Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1959

André Darrigade siegte bei den Profis.
Alter und neuer Amateur-Weltmeister:
Täve Schur (DDR)
Elfriede Vey (DDR), einzige Deutsche im Klassement (9.)

Die Straßenradsport-Weltmeisterschaften 1959 fanden im Laufe des Monats August im niederländischen Zandvoort und im belgischen Rotheux statt. Die Profifahrer trugen die WM zum 26. Mal aus, die Amateurmeisterschaft fand zum 32. Mal statt und die Frauen trugen ihre Weltmeisterschaft zum zweiten Mal aus. Die neuen Weltmeister waren André Darrigade aus Frankreich bei den Berufsfahrern, Gustav-Adolf Schur (DDR) als Titelverteidiger bei den Amateuren und die Belgierin Yvonne Reynders bei den Frauen.

Rennstrecke

Die Weltmeisterschaftsrennen wurden auf dem unmittelbar an der Nordseeküste gelegenen Formel-1-Rundkurs Circuit Park Zandvoort ausgetragen. Die mit Bitumenpflaster und Rauhasphalt ausgestattete Strecke wies ein im Wesentlichen flaches Profil auf und hatte ihre Schwierigkeiten lediglich in einigen scharfen Kurven und engen Passagen. Für die Rennen war ein 10,43 Kilometer langer Rundkurs abgesteckt worden, den die Profifahrer 28-mal, die Amateure 18-mal und die Frauen siebenmal absolvieren mussten.

Profis

Bei den Profis waren vor 170.000 Zuschauern am Sonntag, dem 16. August, 69 Fahrer am Start, von denen 44 das Ziel erreichten. Unter ihnen waren die fünf deutschen Fahrer Gunther Debussmann, Friedhelm Fischerkeller, Lothar Friedrich, Hennes Junkermann und Franz Reitz. Es waren 28 Runden mit einer Gesamtlänge von 292 km zu bewältigen, als Handicap erwies sich der starke Wind von der Nordsee her.

Nach der siebten Runden setzte sich eine Spitzengruppe mit dem späteren Weltmeister André Darrigade ab, zu der auch der deutsche Fahrer Friedhelm Fischerkeller gehörte. Schließlich kamen acht Fahrer mit einem Stundenmittel von 38,250 km nach 7 Stunden, 30 Minuten und 43 Sekunden zeitgleich ins Ziel, im Endspurt war der Franzose Darrigade der schnellste vor dem Italiener Michele Gismondi und Noël Foré aus Italien.

Bester deutscher Fahrer war der Kölner Fischerkeller, der im Vorjahr noch bei den Amateuren gestartet war. Er beendete das Rennen als Sechster, zeitgleich mit dem Sieger. Der Deutsche Meister und Tour-de-Suisse-Sieger 1959 Hennes Junkermann erreichte in der Verfolgergruppe mit 22 Sekunden Rückstand den 12. Platz. Der Weltmeister von 1958, der Italiener Ercole Baldini landete diesmal nur auf Rang 25.

Amateure

An der 32. Amateur-Weltmeisterschaft, bei der eine Distanz von 189 km zu bewältigen war, beteiligten sich am 15. August 94 Fahrer aus 21 Ländern, darunter auch Fahrer aus den beiden deutschen Radsportverbänden. Nur 59 Teilnehmer erreichten das Ziel. Der Deutsche Radsport-Verband der DDR (DRSV) hatte sechs Fahrer nominiert: Bernhard Eckstein, Erich Hagen, Günter Lörke, Johannes Schober, der Vorjahres-Weltmeister und DDR-Meister Gustav-Adolf Schur und Manfred Weißleder. Vom Bund Deutscher Radfahrer beteiligten sich ebenfalls sechs Akteure: Alfred Heckemüller, Lippeck, Werner Limbach, Günter Reisenauer, Ludwig Troche und der Deutsche Meister Günter Tüller. Mit Schur ging erstmals ein amtierender Weltmeister an den Start.

Zu Beginn der 5. Runde hatte sich eine sechsköpfige Ausreißergruppe gebildet, unter ihnen der Schweizer Schleuniger und der Österreicher Varga. Sie wurde jedoch schnell wieder vom Hauptfeld eingefangen. In der 10. Runde versuchten erneut fünf Fahrer sich vom Feld abzusetzen, angeführt vom Italiener Zorzi. Eine Runde später war die Gruppe auf zehn Fahrer angewachsen. Die beiden DDR-Fahrer Schur und Hagen sorgte dafür, dass sich weitere 13 Akteure vom Hauptfeld absetzen konnten, dass jedoch die Spitzengruppe nie mehr als eine Minute davonfahren ließ.

Nachdem in der 14. Runde noch einmal einen Ausreißversuch gestartet wurde, setzte Weltmeister Schur zur entscheidenden Attacke an. In der letzten Runde gelang es ihm, sich mit einem starken Antritt vom inzwischen wieder vereinigten Hauptfeld abzusetzen. Ihm konnte nur noch der Niederländer Maliepaart folgen, dahinter übernahmen die DDR-Fahrer die Aufgabe, das Feld zu bremsen. 270 Meter vor dem Ziel zog der Niederländer den Schlussspurt an, 100 Meter vor dem Zielstrich lagen beide Fahrer gleichauf und zum Schluss siegte Schur mit einer halben Reifenbreite und verteidigte damit seinen Weltmeisterschaftstitel erfolgreich.

