„Erinnerungsverfälschung“ – Versionsunterschied

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Der Begriff '''Erinnerungsverfälschung''' oder '''Erinnerungsfälschung''' bezeichnet in der Gedächtnisforschung das unabsichtliche Verfälschen von [[Gedächtnis]]<nowiki></nowiki>inhalten. Eine besondere Form der Erinnerungsfälschung sind '''Pseudoerinnerungen'''. Sie unterscheiden sich von der bewussten [[Falschaussage]] ([[Lüge]]) dadurch, dass der Betreffende selbst seine Aussage für richtig hält.
Der Begriff '''Erinnerungsverfälschung''' oder '''Erinnerungsfälschung''' bezeichnet in der Gedächtnisforschung das unabsichtliche Verfälschen von [[Gedächtnis]]<nowiki></nowiki>inhalten. Es unterscheidet sich von der bewussten [[Falschaussage]] ([[Lüge]]) dadurch, dass der Betreffende selbst seine Aussage für richtig hält. Eine besondere Form der Erinnerungsfälschung sind '''Pseudoerinnerungen'''. Diese seien laut Oskar B. Scholz "erfolgreich eingeredete, aber nicht erlebte Ereignisse".<ref name="Jansen 2012" />

Pseudoerinnerungen seien laut Oskar B. Scholz "erfolgreich eingeredete, aber nicht erlebte Ereignisse" oder "erfolgreich ausgeredete, jedoch tatsächliche Ereignisse".<ref name="Jansen 2012" /> Im Rahmen von Gerichtsverfahren müsse man jedoch laut Scholz unterscheiden, dass bei der Pseudoerinnerung die "Manipulation in zeitlich vorangegangenen Befragungen" erfolge, während beim [[Falschinformationseffekt]] "das relevante Detail des Tatgeschehens in dem entscheidenden Gespräch durch die befragende Person manipuliert" werde.<ref name="Jansen 2012" />
Die [[Bezeichnung]] "Erinnerungsverfälschung" sei 1886 von [[Emil Kraepelin]] eingeführt worden.<ref name="Blom 2010" /> "Von der Erinnerungsfälschung – Phantasma des Gedächtnisses – (ein überhaupt nicht Erlebtes wird als erlebt vorgestellt) unterscheide man (mit G. E. Müller 215 III, S 320) die Erinnerungsverfälschung: ein erlebtes Ereignis wird in der Erinnerung entstellt."<ref name="Kafka 1922" />
Die [[Bezeichnung]] "Erinnerungsverfälschung" sei 1886 von [[Emil Kraepelin]] eingeführt worden.<ref name="Blom 2010" /> "Von der Erinnerungsfälschung – Phantasma des Gedächtnisses – (etwas überhaupt nicht Erlebtes wird als erlebt vorgestellt) unterscheide man die Erinnerungsverfälschung: ein erlebtes Ereignis wird in der Erinnerung entstellt."<ref name="Kafka 1922" />


== Erläuterungen ==
== Erläuterungen ==

Version vom 20. November 2014, 17:24 Uhr

Der Begriff Erinnerungsverfälschung oder Erinnerungsfälschung bezeichnet in der Gedächtnisforschung das unabsichtliche Verfälschen von Gedächtnisinhalten. Es unterscheidet sich von der bewussten Falschaussage (Lüge) dadurch, dass der Betreffende selbst seine Aussage für richtig hält. Eine besondere Form der Erinnerungsfälschung sind Pseudoerinnerungen. Diese seien laut Oskar B. Scholz "erfolgreich eingeredete, aber nicht erlebte Ereignisse".[1]

Die Bezeichnung "Erinnerungsverfälschung" sei 1886 von Emil Kraepelin eingeführt worden.[2] "Von der Erinnerungsfälschung – Phantasma des Gedächtnisses – (etwas überhaupt nicht Erlebtes wird als erlebt vorgestellt) unterscheide man die Erinnerungsverfälschung: ein erlebtes Ereignis wird in der Erinnerung entstellt."[3]

Erläuterungen

Da Wahrnehmung und Erinnern aktive Verarbeitungsprozesse sind, können dabei manchmal Fehler auftreten. Während Wahrnehmungstäuschungen bereits seit längerem untersucht und erforscht wurden, war dies bei Erinnerungstäuschungen erst seit den 1960er Jahren in vergleichbarer Form der Fall. Seitdem ist es in Experimenten gelungen, durch unterschiedliche Verfahren die Erinnerungen von Probanden in Bezug auf schwerwiegende Einzelheiten zu verzerren oder gar Pseudoerinnerungen an neue Ereignisse ins Gedächtnis einzupflanzen.

Erinnerungsfälschungen können als Folge einer Suggestion oder einer Hypnose wie auch spontan (ohne äußere Beeinflussung) unter Stress oder bei Erschöpfungszuständen auftreten. Der Begriff ist damit methodisch abgrenzbar gegen pathologische Wahnvorstellungen, wie sie als Symptom einiger psychischer Störungen auftreten können. Wesentlich ist, dass die gedankliche und gefühlsmäßige Reproduktion des Gedächtnisinhaltes als Abbild eines vergangenen, wachbewussten Geschehens erlebt wird - anders als bei einer Erinnerung an einen Traum, eine Vision oder eine aktive Imagination: Dort ist dem Erinnernden bewusst, dass seiner Erinnerung keine solche äußere Realität entspricht. Auch im Fall einer lückenhaften, vagen Erinnerung ist sich der Erinnernde dieser Unvollständigkeit und Unvollkommenheit bewusst.

Hirnphysiologische Experimente (zum Beispiel zur Gesichtserkennung) haben gezeigt, dass auch Gedächtnisinhalte, an die sich ein Mensch korrekt erinnert, die Beteiligung unbewusster psychischer Abläufe in entscheidendem Umfang erfordert: Entgegen gängiger Annahme können nicht alle zutreffend reproduzierbaren Gedächtnisinhalte vor ihrer Speicherung vollständig durch das Nadelöhr des Bewusstseins laufen, sie gelangen also nicht oder nur ausnahmsweise in vollem Umfang zur Bewusstheit.

Experimente

Berühmtheitsfrage

Die Berühmtheitsfrage ist ein Experiment in Bezug auf eine spezielle Form der Erinnerungsfälschung, die sogenannte Quellenverwechslung. In einer ersten Phase des Experiments werden den Versuchspersonen beiläufig mehrere Namen präsentiert, welche diese beispielsweise nach Aussprechbarkeit beurteilen sollen. Am nächsten Tag werden in einer zweiten Phase diese Namen zusammen mit neuen Namen und Namen berühmter Personen dargeboten. Nun sollen die Versuchspersonen entscheiden, welche dieser Namen berühmten Personen zuzuordnen wären. Fälschlicherweise werden hierbei überzufällig oft Namen der am Tag zuvor gelesenen Personen als berühmt genannt. Offenbar war den Probanden nicht bewusst, ob sie diese Namen nun aus Zeitung und Fernsehen oder aus der ersten Phase des Experiments kannten. Unbewusste Prozesse führen dann zu einer Verwechslung der Informationsquelle.

Lost in the mall

Ein Experiment bezüglich Pseudoerinnerungen ist Lost in the mall (deutsch Im Einkaufszentrum verlaufen). Den Versuchspersonen wurden kurze Berichte über Erlebnisse in der Kindheit, die angeblich von Verwandten verfasst wurden, gegeben. Sie sollten sich wieder an diese erinnern, doch sie wussten nicht, dass eine dieser Erzählungen falsch war: Die jeweilige Versuchsperson soll sich im Alter von 5 bis 6 Jahren im Einkaufszentrum verirrt haben und dann von einem Erwachsenen gerettet worden sein. 6 von 24 Versuchspersonen behaupteten, sich daran erinnern zu können, obwohl dieses Ereignis nie stattgefunden hatte.[4][5]

Bugs Bunny in Disneyland

Elizabeth Loftus konstruierte ein Experiment, bei dem Teilnehmern, die in ihrer Vergangenheit im Disneyland waren, ein Treffen mit der Figur Bugs Bunny eingeredet wurde. Diese konnten sich anschließend lebhaft an die Szene erinnern. Dass dieses Treffen augenscheinlich nie passiert sein kann, resultiert aus der Tatsache, dass die Figur zu Warner Brothers gehört und sozusagen striktes Hausverbot im Disneyland hat.[6][7]

Verwandte Begriffe

False-Memory-Phänomene

Durch die False Memory Syndrome Foundation wurde ab dem Jahr 1996 in der amerikanischen Öffentlichkeit der Begriff false memory für die Phänomene der Erinnerungsfälschung bekannt gemacht. Später wurde dieser Begriff von der wissenschaftlichen Literatur übernommen und löste den bereits existierenden Begriff der memory errors ab. Kritiker sind der Meinung, dass die polemische Öffentlichkeitsarbeit der False Memory Syndrome Foundation zu zahlreichen Missverständnissen in Bezug auf diesen Begriff geführt hätte und dieser folglich vermieden werden sollte.

