Albvorlandtunnel

Albvorlandtunnel
Verkehrsverbindung Neubaustrecke Wendlingen–Ulm
Länge 8176 m
Anzahl der Röhren 2
Bau
Bauherr Deutsche Bahn
Baubeginn 2016 (geplant)
Betrieb
Freigabe Dezember 2021 (geplant)
Lage
Albvorlandtunnel (Baden-Württemberg)
Albvorlandtunnel (Baden-Württemberg)
Koordinaten
Westportal 48° 39′ 43,3″ N, 9° 22′ 21,8″ O
Ostportal 48° 37′ 47,6″ N, 9° 28′ 10,5″ O

Der Albvorlandtunnel ist ein geplanter, 8.176 m langer Eisenbahntunnel der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm in Baden-Württemberg. Er soll unter anderem den Stadtteil Lindorf der Stadt Kirchheim unter Teck sowie die Bundesautobahn 8 mit der Anschlussstelle Kirchheim-Ost im Bereich des Gewerbegebietes Dettingen unter Teck unterfahren.[1]

Die Röhre zählt zum 11 km langen Planfeststellungsabschnitt 2.1a/b der Neubaustrecke.[2]

Die Deutsche Bahn rechnete im Frühjahr 2014 mit dem Planfeststellungsbeschluss bis Anfang 2015. Nach der Ausführungsplanung sollen die Bauarbeiten im Jahr 2016 beginnen.[3] Laut Angaben der Bundesregierung sei der Planfeststellungsbeschluss in Erarbeitung, die damit verbundene Entscheidung jedoch noch nicht verlässlich absehbar (Stand: Juli 2014).[4]

Verlauf

Das 8176 m lange Bauwerk liegt zwischen den Baukilometern 26,077 und 34,253. Er liegt dabei im Bereich der Gemarkungen Wendlingen am Neckar, Kirchheim unter Teck, Lindorf und Dettingen unter Teck. Das Bauwerk unterquert dabei unter anderem die Bundesautobahn 8 in einem schleifenden Schnitt (km 32,259 bis ca. 33,9). Daneben werden eine Hochdruckgasleitung und eine NATO-Treibstoffleitung unterfahren.[5]

Die Gradiente steigt zum Ostportal durchgehend in wechselnden Steigungen an.[5]

Der Tunnel durchquert Schichten des Unteren und Mittleren Schwarzjuras. Die größte Überdeckung liegt bei etwa 65 m.[6] Die geringste Überdeckung beträgt 9,50 m. Es werden Wasserdrücke bis etwa 45 m Wassersäule erwartet. Dammringe sollen die Längsläufigkeit des Grundwassers verhindern.[5]

An beiden Portalen sind 50 bzw. 80 m lange Bauwerke mit 6 bis 9 m² großen seitlichen Öffnungen gegen den Tunnelknall geplant (km 26,077 bis 26,127 bzw. 34,173 bis 34,253).[5]

Die Güterzuganbindung aus Wendlingen verläuft im westlichen Portalbereich des Albvorlandtunnels in einem eigenständigen, 203 m langen GZA-Tunnel und fädelt anschließend in das Gleis Ulm–Stuttgart des Albvorlandtunnels in einen trompetenförmigen Aufweitungsbereich (km 26,250 bis ca. 26,300) ein.[5]

Die beiden eingleisigen Röhren werden durch Querschläge von 14 bis 24 m Länge, 4,6 m Breite und 4,0 m Höhe miteinander verbunden.[5]

Geschichte

Planung

Nach dem Planungsstand von 1991 war ein kurzer Tunnel vorgesehen, der östlich von Oberboihingen beginnen und nach Unterquerung der Bundesstraße 297 westlich von Dettingen unter Teck enden sollte. Anschließend sollte die Trasse bis Weilheim an der Teck oberirdisch verlaufen. Die Güterzuganbindung sollte vor dem Ostportal des Tunnels in die Neubaustrecke Richtung Ulm einfädeln.[7]

Nach dem Planungsstand von 1995 war der Tunnel mit einer Länge von 4910 m vorgesehen.[8] 2004 war eine Länge von rund 7,9 km vorgesehen.[9] 2007 lag die geplante Länge bei 8175 m.[10]

