Evangelisch-methodistische Kirche

Die Evangelisch-methodistische Kirche (englisch United Methodist Church) ist eine weltweite christliche Kirche in protestantischer Tradition, die im 18. Jahrhundert aus der anglikanischen Kirche hervorgegangen ist. Angehörige der Kirche werden als Methodisten, die Glaubenslehre als Methodismus bezeichnet.

Geschichte

Die Wurzeln des Methodismus liegen im England des 18. Jahrhunderts. Eine religiöse Studentengruppe fiel in Oxford durch eine allzu systematische Zeiteinteilung und Lebenseinstellung auf. Die Studenten dieses "heiligen Clubs" wurden deshalb spöttisch als "Methodisten" bezeichnet.

Die Brüder John und Charles Wesley und George Whitefield begründeten zwischen 1729 und 1735 nach einer persönlichen Bekehrung eine enthusiastische Erweckungsbewegung innerhalb der anglikanischen Kirche, die Einflüsse des Puritanismus, Pietismus und der Brüder-Unität aufnahm. Nicht das erstarrte kirchliche Ritual machten nach Ansicht der Methodisten den wahren christlichen Glauben aus, sondern die Vereinigung der Seele mit Gott und das Gestaltwerden Christi im Menschen. Die Notwendigkeit einer Wiedergeburt ("New Birth") in Jesus Christus durch direkte Einwirkung des Heiligen Geistes auf die menschliche Seele wurde daher der zentrale Punkt ihrer Lehre. Auch die schlimmsten Sünder könnten durch den Empfang des Heiligen Geistes und das Einswerden mit Jesus Christus gereinigt und ihre verderbten Naturen völlig umgewandelt werden. Demzufolge gab es für die Methodisten zwei Klassen von Menschen auf Erden: die unbekehrten, höchstens äußerlich anständigen Sünder und die Bekehrten, Wiedergeborenen, die durch das "teure Blut Christi" ihre Rechtfertigung erhielten und dadurch vom Tier ("Beast") zum Heiligen wurden.

Die Methodisten zogen als Wanderprediger durch ganz Großbritannien und später auch die amerikanischen Kolonien mit dem Ziel, durch begeisternde Erweckungspredigten die Menschen, vor allem einfachere Bevölkerungsschichten, die von der anglikanischen Kirche vernachlässigt wurden, zum Glauben zu bekehren und zu einem geheiligten christlich-methodistischen Leben zu führen. Wegen ihres ungewöhnlichen, unkonventionellen Auftretens und ihres leidenschaftlichen missionarischen Eifers wurden sie vielfach zur Zielscheibe des Spotts und mussten sich einer harschen Kritik der offiziellen Kirche stellen. Eine Vielzahl von zeitgenössischen Pamphleten zeugt von den heftigen Kontroversen jener Tage: So warf man den Methodisten vor, dass sie religiöse Fanatiker seien, die den Geist des Puritanismus oder Papismus in England wieder aufleben ließen, dass sie Streit innerhalb der anglikanischen Kirche hervorriefen und den Menschen einen zu leichten, aber völlig falschen Weg zum Heil vorgaukelten, indem sie die Rechtfertigung durch Glauben allein propagierten, ohne dass gute Taten zu folgen hätten. Bischof William Warburton schrieb sogar, dass wohl der Teufel die "männliche Hebamme" bei der methodistischen Wiedergeburt sei. Man scheute sich nicht, die Anhänger Whitefields und Wesleys auf eine Stufe mit den Verrückten im Londoner Irrenhaus Bedlam zu stellen, zumal es tatsächlich Bekehrte gab, die unter medizinische Aufsicht gestellt werden mussten, und John Wesley selbst einräumte, dass dies eine mögliche Konsequenz der Bekehrung sei. Einige Kritiker gingen so weit, den Methodisten sexuelle Ausschweifungen auf den von ihnen veranstalteten "Love Feasts" vorzuwerfen. Den Predigern hielt man vor, junge Mädchen verführt zu haben, zumal sie gerade bei Frauen großen Erfolg mit ihren Bekehrungsversuchen hatten. Zeitgenössische Karikaturisten trugen das Ihrige dazu bei, die Methodisten zu verunglimpfen und lächerlich zu machen. Die derart Angegriffenen setzten sich mit ihren Predigten und in Gegenschriften zur Wehr. Offenbar mit Erfolg, denn der Methodismus fand seine Anhänger.


