. 2. Aufl. Neukirchener Verl., Neukirchen 1961
  • Reinhard Hummel: Die Auseinandersetzung zwischen Kirche und Judentum im Matthäusevangelium. BEvT 33. München (1963) 2. Aufl. 1966
  • Hubert Frankemölle: Jahwe-Bund und Kirche Christi. Studien zur Form- und Traditionsgeschichte des "Evangeliums" nach Matthäus. Neutestamentliche Abhandlungen N.F. 10. Aschendorff, Münster (1972) 2. Aufl. 1984. ISBN 3-402-03632-0
  • Joachim Lange (Hrsg.): Das Matthäus-Evangelium. WdF 525. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1980 ISBN 3-534-07508-0 (Sammlung der prägendsten Aufsätze im 20. Jh.)
  • Graham N. Stanton (Hrsg.): The Interpretation of Matthew. Issues in Religion and Theology 3. Fortress Press, Philadelphia/London u.a. 1983 ISBN 0800617665 (wichtige Aufsätze zum Matthäusevangelium aus dem 20. Jh. in engl. Übersetzung)
  • Jack Dean Kingsbury: Matthew as Story. Philadelphia 2. Aufl. 1988 (narrative Exegese) ISBN 0800620992
  • Rainer Kampling (Hrsg.): "Dies ist das Buch ...". Das Matthäusevangelium. Interpretation – Rezeption – Rezeptionsgeschichte. Für Hubert Frankemölle. Schöningh, Paderborn/München 2004 ISBN 3-506-71708-1

Quellen

  1. Eusebius von Caesarea: Kirchengeschichte. - 3. Studienausgabe 1989 München, Seite 173 Abs 6