Später war das Bauwerk mit einer Länge von knapp 10 km geplant. Dem Bauwerk soll westlich ein Damm vorgelagert werden.[11]

Der Erörterungstermin fand im Januar 2010 statt. Mitte Februar 2012 legte die Deutsche Bahn dem Eisenbahn-Bundesamt Unterlagen für die nunmehr sechste Planänderung vor.[12] Vom 12. März bis 11. April 2012 lagen die geänderten Pläne aus. Gegenüber der vorherigen Planung entfiel dabei unter anderem eine bis dahin über den westlichen Voreinschnitt geplante Brücke der Steigäckerstraße und wurde und (neu) durch einen Geh- und Radweg über das Westportal ersetzt.[13] Im Laufe des 2009 begonnenen und im März 2014 abgeschlossenen Anhörungsverfahrens wurde der Zwischenangriff Salzäcker aus der Planung genommen und die Baustelleneinrichtungsfläche am Westportal von Wohnbebauung abgerückt.[14]

Im Rahmen einer um 2012 vorgenommenen Planänderung wurde eine zwischen den Streckenkilometern 26,6 und 26,9 vorgesehene Güterzugüberleitverbindung aus der Planung genommen und eine Überleitstelle außerhalb des Tunnels (Streckenkilometer 34,8 bis 35,2) eingeplant.[14] Laut Angaben der Deutschen Bahn lasse eine Anpassung des Brandschutz- und Rettungskonzeptes eine solche Verbindung im Tunnel nicht zu. Die Überleitstelle soll bei Gleiswechseln mit 100 km/h befahren werden können.[15]

In einem internen Papier von Anfang März 2012 rechnet die Deutsche Bahn unter Umständen mit dem Planfeststellungsbeschluss im Abschnitt 2.1 ab im Jahr 2014, mit dem Baubeginn im Jahr 2015 und mit der Inbetriebnahme der Neubaustrecke im Dezember 2021.[16] Die Deutsche Bahn rechnete im Mai 2012 mit dem Planfeststellungsbeschluss für Ende September 2012.[17] Mitte 2013 rechnete sie mit dem Planfeststellungsbeschluss spätestens im Jahr 2014.[18] Im Frühjahr 2014 rechnete das Unternehmen nunmehr mit dem Beschluss bis Anfang 2015. Nach der Ausführungsplanung sollen die Bauarbeiten im Jahr 2016 beginnen.[3]

Der Planfeststellungsbeschluss erging mit Datum vom 23. März 2015.[14]

Vergabe

Der Bauauftrag wurde im Februar 2015 europaweit ausgeschrieben.[19] Die Angebote sollen bis zum 20. März 2015 eingehen.[20]

Bau

Im Zuge der Bauvorbereitung sollen die Bonackerhöfe (Aussiedlerhöfe zwischen Wendlingen und Lindorf) abgebrochen werden.[17]

Der Baubeginn war im Mai 2012 für Mitte 2014 geplant. Als eine der ersten Maßnahmen sollte dabei die Umfahrung der Steigäckerstraße (im Bereich des Westportals) entstehen. Der eigentliche Tunnelvortrieb sollte Anfang 2015 beginnen.[17] Die Bauarbeiten sollen nunmehr (Stand: Februar 2015) Ende 2015 beginnen.[20]

Von 3,2 Millionen Kubikmetern Ausbruchsmaterial sollten 1,9 Millionen Kubikmeter zu Lärmschutzwällen aufgeschüttet werden.[21] Der zwischen den Stadtteilen Lindorf und Ötlingen vorgesehene Wall wurde nach einer Einwendung des Kreisbauernverbandes Esslingen, der sich mit Verweis auf knappes Ackerland gegen diese Wälle aussprach, Ende 2010 durch das Regierungspräsidium Stuttgart verworfen. Stattdessen ist nun geplant, das Aushubmaterial weitgehend über die A 8 abzutransportieren.[22] Der geplante Wall sollte bei einer Breite von 90 m eine Höhe von bis zu 18 m erreichen.[23] Durch den Verzicht auf den Wall bleiben rund 20 Hektar landwirtschaftliche Anbaufläche erhalten.[24]

