Desiderius-Erasmus-Stiftung

Die Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) mit Sitz in Berlin wurde 2015 von der Alternative für Deutschland (AfD) gegründet. Benannt wurde sie nach Erasmus von Rotterdam, einem Gelehrten des Renaissance-Humanismus. 2018 wurde sie von der AfD als parteinahe Stiftung anerkannt.

Geschichte

Die Stiftung wurde am 20. März 2015 in Berlin in den Räumen der Bundesgeschäftsstelle der Partei Alternative für Deutschland zunächst in der Rechtsform eines Vereins gegründet. Eine Eintragung als parteinahe Stiftung in das Vereinsregister sollte beantragt werden. Gründungsmitglieder waren die damaligen AfD-Parteivorsitzenden Bernd Lucke (heute Liberal-Konservative Reformer), Frauke Petry (heute Die Blaue Partei), Konrad Adam (heute einfaches Mitglied) sowie deren juristischer Vertrauter Michael Muster (heute Die Blaue Partei), des Weiteren Götz Frömming (AfD-MdB), Gerhard Fischer (Schatzmeister und Geschäftsführer, früher für die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung tätig) und Georg Pazderski (AfD-MdA und Landessprecher der AfD Berlin).[1]

Zum Vorstandsvorsitzenden der Stiftung wurde bei ihrer Gründung Konrad Adam gewählt. Der Publizist wird dem rechtskonservativen AfD-Flügel zugerechnet und war damals einer von drei Vorsitzenden im Parteivorstand. Adam wehrte sich zu dieser Zeit mit anderen Parteimitgliedern offen dagegen, die AfD – wie von Parteigründer Bernd Lucke ursprünglich geplant – künftig von nur einem Sprecher führen zu lassen. Da Adam dann nicht mehr Co-Vorsitzender gewesen wäre, hätte der Stiftungsposten als Entschädigung gewertet werden können, schrieb der Spiegel 2015.[2]

Die Haltung der AfD zu Parteistiftungen in Deutschland ist gespalten. Der Stiftungsvorsitzende Konrad Adam bezeichnete Parteistiftungen noch im Januar 2017 als „Misswuchs der bundesrepublikanischen Demokratie“.[3]

Am 10. Dezember 2016 wurde (im dritten Anlauf) mit 34 Gründungsmitgliedern schließlich die Desiderius-Erasmus-Stiftung als Stiftung in Frankfurt am Main gegründet. Konrad Adam wurde wieder zum Vorsitzenden gewählt.[4] Anfang April 2017 wurde er jedoch wegen angeblich nicht abgesprochenen Vorgehens wieder abgewählt.[5] Er wurde von Peter Boehringer abgelöst, auf den nach dessen Wahl zum Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages im März 2018 die ehemalige CDU-Politikerin Erika Steinbach folgte.[6]

Seit Anfang 2018 gab es eine Kontroverse in der AfD darüber, welche Stiftung bzw. welcher Verein zur AfD-Stiftung erhoben werden sollte. Die rechtsnationale Gustav-Stresemann-Stiftung konkurrierte mit der Desiderius-Erasmus-Stiftung um die Gunst des Parteivorstands. Der Partei- und Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland befürwortet die Gustav-Stresemann-Stiftung, während die Fraktionsvorsitzende Alice Weidel der Desiderius-Erasmus-Stiftung nahesteht.

Am 13. April 2018 sprach sich der Bundesvorstand der AfD für die Anerkennung der Desiderius-Erasmus-Stiftung aus, wobei die endgültige Entscheidung beim Bundesparteitag am 30. Juni 2018 fallen sollte. Laut WDR und NDR wollte sich die Stiftung zu einem späteren Zeitpunkt nach Gustav Stresemann umbenennen, sofern dies namensrechtlich möglich gewesen wäre.[7][8][9] Beim AfD-Konvent am 6. Mai wurde jedoch vorerst beschlossen, in unmittelbarer Zeit keine Stiftung als parteinah zu bezeichnen. Grundlage für die Entscheidung war Kritik an parteinahen Stiftungen an sich.[10]

Nach monatelanger Kontroverse ist die Entscheidung auf dem Bundesparteitag der AfD am 30. Juni 2018 in Augsburg zugunsten der Desiderius-Erasmus-Stiftung gefallen. Fast zwei Drittel stimmten für die von der früheren CDU-Bundestagsabgeordneten und ehemaligen Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach geleitete Stiftung. Gleichzeitig soll die Möglichkeit der Umbenennung in Gustav-Stresemann-Stiftung geprüft werden.[11]

Vorstand

Dem Vorstand der Stiftung gehören an:[12]

Kuratorium

Am 20. März 2018 benannte die Desiderius-Erasmus-Stiftung erste Kuratoriumsmitglieder (Stiftungsrat).[15] Im April und Juni 2018 wurde das Kuratorium ergänzt.[16] Derzeit (Stand: August 2018) gehören ihm an:[17]

Ziele

Bei der Gründung des Vereins 2015 wurde erklärt, die Stiftung wolle „die staatsbürgerliche Bildung fördern, wissenschaftliche Untersuchungen in Gang bringen, der internationalen Verständigung dienen sowie die wissenschaftliche Aus- und Weiterbildung begabter junger Menschen unterstützen“.[1][2]

AfD-Sprecher Christian Lüth erklärte zur Notwendigkeit der Stiftungsgründung, sie könne Aufgaben wahrnehmen, die eine AfD nicht wahrnehmen könne. So könne sie Ideen zur Bildungs- oder Europapolitik entwickeln. „Die können Anstöße für Debatten auch innerhalb der AfD liefern“, sagte Lüth 2015. Sie wolle als „separater Thinktank“ arbeiten.[2]

Konrad Adam äußerte in seiner Zeit als Stiftungsvorsitzender, er wolle in dem Thinktank Leute zur Weiterentwicklung der Partei zusammenbringen. „Sie sollte das Profil der AfD weniger schärfen als glätten – so dass die Partei schließlich ein freundlicheres Aussehen bekommt.“ wird er von der Berliner Morgenpost Mitte Januar 2018 zitiert.[21]

Finanzierung

Der Stiftung könnten aus der staatlichen Finanzierung für Parteistiftungen bis zu 80 Millionen Euro im Jahr zukommen. Bei Gründung gab die AfD an, auf Bundesebene stünden etwa 450 Millionen Euro zur Verfügung.[4]

Einzelnachweise

  1. a b Konrad Adam. Abgerufen am 23. Januar 2018.
  2. a b c Rechtspopulisten: Lucke-Kritiker wird Chef der neuen AfD-Stiftung. In: Spiegel Online. 23. März 2015 (spiegel.de [abgerufen am 23. Januar 2018]).
  3. Erasmus von Rotterdam und die AfD. Abgerufen am 23. Januar 2018.
  4. a b Tilman Steffen: Parteistiftung: AfD will mit Stiftung an Steuergeld. In: Die Zeit. 6. Januar 2017, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 23. Januar 2018]).
  5. AfD-nahe Stiftung setzt Adam als Vorsitzenden ab, PANORAMA vom 24. April 2017, abgerufen am 4. März 2018
  6. Erika Steinbach neue Vorsitzende AfD-naher Stiftung. Frankfurter Rundschau, 4. März 2018
  7. Vorstandsbeschluss AfD-Spitze will Desiderius-Erasmus-Stiftung anerkennen, Der Spiegel 13. April 2018
  8. Alternative für Deutschland AfD entscheidet sich für Desiderius-Erasmus-Stiftung, Zeit online 13. April 2018
  9. Parteinahe Stiftung AfD-Parteispitze entscheidet sich für Desiderius-Erasmus-Stiftung 13. April 2018
  10. taz.de: Stiftungsmillionen rücken in die Ferne. 7. Mai 2018, abgerufen am 7. Mai 2018.
  11. AfD erkennt Stiftung von Erika Steinbach als parteinah an faz.net. Abgerufen am 30. Juni 2018
  12. Stiftungsverein. In: Webseite der Desiderius-Erasmus-Stiftung. Abgerufen am 9. September 2018.
  13. Wie sich die AfD mit ihrer Stiftung in die bürgerliche Mitte vorgräbt. In: HuffPost Deutschland. 27. Juli 2018 (huffingtonpost.de [abgerufen am 29. Juli 2018]).
  14. Melanie Amann: Rechtspopulisten: AfD streitet erbittert über Stiftung. In: Spiegel Online. 31. März 2018 (spiegel.de [abgerufen am 29. Juli 2018]).
  15. Desiderius-Erasmus-Stiftung benennt erste Kuratoriumsmitglieder – Erasmus Stiftung. Abgerufen am 6. April 2018 (deutsch).
  16. Ergänzung des Kuratoriums. Abgerufen am 25. April 2018 (deutsch).
  17. Kuratorium – Erasmus Stiftung. Abgerufen am 7. August 2018 (deutsch).
  18. Patrizia von Berlin: AfD-nahe Erasmus-Stiftung wählt Prof. Max Otte zum Vorsitzenden des Kuratoriums. In: Philosophia perennis. 17. Juni 2018, abgerufen am 23. Juni 2018.
  19. Webseite Kulturhaus Loschwitz
  20. Institut für Weltmusik und transkulturelle Musikforschung, HfMT Köln: Institutsleiter. Abgerufen am 13. August 2018 (englisch).
  21. Leon Scherfig: AfD will mit Desiderius-Erasmus-Stiftung Zuschüsse erhalten. (morgenpost.de [abgerufen am 29. Januar 2018]).