Bettina Encke von Arnim

Bettina Encke von Arnim (* 3. Mai 1895 in Zernikow, heute Großwoltersdorf; † 28. Februar 1971 in Waldbröl) war eine deutsche Malerin.

Leben und Wirken

Herkunft, Kindheit und Jugend

Bettina Encke von Arnim, Urenkelin der bedeutenden deutschen Romantiker Bettina und Achim von Arnim, wurde am 3. 5. 1895 als ältestes Kind von Erwin Kühnemund und Agnes von Arnim auf dem elterlichen Gut Zernikow im Kreis Ruppin geboren.

Von 1917-1920 studierte sie im revolutionären Berlin Malerei an der Malschule des Vereins der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen zu Berlin - einer ‚Ersatz‘-Akademie für Frauen, die in Preußen bis 1919 per Gesetz keine Hochschulzulassung bekamen -, bei den Berliner Secessionisten Leo von König und Martin Brandenburg sowie bei Johann Walter-Kurau.

Am 8.5.1921 heiratete sie den Bürgerlichen Walther Encke. Aus der Ehe gingen die beiden Töchter Gunhilt (1922-2013) und Ortrud (*1923) hervor.

Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus

Ehe und Familie ließen Bettina Encke von Arnim oftmals nicht den Freiraum, den sie sich zur Entfaltung ihrer malerischen Tätigkeit wünschte, obwohl sie von ihrem Ehemann ausdrücklich in ihrer Malerei unterstützt wurde. Beide, die in einer eher unkonventionellen Ehe lebten und in ihrer Berliner Wohnung einen kulturellen und politischen Salon führten (die „Sonnabend-Abende“), nahmen als Republikaner und Demokraten aktiv an den aktuellen politischen und kulturellen Diskussionen der Weimarer Zeit teil. Sie versammelten bekannte Künstler, Intellektuelle und Politiker verschiedenster Richtungen um sich (von KPD-Mitgliedern bis hin zu Otto Strasser). Walther Encke wurde gegen Ende der Weimarer Republik sogar Gründungsmitglied und Kandidat der Radikaldemokratischen Partei (RDP), die allerdings bedeutungslos blieb.

Bettina Encke von Arnim, die die Anforderungen dieses Alltagslebens mit ihrer Malerei zu vereinbaren versuchte, malte in dieser Zeit in erster Linie neusachliche Porträts ihrer Zeitgenossen in Öl auf Leinwand oder Papier. Als ihr Mann Walther Encke, der sich 1932 im Zusammenhang mit dem „Preußenschlag“ als einziger Polizeioffizier gegen die Entmachtung der preußischen Regierung stellte, verhaftet, vom Dienst suspendiert und nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten mit Berufsverbot belegt wurde, kam die Tradition der „Sonnabend-Abende“ aus zweierlei Gründen zum Erliegen. Erstens mussten die Enckes die große Schöneberger Dienstwohnung räumen und zweitens war ihre offen demokratische Haltung unter dem neuen Regime auch gefährlich. Sie hielten sich von jetzt an öfter auf Schloss Wiepersdorf auf, nunmehr Witwensitz von Bettinas Mutter Agnes von Arnim. Diese lebte dort inzwischen dauerhaft mit ihren Schwestern und ihren beiden Enkelinnen Ortrud und Gunhilt.

Bettina Encke von Arnim gewährte verfolgten oder diffamierten Freunden Unterstützung. Andere Vertraute wurden verhaftet und ermordet oder gingen ins Exil. So hielt sich der ehemalige jüdische und kommunistische Reichstagsabgeordnete Iwan Katz häufig in Wiepersdorf auf und fand schließlich Unterschlupf in Bettinas Berliner Wohnung. Dem mit der Familie befreundeten Germanisten jüdischer Abstammung Werner Milch bot sich die Möglichkeit, bei seinen Aufenthalten in Wiepersdorf zu Bettina und Achim von Arnim zu forschen, bevor er 1939 ins Exil ging.

Eine Freundschaft verband Bettina Encke von Arnim mit dem als „entartet“ diffamierten Bauhauskünstler Fritz Kuhr, mit dem sie in Berlin eine Ateliergemeinschaft unterhielt. Sie, die trotz der erschwerten Umstände immer noch malerisch produktiv war, tauschte sich künstlerisch mit ihm aus. Es entstanden in dieser Zeit neben den Porträts auch etliche Landschaftsbilder. Fritz Kuhr war häufiger Gast in Wiepersdorf. Die Familie unterstützte den in wirtschaftliche Bedrängnis geratenen Künstler. Als Walther Encke 1941 starb, zog Bettina vollständig nach Wiepersdorf, während sich Iwan Katz in ihrer Berliner Wohnung versteckt hielt.