Die Deutsche Bahn erwägt, eine Tunnelvortriebsmaschine für den Bau des Tunnels einzusetzen. Bei konventionellem Vortrieb soll auf Höhe der Autobahnausfahrt Kirchheim-West ein 314 m langer Zwischenangriff entstehen, der Vortrieb in beiden Richtungen erfolgen und der Abraum über ein 3,8 km langes Förderband entlang der Autobahn abtransportiert werden.[20]

An der A 8 sind sechs vorübergehende Anschlussstellen für den Baustellenverkehr entstehen.[20]

Am Westportal soll ein Aussichtspunkt entstehen.[25]

Für den Planfeststellungsabschnitt ist eine Bauzeit von 46 Monaten vorgesehen.[20]

Kosten

Die in einem Zeitungsbericht im April 2014 kommunizierten Kosten von etwa 270 Millionen Euro hielt die Bundesregierung Mitte 2014 für plausibel.[3][4] Bei Abschluss der Finanzierungsvereinbarung der Neubaustrecke, im April 2009, wurde mit Rohbaukosten von rund 16,5 Millionen Euro je Kilometer und Röhre für den Albvorlandtunnel gerechnet.[26] Für den gesamten Planfeststellungsabschnitt 2.1 sind, zum Preisstand von 2010, Kosten von 798,7 Millionen Euro veranschlagt.[4]

Der Unternehmer Martin Herrenknecht kritisierte im August 2012, dass ein kostengünstigerer Maschinenvortrieb in der Ausschreibung nicht zugelassen sei.[27] Das Unternehmen Herrenknecht hat inzwischen ein Angebot abgegeben (Stand: November 2012).[28]

Einzelnachweise

  1. 24 Stunden am Tag wird gebaut. In: Der Teckbote, 14. Mai 2009.
  2. 550 Einwände gegen das Projekt. In: Stuttgarter Zeitung, 17. Januar 2010.
  3. a b c Michael Deufel: Graben im Akkord. In: Stuttgarter Nachrichten. Nr. 86, 12. April 2014, S. 20 (online).
  4. a b c Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Matthias Gastel, Harald Ebner, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/2123 – Sachstand Neubaustrecke Wendlingen–Ulm. Band 18, Nr. 2239, 25. Juli 2014, ISSN 0722-8333, S. 8 (PDF).
  5. a b c d e f Matthias Breidenstein, Stefan Kielbassa, Herwig Ludwig: Ein Überblick über die Tunnel der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm. In: Tunnel. Offizielles Organ der STUVA. Band 32, Nr. 2. Bauverlag, März 2013, ISSN 0722-6241, S. 28–40.
  6. Hany Azer, B. Engel: Stuttgart 21 und NBS Wendlingen–Ulm. In: Tunnel, Heft 7/2009, ISSN 0722-6241, S. 12–24 (PDF, 290 kB).
  7. Deutsche Bundesbahn, Projektgruppe NBS der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Information Ausbau- und Neubaustrecke Stuttgart – Augsburg. Zwölfseitiges Leporello, Stuttgart, Juni 1991.
  8. Deutsche Bahn AG, Regierungspräsidium Stuttgart (Hrsg.): Ausbau- und Neubaustrecke Stuttgart–Augsburg. Abschnitt Stuttgart–Ulm. Bereich: Wendlingen–Ulm. 1. Ausgabe August 1995, Planungsstand von August 1995.
  9. Peter Marquart: Die Geologie weist ihren Weg – Tunnelbau in den Gebirgsformationen rund um Stuttgart und auf der Schwäbischen Alb. In: geotechnik, 27 (2004), Nr. 2, S. 99–103, ISSN 0172-6145.
  10. Wolfgang Feldwisch: Großprojekte der Bahn als Herausforderung für den Tunnelbau. In: Geotechnik, 30 (2007), Nr. 4, ISSN 0172-6145, S. 217–225.
  11. DBProjekt GmbH, Stuttgart 21 (Hrsg.): Planfeststellungsunterlagen: Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart. Ausbau- und Neubaustrecke Stuttgart - Augsburg, Bereich Stuttgart - Wendlingen mit Flughafenanbindung: Abschnitt 1.1, Talquerung mit Hauptbahnhof. Bau-km -0.4 -42.0 bis +0.4 +32.0. Erläuterungsbericht Teil I: Allgemeiner Teil. Planfestgestelltes Dokument vom 28. Januar 2005, S. 11.
  12. Volker Kefer: Stuttgart 21 und NBS Wendlingen-Ulm Unterlage für den Prüfungs- und Complianceausschuss (PCA) der DB und den Lenkungskreis (LK) S21. Berlin/Stuttgart, 23. März 2012 (PDF, 0,9 MB), S. 28.
  13. s’Blättle, Nr. 10, Wendlingen am Neckar, 9. März 2012 (PDF, 0,9 MB), S. 2.
  14. a b c Eisenbahn-Bundesamt (Hrsg.): Planfeststellungsbeschluss gemäß §§ 18 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG), 78 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) für die Vorhaben „PFA 2.1 a/b, NBS Wendlingen - Ulm, Albvorland“, in den Gemeinden Wendlingen am Neckar, Oberboihingen, Kirchheim unter Teck und Dettingen unter Teck Bahn-km 25,200 bis 36,260 der Strecke Wendlingen – Ulm und „Verlegung der Landesstraße L 1250 zwischen Wendlingen und Oberboihingen“. Stuttgart 23. März 2015 (PDF-Datei).
  15. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4405 – Aktueller Planungs- und Realisierungsstand bei der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm sowie deren Leistungsfähigkeit. Band 18, Nr. 4555, 7. April 2015, ISSN 0722-8333, S. 2 (PDF-Datei).
  16. Thomas Wüpper: Bahn rechnet intern mit weiterer Verspätung. In: Stuttgarter Zeitung, Jg. 68, Nr. 93, 21./22. April 2012, S. 21 (ähnliche Fassung online).
  17. a b c ICE-Baustelle: Bürger fürchten Lkw-Verkehr. In: Kirchheimer Zeitung (Onlineausgabe), 14. Mai 2012.
  18. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ute Kumpf, Michael Groß, Christian Lange (Backnang), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD – Drucksache 17/13198 – Sachstand wichtiger Verkehrsprojekte für Baden-Württemberg (PDF; 282 kB). Drucksache 17/13846 vom 6. Juni 2013, S. 2.
  19. Deutschland-Stuttgart: Bau von Eisenbahntunnels Dokument 2015/S 031-052875 vom 13. Februar 2015 im Elektronischen Amtsblatt der Europäischen Union.
  20. a b c d e Christian Milankovic: Großbaustelle im Albvorland. In: Stuttgarter Zeitung. Nr. 37, 14. Februar 2015, S. 26.
  21. ICE-Trasse: Kreisbauernverband wehrt sich gegen Aushub auf Äckern. In: Teckbote, 7. August 2010.
  22. Kein Lärmschutz für Kirchheim. In: Stuttgarter Zeitung, 29. Dezember 2010.
  23. Lärmschutz soll geprüft werden. In: Filderzeitung, 4. Februar 2011.
  24. Traum vom Lärmschutz geplatzt. In: Stuttgarter Nachrichten (Onlineausgabe), 12. Februar 2011.
  25. Philipp Langefeld, Gerald Lindner, Stefan Penn: Die Neubaustrecke Wendlingen – Ulm, ein Projekt am Übergang von der Planungs- zur Bauphase. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Nr. 12, 2012, ISSN 0013-2845, S. 16–20.
  26. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/4001 – Aktuelle Entwicklungen bei der geplanten Neubaustrecke Wendlingen–Ulm (PDF; 105 kB). Drucksache 17/4293 vom 17. Dezember 2010.
  27. Konstantin Schwarz: Herrenknecht greift die Bahn-Planer an. In: Stuttgarter Nachrichten, Nr. 185, 11. August 2012, S. 22 (online).
  28. Stefan Hupka: Herrenknecht: Südbadens Trumpf sind die Fachkräfte. In: Badische Zeitung (Onlineausgabe), 24. November 2012.