Venustransit

Als Venustransit (auch Venusdurchgang oder Venuspassage) bezeichnet man den Durchgang des Planeten Venus vor der Sonnenscheibe.

Der Venus-Transit

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Der Venustransit vom 8. Juni 2004
Die Neigung der Venusbahn

Bei einem Venustransit stehen Sonne, Venus und Erde exakt in einer Linie. Im Prinzip ist diese seltene planetare Konstellation einer Sonnenfinsternis vergleichbar, bei der sich der Mond vor die Sonne schiebt und diese verdunkelt. Allerdings ruft ein Venustransit wegen der großen Distanz zwischen Erde und Venus keine merkliche Verdunkelung auf der Erde hervor. Die Venus deckt im Gegensatz zum Mond nur einen winzigen Bruchteil (ca. ein Tausendstel) der Sonnenfläche ab. Sie wandert scheinbar als winziges tiefschwarzes Scheibchen im Verlauf von mehreren Stunden westwärts über die Sonne.

Der letzte Venustransit ereignete sich am 8. Juni 2004. Für Wien oder Frankfurt am Main dauerte er von 7:20 Uhr bis 13:23 Uhr MESZ. Zum Zeitpunkt des Transits betrug die Distanz zwischen Venus und Erde mehr als 42 Millionen Kilometer, von Venus zur Sonne etwa 109. Wegen des guten Wetters konnte das Phänomen in großen Teilen Europas beobachtet werden. Dazu war nicht unbedingt ein Fernglas oder Teleskop notwendig; eine Schutzfolie für die Augen genügte.
Es fanden auch koordinierte Parallelmessungen in Südasien und Australien statt.

Ein Venustransit ist ein sehr seltenes Ereignis, von dem es in 120 Jahren nur zwei gibt. Der nächste wird 2012 stattfinden, der vorletzte Durchgang war am 6. Dezember des Jahres 1882 zu beobachten. Im 20. Jahrhundert fand kein einziger Venusdurchgang statt. Ein Venustransit ist deshalb tatsächlich ein astronomisches Jahrhundertereignis und schon aufgrund seiner Seltenheit ein die Beobachtung lohnendes Himmelsschauspiel. Allerdings muss man dabei unbedingt geeignete, hitzesichere Sonnenfilter benutzen, da man ansonsten erblinden könnte.

Ursache für die Seltenheit des Venustransits ist die Neigung der Venusbahn gegenüber der Erdbahnebene um 3,4 Grad. Daher steht die Venus nicht bei jeder unteren Konjunktion ausreichend genau zwischen Erde und Sonne, sondern läuft in 98-99 von 100 Fällen ober- oder unterhalb "vorbei". Bei identischen Bahnebenen könnte man den Venusdurchgang alle 1,6 Jahre beobachten.

Die inneren Planeten Venus und Merkur

Diese untere Konjunktion tritt in Abständen von 579-589 Tagen ein, wenn die Venus auf ihrer sonnennäheren Bahn die Erde "überholt". Dabei wechselt sie von der Rolle des Abendsterns zu der des Morgensterns. Neun Monate später steht sie dann hinter der Sonne (obere Konjunktion). Einen ähnlichen, nur viel rascheren Zyklus von 116 Tagen (synodische Umlaufzeit) hat der sonnennächste Planet Merkur.

Von der Erde aus gesehen gibt es also zwei Planeten, bei denen ein Planetentransit vorkommen kann: Merkur und Venus, deren Umlaufbahnen innerhalb der Erdbahn verlaufen. Analog zum Venustransit spricht man vom Merkurtransit, wenn der nach dem geflügelten Götterboten benannte Planet genau zwischen uns und der Sonne steht. Merkurdurchgänge treten viel häufiger auf als bei Venus - allein im 21. Jahrhundert sind es vierzehn: Der jüngste Merkurdurchgang fand am 7. Mai 2003 statt, der 14. wird am 10. November 2098 auftreten. Während sich Venuspassagen in unserer Epoche in den Monaten Juni und Dezember abspielen, finden Merkurpassagen im Mai und November statt. Dies hängt mit der Lage der Bahnebenen und ihren Schnittlinien (Knoten) zusammen. Allerdings bewegen sich die Schnittlinien zwischen den Ebenen der Erd- und Venusbahn langsam zu immer größeren Werten, womit sich auch die Termine für das Auftreten von Venustransiten langsam zu späteren Terminen im Jahr verschieben. So werden ab den Jahr 4700 Venusdurchgänge im Januar und Juli und nicht mehr im Dezember und Juni stattfinden.