Kriegsende und unmittelbare Nachkriegszeit

Das Kriegsende erlebte die verwitwete Bettina Encke von Arnim auf Schloss Wiepersdorf mit dem Einmarsch der Roten Armee am 22. April 1945. Nachdem der Eigentümer des Schlosses, ihr Bruder Friedmund von Arnim, nach dem Einmarsch der sowjetischen Soldaten in Zernikow verhaftet worden war – er starb 1946 in einem sowjetischen Arbeitslager –, hatte sie die Verantwortung für Mutter, Tanten und andere Haushaltsmitglieder, und auch für das traditionsreiche Herrenhaus mit seiner Bibliothek und dem umfangreichen Nachlass Bettina und Achim von Arnims.

Aus dem Schloss vertrieben, zur landwirtschaftlichen Subsistenzwirtschaft und zu ständigem Wohnortwechsel innerhalb der Gemeinde gezwungen, darüber hinaus zeitweise inhaftiert, musste sie gemeinsam mit ihrer Familie mit ansehen, wie Schloss und Inventar von Bibliothek und Schriftstellernachlass geplündert und teilweise zerstört wurden. Ihre Malerei kam in dieser Situation vollständig zum Erliegen. Was Bettina Encke von Arnim jedoch, mit persönlicher Unterstützung durch Iwan Katz erreichte, war die Rettung des von der Bodenreform mit Abriss und Vergessen bedrohten Schlosses Wiepersdorf und seines nach den Plünderungen noch verbliebenen Inventars. Sie konnte den Erhalt des Schlosses als „Arbeitsstätte für Schriftsteller Bettina von Arnim“ maßgeblich auf den Weg bringen. Sie selbst und ihre (Rest-)Familie wurden 1947 endgültig aus Wiepersdorf ausgewiesen und flohen in den Westen.

1947 bis 1971

Nach einer ersten Station bei Tochter Ortrud und ihrem Mann Werner Heymach im hessischen Biedenkopf, zog Bettina Encke von Arnim nach Überlingen, wo sie bis kurz vor ihrem Tod 1971 lebte. Das bestimmende Element ihres Lebens war von nun an die Kunst. Sie malte Ölbilder und Aquarelle, zeichnete, fertigte Collagen aus eingefärbtem Japanpapier in einer von ihr entwickelten Technik und Monotypien. Bevorzugte Sujets waren weiterhin Porträts, aber auch Landschaften und Veduten. Obwohl sie die Kubisten, vor allem Picasso, sehr schätzte, arbeitete sie selbst deutlich weniger abstrakt.

Bettina Encke von Arnim fand bald einen eigenen Malerfreundeskreis, reiste viel durch Europa und organisierte etliche Ausstellungen ihrer Werke in Überlingen und Umgebung. Während der Zeit, als sie ein halbes Jahr auf dem Rücken liegend im Krankenhaus verbringen musste, nähte sie mit Hilfe eines speziell gefertigten Tisches Stoffbilder.

1971 erkrankte Bettina Encke von Arnim schwer. Sie starb im Kreis ihrer Familie in Waldbröl, wo sie auch begraben ist.

Ausstellungen

Die Werke Bettina Encke von Arnims wurden zu ihren Lebzeiten unter anderem zunächst in Berlin, nach dem Zweiten Weltkrieg dann in Biedenkopf, Überlingen, Konstanz und Lindau ausgestellt:

Gemeinschaftsausstellung
  • 1962: Gemeinschaftsausstellung mit ihrer Nichte, Bettina von Arnim (Frankreich), im Faulen Pelz, Überlingen
Posthume Retrospektiven
  • Mai 1972 im Faulen Pelz, Überlingen
  • 28. April–19. Mai 1992 im Haus der Kunst, Nümbrecht

Literatur

  • Petra Heymach: Hommage an Bettina Encke von Arnim zu ihrem 100. Geburtsjahr. In: Arnim Nachrichten 1991.
  • Peter Brandt, Axel Kellmann: Walther Encke – ein „radikaldemokratischer“ Berliner Polizeioffizier am Ende der Weimarer Republik. In: Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins. Fünfundvierzigste Folge 1996. Hg. von Sibylle Einholz und Jürgen Wetzel. Berlin, Bonn 1996. S. 119–154.
  • Petra Heymach, Ingo Erhart: Schloß Wiepersdorf im Kreis Jüterbog/Brandenburg. Vom Wohnsitz der Familie von Arnim zum DDR-Künstlerheim „Bettina von Arnim“. 1992.
  • Bettina Encke: Das Schicksal von Wiepersdorf nach dem Zusammenbruch 1945. In: Beiträge zur Geschichte des Geschlechts von Arnim. 1957. S. 393–399.
  • Verena Nolte, Doris Sossenheimer (Hg.): Schloß Wiepersdorf. Künstlerhaus in der Mark Brandenburg Veröffentlichung des Künstlerhauses Schloß Wiepersdorf der Stiftung Kulturfonds. Wallstein Verlag, Göttingen 1997. Darin besonders Petra Heymach, Ingo Erhart: Schloß Wiepersdorf im Ländchen Bärwalde. Chronologie seit dem 18. Jahrhundert. S. 155–165.
  • Schlösser und Gärten der Mark: Wiepersdorf. Hg. von Sibylle Badstübner-Gröger. Berlin, 2. überarbeitete Auflage 1997.