Bedeutung

Die Erinnerungsfälschung spielt nur in Ausnahmefällen eine Rolle, da das menschliche Gedächtnis wichtige Ereignisse im Allgemeinen mit ausreichender Genauigkeit wiedergibt.[8] Nicht haltbar ist jedoch die weit verbreitete Meinung, dass die eigenen Erinnerungen fotografisch exakt mit der damaligen Wirklichkeit übereinstimmen müssten. In der Gedächtnisforschung gilt es als unbestritten, dass Erinnerungen keine objektiven Wiedergaben sind.

Siehe auch

  • Deckerinnerung - falsche Erinnerung deckt früheres und bedeutsameres Erlebnis zu
  • Déjà-vu - psychologisches Phänomen eine neue Situation schon einmal erlebt, gesehen oder geträumt zu haben
  • Fehlinformationseffekt
  • Hypnotische Regression
  • Kryptomnesie - unterschwellige Erinnerungen, die bei deren Auftauchen dazu führen, dass sich jemand fälschlicherweise, aber gutgläubig als Urheber eines Gedankens oder einer Schöpfung versteht
  • Oneiroid-Syndrom - komplexe Träume, bei denen der Erlebende sich als wach empfindet und die er auch im Nachhinein nicht vom Wachzustand unterscheiden kann. Oneiroide treten auf, wenn Kranke bei funktionierendem Gehirn tage- oder wochenlang nicht ansprechbar sind.
  • Paramnesie
  • Pseudologie
  • Rituelle Gewalt
  • Rückschaufehler
  • Sam Stone - Experiment zur Beeinflussbarkeit von Kindergartenkindern

Literatur

  • David G. Myers, Svenja Wahl, Siegfried Hoppe-Graff: Psychologie. Springer 2008, ISBN 978-3-540-79032-7, S. 416-425 (Auszug in der Google-Buchsuche)
  • Elizabeth Loftus: Creating False Memories. Scientific American, September 1997, Vol 277 #3, S. 70-75 (Online-Kopie)
  • Melanie Caroline Steffens, Silvia Mecklenbräuker: False Memories. Phenomena, Theories, and Implications. Journal of Psychology 2007, Vol 215(1):12-24 (Online-Kopie (PDF; 632 kB))

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Gabriele Jansen: Zeuge und Aussagepsychologie. 2. Auflage. C. F. Müller, Heidelberg 2012, ISBN 978-3-8114-4861-2, S. 226–227 (Auszug (Google)).
  2. Jan Dirk Blom: A Dictionary of Hallucinations. Springer, New York 2010, ISBN 978-1-4419-1223-7, S. 320 (Auszug (Google)).
  3. Hans W. Gruhle: Psychologie des Abnormen. In: Gustav Kafka (Hrsg.): Handbuch der vergleichenden Psychologie. Band 3. Reinhardt, München 1922, S. 34 (online).
  4. David G. Myers, Svenja Wahl, Siegfried Hoppe-Graff: Psychologie. Springer 2008, ISBN 978-3-540-79032-7, S. 424 (Auszug in der Google-Buchsuche)
  5. Elizabeth Loftus: Creating False Memories. Scientific American, September 1997, Vol 277 #3, S. 70-75 (Online-Kopie)
  6. Werner Stangl:Das Vergessen - Einige Forschungsergebnisse zum Erinnern und zum "False-Memory-Syndrome" – Artikel zum False Memory Syndrome
  7. Robert Sternberg: Cognitive Psychology. Cengage Learning, 2008, ISBN 9780495506294, S. 240-241 (Auszug (Google))
  8. Die Validität des autobiographischen Gedächtnisses. In: Kindheit und Entwicklung. 11 (4) Hogrefe-Verlag, Göttingen 2002, S. 234.