Historische Venusdurchgänge

Johannes Kepler hatte erstmals einen Venusdurchgang vorausberechnet, jenen von 1631. Der war aber nicht von Europa aus beobachtbar, und das wissenschaftliche Potential des Ereignisses noch unbekannt. Kepler starb 1630, der darauf folgende Durchgang von 1639 konnte mit den Bahndaten Keplers nichtvorausgesagt werden, da diese um einige Stunden zu ungenau waren. Der Engländer Jeremia Horrocks konnte bei Berechnungen im Oktober 1639 auf der Basis von Keplers und anderer Angaben diese Ungenauigkeiten erkennen und korrigieren und stellte fest, dass ein weiterer Durchgang bald folgen würde. Dieser Venustransit am 4. Dezember 1639 wurde erstmals beobachtet, und zwar von Jeremia Horrocks selbst und William Crabtree. In der kurzen Vorbereitungszeit konnte Horrocks nur seinen Freund Crabtree für eine zweite Beobachtung rechtzeitig alarmieren. Edmond Halley kam 1716 auf die Idee, durch Messung der exakten Dauer einer Venuspassage an möglichst weit voneinander entfernten Orten auf der Erde den Abstand zwischen Venus und Erde zu bestimmen. Mit Hilfe des dritten Keplerschen Gesetzes ließen sich dann die Abstände aller anderen Planeten im Sonnensystem berechnen.

Venustransite
Datum des
mittleren Transits
Zeit (UTC)
Beginn Mitte Ende
1631: 7. Dezember 3:51 5:19 6:47
1639: 4. Dezember 14:57 18:25 21:54
1761: 6. Juni 2:02 5:19 8:37
1769: 3. Juni 19:15 22:25 1:35
1874: 9. Dezember 1:49 4:07 6:26
1882: 6. Dezember 13:57 17:06 20:15
2004: 8. Juni 5:13 8:20 11:26
2012: 6. Juni 22:09 1:29 4:49
2117: 11. Dezember 23:58 2:48 5:38
2125: 8. Dezember 13:15 16:01 18:48

Nach unbefriedigenden Ergebnissen von 1761 sollte die letzte Möglichkeit, 1769, zu genaueren Beobachtungen verhelfen. Daraus resultierte beispielsweise James Cooks erste Pazifikreise. Durch Auswertung aller Messungen beider Transite im 18. Jahrhundert errechnete Johann Franz Encke den Wert von 153,3 Millionen km für die Distanz Erde-Sonne (die astronomische Einheit). Tatsächlich ist diese Distanz 149,6 Mill. Kilometer. Mit den Transits im 19. Jahrhundert konnte der Wert nicht entscheidend verbessert werden. Später verfeinerte man die Distanz fotografisch beziehungsweise mit Hilfe des Kleinplaneten Eros. Seit 40 Jahren werden die Distanzen im Planetensystem v. a. mit Radar gemessen.

Daten der Venusdurchgänge seit Kepler

Der erste nachweislich beobachtete Venusdurchgang war der Venusdurchgang am 4. Dezember 1639. Der Venusdurchgang vom 7. Dezember 1631 wurde von Johannes Kepler vorausgesagt, konnte aber nicht beobachtet werden, da für alle europäischen Beobachter die Sonne zur Zeit des Durchgangs unter dem Horizont war.

Streifender Venustransit

Es ist prinzipiell möglich, dass die Venus bei einem Transit am Sonnenrand vorbeizieht. Hierbei ist es möglich, dass für manche Gebiete der Erde die Venus nur zum Teil vor der Sonne zu sehen ist. Auch partielle Transite sind möglich. Hierbei zieht die Venus für manche Gebiete der Erde vor der Sonne vorbei, während sie in anderen Teilen der Welt nicht vor der Sonne zu sehen ist. Solche Ereignisse sind sehr selten. Der letzte Transit, bei dem die Venus nicht im gesamten Sichtbarkeitsgebiet vollständig vor der Sonne zu sehen war, fand am 6. Dezember 1631 statt. Der nächste Venustransit, bei dem die Sonne für Beobachter in manchen Gebieten der Erde nur teilweise vor der Sonne vorbeizieht, wird am 13. Dezember 2611 stattfinden.

Simultane Transite

Das simultane Auftreten von Merkur- und Venusdurchgängen ist wegen der verschiedenen Knotenlänge nicht möglich. Allerdings verändert sich die Position der Bahnknoten langsam. Da die Bahnknoten von Merkur und Venus verschieden schnell wandern, werden solche Ereignisse in ferner Zukunft möglich, aber erst im Jahr 69163 und im Jahr 224508. Hingegen ist prinzipiell auch in unserer Zeit das gleichzeitige Auftreten einer Sonnenfinsternis und eines Venusdurchganges möglich. Ein derartiges Ereignis ist aber äußerst selten und wird erst am 5. April 15232 eintreten.

Am 4. Juni 1769 ereignete sich nur fünf Stunden nach Ende des Venusdurchgangs eine totale Sonnenfinsternis die in Europa, den nördlichsten Teilen Nordamerikas und in Nordasien zumindest als partielle Sonnenfinsternis zu sehen war. Dies war der geringste zeitliche Abstand zwischen einem Planetentransits und einer Sonnenfinsternis in historischer Zeit. [1]

Ablauf des Ereignisses

Schema der vier Kontakte und des Tropfenphänomens

Ein Transit eines Planeten vor der Sonne kennt vier Kontakte.

Der 1. Kontakt ist die Berührung des Planetenscheibchens mit der Sonne. Wenige Sekunden später kann man bei Kenntnis der genauen Lage auf der Sonnenscheibe die Eindellung sehen. Der 2. Kontakt nennt man den Zeitpunkt, wenn das Scheibchen komplett vor der Sonne steht und noch kein Stück Sonne zwischen Planet und Scheibenrand zu sehen ist. Danach wandert der Planet scheinbar vor der Sonne her. Der 3. und 4. Kontakt ist die Umkehr des 2. und 1. Kontaktes. Da man beim Austritt die genaue Lage des Planeten vor der Scheibe kennt, kann der Austritt immer genau bis zum Ende beobachtet werden.

Kurz vor dem 2. und nach dem 3. Kontakt ist der Lomonossow-Effekt zu beobachten, der auf eine Beugung der Sonnenstrahlen durch die oberen Schichten der Venusatmosphäre zurückzuführen ist.

Unmittelbar nach dem 2. und vor dem 3. Kontakt kann häufig das Tropfenphänomen beobachtet werden.

Bei der Beobachtung durch ein Teleskop oder auf Fotos erscheint die Venus nicht kreisrund, sondern zum Sonnenrand hin wie ein Tropfen verformt. Die Ursache des Phänomens ist allerdings nicht - wie früher behauptet - der Nachweis der dichten Venusatmosphäre, sondern liegt in dem begrenzten Auflösungsvermögen einer jeden zum Beobachten nötigen optischen Anordnung, wie sie ein Fotoobjektiv oder ein Teleskop darstellen.

Hinweise zur Beobachtung

Warnung: Von Beobachtungen der Sonne oder eines Planetentransits mit bloßem Auge oder mit selbstgebauten Filtern ist unbedingt abzuraten. Bei Eigenbaufiltern aus ungeprüften Materialien besteht keine Sicherheit, ob schädliche, aber unsichtbare Ultraviolett- und Infrarotanteile des Sonnenlichtes ausgefiltert werden. Vor allem sollte man niemals mit bloßem Auge (auch nicht mit Sonnenbrille oder ähnlichem) durch ein Fernglas oder Teleskop in die Sonne sehen, da das Sonnenlicht so stark gebündelt wird, dass die Netzhaut des Auges sofort zerstört wird.

Bei der Beobachtung mit speziellen Sonnenfiltern müssen diese vor dem Objektiv befestigt sein, nicht aber hinter dem Okular (dort wäre die Hitze zu groß). Am einfachsten ist es, Sonnenbeobachtungen durch Projektion des Sonnenbildes auf weißes Papier durchzuführen. Dabei richtet man das Teleskop anhand seines Schattens auf die Sonne aus und hält das Papier in 10-30 cm Abstand hinter das Okular. Die Sonne erscheint dann als helle kreisförmige Fläche und wird durch Drehen des Okulars scharfgestellt. Venus oder Merkur wandern als kleines dunkles Scheibchen im Laufe von Stunden über die Fläche hinweg.

Diese Projektionsmethode eignet sich auch sehr gut für die Beobachtung von Sonnenflecken. Dabei muss man allerdings aufpassen, dass sich das Teleskop nicht überhitzt und Linsen oder Spiegel zerplatzen. Der Sucher des Teleskops muss abgedeckt sein, da die gebündelte Strahlung der Sonne ausreicht, das Fadenkreuz des Suchers zu zerstören oder in die Kleidung Löcher zu brennen.

Bilder des Verlaufs

Venustransit am 08.06.2004 um 7:31 - Venus berührt Sonnenscheibe
Venustransit am 08.06.2004 um 7:49 - Venus vollständig auf Sonnenscheibe
Venustransit am 08.06.2004 um 10:19 - Venus vollständig auf Sonnenscheibe
Venustransit am 08.06.2004 um 12:33 - Venus nähert sich dem östlichen Rand der Sonnenscheibe
Venustransit am 08.06.2004 um 13:10 - Venus fast am östlichen Rand der Sonnenscheibe
Venustransit am 08.06.2004 um 13:13 - Venus über dem Rand der Sonnenscheibe
Venustransit am 08.06.2004 um 13:29 - Venus verlässt die Sonnenscheibe
Venustransit am 08.06.2004 kurz vor dem 3. Kontakt. Uhrzeit: unbekannt

Literatur

  • Dick SJ (2004): Venus vor der Sonne, Spektrum der Wissenschaft 6/2004, 24-32

Weblinks