Frauen

Die nach 1958 erst zum zweiten Mal ausgetragene Weltmeisterschaft der Frauen fand am Sonntag, 2. August getrennt von den anderen Veranstaltungen in Rotheux statt.[1] 30 Rennfahrerinnen waren an den Start der 72 km langen Strecke gegangen, nur 13 Teilnehmerinnen erreichten das Ziel. Nach einer Stunde, 53 Minuten und 32 Sekunden stand mit der 22-jährigen Belgierin Yvonne Reynders mit einem Stundenmittel von 21,29 km die neue Weltmeisterin fest. Die einzige Deutsche im 13er-Feld war die DDR-Fahrerin Elfriede Vey, die als 9. den Zielstrich überfuhr. Überraschend stark erwiesen sich die sowjetischen Teilnehmerinnen, die die Plätze 2, 3, 6 und 11 erspurteten. Von den drei Erstplatzierten der Frauen-WM 1958 war nur die sowjetische Fahrerin Maria Lukschina (6.) unter den 13 gewerteten Teilnehmerinnen.

Ergebnisse

Profis
PlatzNameLandZeit
01André DarrigadeFrankreich FRA7:30:43 h
02Michele GismondiItalien ITA+ 0 min
03Noël ForéBelgien BEL+ 0 min
04Tom SimpsonVereinigtes Konigreich GBRalle
+ 0 min
05Diego RonchiniItalien ITA
06Ab GeldermansNiederlande NED
07Friedhelm FischerkellerDeutschland GER
08Coen NiestenNiederlande NED
09Jacques AnquetilFrankreich FRAalle
+ 0:22 min
10Angelo ConternoItalien ITA
11Frans SchoubbenBelgien BEL
12Hennes JunkermannDeutschland GER
13Tadeusz WieruckiPolen 1944 POL
14Roger HassenforderFrankreich FRA
15Ronald MurrayAustralien AUS
16Michel DejouhannetFrankreich FRA
17Jo de HaanNiederlande NED
18Gilbert DesmetBelgien BEL
19Rino BenedettiItalien ITA
20Piet DamenNiederlande NED
21Armando PellegriniItalien ITA
22Seamus ElliottIrland IRL
23Nino DefilippisItalien ITA
24Antonio SuárezSpanien 1945 ESP
25Ercole BaldiniItalien ITA
26Jo de RooNiederlande NED
27Petrus OellibrandtBelgien BEL
28Rik Van SteenbergenBelgien BEL
29Joop CapteinNiederlande NED
30Leon VandaeleBelgien BEL
31Dino BruniItalien ITA
32Adolf ChristianAustralien AUS
33Salvador BotellaSpanien 1945 ESP
34Roger BaensBelgien BEL
35Franz ReitzDeutschland GER
36Robert CazalaFrankreich FRA
37Attilio MoresiSchweiz SUI
38Rik Van LooyBelgien BEL
39Piet van den BrekelNiederlande NED
40Gérard SaintFrankreich FRA
41Wilfried ThalerAustralien AUS
42Lothar FriedrichDeutschland GER+ 1:47 min
43Günther DebusmannDeutschland GER+ 2:57 min
44Fritz GallatiSchweiz SUI+ 7:41 min
Amateure
PlatzNameLandZeit
01Gustav-Adolf SchurDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR4:39:02 h
02Bas MaliepaardNiederlande NED+ 0 min
03Constant GoossensBelgien BEL+ 0:06 min
04Lode TroonbeeckxBelgien BELalle
+ 0:06 min
05Mik SnijderNiederlande NED
06Giuseppe ZorziItalien ITA
07Herman CornelisBelgien BEL
08Jean-Baptiste ClaesBelgien BEL
09Erwin JaisliSchweiz SUI
10Knud Enemark JensenDanemark DEN
11Hans SchleunigerSchweiz SUI
12Bengt EkblomSchweden SWE
13Aldo PifferiItalien ITA
14Kurt PostlOsterreich AUT
15Ludwig TrocheDeutschland GER
16Roger ThullLuxemburg LUX
17Győző TörökUngarn 1957 HUN
18Niels BaunsoeDanemark DEN
19Erich HagenDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR
20Ferenc HorváthUngarn 1957 HUN
21Werner LimbachDeutschland GER
22Mohamed El GourchMarokko MAR
23Ab van EgmondNiederlande NED
24Bernard ViotFrankreich FRA
25Göran KarlssonSchweden SWE
26Alfred HeckemüllerDeutschland GER
27Günter LörkeDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR
28Hubertus ZilverbergNiederlande NED
29Günter ReisenauerDeutschland GER
30Kurt SchweigerOsterreich AUT
0...
32Günter TüllerDeutschland GER
39Johannes SchoberDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR
49Bernhard EcksteinDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR
58Karl-Heinz LippeckDeutschland GER
60Manfred WeißlederDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR
Frauen
PlatzNameLandZeit
01Yvonne ReyndersBelgien BEL1:53:32 h
02Aino PuronenSowjetunion 1955 URS+ 0 min
03Vera GorbatschewaSowjetunion 1955 URS+ 0 min
04Renée VissacFrankreich FRA
05Beryl BurtonVereinigtes Konigreich GBR
06Maria LukschinaSowjetunion 1955 URS
07Millie RobinsonVereinigtes Konigreich GBR
08Sheila HolmesVereinigtes Konigreich GBR
09Elfriede VeyDeutschland Demokratische Republik 1949 GDR
10Rosa SelsBelgien BEL
11N. SpitshynaSowjetunion 1955 URS
12Nicole SteursBelgien BEL
13Molly SwannVereinigtes Konigreich GBR

Siehe auch

Quellen

Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
  1. La première d'Yvonne. L'histoire oubliée du "vrai" cinquième championnat du monde en Belgique. Wielermuseum Roeselare, 30. Juni 2021; (französisch).