Wesentliche Merkmale der frühen Methodisten waren ein persönlicher, engagierter Glaube, das Laienpredigertum, die Organisation in kleinen lokalen Gruppen (Klassen) mit Bibelstudium und strenger gegenseitiger Rechenschaftspflicht, das Ideal eines heiligen christlichen Lebens und die Sozialarbeit. John Wesley war nicht nur Prediger sondern auch ein ausgezeichneter Organisator, der Armenapotheken und Darlehenskassen gründete, Bücher über Volksmedizin schrieb, und sich für Gefängnisreformen und gegen die Sklaverei engagierte.

In Amerika stellte sich heraus, dass der Methodismus mit den Bedingungen des "Wilden Westens", wo es keine staatlichen oder anderen Strukturen gab, besser zurechtkam, als andere Konfessionen, und im 19. Jahrhundert waren die Methodisten zur grössten Religionsgemeinschaft in den USA geworden. In dieser Zeit entwickelte sich in den USA auch ein deutschsprachiger Zweig der Methodisten, die Evangelische Gemeinschaft (Evangelical United Brethren Church).

Auf dem europäischen Kontinent fasste der Methodismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Fuß, in erster Linie durch zurückkehrende Auswanderer, die in Amerika Methodisten geworden waren, aber parallel dazu auch durch Missionare der englischsprachigen Methodisten aus England und den USA, so dass sich der kontinentale Methodismus aus drei methodistischen Zweigen entwickelte, die sich schliesslich zur Evangelisch-methodistischen Kirche vereinigten.


Besonderheiten der Evangelisch-methodistischen Kirche

  • Im Gegensatz zu manchen anderen Freikirchen, ist die evangelisch-methodistische Kirche weltweit gesehen eine der grössten protestantischen Kirchen (es gibt insgesamt mehr Methodisten als Lutheraner oder Reformierte).
  • Durch ihre Grösse und geographische Verteilung auf alle Kontinente umfasst sie ein vergleichsweise weites theologisches Spektrum in der protestantischen Mitte (weder extrem liberal noch fundamentalistisch).
  • Kindertaufe ist die Regel, führt aber nicht zur automatischen Mitgliedschaft: Methodist ist nur, wer sich als Erwachsene bewusst dafür entscheidet, der methodistischen Kirche beizutreten und aktiv am Gemeindeleben teilzunehmen (es gibt in jeder Methodistischen Kirche auch mehr oder weniger zahlreiche Gäste, die keine offiziellen Mitglieder sind aber ebenfalls am Gemeindeleben teilnehmen).
  • Die Laien (ehrenamtliche Mitarbeiter ohne Theologiestudium) haben bei den Methodisten einen grossen Stellenwert, sowohl in der Gemeinde selbst, wo sie auch Predigt und Führungsaufgaben übernehmen können, als auch bei der Willensbildung in den Konferenzen auf allen Ebenen, zu denen gleichviele Laien wie Pfarrer delegiert werden.
  • Die evangelisch-methodistische Kirche ist eine Kirche, die sich bewusst in der Oekumene engagiert und für Christen anderer Konfessionen offen ist. Zur Abendmahlsfeier sind nicht nur Bekehrte, Glaubende oder Mitglieder der eigenen Kirche zugelassen, sondern jeder, der Gottes Vergebung sucht und das aufrichtige Verlangen hat, an der Tischgemeinschaft Jesu Christi teilzunehmen.
  • Gemeinschaft und soziale Tätigkeit sind für für Methodisten ein wesentlicher Bestandteil des christlichen Lebens.


Organisation

Die Evangelisch-methodistische Kirche ist lokal und weltweit stark vernetzt, im Gegensatz zu anderen Freikirchen, die die Selbständigkeit der Gemeinden betonen.

Die Pfarrer sind nicht von der Gemeinde, sondern von der übergeordneten Konferenz angestellt und wechseln alle paar Jahre zu einer andern Gemeinde. Im deutschsprachigen Raum erfolgt ihre Ausbildung in der Regel im Theologischen Seminar der Evangelisch-methodistischen Kirche in Reutlingen. Als Freikirche verzichtet die Evangelisch-methodistische Kirche auf den Einzug von Kirchensteuern; sie finanziert sich allein durch freiwillige Beiträge ihrer Mitglieder.

Ein weiteres Kennzeichen der Methodisten sind die Konferenzen, paritätisch aus Pfarrern und Laien zusammengesetzte Gremien, über Glaubens- und Verwaltungsfragen bis hin zur Kirchenordnung der Gesamtkirche entscheiden. Es gibt Konferenzen auf lokaler, regionaler und gesamtkirchlicher Ebene. In Europa gibt es drei Zentralkonferenzen, die jeweils die unter der Leitung eines Bischofs stehen: